Protocol of the Session on October 25, 2001

Ich bin noch bei Herrn Meury. Es ist ganz wichtig – –

(Unruhe – Zuruf von der SPD: Der dritte Punkt fehlt noch!)

Der dritte Punkt fehlt. – Herr Meury sagt zu mir: „Wenn dies funktionieren soll – und bei uns in Basel funktioniert es einigermaßen –, dann muss vor der Fixerstube oder um die Fixerstube herum zumindest eine Art rechtsfreier Raum sein, wo auch gedealt werden kann.“ Es war einer von der Polizei dabei, der gesagt hat: „Jawohl, wir schauen augenzwinkernd zu.“ Das heißt ein Stück weit Liberalisierung und Freigabe von Drogen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Also, Herr Minis- ter!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte hier noch einmal klar und deutlich sagen – ich sage es nach einem halben Jahr wieder, Frau Haußmann –: Wir in BadenWürttemberg werden auf dem Weg fortschreiten, den wir seit Jahren gegangen sind, übrigens in einer großen Eintracht zwischen allen hier vertretenen Parteien.

Wir werden sagen: Ein Schwerpunkt bei der Prävention muss sein – um das Schlimmste zu verhindern, und zwar frühzeitig – im Kindergarten, in der Schule, wo auch immer.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Dann müssen Sie auch Schwerpunkte setzen!)

(Minister Dr. Repnik)

Wenn ich mit Ihnen irgendwann noch einmal eine Stunde reden darf, werde ich Ihnen sagen, was wir alles tun, Frau Lösch. Das würde heute zu lange dauern.

Zweitens: Wenn wir wissen, dass wir dem einen oder anderen mit Prävention nicht helfen konnten, müssen wir versuchen, den kranken Menschen zu helfen, und alle Hilfen geben, um aus dieser Krankheit wieder herauszukommen. Wir werden darüber hinaus in 110 psychosozialen Beratungsstellen, in über 13 Kontaktläden auch weiterhin genau die Überlebenshilfe bieten, die wir anbieten können. Wir haben ein qualifiziertes Angebot an Ausstiegshilfen, an Therapieplätzen, an Kurz- und Langzeittherapieplätzen, wie es kein anderes Bundesland hat.

Deswegen sage ich in aller Offenheit: Wir bieten alle Hilfen zum Ausstieg, alle Hilfen, um eine Krankheit zu heilen, aber es gibt kein Ja zur modellhaften Vergabe von Heroin und kein Ja zu Fixerstuben in Baden-Württemberg.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort Herrn Minister Dr. Goll erteile, begrüße ich unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne die neue Generalkonsulin der Republik Bulgarien, Frau Veneta Momtcheva.

(Beifall im ganzen Haus)

Sie hat ihren Sitz in München und ist mit für das Land Baden-Württemberg zuständig. Frau Generalkonsulin Momtcheva stattet heute dem Landtag von Baden-Württemberg ihren offiziellen Antrittsbesuch ab.

Frau Generalkonsulin, ich wünsche Ihnen weiterhin einen guten und informativen Aufenthalt hier im Landtag und freue mich auf eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit.

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Dr. Goll.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir wenige Anmerkungen zu dieser Diskussion.

Das Erste ist: Es ist bekannt, dass es in der Tat zwischen FDP/DVP und CDU unterschiedliche Auffassungen zu den hier angeschnittenen Fragen gibt. Es gibt Auffassungsunterschiede zwischen dem Sozialministerium und dem Justizministerium. Es ist ganz klar: Ich will aus guten Gründen nicht vertieft darauf eingehen,

(Abg. Zeller SPD: Das wäre schon interessant! – Abg. Alfred Haas CDU: Gehen Sie mal auf die Drogen im Gefängnis ein! Das wäre Ihr Thema!)

mit Ausnahme einer Bemerkung: Für uns sind Fixerstuben keinesfalls eine Perversion des Denkens, sondern eine Ergänzung eines Hilfeangebots,

(Beifall bei der FDP/DVP, der SPD und den Grü- nen – Abg. Alfred Haas CDU: Schuster, bleib bei deinen Leisten!)

wie sie etliche Städte und Kreise bei uns fordern. Aber Herr Abg. Dr. Horst Glück hat dazu das Notwendige gesagt; das ist hinlänglich bekannt.

Ich möchte etwas in Richtung der Antragsteller von RotGrün sagen. Zunächst geht eine Frage an Frau Haußmann: Sie haben uns Liberalen eine schöne Liste von Vorstößen unter die Nase gehalten. Sie haben dabei die Zeit ab 1996 genannt. Das Thema ist aber nicht 1996 entstanden. Haben Sie eine solche Liste wenigstens auch für die Jahre vorher, oder haben Sie sich da gar nicht getraut, irgendetwas zu sagen?

(Beifall bei der FDP/DVP)

Haben Sie damals den Dialog innerhalb der Regierung so eröffnet, wie wir es getan haben, oder haben Sie selbst das nicht getan?

Das Zweite ist eine Feststellung: Es hat sich seit 1996 etwas verändert. Wir haben seit 1996 zum Beispiel einen Versuch zur Heroinabgabe in Karlsruhe, an dem wir auch lernen können. Es gibt unter den Koalitionspartnern immerhin einen interessanten Kompromiss, der sich für die Möglichkeit ausspricht, einen Versuch in einem stationären Setting zu prüfen. Dieses stationäre Setting würde ich nicht ohne weiteres vom Tisch wischen – ich ohnehin und aus Überzeugung nicht. Ich fände auch einen solchen Versuch interessant. Da so zu tun, als habe sich gar nichts bewegt, ist für mich etwas realitätsfremd.

Drittens: Verzeihung, aber für ein bisschen scheinheilig halte ich die Art, wie Sie von uns als Liberalen jetzt erwarten, dass wir für die Verordnung des Landes zu den Fixerstuben sorgen sollten. Ich persönlich respektiere – das ist überhaupt keine Frage – die Zuständigkeit des Kollegen Repnik für sein Ressort. Das ist eine ganz klare Sache. Das gehört zu den Grundlagen und zu den Spielregeln. Ich habe eine ganz andere Frage: Wenn Sie von der Sache so überzeugt sind, warum haben Sie dann im Bund das Gesetz überhaupt so gemacht, dass die Situation entsteht, die Sie jetzt beklagen? Sie hätten ohne weiteres auf Bundesebene ein Gesetz verabschieden können, das es jeder Kommune wie Mannheim und anderen ermöglichen würde, sofort zu beginnen.

(Abg. Birzele SPD: Hätte Baden-Württemberg bei einer anderen Regelung zugestimmt?)

Sie haben dieses Gesetz so verabschiedet. Aus Ihrer Sicht müsste das eine Schwäche Ihres eigenen Gesetzes sein. Jetzt erwarten Sie von der liberalen Fraktion, dass sie durch eine Art Erpressungsakt gegenüber dem Koalitionspartner die Lücke schließt. Gerade bei diesem Thema sind aber Erpressungen nicht am Platz. Bei diesem Thema sind für mich Dialog und Überzeugungsarbeit am Platz, weil man da aus guten Gründen auch unterschiedliche Positionen vertreten kann.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Christine Rudolf SPD: Sie gehen davon aus, dass Baden-Württem- berg dem zugestimmt hätte!)

Die letzte Bemerkung darf ich mir gegenüber Ihnen, lieber Herr Dr. Lasotta, erlauben. Ich drücke es vorsichtig aus:

(Minister Dr. Goll)

Sie haben den Zug hereingebracht, da sei irgendetwas in der Schweiz gescheitert.

(Abg. Alfred Haas CDU: Alles ist gescheitert! – Gegenruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Gar nichts ist gescheitert, aber gar nichts!)

Ich möchte Ihnen sagen: Ich bin solchen Hinweisen – –

(Lebhafte Zu- und Gegenrufe von der CDU, der SPD und den Grünen)

Lieber Herr Haas, das ist die Art, wie man die Diskussion halt nicht führen sollte. Manche führen sie schon so und kolportieren natürlich auch viel Unsinn aus anderen Ländern. Ich kann Ihnen hier nur aus meiner Erfahrung berichten:

(Anhaltende Unruhe)

Alles, was ich überprüft habe – ob das Hinweise aus Skandinavien oder aus der Schweiz waren –, hat sich, wenn man sich vor Ort erkundigt und mit eigenen Augen überzeugt hat, als unrichtig herausgestellt. Es waren immer nur Nebeltöpfe. Ich bitte, auch das zu unterlassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der FDP/DVP und den Grü- nen – Abg. Döpper CDU: Das war der größte Ne- beltopf! – Abg. Oelmayer GRÜNE: Nebelkerzen- werfer!)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen deshalb zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der Anträge.

Ich darf um Ruhe bitten.

(Anhaltende Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Der Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/105, ist ein Berichtsantrag. Die antragstellenden Fraktionen beantragen, diesen Antrag zur weiteren Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. – Sie sind damit einverstanden. Es ist so beschlossen.

Abschnitt I des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/19, ist ebenfalls ein Berichtsantrag. Kann ich feststellen, dass er durch die Aussprache erledigt ist? – Das ist so beschlossen.

Wird zu Abschnitt II des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/19, Abstimmung gewünscht?

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Jawohl!)