In der Schweiz hat es nicht funktioniert, weil es den reinen Heroinjunkie nicht gibt. Das würde bei uns natürlich auch nicht funktionieren können.
Es ist auch überraschend, dass während der Modellversuche in der Schweiz – die Abhängigen sind ja drei- oder viermal angetreten, um ihr vom Staat bezahltes Heroin abzuholen –
6 % der Teilnehmer weiterhin noch illegal Heroin dazugespritzt haben, 19 % gelegentlich. 5 % haben täglich noch Kokain dazugespritzt. Auch Cannabis-Missbrauch war regelmäßig mit dabei. Auch Benzodiazepin und Alkohol wurden regelmäßig konsumiert.
Das heißt, Sie haben damit nichts erreicht. Und nur 3 % dieser kranken Menschen waren bereit, sich zum Ausstieg in eine weiterführende Therapie zu begeben.
natürlich, es dreht sich um Menschen – mit Sicherheit der falsche Weg. Wir wollen alles tun – wir geben übrigens über 20 Millionen DM pro Jahr aus; ich möchte ein Bundesland sehen, das so viel ausgibt –, dass den Menschen geholfen wird – gerade wenn sie krank sind –, ihre Krankheit zu überwinden und sich auch der Nachsorge zu unterziehen, und zwar ohne Wenn und Aber.
Ich will nicht suchtverlängernde Maßnahmen ergreifen. Jemanden zu heilen heißt: heraus aus der Sucht, heraus aus der Krankheit.
Einstieg zum Ausstieg: Jetzt haben wir mit Methadon doch den Einstieg zum Ausstieg gemacht – wahnsinnig viele, die da aussteigen. Jetzt wollen wir bei Heroin den Einstieg zum Ausstieg. Sie können doch niemandem erklären, dass er dann aussteigen soll, wenn er Heroin bekommt.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das ist ein geringer Prozentsatz, der das erhalten würde! Das sind schwerstkranke Menschen!)
Deswegen habe ich gesagt: Wenn wir den Einstieg zum Ausstieg – – Frau Haußmann, ich rede doch über Schwerstkranke. Sie verstehen es nicht.
Ich habe gesagt: Wenn wir den Einstieg zum Ausstieg machen – übrigens, ein Apotheker kann mit Heroin sehr wohl umgehen, weil er weiß, was das ist –, wäre es sinnvoll, dass man einen Heroinjunkie in der Tat zum Herausschleichen auch im stationären Setting bringt.
Nur: Mir sagen die Ärzte eben, und zwar in großer Breite: „Das macht deswegen keinen Sinn, weil wir keinen reinen Heroinjunkie mehr haben. Wir können mit dem Originalstoff nicht mehr arbeiten.“
Dann vielleicht noch zum Thema – das ist ihr zweites großes Thema –: Rechtsverordnung Fixerstuben. Man muss sich diese Perversion des Denkens vorstellen:
Doch, Frau Lösch: Perversion des Denkens. – Wir haben Kranke, die illegale Drogen zu sich nehmen und sich damit schwerst schädigen.
Ich rede als Gesundheitsminister. Wir wissen, dass das nicht in Ordnung ist. Wir wissen, dass diese Menschen sich ungeheuer schwer schädigen. Und jetzt sollen wir, staatlich getragen, Räume zur Verfügung stellen, wo sich diese Menschen, diese kranken Menschen einen unbekannten Giftcocktail spritzen.
(Abg. Döpper CDU: Selbstmord in Raten! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist doch unrealistisch! Das stimmt doch nicht! – Abg. Dr. Glück FDP/ DVP: Ist es auf der Bahnhofstoilette besser?)
Es ist so. – Und wir sollen es unterstützen. Dann wird gesagt, damit könnte ich verhindern, dass sich der eine oder andere einen goldenen Schuss setze.
Ich habe mir dieses Thema nicht leicht gemacht. Ich kenne die Fixerstuben nördlich der Alpen, zumindest bis Saarbrücken. Ich kenne die in Basel, die in Frankfurt und die in Saarbrücken. Ich habe alle besucht und viele Gespräche geführt.
Punkt 1 ist, dass ich – Frankfurt zeigt es – nur maximal 3 bis 4 % der Abhängigen erreiche. Die anderen 96 % werden weiterhin irgendwo im privaten Bereich zurückgezogen bleiben.
Liebe Frau Haußmann, ich nehme Sie an der Hand und zeige Ihnen das. – Die Ansprache ist deswegen nicht mehr möglich, weil die sehr gehetzt in die Fixerstube kommen, um sich einen Schuss zu setzen, und hinterher nicht ansprechbar sind.
Jetzt sage ich Ihnen einen weiteren Punkt, den mir der Chef der Gassenzimmer in Basel, Herr Meury, geschildert hat. Er sagte: „Herr Repnik, für einen – –“
Er, der Chef der Gassenzimmer von Basel, hat mir gesagt, zu einer guten Drogenpolitik und zu Fixerstuben gehörten Dreierlei.
Erstens: Wir brauchen den Kontaktladen. Wir haben in Baden-Württemberg 13; auch die werden ausgebaut werden. Man braucht also einen Kontaktladen, wo man sich aufwärmen kann, wo man etwas zum Essen kriegt, sich auch einmal waschen kann, wo man aber nicht schlafen kann. Prima! Das haben wir in Baden-Württemberg – mehr als die Schweizer.
Zweitens sagt er: Neben einem Kontaktladen brauchen wir eben die Fixerstube, damit sie hygienisch sauber spritzen können.
Nein, das haben wir nicht. Solange ich Sozialminister bin, wird es das auch nicht geben. Sie haben Herrn Döring zitiert. Er soll sich um den Wohnungsbau kümmern, und ich werde mich um diesen anderen Bereich kümmern.
(Unruhe und Zurufe, u. a. Abg. Christine Rudolf SPD: Dann baut der halt die Fixerstuben und nicht Sie!)