Protocol of the Session on February 21, 2006

(Abg. Dr. Caroli SPD: Sprachseminar!)

Wir verweisen auf die Ausführungen der Diätenkommission, die ganz deutlich zum Ausdruck bringt, Herr Kollege Scheuermann, dass die Diätenkommission die jetzigen Regelungen des Abgeordnetengesetzes zur Unvereinbarkeit von Amt und Mandat in wesentlichen Teilen nicht mehr für angemessen und stimmig hält. Weder Landräte noch hauptamtlich tätige kommunale Wahlbeamte in Stadtkreisen wie Oberbürgermeister und Beigeordnete sollten ein Landtagsmandat innehaben können. Denn sie haben seit der Verwaltungsstrukturreform Verantwortung für originäre staatliche Aufgaben, und damit sind Amt und Mandat nicht mehr vereinbar. Dies zeigt auch ganz klar die Aussage des für die CDU kandidierenden Bürgermeisters Föll aus Stuttgart, der in der Presse so zitiert wird:

Alles, was gut für die Stadt Stuttgart ist, ist auch gut fürs Land.

Deutlicher hätten Partikularinteressen und mangelnde Verantwortung eigentlich nicht gezeigt werden können.

(Abg. Mack CDU: Sagen Sie das auch in Ihrem Wahlkreis?)

Das sage ich auch in meinem Wahlkreis; darauf können Sie Gift nehmen.

Der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD ging über die Empfehlungen der Diätenkommission hinaus. Sie von der SPD wollten eine Unvereinbarkeit des Amts aller Beamten mit einem Landtagsmandat. Wir Grünen halten uns an die Inkompatibilitätsregelungen, die die Diätenkommission vorgeschlagen hat, also nicht grundsätzlich jedem Beamten das

Mandat zu versagen, sondern eben nur Beamten ab einem gewissen Grad.

In den mir verbliebenen 12 Sekunden Redezeit möchte ich noch einen letzten Punkt ansprechen. Das ist die Umstellung auf Bruttodiäten, die Abschaffung der steuerfreien Pauschalen und die Bildung einer eigenständigen Altersversorgung, was für alle anderen Menschen in Baden-Württemberg selbstverständlich ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Das Beispiel NRW zeigt, dass das auch möglich ist. Für Abgeordnete, die die Pauschale, die sie bekommen, auch ausgeben, Herr Kollege Noll, werden sowieso keine Nachteile bestehen. Im Gegenteil: Abgeordnete, die mehr ausgeben, werden zukünftig steuerlich auch mehr absetzen können. Abgeordnete, die weniger ausgeben, müssen dann eben mehr Steuern zahlen. Das ist doch nur gerecht und ein Zeichen für Transparenz und Gerechtigkeit.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Kollegin, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen.

(Zuruf von der SPD: Sie hat nur zwei Sekunden überzogen!)

Ja, Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.

Die Diskussion über die Ergebnisse der Arbeit der Diätenkommission darf nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Wir haben in dieser Legislaturperiode den Auftrag erteilt, wir haben die Ergebnisse bekommen, und deshalb sollten wir auch in dieser Legislaturperiode darüber entscheiden. Lassen Sie uns heute und damit noch in dieser Wahlperiode gemeinsam wenigstens ein Signal für eine Änderung des Abgeordnetengesetzes geben, schon um auch dem letzten Wunsch von Herrn Birzele zu entsprechen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Birzele SPD: Oh! – Abg. Drexler SPD: Das ist aber schön gesagt!)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Rech.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Liebe Kollegin Lösch, in der Tat, es bleibt dabei: Ich möchte nichts übers Knie brechen. Übers Knie legen schon manchmal jemanden, aber das darf man nicht, habe ich mir sagen lassen.

(Abg. Göschel SPD: Gewaltfantasien!)

Herr Kollege Birzele, um das von vornherein noch zu bekräftigen: Für Ihren letzten Wunsch habe ich in der Tat schon einiges Verständnis.

(Abg. Fischer SPD: Aber?)

Wer weiß, ob er Ihnen, wenn Sie ihn vor zehn Jahren geäußert hätten,

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Birzele SPD: Den ha- be ich schon vor 20 Jahren geäußert!)

nicht erfüllt worden wäre.

Zum Thema: Der ursprüngliche Entwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Abgeordnetengesetzes hat ja, meine Damen und Herren, eine sehr weit gehende Regelung zur Unvereinbarkeit von Amt und Mandat vorgesehen. Nach diesem Gesetzentwurf – ich will es noch einmal kurz in Erinnerung rufen – sollte ja überhaupt kein Beamter, Richter und Angestellter des öffentlichen Dienstes mehr Mitglied des Landtags sein können, einschließlich der Beamten des Bundes und anderer Länder. Zudem sollte Unvereinbarkeit auch für Beamte und hauptberufliche Angestellte von juristischen Personen oder sonstigen Organisationen des öffentlichen oder privaten Rechts, an denen die öffentliche Hand zumindest mit 50 % beteiligt ist, gelten, wobei eine Beteiligung allein am Stimmrecht ja schon genügen sollte.

(Abg. Birzele SPD: Die bayerische Regelung!)

Es sollte also nicht übersehen werden, meine Damen und Herren, dass es die bisherige Unvereinbarkeitsregelung ermöglicht hat, dass Sachkenntnis und Erfahrungen gerade von Vertretern aus dem kommunalen Bereich im Parlament unmittelbar präsent waren und auch genutzt werden konnten.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP – Zurufe von der SPD)

Das ist ja gleichwohl wahr. Mir ist ganz egal, wer da Beifall klatscht oder nicht.

(Heiterkeit – Abg. Fleischer CDU: Sehr gut!)

Denn das ist ja nun Fakt und, glaube ich, auch unbestritten.

Ein Verzicht auf diese Erfahrungen und diese Sachkenntnisse sollte in der Tat gründlich abgewogen werden. Diese Überlegung gilt gerade auch im Hinblick auf den Änderungsantrag der SPD-Fraktion, mit dem die Unvereinbarkeitsregelung nur auf Landräte und kommunale Wahlbeamte der Stadtkreise erweitert werden soll. Auch für diese beschränkte Erweiterung auf der Grundlage eines Vorschlags der Diätenkommission – das ist richtig – sollten wir eine gründliche Abwägung des Für und Wider in Ruhe vornehmen, und wir sollten diesen Vorschlag nicht, Frau Kollegin Lösch, übers Knie brechen.

Aus meiner Sicht wäre es vorzuziehen, wenn sich der Landtag in der nächsten Legislaturperiode eingehend und umfassend mit diesem Thema befassen würde. Zweifellos – ich sage dies ausdrücklich – kann die Verwaltungsstrukturreform, die den Landratsämtern und den Bürgermeisterämtern der Stadtkreise eine ganze Reihe von zusätzlichen staatlichen Aufgaben gebracht hat, Anlass sein, eine Erweiterung der Unvereinbarkeitsregelung zu prüfen. Ich habe mich deshalb schon in der Ersten Beratung – Frau Kollegin Lösch hat das aufmerksam verfolgt, wie ich gerade gemerkt habe –

(Abg. Stickelberger SPD: Das macht sie immer!)

gegenüber einer Überprüfung der bisherigen Unvereinbarkeitsregelung aufgeschlossen gezeigt. Dabei bleibt es. Al

(Minister Rech)

lerdings halte ich es nach wie vor für unbedingt erforderlich, eine solche Überprüfung gründlich und vertieft durchzuführen. Bei der Erweiterung der Unvereinbarkeitsregelung gilt es beispielsweise vor allem die Balance zwischen dem Maß der Einschränkung des passiven Wahlrechts einerseits und dem Grad der möglichen Interessenkollision andererseits zu wahren. Das muss man sehen.

Ebendiese Balance ließ jedenfalls der bisherige Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vermissen, mit dem ja unterschiedslos alle Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes und zudem auch Beamte und hauptberufliche Angestellte von juristischen Personen und Organisationen des öffentlichen und privaten Rechts der Unvereinbarkeitsregelung unterworfen werden sollten.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Birzele?

Ja, gern.

Bitte, Herr Abg. Birzele.

Herr Minister, sehen Sie die von Ihnen geforderte Balance beim gegenwärtigen Gesetz als gegeben an?

Also jedenfalls mehr und eher als nach dem Gesetzentwurf in der Fassung, wie er ursprünglich von Ihnen vorgelegt wurde. Der modifizierte Gesetzentwurf, über den wir reden müssen, ist eine andere Geschichte, und ich habe Offenheit gezeigt, über diesen Gesetzentwurf zu reden. Aber dies müssen wir in vertiefter Form und nicht fünf Minuten vor zwölf tun.

(Minister Dr. Reinhart: Und ohne ihn! Ohne ihn!)

Ich sage es noch einmal: Nach dem Gesetzentwurf der SPD-Fraktion gibt es keinerlei Berücksichtigung der Bedeutung der konkret ausgeübten Tätigkeit des einzelnen Bediensteten. Das muss man aber berücksichtigen.

(Zuruf des Abg. Mack CDU)

Man muss sehen, was der einzelne Bedienstete konkret an Tätigkeit ausübt, und muss daran die Frage der Vereinbarkeit messen.

Ganz abgesehen davon, meine Damen und Herren: Beim ersten Gesetzentwurf der SPD-Fraktion bestanden erhebliche Zweifel, ob damit nicht der Rahmen, den Artikel 137 Abs. 1 des Grundgesetzes bietet, sogar überschritten worden wäre.

(Abg. Birzele SPD: Meinen Sie, die Regelung in Bayern ist verfassungswidrig?)