Meine Damen und Herren, in der zweiten Runde muss man sich doch einmal überlegen, ob man einfach nur über die Kürzung der Regionalisierungsmittel und die Höhe der Kürzung redet oder ob es da nicht eine andere Auffangbastion geben könnte. Darauf möchte ich dann in der zweiten Runde noch näher eingehen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass der Kollege Palmer mit dem Rotstift in der Hand versucht, schwarz zu malen, verstehe ich ja, gerade jetzt vor dem
(Heiterkeit – Beifall bei der SPD – Abg. Boris Pal- mer GRÜNE: Jetzt aber Farbe bekennen, Herr Kol- lege!)
Werfen wir einen kurzen Blick zurück. In der Folge der Regionalisierung gab es ja in der Tat in weiten Teilen des Landes eine Erfolgsgeschichte des ÖPNV, und wir Sozialdemokraten wollen, dass diese Erfolgsgeschichte auf das ganze Land übertragen und fortgesetzt wird. Deshalb brauchen wir jeden Euro an Regionalisierungsmitteln, um dies zu erreichen.
Die Überlegungen im Bundesfinanzministerium sind ja nicht neu. Die sind ja schon unter der letzten Bundesregierung entstanden,
weil einige Bundesländer in der Tat die Regionalisierungsmittel missbräuchlich eingesetzt und nicht zur Verbesserung des ÖPNV verwendet haben. Dann ist es doch ganz klar, dass der Finanzminister in seiner Haushaltsnot überlegt, wo denn Geld vom Bund gar nicht gebraucht wird.
Baden-Württemberg hat zwar die Regionalisierungsmittel nicht zweckentfremdet, allerdings hat die Landesregierung der Versuchung nicht widerstehen können, eigene Anstrengungen zu unterlassen oder auf null zu fahren und diese durch die reichlich fließenden Regionalisierungsmittel zu ersetzen. Beispielsweise hatten wir 1996 noch 63 Millionen € originäre Landesmittel zur Förderung und zum Ausbau des ÖPNV. Inzwischen sind wir in Richtung null gekommen. Das ist ganz klar. Wir haben deshalb die Landesregierung immer wieder aufgefordert, in diesem Bereich mehr zu tun, und haben entsprechende Haushaltsanträge gestellt, die aber bei der Regierungskoalition keine Mehrheit gefunden haben.
Wir unterstützen deshalb, weil es Missbrauch gegeben hat, die Forderung, dass die Länder die Verwendung darlegen sollen. Es muss Transparenz hergestellt werden, die Effizienz muss verbessert werden, und dort, wo zweckentfremdet wird, sind in der Tat Kürzungen gerechtfertigt. Aber wir sind hier in Baden-Württemberg, und wir sind der Auffassung, dass Baden-Württemberg auch in Zukunft alle Regionalisierungsmittel braucht. Deswegen sehen wir überhaupt keinen Grund, einer Kürzung zuzustimmen.
Das grüne Wortspiel von dem Schwarz-Rot-Stift suggeriert ja, dass auch die SPD bei dieser Kürzung mitmacht.
(Beifall bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: Sehr richtig! Bravo! – Gegenruf des Abg. Blenke CDU: Jetzt zum Ende der Legislaturperiode!)
Es geht um Emissionsminderung, es geht um Ressourcenschonung, es geht um Klimaschutz, und es geht auch um Arbeitsplätze. Daher bleiben wir weiterhin bei der Forderung des Generalverkehrsplans von 1995, den ÖPNV zu einer vollwertigen Alternative zum Individualverkehr auszubauen.
Also, lieber Herr Kollege Palmer, wenn der Finanzminister in Berlin bei den Regionalisierungsmitteln den Rotstift ansetzt oder ansetzen will, sehen wir Roten hier auch schwarz.
Aufgabe einer baden-württembergischen Landesregierung, auch in Berlin, ist es, die Landesinteressen zu vertreten. Dazu fordern wir sie auf. Deswegen sind wir der Meinung, dass es auch keine Vorabkürzung geben kann, bevor die Revision, die für 2007 angesetzt ist, erfolgt. Im Koalitionsvertrag steht im Übrigen auch nicht, dass schon 2006 die erste Kürzungsrate vorgenommen werden solle, sondern da steht etwas von 2007 ff. Genau im Jahr 2007 erfolgt diese Revision, und die ist durchaus wichtig.
Also: Vorabkürzungen und Vorabzustimmungen wären fehl am Platze. Wir haben die Interessen unseres Landes zu vertreten. Dazu stehen wir.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Palmer, Sie sprachen vom „Schwarz-Rot-Stift“. Aber die Kollegen Scheuermann und Göschel haben völlig zu Recht angeführt – auch Sie haben das übrigens angeführt –, dass schon in der letzten Legislaturperiode des Bundestags eine auf anderer Ebene bestehende schwarz-rote Koalition etwas getan hat. Damals hätte es aber durchaus die Möglichkeit gegeben, einen grünen Stift zu nehmen und da etwas durchzustreichen.
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Deswegen wurde es verhindert! Das wissen Sie doch! Wir haben es ver- hindert!)
(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Die Regionalisie- rungsmittel wurden nicht gestrichen aufgrund unse- rer Intervention! Aufgrund unserer Intervention wurde nichts gemacht!)
Wer hat denn die Kürzungen der Mittel nach § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes durchgehen lassen? Das waren doch nicht wir. Wir haben uns doch massiv dagegen gewehrt. Ich gebe zu, Sie waren auch dagegen. Aber Sie haben in Berlin nichts dagegen getan.
Das ist ein Riesenproblem, denn Baden-Württemberg hat eine große Effizienz erreicht. Wir sind im öffentlichen Personennahverkehr weit vorangekommen. Aber wir stehen jetzt an einem Punkt, an dem wir einfach noch ein paar Din
ge tun müssen, damit wir das Ziel, mehr Verkehr auf öffentlichen Nahverkehr umzustellen und damit auch die Straßen zu entlasten, erreichen.
Das ist nicht hinzubekommen, wenn zum Beispiel wegen fehlender Bundesmittel die Fahrpreise nach oben gehen müssen. Das wird mit sinkenden Mitteln nach § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes leider, leider kommen. Das ist auch nicht hinzubekommen, wenn man den bisherigen qualitativen Standard nicht aufrechterhalten kann und wenn die geplanten Neuinvestitionen nicht durchgeführt werden. Der Bund steht da in einer großen Verantwortung.
Ich bin allerdings auch zuversichtlich. Schließlich haben wir hier im Landtag ja den in der Drucksache 13/4952 enthaltenen Antrag gestellt, dass man eine angemessene Ausstattung mit Regionalisierungsmitteln sicherstellen solle. Die Landesregierung hat dazu gesagt:
Die Landesregierung wird sich daher mit Nachdruck dafür einsetzen, eine Kürzung der Regionalisierungsmittel zu verhindern,...
Entschuldigung! Das war ein Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP. Da stimmen wir normalerweise nicht dagegen.
Dafür stehen wir; denn das Problem ist benannt. Der ÖPNV in Baden-Württemberg darf nicht darben, sondern er soll blühen. Ich hoffe immer noch, dass die Phase kommt, in der er so stark genutzt wird, dass die öffentlichen Mittel dann weniger werden können. Aber dazu ist einfach noch einiges an Vorarbeit nötig.
Im Regionalisierungsgesetz von 1993 schließlich ist dargestellt, dass diese Aufgabe zur Stärkung der Wirtschaftlichkeit an die Länder übergeben wird. Diese Aufgabe haben wir erledigt.
Ich unterstütze durchaus, Herr Göschel, was Sie gesagt haben: Wenn andere da geschludert haben, dann sollen die bluten, aber nicht diejenigen, die gut gearbeitet haben. Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass der Bund den Konnexitätsanforderungen gerecht wird und uns weiterhin ausreichend Mittel für den ÖPNV zur Verfügung stellt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es gibt in der Politik manchmal schon sehr merkwürdige Wendungen, und zwar auch bei Ihnen,
Herr Kollege Palmer, und bei den Grünen insgesamt. Vorhin sind ein paar Beispiele dafür genannt worden, wie in den vergangenen Jahren der Zeit der rot-grünen Bundesregierung Eingriffe in die Unterstützung, die Förderung und die Finanzierung des ÖPNV vorgenommen worden sind.