Protocol of the Session on February 2, 2006

Wir haben mit allen Schulleitern der Gymnasien Dienstbesprechungen durchgeführt, wie wir es regelmäßig tun, und diesmal stand das Thema „Erfahrungen mit dem G 8“ im Mittelpunkt der Dienstbesprechungen. Das hat mit Krisensitzung überhaupt nichts zu tun, sondern es ist ganz normaler Arbeitsstil bei uns im Haus, dass wir mit den Schulen in Verbindung stehen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Richtig!)

Dann will ich sagen, dass Schulen ausgesprochen gute Beispiele dafür gegeben haben, wie man das G 8 umsetzen kann.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es! – Abg. Re- nate Rastätter GRÜNE: Ja, aber es hilft nichts!)

Diese Beispiele sprechen dafür, dass man mit den neuen Bildungsplänen auch eine Veränderung der Schulkultur und der Lernkultur auf den Weg bringen kann, dass man es schaffen kann, mit reduziertem Lernstoff vernünftige Standards zu erreichen, dass man nicht Angst haben muss: Wenn nicht alles, was früher im Lehrplan stand, abgearbeitet wird, dann können wir die Ziele der Standards nicht erreichen. Man kann das hier zeigen.

Ich will aber an dieser Stelle sagen: Ich finde den Begriff „Entrümpelung“ für unsere Bildungspläne unangemessen. In den Bildungsplänen gibt es kein „Gerümpel“.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Klein- mann FDP/DVP: So ist es!)

Es stellt sich die Frage, ob alles, was in den Bildungsplänen an inhaltlichen Vorgaben enthalten ist, zwangsläufig auch verwendet werden muss,

(Abg. Schmiedel SPD: Man muss nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen!)

um die Standards zu erreichen. Deswegen sollten wir hier etwas respektvoller von dem reden, was wir in den Schulen als Lernstoff verpflichtend vorgeben. Das ändert aber nichts an der Tatsache, lieber Kollege Kleinmann, dass wir in dieser Frage vertrauensvoll zusammenarbeiten.

(Abg. Göschel SPD: Na, Herr Kleinmann! Ohrfei- ge!)

Ich habe das jetzt einfach als Merkposten gesagt, weil ja insbesondere die SPD draußen im Lande gern mit diesem Begriff hausieren geht.

(Abg. Drexler SPD: Mit was? – Abg. Schmiedel SPD: Reden Sie einmal mit Eltern!)

Die Schulen, die gut arbeiten, haben gezeigt, dass man mit der Kontingentstundentafel vernünftig umgehen kann

(Abg. Schmiedel SPD: Wann haben Sie das letzte Mal vernünftig mit Eltern geredet?)

gestern –, dass man die Kontingentstundentafel über die Jahre hinweg aufbauen kann und dass dieses flexible Instrument eine ausgesprochene Hilfe bei der Schulorganisation ist. Und: Die Schulen haben uns gezeigt, dass man das Instrument der Poolstunden ernst nehmen kann und dass man damit gerade das Gymnasium um wesentliche pädagogische Elemente bereichern kann.

Die Schulen haben auch gezeigt, dass die völlig überzogenen und Angst schürenden Darstellungen der SPD nicht nur der Schule, sondern dem Wahlkampf geschuldet sind.

(Widerspruch bei der SPD – Abg. Schmiedel SPD: So ein Unsinn! Das sind doch die Eltern, die das sagen! Das sind die Eltern, die das sagen! – Abg. Zeller SPD: Frechheit!)

Das eine ist, dass wir die Eltern im Gespräch ernst nehmen. Darauf komme ich gleich zu sprechen. Das andere ist das, was Sie in Ihren Formulierungen daraus zu machen versuchen.

(Abg. Schmiedel SPD: Die Eltern waren hier an dieser Stelle! – Gegenruf des Abg. Fleischer CDU: Sie zündeln! Oberzündler!)

Ich zitiere aus einem Brief, den Sie von einem Schulleiter erhalten haben:

Was Sie in Ihrer Einladung an unbewiesenen Behauptungen und Angst schürenden Halbwahrheiten hervorbringen, übertrifft das politisch Legitime.

(Beifall des Abg. Fleischer CDU – Zurufe von der SPD)

(Minister Rau)

Nein. Das ist nicht von einem Angehörigen dieses Hauses. Sie haben den Brief bekommen, Herr Zeller. Er ist an Sie und an Ihren Fraktionsvorsitzenden gegangen.

(Abg. Drexler SPD: An mich? – Abg. Herrmann CDU: Den nimmt er nicht zur Kenntnis!)

Was hier unter der Tarnung angeblicher Besorgnis um das Wohl unserer Kinder läuft, das ist Wahlkampf mit Blick auf den März dieses Jahres.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schebesta CDU: So ist es! – Zuruf des Abg. Stickelberger SPD – Unru- he)

Herr Stickelberger, Sie wissen, dass der Schulleiter, der diesen Brief geschrieben hat, aus Ihrem Wahlkreis kommt. Sie wissen das.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Na und? – Zurufe der Abg. Carla Bregenzer und Schmiedel SPD)

Ich will Ihnen sagen: Dieser Schulleiter hat die Einführung des G 8 sehr wohl auch kritisch reflektiert. Er hat eine Reihe von Punkten genannt, bei denen man in der Phase der Einführung aus den Erfahrungen lernen und Nachbesserungen vornehmen kann. Aber er hat sich von der Panikmache und von den Szenarien, die Sie damit verbinden, distanziert. Das finde ich wirklich mutig und angemessen.

(Abg. Schmiedel SPD: Das sind die Eltern, Herr Minister! – Gegenruf des Abg. Schebesta CDU – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Ich rede gleich über das, was uns die Eltern sagen.

(Abg. Schmiedel SPD: Warum haben Sie nieman- den zum Elterntag hingeschickt? Dann hätte er das auch gehört!)

Zuerst will ich Ihnen sagen, dass es auch um das geht, was die Schüler empfinden. Die Schüler haben sich in Leserbriefen zum Teil sehr eigenständig zum G 8 geäußert und haben dabei eine deutlich entspanntere Haltung als Sie in Ihrer politischen Kampagne erkennen lassen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Die Achtklässler sind besonders betroffen! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir werden das Protokoll an die Eltern wei- tergeben!)

Nicht die berühmten Achtklässler. – Ich zitiere Ihnen eine Schülerin, die am 25. Januar in der „Südwest Presse“ geschrieben hat:

Fragt eigentlich auch jemand die Schüler? Ich finde das G 8 gar nicht so schlimm. Klar, ich habe viel mehr mittags Schule. Aber ich habe auch noch genug Zeit, zum Beispiel für AGs und meine Oboe. So stressig, wie man immer sagt, ist das gar nicht.

(Lachen des Abg. Gaßmann SPD – Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das ist e i n e Schülerin! – Abg. Schmiedel SPD: Soll das für die Mehrzahl gelten?)

Klar, das G 8 ist nicht perfekt. Das sagt ja keiner. Aber ich finde es jedenfalls nicht schlecht.

(Beifall bei der CDU – Abg. Schmiedel SPD: Soll das für die Mehrzahl gelten? War das einer oder die Mehrzahl? – Abg. Capezzuto SPD: Lesen Sie mal einen Beschwerdebrief vor!)

Jetzt sage ich Ihnen, was zahlreiche Gespräche mit Eltern erbracht haben. Zahlreiche Gespräche mit Eltern haben ebenfalls erbracht, dass sie sich große Sorgen über die Belastung ihrer Kinder machen.

(Abg. Göschel SPD: So, jetzt!)

Gespräche mit Eltern haben erbracht, dass sie nicht überall in gleichem Maße mit in die Schulentwicklung einbezogen sind. Die Einbeziehung der Eltern ist in meinen Augen ein wichtiges Element, um sich über das Schulkonzept zu verständigen, um sich über das Ausmaß der Hausaufgaben zu verständigen, um sich über das zu verständigen, was man beispielsweise mit den Poolstunden macht.

Die Eltern haben im Übrigen – der Landeselternbeirat in seiner Umfrage; Sie wissen es – auch moniert, dass es noch nicht genügend Möglichkeiten gebe, Kinder in der Mittagspause angemessen zu versorgen. Deswegen haben wir bei der Neufassung der Schulbauförderrichtlinien dafür gesorgt, dass nicht nur Ganztagsschulen eine Mensa bauen können, sondern dass künftig alle Schulen in die Förderung etwa für einen Mensabau einbezogen werden können, weil wir hier die Gymnasien sowie die Schulträger der Gymnasien mit an Bord haben wollen.

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

Nun stellt sich die Frage: Ziehen wir irgendwelche Schlüsse aus den Erfahrungen, die wir in den letzten Monaten gemacht haben? Ich habe bereits angedeutet, dass wir immer bereit sind, aus Erfahrungen zu lernen. Erfahrungen sammeln wir zurzeit bei der Einführung der zweiten Fremdsprache. Mit dem Erlernen der zweiten Fremdsprache kann im Moment zu Beginn der Klasse 5, zum Schulhalbjahr in der Klasse 5 und – in denjenigen Schulen, die noch nicht in den Schulverbünden Grundschulfremdsprache sind – in Klasse 6 begonnen werden. Wir werden die Ergebnisse dieser Erfahrungen in aller Ruhe auswerten und werden sie gemeinsam mit den Schulleitern im Herbst dieses Jahres zur Grundlage einer Entscheidung darüber machen, wie verfahren wird, wenn alle Grundschulen in Baden-Württemberg von Klasse 1 bis Klasse 4 eine Fremdsprache unterrichten. Das wird zum Schuljahr 2007/2008 der Fall sein. Rechtzeitig zu diesem Schuljahr wird die abschließende Entscheidung dazu fallen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

In diesem Zusammenhang möchte ich ein zweites Signal geben: Die Aussage in Ihrem Antrag ist völlig unsachgemäß, es gebe eine Verdichtung der Lerninhalte in den Klassen 5 und 6 und diese solle auf einen späteren Zeitraum verschoben werden. In den Klassen 5 und 6 ist genauso eine Entlastung bei den Lerninhalten erfolgt. Aber es stellt sich eine andere Frage, nämlich – und den Auftrag, dies zu prüfen, hatten wir ja auch in internen Gesprächen von den Regierungsfraktionen erhalten –, ob die Verhältnisse zwischen der Sekundarstufe I – Klassen 5 bis 10 – und der Sekundarstufe II – gymnasiale Oberstufe; Klassen 11 und 12 –

(Minister Rau)

richtig gesetzt sind. Wir rechnen die Oberstufe derzeit mit 30 Stunden pro Jahrgang an. Wir wissen aber, dass in der Oberstufe mehr als 30 Stunden pro Jahrgang unterrichtet werden und dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Deswegen werden wir dafür sorgen, dass durch eine Anrechnung von tatsächlich geleisteten Stunden in der Sekundarstufe II das Gesamtpaket, das in der Sekundarstufe I erledigt werden muss, nicht mehr 205 Stunden beträgt, sondern um 6 bis 8 Stunden entlastet wird.