Protocol of the Session on November 9, 2005

Das Wort erhält Herr Abg. Junginger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein Meilenstein in der Entwicklung des Rhein-Neckar-Raumes, wenn wir heute nicht mehr über die Inhalte diskutieren müssen, sondern über das Gesetz zum Staatsvertrag diskutieren, zu dem man Ja oder Nein sagen kann. Das ist die Grundlage der heutigen Beratung und Beschlussfassung. Unsere Fraktion sagt aus voller Überzeugung Ja zu diesem Gesetz zum Staatsvertrag.

Es war nicht ganz einfach, die drei Bundesländer in einer Beratungsrunde innerhalb von fünf Monaten zu einem Vertrag zu bringen, der in allen Landesparlamenten uneingeschränkte Zustimmung findet. Wir sind in der Reihe der Landesparlamente das dritte und letzte Parlament, das sich mit diesem Staatsvertrag beschäftigt.

Vorausgegangen ist die Vorgeschichte seit 1969. Seinerzeit, also vor über 30 Jahren, ist ein erster Staatsvertrag abgeschlossen worden, der über die Bundesländergrenzen zu

Hessen und Rheinland-Pfalz hinweg die Grundlage für eine gemeinsame Raumplanung geschaffen hat. Die Regelung vom 26. Juli 2005 ersetzt und ändert diesen alten Staatsvertrag, und zwar zum Besseren hin, nämlich zu einer Regionalplanung, die einheitlich und nicht mehr so wie bisher in gestaffelten, erweiterten Entscheidungsabläufen vorgenommen wird.

In der Zwischenzeit ist am 28. April 2005 aus jenem RheinNeckar-Raum auch eine Metropolregion geworden. Beides, die Planungsregelung der drei Bundesländer und die Anerkennung als europäische Metropolregion, soll dem RheinNeckar-Raum Auftrieb und Schub geben. In diesem Zusammenhang ist es eindeutig, dass die Regelungen, die getroffen worden sind, ein Meilenstein, aber nicht das Ziel der Bemühungen für diesen Raum sind. In diesem Raum wird die Diskussion weitergehen, wie sie auch in den anderen Parlamenten geführt worden ist.

Es wird dann auch um die Frage gehen, ob es sinnvoll ist, dass ein großer Teil der 96 Mitglieder geborene Mitglieder sind, nämlich als Bürgermeister von Städten und Gemeinden nicht gewählt, sondern entsandt werden, ob es also richtig ist, dass Vertreter der Exekutive der Kommunen in der Exekutive der Region Verantwortung für die Regionalplanung tragen. Denn die staatliche Aufgabe der Regionalplanung ist ja der Regionalversammlung übertragen worden.

Es gibt den alten Traum eines direkt gewählten regionalen Parlamentes. Dieser ist sicherlich in absehbarer Zeit nicht realisierungsfähig,

(Abg. Drexler SPD: Wieso?)

aber trotzdem als ein Ziel weiterhin zu diskutieren. Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um dort auch wirklich eine demokratische, legitimierte Vertretungskörperschaft zu schaffen?

Ich darf Ihnen noch einmal kurz die Zahlen nennen. Es sind 279 Gemeinden und sieben Landkreise in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen, die mit einer Fläche von 5 600 Quadratkilometern und einer Bevölkerung von 2,4 Millionen Einwohnern europäisch aufgestellt sind.

Herr Kollege Fleischer hat das alte Anliegen der Rheinschiene, auch in diese Kategorie aufgenommen zu werden, angesprochen. Ich habe schon einmal darauf hingewiesen: Wer seine Hausaufgaben gemacht hat, dem ist keine Tür verschlossen. Aber die Anerkennung dessen, dass sich ein Wirtschaftsraum über Jahre hinweg unter Zusammenwirken von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft so aufgestellt hat, dass er in der europäischen Wahrnehmung ein einheitlicher entwicklungsfähiger Raum nach dem Lissabon-Prozess ist, setzt voraus, dass man schon selbst einiges an Aktivität erbringen muss, bevor gesagt werden kann: Der Raum kann angeschlossen werden. Ministerpräsident Beck hat ausdrücklich gesagt: Es wird natürlich auch in den angrenzenden Gebieten, sowohl im PAMINA-Gebiet als auch in der West- und der Vorderpfalz, dadurch ein Schub entstehen, sodass auch diese Bereiche angeschlossen werden könnten.

Ein besonderes Problem gab es in Hessen. Denn der Kreis Bergstraße, die Starkenburg-Region, ist in andere Planungs

einheiten eingegliedert und hat sich deshalb jetzt nicht uneingeschränkt der Kompetenz der neuen Regionalversammlung unterworfen, sondern hat noch eine eigene Entscheidungskompetenz für seinen Bereich in der eigenen hessischen Gliederung bewahrt. Das waren die Schwierigkeiten, die über Monate hinweg ausdiskutiert werden mussten, weil ja kein Bundesland Kompetenzen abgeben will.

Das, was Herr Ministerpräsident Oettinger am 26. Juli zu dieser Entwicklung gesagt hat, darf ich zitieren – wir unterstützen es uneingeschränkt –:

(Abg. Reichardt CDU: Hervorragend!)

Die Qualifizierung (dieses Raumes) als Metropolregion und der neue Staatsvertrag schaffen für das RheinNeckar-Dreieck beste Voraussetzungen für eine zügige Weiterentwicklung. Baden-Württemberg hat sich in den letzten Jahren nachdrücklich für die Region eingesetzt und sieht in der Metropolregion Rhein-Neckar sowie dem neuen Regionalverband Rhein-Neckar einen großen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Baden-Württembergs auf europäischer Ebene.

Dem schließen wir uns als Abgeordnete jenes Raumes ausdrücklich an. Wir bitten Sie, diesem Gesetz zum Staatsvertrag wie alle anderen Landesparlamente einmütig zuzustimmen. Einzelheiten können wir noch im Wirtschaftsausschuss diskutieren, bevor auch dieses Gesetz in Zweiter Beratung verabschiedet wird und damit der Staatsvertrag endgültig geltendes Recht für den Rhein-Neckar-Raum wird.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Reichardt CDU: Gute Rede!)

Das Wort erhält Herr Abg. Hofer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist darauf hingewiesen worden, dass über den Staatsvertrag bereits im Mai ausgiebig diskutiert worden ist. Auch die Länge der Beratung des vorhergehenden Tagesordnungspunkts zwingt dazu, keine Wiederholungen vorzunehmen.

Ich möchte nur noch so viel erwähnen: Es mag vielleicht kein ausreichendes Maß an Ganztagsschulen geben,

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

aber es gibt sicherlich ein ausreichendes Maß an Ganztagsschuldebatten hier im Plenum.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der FDP/ DVP, der CDU und der SPD)

Ich möchte den Akteuren im Rhein-Neckar-Gebiet noch einmal gratulieren. Wir haben uns auch über die Metropolregion gefreut.

(Abg. Reichardt CDU: Wenn es Schwaben freut, hat es uns nicht gereut!)

Es geht darum, zusätzliche Entwicklungsperspektiven zu schaffen. Das ist nicht nur für die engere europäische Zusammenarbeit wichtig. Es ist auch wichtig nach innen. Man kann ja auch feststellen, dass entgegen früheren Annahmen auch die europäischen Förderprogramme gegenwärtig neu ausgerichtet werden. Nicht nur die Schwächen sollen ausgeglichen werden, sondern Europa möchte auch die Stärken stärken.

Ich will also keine Wiederholungen vornehmen, sondern nur noch so viel sagen: Dieser Staatsvertrag ist der RheinNeckar-Region nicht in den Schoß gefallen, nicht gewissermaßen von einem staatlichen Serenissimus gnädig gewährt worden. Er ist vielmehr das Ergebnis einer gemeinsamen, konsequenten, jahrelangen, beharrlichen Arbeit von drei Bundesländern. Das war eine schwierige Arbeit. Es handelt sich jeweils um Randlagen in den einzelnen Bundesländern; mehrere Großstädte stehen in natürlicher Konkurrenz zueinander. Dass es da gelungen ist, ein regionales Wirgefühl zu schaffen, ist, kann ich nur sagen, aller Anerkennung wert.

Auch dass die Wirtschaft, die Kammern und die großen Unternehmen – insbesondere die BASF – nicht nur fordernd aufgetreten sind, sondern sich selbst einbringen – nicht nur finanziell, sondern auch durch Manager persönlich mitgestaltend –, ist aller Anerkennung wert.

Dieses Wirgefühl, das hier vorhanden ist, steht meines Erachtens auch nicht in Gegensatz, wie die Grünen meinen, etwa zu einer Metropolregion für das gesamte Gebiet des Oberrheins – so, wie es der Landesentwicklungsplan vorsieht.

Niemand will eine Kopfgeburt eines gemeinsamen regionalen Gefühls etwa von Kaiserslautern bis nach Basel. Der Landesentwicklungsplan sieht ausdrücklich regionale

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Abwicklungen und Abschnitte vor. Auch das wird nicht einfach von oben verordnet, sondern das wächst durch gemeinsame Arbeit – das stimmt – von unten nach oben. Aber die Option, das Ziel einer starken gemeinsamen europäischen Metropolregion als Dach kann diese Arbeit beflügeln. So sieht es der Oberrheinrat, so sieht es die Oberrheinkonferenz. Sie, Herr Fleischer, haben darauf hingewiesen. Ich kann mich einfach auf das beziehen, was Sie gesagt haben.

Direktwahl ist kein Thema gewesen, sonst würden wir noch lange auf ein Ergebnis warten. Aber es kann ein Thema werden. Der Landtag wird sich sicherlich nicht verschließen, wenn es irgendwann einmal von den Akteuren gewünscht wird. Diese arbeiten jetzt erst einmal die zahlreichen Arbeitsfelder ab. Da haben sie genügend zu tun. Da kann man Erfahrungen sammeln. Im Übrigen habe ich in Gesprächen vor Ort gespürt, dass das Thema Direktwahl die Leute im Moment nicht drückt. Das kann einmal später kommen. Wichtig ist, wie gesagt, dass man jetzt pragmatisch vorgeht.

Man hat eine Verwaltungsvereinfachung erreicht. Wir stimmen gerne zu.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Bauer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor zwei Wochen war ich in Mannheim in der „Feuerwache“ bei der Verleihung des Landes-JazzPreises an den jungen Mannheimer Musiker Thomas Siffling. Kollege und Staatssekretär Sieber hat die Preisverleihung vorgenommen. Kollege Junginger war auch da. Die, die nicht da waren, haben etwas verpasst. Kollegin Grünstein war natürlich auch dabei.

(Abg. Döpper CDU: Wer noch?)

Die Verleihung dieses Landes-Jazz-Preises fand statt im Rahmen des Internationalen Jazzfestivals „Enjoy Jazz“, das es seit sieben Jahren gibt. Das Schöne daran ist, dass es in drei Städten gleichzeitig stattfindet: in Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg.

Ganz ähnlich haben wir ein Internationales Filmfestival in der Region, das zum 54. Mal stattfindet, und zwar gemeinsam in den Städten Mannheim und Heidelberg.

Ich erzähle Ihnen das, weil das für uns Ausdruck dafür ist, dass die Rhein-Neckar-Region von unten gewachsen ist, von unten an Kraft gewonnen hat. Vorreiter dabei waren insbesondere die Kulturschaffenden und Nutzerinnen und Nutzer des gemeinsamen Kulturangebotes. Wichtige Unternehmen der Region sind dabei unterstützend tätig gewesen und sind diesem neuen Aufbruch beigetreten. Sie haben viel Geld, Zeit, Engagement investiert, um die Rhein-NeckarRegion voranzubringen. Ich glaube, den Menschen wird durch diese Aktivitäten zunehmend bewusst, dass die Region gemeinsam besser aufgestellt ist und dass sie ihre Stärken nur gemeinsam entwickeln kann.

(Beifall bei den Grünen)

Das war in unserer Region – die Kurpfälzer wissen das bestimmt – nicht immer so. Das war eine relativ schwierige Entwicklung gewesen für eine Region, die sich über drei Länder hinweg organisieren muss. Es gab immer viele Eifersüchteleien und Konkurrenzen. Die Kurpfälzer kennen ja den alten Spruch: „Mannem vorne, Heidelberg hinne“. So hieß es früher in einem Nahverkehrszug, der, von Norden kommend, zwischen Mannheim und Heidelberg getrennt wurde. Das wurde zum Leitspruch für die Konkurrenzen in dieser Region. Für eine Zugezogene wie mich ist das Folklore von früher, weil heute in der Region ein anderer Geist herrscht.

Die Politik vollzieht diese Entwicklung nach und geht mit diesem Staatsvertrag einen Schritt voran, um die Region besser aufzustellen. Aber ich glaube – das möchte ich zu den Ausführungen von Staatssekretär Mehrländer sagen –, es ist durchaus nötig, dass sich der Landtag zu dieser Metropolregion Rhein-Neckar klar positioniert und ein deutliches Bekenntnis ausspricht, dass die Region auch in der heutigen Verfasstheit so gewollt ist.

Ich muss Ihnen sagen, ich war dankbar für die klärenden Worte, die von unserem Wirtschaftsminister nach unserer letzten Landtagsdebatte kamen. Diese Debatte und der Beschluss im Juni, der gegen die Stimmen der Grünen gefällt

wurde, hat einige Irritationen in der Region ausgelöst. Deswegen war ich sehr froh darüber, dass kurz danach ein Brief von Wirtschaftsminister Pfister kam. Ich möchte eine Stelle zitieren, um klarzustellen, wie Herr Pfister unseren Landtagsbeschluss interpretiert. Er schreibt nämlich an die beiden Regierungspräsidien:

Es gibt aus meiner Sicht momentan keine Alternative dazu, dass der Rhein-Neckar-Raum in seiner räumlichen Verfasstheit die Schubkraft nutzt, die er durch die Anerkennung als Metropolregion und den bevorstehenden Abschluss des Staatsvertrags erhält. Der anschließende Oberrhein-Raum muss sich seinerseits, und zwar geschlossen, an die strukturellen und inhaltlichen Aufgaben machen, die im Hinblick auf eine Anerkennung als Metropolregion zu erledigen sind.

Ich glaube, man sollte nicht im Nachhinein wieder neue Konfusionen auslösen, sondern das so hinnehmen und auf dieser Basis agieren.