Bei dem Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/4251, handelt es sich um einen Berichtsantrag, der mit der Aussprache erledigt ist.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/4284. Wer diesem Antrag zu
stimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Mehrheitlich abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über den Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 13/4252. Wer kann diesem Antrag zustimmen? –
a) Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP und Antwort der Landesregierung – Eurodistrikt Straßburg – Ortenau – Drucksache 13/3251
b) Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme des Staatsministeriums – Eurodistrikt Straßburg – Ortenau – Drucksache 13/4245
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu b fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion und für das Schlusswort zu a fünf Minuten.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen zunächst mit der Behandlung der Anträge als vorgezogene Initiativen deutlich machen, dass uns das ganze Land Baden-Württemberg wichtig ist. Es wird ja immer wieder beklagt, hier würde viel über den Raum Stuttgart gesprochen; wir haben aber in ganz Baden-Württemberg interessante Projekte, und eines dieser interessanten Projekte ist der Eurodistrikt Straßburg – Ortenau. Dieses Projekt ist sogar europaweit eines der interessantesten Projekte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
Wir als Fraktion der FDP/DVP haben ein verstärktes Augenmerk auf die Zukunftsregion Straßburg – Ortenau, auf diesen Eurodistrikt gelegt. Im Rahmen von Veranstaltungen und Gesprächen im April 2004 unter anderem mit dem Vizepräsidenten des Stadtverbandes Straßburg, Pascal Mangin, aber auch mit dem Landrat Brodbeck vom Ortenaukreis und den Oberbürgermeistern aus der Ortenau haben wir intensiv darüber diskutiert, welche Chancen und welche Risiken in diesem Bereich bestehen, welche Fortschritte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen der Ortenau und der Gebietsgemeinschaft Straßburg bereits erzielt werden konnten und welchen Handlungsbedarf unsererseits es noch gibt.
Wir haben auch die Zivilgesellschaft in diese Gespräche einbezogen und konnten in diesem Jahr, im Juli 2005, vor Ort äußerst interessante Anhörungen zu diesem Thema durchführen.
Während die Ratifizierungsverhandlungen auf der höchsten europäischen Ebene, was die Verfassung angeht, ins Stocken geraten sind, stehen wir hier in einem konkreten Fall der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit endlich vor dem Abschluss der offiziellen Kooperationsvereinbarungen, der für den 17. Oktober angekündigt ist.
Meine Damen und Herren, große Fortschritte konnten im Bereich des Eurodistrikts bereits bei der Bildung und der inneren Sicherheit erzielt werden. Die Zusammenarbeit von französischen und deutschen Schulen in Form von Partnerschaften mit Schüler- und Lehreraustausch und gemeinsamen Schulprojekten wurde intensiviert. Das stolze Ergebnis ist, dass auf der deutschen Seite mittlerweile 60 % der Grund- und Hauptschulen, 50 % der Realschulen und 40 % der Gymnasien eine französische Partnerschule haben.
Weiter findet im laufenden Schuljahr ein ganzjähriger Lehreraustausch zwischen den Schulverwaltungen im Ortenaukreis und dem Elsass statt. Je nach Schultyp umfasst der Austausch Teildeputate oder Deputate bis zu fünf Lehrerstellen. Damit ist ein wichtiges Ziel, das von uns als FDP/ DVP-Fraktion und auch von der Landesregierung verfolgt wird, in greifbare Nähe gerückt, nämlich dass alle Schulen entlang des Rheins eine Partnerschaft zu einer Schule am jeweils anderen Rheinufer pflegen. Dies ist ein großer Erfolg. Wir danken allen, insbesondere denjenigen in den Schulen, die diese Partnerschaft mit viel und mit großem Engagement pflegen.
Erfolge sind auch in der Einrichtung eines deutsch-französischen bilingualen Zugs an den Grund- und zum Teil auch an Hauptschulen zu verzeichnen. Auf deutscher Seite meldeten zwei weitere Grundschulen und zwei Grund- und Hauptschulen ihr Interesse an der Einrichtung eines solchen bilingualen Zugs an.
Meine Damen und Herren, für die Schülerinnen und Schüler dieser Region bedeutet diese Entwicklung einen großen Vorteil bei den zukünftigen Herausforderungen am Arbeitsmarkt.
Denn in den Grenzregionen sind auch heute noch nicht nur viele regulative bürokratische Hemmnisse zu überwinden, sondern auch immer große sprachliche Barrieren vorhanden. Nicht nur in diesen Regionen aber werden Bewerberinnen und Bewerber bei Auswahlgesprächen in den Unternehmen auch danach beurteilt, welche Sprachkompetenz sie mitbringen. Hier sind Schulabgänger von bilingualen Ausbildungsgängen eindeutig im Vorteil. Deshalb geben wir den jungen Menschen im Ortenaukreis und entlang der Rheinschiene insgesamt mit der bilingualen Ausbildung einen Startvorteil gegenüber anderen Bewerberinnen und Bewerbern, die auf den Arbeitsmarkt drängen.
Das Ziel der FDP/DVP ist weiterhin – und es muss auch das gemeinsame Ziel in diesem Haus sein –, in BadenWürttemberg die jungen Menschen fit zu machen für Europa und für einen gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt.
Daran anknüpfend konnte ein weiterer großer Fortschritt bei der beruflichen Ausbildung erreicht werden. Mit Beginn dieses Schuljahrs 2005/2006 konnte erstmals die grenzüberschreitende Ausbildung zum deutsch-französischen Handelsassistenten angeboten werden. Es handelt sich dabei um eine duale Ausbildung zum Kaufmann oder zur Kauffrau im Einzelhandel mit Zusatzqualifikation. Wir sind gespannt, wie stark sich dieser Ausbildungsgang dann später auch am Arbeitsmarkt etablieren kann.
Erfolge, meine Damen und Herren, sind im Eurodistrikt auch bei der inneren Sicherheit zu verzeichnen. Die Zusammenarbeit in der Region Straßburg – Ortenau wurde, was die Polizei angeht, weiter intensiviert. Es ist völlig klar: Die Verbrecher, die es zu bekämpfen gilt, agieren heute grenzübergreifend. Insofern war es nur folgerichtig, konsequent und notwendig, eine enge Zusammenarbeit der Polizisten diesseits und jenseits des Rheins zu organisieren. Gemeinsame Dienstbesprechungen auf allen Ebenen, gegenseitige Hospitationen sowie die Durchführung gemeinsamer Streifen sind heute an der Tagesordnung. Die technische, taktische und operative Unterstützung sowie die gemeinsame Planung und Durchführung polizeilicher Maßnahmen gehören heute zum Alltag. Europa bilingual, grenzüberschreitend, deutsch-französisch gehört heute zum Alltag. Das ist gut so, wenn man sich anschaut, welche Hindernisse hier zu überwinden waren.
Meine Damen und Herren, es geht aber nicht nur um repressive Maßnahmen, sondern vor allem auch um die Prävention. Auch hier ist grenzübergreifende Zusammenarbeit notwendig.
Zur Verbesserung der Verständigung zwischen den beiden Polizeien wird der Sprachschulung sowie sowohl der Ausbildung als auch der Fortbildung ein besonderer Stellenwert eingeräumt. So ist bei der polizeilichen Ausbildung das Erlernen einer Fremdsprache zum Glück zwischenzeitlich Pflichtfach. Immerhin zwischen 30 % und 50 % der Anwärter der Bereitschaftspolizeiabteilung in Lahr wählen Französisch als ihre Fremdsprache. Hier kann man nur ausrufen: Bravo!
Allerdings, meine Damen und Herren, sieht die FDP/DVPFraktion auch noch Handlungsbedarf für weitere Maßnahmen, um Fortschritte im Eurodistrikt zu erzielen.
Handlungsbedarf besteht bei der angemessenen Beteiligung der Zivilgesellschaft an den gesetzgeberischen Prozessen. Es sind die Bürgerinnen und Bürger, die den Programmen und Projekten im Eurodistrikt zum Erfolg verhelfen. Deshalb darf bei diesen nicht das Gefühl entstehen, dass ihnen das Konstrukt des Eurodistrikts praktisch oktroyiert wird. Die Folgen einer Politik ohne die Einbeziehung der Bürger
konnten wir ja bei den ablehnenden Referenden in Frankreich und in den Niederlanden ganz deutlich sehen. Deshalb plädiert die FDP/DVP in diesem Haus ganz klar dafür, alles zu tun, um die stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den Prozess des Eurodistrikts sicherzustellen.
Die entsprechenden Gremien wären also gut beraten, zum Beispiel Bürgerforen wie das „Forum Citoyen Eurodistrict“ noch stärker als bisher in die Arbeit einzubeziehen.
Nachbesserung ist auch bei der Entwicklung und Einrichtung bilingualer Züge in den Schulen notwendig. Bislang werden diese vorwiegend an den Grundschulen und zum Teil auch bereits an den Hauptschulen angeboten. Ein Angebot zur Weiterführung dieser bilingualen Ausbildung an Realschulen und Gymnasien besteht jedoch nicht. Lediglich zwei Gymnasien im Eurodistrikt auf deutscher Seite bieten einen bilingualen Kurs an. Allerdings setzt er ohne Vorkenntnisse aus der Grundschule an. Hier sehe ich einen Handlungsbedarf. Hier werden wir als Fraktion Initiativen starten, um gemeinsam mit der Landesregierung zu erreichen, dass wir die Fortführung der in der Grundschule erlernten Französischkenntnisse auch in den weiterführenden Schulen sicherstellen.
Dringender Bedarf zu weiterer Tätigkeit besteht auch bei der Verkehrsanbindung zwischen den beiden Ländern. Zwar wurde das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs durch die Einführung eines Tagespasses für Familien, der im Ortenaukreis und in der Stadtgemeinschaft Straßburg gilt, erweitert, einen Engpass stellt aber nach wie vor die Schienenverbindung zwischen Straßburg und Kehl dar. Diese ist immer noch eingleisig. Hier ist dringend etwas zu tun, damit auch die Magistrale Paris–Stuttgart–Budapest hergestellt werden kann. Meine Damen und Herren, hier ist die Bundesregierung gefordert. Wir lassen nicht nach, bis endlich ein Ausbau dieses wichtigen transnationalen europäischen Schienenverkehrsstrangs sichergestellt wird.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, das Thema bietet genügend Stoff und Raum für weitere Diskussionen. Wir werden auch in Zukunft diesen Eurodistrikt als Motor für Europa ansehen. Die FDP/DVP möchte, dass Europa von unten her wächst, von den Bürgerinnen und Bürgern her wächst, in einer Zukunftsregion wächst, wie sie der Eurodistrikt Straßburg – Ortenau darstellt. Dies ist nicht nur ein Modell baden-württembergischer Möglichkeiten, sondern auch ein Modell europäischer Möglichkeiten, das hier im Entstehen begriffen ist. Meine Damen und Herren, lassen Sie uns unseren aktiven Beitrag dazu leisten.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Deutschland und Frankreich sind im Bereich von Straßburg, seiner Umgebung und der Ortenau zusammengewachsen. Bürgerinnen und Bürger kaufen wie selbstverständlich auf der jeweils anderen Seite ein. Auf beiden Seiten können einheitliche Tickets für den ÖPNV auf durchgehenden Strecken gekauft werden. Wie selbstverständlich nehmen die Menschen in der Ortenau das kulturelle Angebot der Stadt Straßburg wahr. Deshalb war es richtig, dass in der Erklärung zum 40. Jahrestag des Élysée-Vertrags die Schaffung eines Eurodistrikts Straßburg – Kehl angesprochen worden ist. Herr Kollege Theurer hat darauf hingewiesen: Am 17. Oktober wird die Kooperationsvereinbarung der Kommunen in diesem Gebiet unterzeichnet und der Eurodistrikt damit gegründet.