Protocol of the Session on October 6, 2005

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fraktion GRÜNE kann diesem Gesetz nicht zustimmen.

(Zurufe von der CDU: Was? – Abg. Behringer CDU: Wir haben nichts anderes erwartet!)

Wir haben dafür drei Gründe.

Erstens fehlt es an einer Begründung für dieses Gesetz. Es ist nicht einsehbar, warum wir Verwaltungen alle fünf Jahre mit Totalreformen auseinander nehmen, zerlegen, umbe

nennen, umformatieren, in neuen Gesellschaftsformen einrichten und dann wieder zusammenlegen. Diese Art von Verwaltungsreform halten wir für kostenintensiv und unsinnig. Sie haben bis heute keine vernünftige Begründung dafür geliefert, warum es zu dieser Form von Fusion kommen soll. Synergieeffekte sind nicht absehbar. Im Gegenteil, wir befürchten, dass es das Land insgesamt teurer kommen wird. Es fehlt am Grund für diese Reform.

Zum Zweiten haben Sie aufgrund diverser rechtlicher Schwierigkeiten ein Konstrukt – die rechtsfähige Anstalt, die zugleich staatliche Einrichtung ist – zusammengebastelt, das in dieser Form jede Menge Krücken notwendig macht. Es gibt neue Schwierigkeiten mit der Mehrwertsteuerfrage, die offenbar so komplex ist, dass das Justizministerium mir bis heute keine Antwort auf die Frage liefern konnte, ob das, was wir heute beschließen, mit den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts vereinbar ist. Das Justizministerium hatte eine Fristverlängerung beantragt, und ich sehe mich außerstande, einem Gesetz zuzustimmen, bei dem das Justizministerium noch nicht einmal in der Lage ist, zu beurteilen, ob es rechtmäßig ist. Tatsache ist, diese Fristverlängerung wurde vom Justizministerium so bei mir beantragt. Ich bin gespannt, wie die Antwort nächste Woche ausfällt, wenn es zu spät ist und wir darüber nicht mehr beraten können.

(Abg. Scheuermann CDU: Seit wann beantragt das Justizministerium bei der Opposition eine Fristver- längerung?)

Sie wissen doch, wie das ist. Die Frist für die Antwort wäre heute abgelaufen, und man hat beantragt, erst nächste Woche berichten zu müssen. Das heißt, ich erfahre die Antwort auf meine Frage, wenn das Gesetz schon beschlossen ist. Das ist nicht sehr sinnvoll.

Wir glauben, dass es auch im Hinblick auf die Kernfrage, die unsere Partei stellt, problematisch ist. Solche Anstaltsfragen interessieren zwar wohl nicht die Öffentlichkeit im Großen. Aber wir glauben, dass Effizienzverluste drohen und dass deshalb auch der Umweltschutz unter dieser Reform leiden wird. Das ist der zweite Grund, warum wir dieses Gesetz ablehnen.

Der dritte Grund bezieht sich auf die Mitarbeiter dieser Anstalt. Wir haben die Sorge, dass Sie in großem Maße Frustration erzeugen, dass Sie die Mitarbeiter demotivieren, dass Sie die Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistungen mindern. Die Äußerungen der betroffenen Mitarbeiter zeigen das schon. Es gibt bereits anhängige Gerichtsverfahren.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Es gibt aber auch anderweitige Äußerungen der Mitarbeiter!)

Es gibt jede Menge Probleme bei der Umsetzung dieser Reform, weil sie schlecht begründet und schlecht gemacht ist. Deswegen befürchten wir einen schwerwiegenden Schaden.

Da Sie nicht davon abzubringen sind, das Gesetz zu beschließen, konzentriere ich mich nur noch auf die Frage, wie man den Mitarbeitern die Frustration ersparen kann. Das ist das Ziel unseres Entschließungsantrags. Ich will vor allem Ziffer 1 noch einmal hervorheben, weil Herr Kollege

Klenk dankenswerterweise gesagt hat, dass es selbstverständlich sei, was hier stehe.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Ist es auch!)

Ziffer 1 will sicherstellen, dass die bisherigen Mitarbeiter der UMEG jede Funktion in der neuen Anstalt übernehmen können, auch Führungsfunktionen. Es ist aber so, dass in Artikel 3 des Gesetzes, das Sie zu beschließen beabsichtigen, eine Änderung des Landesbeamtengesetzes vollzogen wird, wonach die Leiter der Abteilungen dieser Landesanstalt Beamte sind. Die Mitarbeiter der UMEG sind formal dazu nicht qualifiziert; denn sie haben nicht die formale Voraussetzung, um diesen Beamtenstatus zu erlangen.

Wenn Sie sicherstellen können, dass diese Hürde überwunden wird, dann soll es recht sein. Jedenfalls ist die Auffassung, die ich kenne, die, dass nach derzeitigem Stand den Mitarbeitern der UMEG die Einnahme neuer Führungsfunktionen – nicht die Übernahme – verwehrt ist. Das halten wir für schlechterdings undenkbar, und wir wollen sicherstellen, dass solche Probleme nicht auftreten.

Wir wollen zweitens die Verpflichtung, dass diese Anstalt möglichst viel am Markt operieren kann und der Verwaltungsrat hier nicht als Bremse wirkt. Es hat mich bedenklich gestimmt, dass die Ministerin im Ausschuss behauptet hat, nur 5 % der Einnahmen der UMEG würden am Markt erzielt. Nach meiner Kenntnis des letzten Wirtschaftsprüferberichts sind es derzeit 13 %. Da wird offenbar etwas unterschätzt. Wir wollen sicherstellen, dass der Gesellschaft vom Verwaltungsrat keine Hürden in den Weg gestellt werden und dass sie vielmehr dazu angeregt wird, am Markt aktiv zu sein. Das muss unser Interesse sein, was diesen Haushalt betrifft.

Schließlich möchten wir, dass Sie frühzeitig klar machen, was die Konsequenzen einer durchaus möglichen Mehrwertsteuerpflicht wären und wie dann organisatorisch und strukturell auf eine solche neue Situation reagiert werden muss.

Sie wollen das Wort „wirtschaftliche“ in Ihren Antrag übernehmen. Es freut uns, dass wir hier zumindest einmal ein einziges Wort im Konsens beschließen können.

Ich denke, dass Ihre Zusicherung, diese Punkte seien selbstverständlich, auch die Brücke sein könnte, unserem Antrag zuzustimmen. Aber wenn zumindest im Protokoll vermerkt ist, dass diese Punkte richtig sind und der Antrag nur deshalb, weil er von der Opposition kommt, nicht positiv beschieden werden kann, ist das auch schon ein Schritt voran.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Deswegen danke ich für diese Klarstellung. Wir beharren trotzdem auf einer Abstimmung über unseren Antrag, weil wir das, was darin steht, nicht notwendigerweise für selbstverständlich, aber für notwendig und richtig halten. Aus diesem Grund möchten wir Sie nochmals um Zustimmung bitten.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erhält Frau Umweltministerin Gönner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs – Herr Abg. Klenk hat das bereits gesagt – bin ich sehr umfassend auch auf die historische Entwicklung der Einrichtung sowie auf Ziel und Zweck der Zusammenlegung eingegangen. Ich glaube, dass ich dabei auch entsprechend begründet habe, warum wir diesen Weg gehen.

Ich möchte heute insbesondere auf die Punkte eingehen, die auch bei der Beratung im Umweltausschuss am vergangenen Donnerstag diskutiert wurden. Das sind erstens die künftige Rechtsform, zweitens die Wahrnehmung der Fachaufsicht und drittens die Personalsituation in der künftigen Anstalt.

Zum ersten Punkt: Die Rechtsform der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts wurde nach gründlicher Analyse und intensiven Abstimmungen innerhalb der Landesverwaltung gewählt. Diese Rechtsform hat sich bereits in den vergangenen viereinhalb Jahren bei der UMEG bewährt und stellt die wirtschaftlich beste Lösung dar. Sie stellt sicher, dass gravierende tarif- und zusatzversorgungsrechtliche Überleitungsprobleme, die als angeblich nicht gelöst angesprochen wurden, vermieden werden.

Gerade auch im Hinblick auf die finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist die gewählte Rechtsform für das Land vorteilhaft. Während die LfU heute eine unselbstständige Anstalt ist, wird die künftige Anstalt eine selbstständige Anstalt des öffentlichen Rechts sein, so wie die UMEG es bereits bisher ist.

Deswegen – ich glaube, dass es immer wieder notwendig ist, dies zu sagen – haben wir die Form der selbstständigen Anstalt gewählt. Das heißt, die Selbstständigkeit ist auch gewährleistet. Dies kann und soll durchaus als Signal für die Öffentlichkeit, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstanden werden, dass die Landesregierung Wert auf eine effiziente und schlagkräftige Umweltverwaltung legt, die durch die mit der Fusion erreichten Bündelung der fachlichen Kompetenzen noch gestärkt wird.

Nicht nachvollziehen kann ich im Übrigen die Forderung, auf eine Fachaufsicht der Ministerien über die neue Anstalt zu verzichten. Denn erstens unterliegt die UMEG bereits bisher der Fachaufsicht, weil sie auch hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.

(Abg. Regina Schmidt-Kühner SPD: Das steht aber nicht im Gesetz!)

Zweitens: Weil hoheitliche Aufgaben bislang und künftig wahrgenommen werden, ist die Ausübung der Fachaufsicht unumgänglich.

Drittens macht der Einsatz öffentlicher Mittel eine Fachaufsicht zwingend erforderlich.

Sie müssen sich überlegen, was wäre, wenn wir in Zukunft einen nicht unerheblichen Geldbetrag aufwenden und dann keine Fachaufsicht vornehmen. Ich muss den Einsatz von Steuergeldern auch im Einzelfall vor dem Bürger, vor dem Steuerzahler darlegen, begründen und letztlich verantworten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Im Übrigen, Frau Schmidt-Kühner: Auch auf Bundesebene unterliegen die Bundesbehörden mit ähnlichem Aufgabenprofil – gerade nämlich das Umweltbundesamt ebenso wie das Bundesamt für Naturschutz – der Fachaufsicht des Bundesumweltministeriums.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber nicht die bishe- rige UMEG!)

Deswegen stelle ich fest, dass Sie mit diesem Vergleich fehlgehen.

Das von der Opposition dargestellte Szenario einer Behörde, in der infolge der Fachaufsicht des Ministeriums kritische Fachfragen unterdrückt oder nur noch Gefälligkeitsgutachten erstellt würden, diskreditiert im Übrigen – das halte ich für gefährlich – die jahrzehntelange Arbeit von UMEG und LfU. Die Opposition würdigt damit die Leistung von hoch qualifizierten Beschäftigten, die ihre Arbeit mit hohem Sachverstand und Engagement wahrnehmen, herab.

Zur Personalsituation in der künftigen Anstalt möchte ich sagen, dass ich, was Motivation, Effizienz und Effektivität der Beschäftigten betrifft, sehr zuversichtlich in die Zukunft schaue. Bereits bei den zahlreichen Arbeitsgruppen, die anlässlich des Vereinigungsprozesses gebildet wurden, hat sich gezeigt, dass zahlreiche konstruktive Anregungen in die gemeinsame Vorbereitung der Fusion einfließen konnten. Dies zeigt, dass die Beschäftigten ihre Arbeit sachorientiert, zielgerichtet und zukunftsorientiert fortsetzen werden.

Es kann im Übrigen durchaus davon gesprochen werden, dass sich im Laufe der vergangenen eineinhalb Dekaden in der LfU und der UMEG unterschiedliche Unternehmenskulturen entwickelt haben. In beiden Einrichtungen kommen bisher unterschiedliche Tarif- und Versorgungsstrukturen zur Anwendung. Durch die vorgesehene Regelung im Gesetz ist jedoch gerade sichergestellt, dass personelle Überleitungsprobleme und finanzielle Nachteile für Beschäftigte vermieden werden. Ziel wird sein, in der neuen Landesanstalt künftig zu einer Angleichung der Tarif- und Versorgungsstrukturen zu kommen. Die vorgeschlagene Neuregelung ermöglicht dies.

Wir möchten, dass mit der Vereinigung eine schlagkräftige und vor allem eine einheitliche neue Landesanstalt entsteht, welche die an sie gestellten Aufgaben und Anforderungen bewältigt und für zukünftige Herausforderungen gerüstet ist. Mit der Vereinigung wird auch ein interner Personalaustausch zwischen den Stellen der ehemaligen UMEG und der ehemaligen LfU möglich sein. Dafür haben wir jetzt die rechtlichen Grundlagen geschaffen. Damit wird die Effektivität und Effizienz unserer Arbeit wieder erhöht werden.

Ich bin im Übrigen davon überzeugt, dass wir mit der neuen Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz die organisatorischen Voraussetzungen schaffen, um in der Umweltverwaltung Baden-Württembergs die künftigen Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Natürlich können Sie davon ausgehen, dass wir gerne Bericht er

(Ministerin Tanja Gönner)

statten, wenn dieser Antrag verabschiedet wird. Ich halte es aber für notwendig, der Anstalt auch die Chance zu geben, zu sich zu finden und zur Zusammenarbeit zu kommen. Deshalb halte ich die Berichtspflicht zum 1. Juni 2007 für richtig. Von unserer Seite machen wir die Zusage, dass wir gerne Bericht erstatten. Im Übrigen, glaube ich, sollte man über Selbstverständlichkeiten, die in einem Antrag formuliert werden, nicht unbedingt abstimmen. Selbstverständlichkeiten werden für gewöhnlich beachtet. Das ist unsere Aufgabe.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ist das eine Zusage?)

Was die Auswirkungen der Umsatzsteuerpflicht angeht, möchte ich Ihnen nur eines mitteilen. Man muss immer von der heutigen Gesetzgebung ausgehen. Zwar kann man natürlich hypothetisch schon für die nächsten fünf oder zehn Jahre Voraussetzungen und Zusagen haben wollen. Ich glaube aber, dass uns das wenig bringt. Man muss sich immer dem stellen, was heute Voraussetzung ist. Ich habe heute zweimal die ausdrückliche Bestätigung des zuständigen Finanzamts, was die Umsatzsteuerpflicht angeht, erhalten. Das ist für uns die Grundlage. Das war notwendig für diesen Gesetzentwurf. Deswegen glaube ich, dass wir zu diesem Punkt gern Bericht erstatten werden.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Vereinigung dazu führen wird, dass wir auch in Zukunft schlagkräftig sein werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)