Protocol of the Session on October 24, 2001

Zunächst, Herr Kollege Oettinger, wer zitiert, sollte den nächsten Absatz aus diesem Kommentar nicht vergessen. Ich lese ihn deshalb vor:

Gerade im Katastrophenschutz und bei den Kontrollund Laborkapazitäten muss aber auch das Land Fehler der Vergangenheit korrigieren. Und es gehört wohl zu den unerklärlichen Besonderheiten der schwarz-gelben

Koalition, dass es hinter den Kulissen kleinliche Auseinandersetzungen um Stellen zwischen CDU und FDP, zwischen Innen- und Justizministerium gegeben hat.

(Abg. Drexler SPD zu Abg. Oettinger CDU: Wa- rum hast du das nicht vorgelesen?)

Halbwahrheiten sind Unwahrheiten.

(Beifall bei der SPD)

Zweite Bemerkung, was die Bundeswehr betrifft: Die Fraktionen des Landtags hatten Gelegenheit, am Montag dieser Woche auf Einladung des Kommandierenden Generals der 10. Panzerdivision die Bundeswehr in Ellwangen zu besuchen. Es haben aus allen Fraktionen Kolleginnen und Kollegen diese Gelegenheit wahrgenommen. Dort haben die Vertreter der Bundeswehr und General Oerding eindeutig festgestellt: Die Bundeswehr ist in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen, auch im Kosovo, auch in Mazedonien, auch in Bosnien-Herzegowina. Sie ist dort nicht schlechter ausgerüstet als die anderen Bündnispartner, die dort tätig sind.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Abg. Hille- brand CDU: Der darf doch nichts anderes sagen! Der ist doch General!)

Im Übrigen, was Finanzierungsvorschläge betrifft: Ich wäre froh, wenn die Opposition auf Bundesebene die gleiche Sorgfalt und Seriosität an den Tag legen würde wie die SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg bei ihren Vorschlägen und der jeweiligen Finanzierung.

(Beifall bei der SPD – Abg. Blenke CDU: Bloß nicht!)

Dritte Bemerkung: Ihr Entlastungsangriff, was die Forderung von uns, zusätzliche Stellen bei der Polizei vorzusehen, betrifft, ist völlig fehlgeschlagen. Das hat schon Ihr überzogener Ton gezeigt.

Herr Kollege Salomon, wer nicht sieht, dass all diese Maßnahmen vermehrten polizeilichen Einsatz nach sich ziehen im Objektschutz, im Personenschutz, bei Maßnahmen wie der Rasterfahndung, bei der Kriminalpolizei, wer meint, das alles nur mit Geheimdiensten und mit dem Verfassungsschutz erledigen zu können, der hat eine horrende Unkenntnis der tatsächlichen Situation.

(Beifall bei der SPD)

Wer sich vor Augen hält, dass wir über 1,7 Millionen Überstunden bei der Polizei haben, dass nahezu 300 Stellen wegen Erziehungstätigkeit nicht besetzt sind, der muss sehen, dass wir mehr Personal bei der Polizei benötigen.

Deshalb, Herr Kollege Oettinger, Herr Kollege Salomon und Herr Kollege Pfister, ist doch der richtige Weg, offen darüber nachzudenken, ob unsere Polizei personell und sächlich ausreichend ausgestattet ist.

(Zuruf des Abg. Oelmayer GRÜNE)

Wir haben uns dieser Aufgabe gestellt, wir werden sie auch weiterhin wahrnehmen, und wir werden auch die entspre

chenden Deckungsvorschläge bei den Haushaltsberatungen machen.

(Beifall bei der SPD)

Vierte Bemerkung: Ich habe leider bei beiden Rednern der Regierungsfraktionen und bei Herrn Salomon ein klares Wort zu der Initiative von Eichel vermisst. Ich stimme Ihnen zu, Herr Kollege Pfister, wenn Sie gesagt haben: Man muss bei allen Vorschlägen abwägen, ob sie der Sicherheit dienen, ob sie unerträgliche Freiheitseingriffe sind. Ich vermisse aber eine klare Aussage zu der Initiative von Eichel. Ich finde, dies ist ein Punkt, wo nicht unzulässig in Freiheitsrechte eingegriffen wird, das Bankgeheimnis nicht bzw. nicht unverhältnismäßig verletzt wird, eine Regelung, die notwendig ist, um schnell Zugriff auf Konten zu haben, damit verdächtige Geldströme kontrolliert werden können, und zwar im konkreten Fall, im Einzelfall.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Das habe ich gele- sen! Hier schließe ich mich an! Ja!)

Ich habe ein klares Wort, Herr Ministerpräsident, zu der Bundesratsinitiative von 1995 vermisst, und das vermissen wir schon lange. Deshalb will ich aus dem Bundesratsprotokoll vom 9. Februar 1996 zitieren, was der Ministerpräsident damals dort ausgeführt hat:

Allen, die Konflikte mit der Eigentumsgarantie bzw. der Unschuldsvermutung des Grundgesetzes befürchten, gebe ich im Übrigen zu bedenken, dass unsere Bundesratsinitiative ein vom Strafrecht abgekoppeltes Verfahren zur Vermögenseinziehung mit einer Beweislastumkehr vorsieht. Zentraler Ansatzpunkt unserer Regelung ist gerade die Feststellung, dass die Wegnahme von Verbrechenserlösen keine strafrechtliche Sanktion ist, sondern ein Instrument der polizeilichen Gefahrenabwehr.

Etwas später heißt es:

Konflikte mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, die ein ganz anderes Ziel hat, bzw. mit der Unschuldsvermutung des Grundgesetzes sehe ich nicht.

Wo der Ministerpräsident Recht hat, hat er Recht. Nur sollte er auch so handeln.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Bravo! – Abg. Capezzuto SPD: Das ist schon sechs Jahre her! Das weiß er heute nicht mehr!)

Das Wort erteile ich Herrn Innenminister Dr. Schäuble.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will zunächst einfach feststellen, Herr Salomon: Sie haben mich heute mit Ihrer Rede teilweise außerordentlich beeindruckt.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Dann habe ich etwas falsch gemacht!)

So weit kommen wir. – Sie haben ja eingangs gesagt – das nehme ich auf –, dass sich Herr Kollege Drexler bei seinem Beitrag gehörig verlaufen habe. Ich will das unterstreichen und sogar noch steigern. Er ist aus dem Wald, aus

dem Dickicht, überhaupt nicht mehr herausgekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Bebber SPD: Oh! Po- lemik!)

Ich bin beim Mitschreiben dessen, was Herr Kollege Drexler gesagt hat, kaum mehr nachgekommen und darf mich noch auf ein paar Punkte von dem, was Sie, Herr Drexler, und teilweise auch Herr Birzele angesprochen haben, konzentrieren.

Das Wichtigste hat Herr Salomon schon gesagt.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was ist jetzt los?)

Die Bundesregierung informiert die Opposition. Die Landesregierung – das will ich ausdrücklich festhalten – hat die Mitglieder des Innenausschusses – diese wissen es ganz genau – durch mich in drei Sondersitzungen, glaube ich, Herr Ausschussvorsitzender Nagel, auch nach bestem Wissen und Gewissen informiert.

Die operative Seite ist etwas ganz anderes. Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung, etwa auch Kollege Schily, sich beim Sicherheitspaket 1, beim Sicherheitspaket 2 oder auch bei ihrer Überlegung zur Gegenfinanzierung durch Erhöhung der Versicherungsteuer und der Tabaksteuer aus guten Gründen natürlich nicht mit der Opposition abgesprochen hat. Genauso legen wir als Regierung mit den Fraktionen, die uns tragen, CDU und SPD

(Abg. Pfister FDP/DVP: Was?)

und FDP/DVP,

(Heiterkeit)

unser Antiterrorsofortprogramm vor.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Hasenclever!)

Nur so, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann es ja auch im parlamentarischen Raum richtig sein. Nur so kann es auch gehen. Deshalb, Herr Kollege Drexler, haben Sie hier etwas völlig Falsches gesagt, einen völlig falschen Eindruck erweckt.

Ich will einfach noch einmal festhalten: Informieren muss die jeweilige Regierung gerade in solchen Zeiten alle parlamentarische Kräfte umfassend. Das operative Geschäft wiederum steht natürlich in der Verantwortung der jeweiligen Regierung und der Fraktionen, die sie tragen.

(Abg. Drexler SPD: Ich sehe das anders!)

Nachdem Sie auf die Steuererhöhung zu sprechen gekommen sind, Herr Kollege Drexler, darf ich Ihnen noch zweierlei mit auf den Weg geben: Wir sind auch deshalb bestürzt darüber, dass die Bundesregierung ihre Programme mit diesen Steuererhöhungen finanzieren muss, weil es deutlich macht, dass im Bundeshaushalt für Maßnahmen der Sicherheit, der inneren wie der äußeren Sicherheit, überhaupt keinerlei Bewegungsspielraum mehr vorhanden war – das ist der eigentliche Skandal! –,

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

(Minister Dr. Schäuble)

während unser Sofortprogramm ohne Erhöhung der Verschuldung und ohne Steuererhöhung, die wir ja auch gar nicht machen könnten, finanziert werden kann. Das ist der große Unterschied zwischen uns und der Bundesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zurufe von der SPD)