Protocol of the Session on June 12, 2001

(Beifall bei der SPD)

Herr Pfister, ob das Erpressung war oder nicht – –

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ach, jetzt hören Sie mal auf!)

Es ist ja egal, wir haben da gewisse Geschichten gehört, wie Sie das erreicht haben: „tränenreich an der Türe gestanden“ und so.

(Heiterkeit bei der SPD und Abgeordneten der CDU – Lachen des Abg. Pfister FDP/DVP – Abg. Wieser CDU: Nehmen Sie Schauspielunterricht? Schauspielerprüfung?)

Ich berichte ja nur das, was ich gehört habe.

Eines ist klar: Herr Goll, Ihr Verhandlungsführer bei den Koalitionsverhandlungen, hat auf die Frage von Presseleu

ten, warum denn die FDP/DVP beim Wahlrecht nicht hart geblieben sei, formuliert, die kleine FDP/DVP könne doch die große CDU nicht erpressen. Ich stelle fest, dass Sie das bei der wichtigen Frage des Wahlrechts nicht gemacht haben; aber bei einer kropfunnötigen weiteren Repräsentationsstelle, die uns viel Geld kostet, da haben Sie es gemacht.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Das ist des Parlaments unwürdig, und deshalb lehnen wir das ab. Wir bitten Sie, für unseren Vorschlag – ein Präsident und zwei Stellvertreter – zu stimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abg. Oettinger.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen, verehrte Kollegen! Eingangs will ich den Kollegen Drexler, Pfister und Salomon Respekt und Dank dafür aussprechen, dass die Vorbereitung dieses Tagesordnungspunkts in den letzten Tagen in gegenseitiger Offenheit, Fairness und ohne Strategien gelaufen ist.

Mit derselben Offenheit will auch ich begründen, wofür die CDU-Fraktion heute eintreten wird. Wir treten dafür ein, dass der Landtag bis zu vier stellvertretende Präsidenten oder Präsidentinnen wählen soll. Dies kann man mit zwei, mit drei oder vier stellvertretenden Präsidenten organisieren. Es gibt in Deutschland unterschiedliche Strukturen, und jede hat Argumente für sich oder auch gegen sich. In Niedersachsen gibt es vier stellvertretende Präsidenten – dort regiert die SPD und hat das mit beschlossen –, in Nordrhein-Westfalen haben wir drei, in Rheinland-Pfalz hatten wir zwei, und seit 18. Mai 2001 haben wir dort vier stellvertretende Präsidenten.

(Abg. Alfred Haas CDU: Hoppla!)

Es gibt Länder, die wenden das d’hondtsche Verfahren an, und andere haben eine andere Struktur. Deswegen meine Bitte: Unterlassen Sie dieses überhöhte Pathos, das hier „in Nacktheit“ hereingetragen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Heiter- keit)

Dass Europa zusammenwächst, wissen wir auch. Dass es hier um Wahlfreiheit gehen soll – alles in Ordnung. Das können Sie Ihren Grünen erzählen. Bei uns überzeugen Sie damit relativ wenig bis gar nicht, sondern wir sind davon überzeugt, dass die Zusammensetzung dieses Landtags von Baden-Württemberg dem Willen des Volkes entspricht. Dieses Volk hat nun einmal entschieden: 7,9 %, 8,1 % – 45 Abgeordnete hier und 63 Abgeordnete für uns. Das ist Ihr Problem.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und der FDP/ DVP – Lachen bei den Grünen – Kopfschütteln des Abg. Dr. Salomon GRÜNE)

Wenn man nach allem, was man unter repräsentativer Demokratie verstehen kann, relativ weit hinten ist – nicht in

der Regierung, im Parlament zwar dabei, aber gerade eben so –, wenn es dann um zwei, drei oder vier Vizepräsidenten geht und der Wählerwille sich wiederfinden soll, dabei nicht zwingend – nach d’Hondt gleich gar nicht – nach Hare/Niemeyer – dann hätte es auch der FDP/DVP nicht gereicht –,

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Darum geht es gar nicht!)

sondern im Grunde genommen als Abgeordnete, sollte man – darum möchte ich einfach bitten – auch unserem Vorschlag etwas Respekt entgegenbringen. Es ist nicht der allein selig machende, nicht der zwingende, aber er entspricht durchaus demokratischer Gepflogenheit.

Die CDU-Fraktion hat sich im Zuge der parlamentarischen Konstituierung in Vorberatungen mit den Freien Demokraten darauf geeinigt, dass in die Wahlhandlung mit der Wahl von bis zu vier Stellvertretern eingetreten wird.

Um hier einer Legendenbildung vorzubeugen, die auch heute ins Parlament hereingetragen worden ist,

(Abg. Pfister FDP/DVP: Ja!)

die aber einfach nicht stimmt: Die Regierungsbildung und die parlamentarische Konstituierung waren und bleiben bei CDU und FDP/DVP zweierlei, waren und bleiben getrennt.

(Abg. Dr. Noll und Pfister FDP/DVP: So ist es!)

Die Kollegen Dr. Goll, Dr. Döring und Pfister haben mit dem Ministerpräsidenten, mit unserem Generalsekretär und meiner Person über fünf Tage hinweg über die Koalitionsvereinbarung, über unser Sachprogramm verhandelt, auch verhandelt über die Regierungsstruktur. Aber in all diesen Verhandlungen hat die konstituierende Landtagssitzung wirklich keine Rolle gespielt. Vielmehr haben wir, nachdem die Koalitionsvereinbarung getroffen war, im Zuge verschiedener Fragen, die dieses Haus betreffen – Größe der Ausschüsse und des Präsidiums, Ausschussvorsitze an welche Fraktion? –, beraten und dabei einem Anliegen der FDP/DVP nachgegeben, das wir nicht als zwingend empfinden, das wir aber akzeptieren, so wie es jetzt heute von uns mit getragen und vorgeschlagen wird.

Übrigens, Herr Kollege Salomon: In diesem Zusammenhang haben wir auch beraten, dass es gut ist – abweichend vom Wählerwillen, abweichend von d’Hondt –, dass im Präsidium jede Fraktion durch zwei Abgeordnete vertreten ist. Deswegen wählen wir nachher einen zweiten Kollegen der FDP/DVP und auch zwei Kollegen der Grünen in das 18-köpfige Präsidium hinein, weil dort die Mitwirkung einer jeden Fraktion durch zwei Köpfe dem Parlamentsablauf mit Sicherheit dienlich ist.

Die Qualitäten des Kollegen Kretschmann sind unstrittig. Dass dessen Charakter, dessen Intellekt, dessen Erfahrung, dessen Grundwerte ihn zu jedem Amt im Landtag befähigen, ist keine Frage. Wenn wir die von Ihnen begehrte Struktur nicht akzeptieren, hat dies mit dem Kollegen Kretschmann überhaupt nichts zu tun. Mir fielen in meiner Fraktion Dutzende ein, die ebenfalls von Charakter und Intellekt her für jedes Amt, auch für das Amt eines Präsiden

ten, befähigt sind. Aber leider gibt es dieses Amt nur einmal, und der Präsident ist schon gewählt.

(Heiterkeit – Abg. Fleischer CDU: Sehr schön! Sehr richtig! – Abg. Drexler SPD: Kollege Kurz auch!)

Jetzt ein letzter Punkt. Das d’hondtsche Verfahren ist ja nicht nur ein Vorteil für die stärkste Fraktion.

(Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Eine schwere Bür- de!)

Das d’hondtsche Verfahren ist auch eine Garantie für Gerechtigkeit. Denn, Kollege Salomon, wenn dieses Verfahren jetzt nicht gälte, hätten wir das Recht und die Möglichkeit, einen Vorschlag aus der Mitte des Landtags von Baden-Württemberg zu machen – trotz des oder gegen den Kollegen Birzele. Dies wollen wir nicht. Im Landtag von Baden-Württemberg war es eine gute Gepflogenheit, dass erstens das d’hondtsche Verfahren gilt, zweitens nicht Mehrheit in allem obsiegt und drittens der Präsident in die Zahl und die Verteilung der Vizepräsidenten eingerechnet wird.

Genau dies haben die Kollegen der SPD in RheinlandPfalz, lieber Herr Kollege Drexler, am 18. Mai nicht getan. Am 18. Mai hat die stärkste Fraktion in Mainz den Präsidenten gestellt, und danach hat man nach der Fraktionsstärke den ersten Vizepräsidenten erneut der SPD und erst den zweiten der CDU gegeben.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Richtig!)

Davon weichen wir bewusst und entsprechend einer guten parlamentarischen Gewohnheit Baden-Württembergs ab und wählen deswegen nachher – die einen aus großer Überzeugung, die anderen zähneknirschend – alle den Kollegen Birzele mit.

(Heiterkeit – Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Das Wort zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abg. Pfister.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Oettinger hat schon auf das Beispiel Rheinland-Pfalz hingewiesen. Tatsache ist, Herr Kollege Drexler, dass dort maßgeblich auf Initiative der SPD-Fraktion in Rheinland-Pfalz eine Regelung gefunden worden ist,

(Zuruf von der SPD: Wir sind hier in Baden-Würt- temberg! – Abg. Drexler SPD: Ich bin doch nicht in Rheinland-Pfalz!)

bei der allen Fraktionen ein Vizepräsident zugestanden worden ist. Ich frage Sie in diesem Zusammenhang jetzt nur, Herr Kollege Drexler: Warum soll das, was in Rheinland-Pfalz richtig ist und auf Betreiben der SPD gemacht worden ist, in Baden-Württemberg falsch sein?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Ich habe hier ein anderes Demokratieverständnis als Sie; das sage ich ganz offen. Nach Ihrem Vorschlag soll es bei dem Status quo bleiben.

(Abg. Drexler SPD: Ja!)

Ich bin der Meinung, dieses Parlament besteht nicht nur aus CDU und nicht nur aus SPD.

(Abg. Drexler SPD: Das merken Sie jetzt nach 40 Jahren zum ersten Mal!)