Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 1. Sitzung des 13. Landtags von Baden-Württemberg.
Gemäß Artikel 30 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg tritt der Landtag spätestens am 16. Tag nach Beginn der Wahlperiode zusammen. Die 13. Wahlperiode hat am 1. Juni begonnen. Die von der Verfassung vorgeschriebene Frist ist also eingehalten.
Nach derselben Verfassungsbestimmung wird die erste Sitzung vom Alterspräsidenten einberufen und auch geleitet. Der Präsident des 12. Landtags hat mir mitgeteilt, dass ich das älteste Mitglied des am 25. März 2001 gewählten 13. Landtags bin.
Daher frage ich das Plenum: Ist eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter anwesend, der vor dem 17. Januar 1935 geboren wurde? – Das ist nicht der Fall. Dann bin ich doch das älteste Mitglied des Landtags.
In meiner Eigenschaft als ältestes Mitglied habe ich die heutige konstituierende Sitzung einberufen.
Für diese Sitzung bestelle ich Frau Abg. Dr. Stolz und Frau Abg. Weckenmann zu vorläufigen Schriftführerinnen und bitte sie, links und rechts neben mir Platz zu nehmen. Frau Dr. Stolz, wenn Sie vielleicht an meiner rechten Seite Platz nehmen.
Entschuldigung, Frau Weckenmann, das war nicht despektierlich gemeint. Aber in diesem Haus ist es nun einmal üblich, dass die Vertreter der SPD links und die Vertreter der CDU rechts sitzen.
Am 25. März dieses Jahres wurden Sie, meine Damen und Herren, in den 13. Landtag von Baden-Württemberg ge
wählt. Ich gratuliere Ihnen zu dieser Wahl und wünsche Ihnen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für die Ausübung Ihres Mandats Gesundheit, Tatkraft und jene Portion Optimismus, die manchmal notwendig ist, um dieses Amt zu bestehen.
Ich darf nun die Gäste, die der heutigen Eröffnungssitzung beiwohnen, Bürgerinnen und Bürger aus Baden-Württemberg, Angehörige, Partner, Freunde und Mitarbeiter der Abgeordneten, frühere Parlamentarier, Regierungsmitglieder, Vertreter des öffentlichen Lebens, von Behörden und Verbänden sowie der Bundeswehr, befreundete Gäste aus den Nachbarländern und aus dem befreundeten Ausland, Vertreter des Konsularischen Korps, der Kirchen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags und der Fraktionen und nicht zuletzt die Vertreter der Medien herzlich willkommen heißen.
den früheren Präsidenten des Landtags von Baden-Württemberg, Herrn Dr. Fritz Hopmeier und Herrn Erich Schneider,
dem bisherigen Zweiten stellvertretenden Landtagspräsidenten, langjährigen Minister und stellvertretenden Ministerpräsidenten unseres Landes, Dr. h. c. Gerhard Weiser, der jetzt nach über 33 Jahren als dienstältestes Mitglied aus dem Landesparlament ausgeschieden ist,
dem Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herrn Klaus von Trotha, der nach 25-jähriger Parlamentstätigkeit jetzt ebenfalls ausgeschieden ist,
Ich freue mich besonders, den früheren Alterspräsidenten und langjährigen Landtagsvizepräsidenten, Herrn Hans Albrecht, heute in unserer Mitte begrüßen zu dürfen.
Meine Damen und Herren, ich möchte die Begrüßung von Ehrengästen fortsetzen und begrüße mit großer Herzlichkeit den Präsidenten des Staatsgerichtshofs, Herrn Lothar Freund.
Ein besonderer Willkommensgruß gilt den Vertretern der christlichen Kirchen und der Israelitischen Religionsgemeinschaften.
Unser besonderer Dank gilt Herrn Bischof Dr. Gebhard Fürst und Herrn Landesbischof Dr. Ulrich Fischer, die vor der konstituierenden Sitzung mit uns gemeinsam den ökumenischen Gottesdienst gefeiert haben.
Herr Landesbischof, es war für mich etwas Befriedigendes, dass die Gerechtigkeit Gottes auch Sie im Stau stecken ließ.
Besonders grüßen darf ich den Gouverneur unserer Partnerprovinz Oulu, Herrn Professor Dr. Eino Siuruainen,
Mein herzlicher Willkommensgruß gilt außerdem dem ehemaligen Präsidenten des Großen Rates des Kantons Schaffhausen, Herrn Charles Gysel.
Ebenso herzlich begrüße ich den Befehlshaber des Wehrbereichskommandos V und Kommandeur der 10. Panzerdivision, Herrn Generalmajor Jan Oerding.
Meine Damen und Herren, bei einer Konstituierung des Parlaments wird auch immer wieder die Frage gestellt: Rechtfertigen sich in einer Zeit des Umbruchs, der Internationalisierung und der scheinbar nicht mehr regelbaren technischen und wissenschaftlichen Entwicklungen noch dezentrale Entscheidungsstrukturen wie in Landtagen? Denn in der Tat: Die Globalisierungstendenzen brachten eine ungebrochene Dynamik der Weltwirtschaft. Die Umsätze der multinationalen Unternehmen übersteigen die Wirtschaftskraft von vielen kleinen Volkswirtschaften. Globale Unternehmensstrategien traten an die Stelle von nationalen Entscheidungsmustern.
Die internationalen Finanzmärkte, auf denen in Sekunden Hunderte Millionen Dollar rund um die Erde bewegt werden, lassen die Einflussmöglichkeiten der Regierungen und Parlamente schwinden. Das Schlagwort „Wissensexplosion“ beinhaltet hochkomplexe Erkenntnisse der Wissenschaft und offeriert ein neues Denken in der Welt. Was wir
nach unseren Wertmaßstäben moralisch und ethisch als nicht mehr verantwortbar empfinden, wird in anderen Ländern als machbar, manchmal sogar als notwendig betrachtet. Die moderne Kommunikations- und Computertechnologie setzt in einer globalen Vernetzung kraftvolle Initiativen frei, die den Prozess der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen in atemberaubender Weise beschleunigen. Die reale Welt wird durch die technische Vielfalt einer virtuellen Welt ergänzt.
Dieser Entwicklung passen sich auch moderne Industriestaaten durch informelle Zusammenarbeit und auch durch institutionalisierte Mechanismen, verbunden mit milliardenschweren Förderungsmaßnahmen, an, um Standortvorteile für das jeweilige Land zu sichern. Die starken Länder werden davon profitieren, die schwächeren werden zurückfallen.
Der frühere amerikanische Vizepräsident Al Gore sieht ein „neues athenisches Zeitalter der Demokratie“ heraufziehen, in dem die vernetzten Individuen gewissermaßen als Weltbürger in einer „elektronischen Agora“ unmittelbar miteinander kommunizieren.
Der renommierte Politikwissenschaftler und Friedensforscher Ernst-Otto Czempiel sieht die Möglichkeit der Entstehung einer „Gesellschaftswelt“ durch transnationale intergesellschaftliche, vom Staat weitgehend emanzipierte Aktivitäten. Langfristig sei die mit einer solchen Entwicklung verbundene Entdemokratisierungstendenz durch die Zusammenarbeit in der „Gesellschaftswelt“ und durch Schaffung einer globalen gesellschaftlichen Repräsentationsversammlung überwindbar. David Held dagegen sieht eine solche demokratische Repräsentationsversammlung auf der globalen Ebene als „an impossible dream“.