Protocol of the Session on November 23, 2000

ist eine Art Dokumentation der Finanzkontrolle des Rechnungshofs hinsichtlich des Ausgabeverhaltens der Regierung und letztendlich auch die Grundlage für die Entlastung der Regierung. Das muss man sich auch immer wieder klarmachen. Wir haben, für mich zum ersten Mal, die Beratungen darüber im Finanzausschuss mit aller Intensität geführt. Das ehrt zunächst das Parlament. Es ist aber natürlich auch eine große Aufgabe des Rechnungshofs, die dort jährlich zu bewältigen ist.

Für unsere Fraktion möchte ich auf drei oder vier Punkte eingehen. Das erste Thema, die Schulden, wurde schon erwähnt. Wir sind der Auffassung, dass diese 59,3 Milliarden DM zum Ausdruck bringen, dass mit jeder Milliarde, um die der Schuldenberg zunimmt, sukzessive politischer Gestaltungsspielraum verloren geht. Deshalb muss es für dieses Parlament, ich denke, auch fraktionsübergreifend, eine wichtige Aufgabe sein, diesen politischen Gestaltungsspielraum durch eine Rückführung der Schulden zurückzugewinnen.

(Abg. Moser SPD: Das ist aber die Aufgabe der Regierung!)

Das ist natürlich insbesondere die Aufgabe der Regierung. Das ist keine Frage.

Ein weiterer Punkt: Der Punkt „Allgemeines und Organisation“ wurde schon angesprochen. Dazu gehört das Thema Reiterhof. Wenn man als Abgeordneter des Landtags von Baden-Württemberg, im Finanzausschuss sitzend, solche Vorgänge vorgetragen bekommt, bei denen die Regierung mit öffentlichen Geldern, die sie sich über das Königsrecht des Parlaments hat bewilligen lassen, zu einem offensichtlich, wie der Rechnungshof durch Nachprüfung festgestellt hat, überzogenen Kaufpreis bei viel zu geringen Pachteinnahmen und viel zu hohen Unterhaltskosten Reiterhöfe kauft

(Abg. Bebber SPD: Skandalös! – Abg. Moser SPD: Und diesen Reiterhof wieder an den Steuer- schuldner verpachtet hat!)

und den Reiterhof an den Steuerschuldner wieder verpachtet hat, das setzt dem Ganzen noch die Krone auf; das ist das Tüpfelchen das I –, dann muss man sich schon die Frage stellen: Welche Sanktionsmechanismen haben wir als Parlament, um ein solches Verhalten zu rügen?

Ich will das jetzt nicht im Detail ausbreiten, meine Damen und Herren. Aber es leuchtet ein, dass das nicht ganz undiskutiert bleiben kann, wenn wir für die Zukunft überlegen, ob Regierungshandeln in dieser Weise noch als verantwortlich angesehen und dafür Entlastung erteilt werden kann.

Ein weiterer Punkt, den ich benennen möchte, der auch besonders geprüft worden ist, bei dem ich mich selber besonders engagiert habe, ist ein Thema aus dem Bereich des Umwelt- und Verkehrsministeriums. Dabei hat die Regierung ein Rechtskonstrukt, ein Rechtsformgebilde geschaffen, bei dem selbst ich als einschlägig tätiger Mensch, nämlich als Jurist und Rechtsanwalt, Stunden gebraucht habe, um es nachzuvollziehen. Das Land hat Schienenfahrzeuge gekauft, sozusagen auf Vorrat, für 53 Millionen DM bei entsprechenden Vorfinanzierungskosten über verschiedene Gesellschaften, die meines Erachtens so nie hätten gefördert werden dürfen.

(Zuruf des Abg. Göbel CDU)

Ich will das nicht weiter vertiefen. Es ist jedenfalls ein Vorgang, der meines Erachtens der Landesregierung zu Recht in einem gewissen Umfang eine Rüge des Finanzausschusses und damit auch des Landtags eingebracht hat. Hier stellt sich ebenfalls die Frage nach Konsequenzen – ich habe das vorhin schon angesprochen –, und wir werden das im Parlament einmal intensiv angehen und diskutieren müssen. Das Königsrecht des Parlaments wäre es natürlich, auch dort einmal die Entlastung zu versagen, wenn solche Vorgänge aufgedeckt werden. Ich glaube, der Rechnungshof hat dies zu Recht aufgedeckt.

Gewundert hat mich allerdings – das muss ich an dieser Stelle sagen –, dass der zunächst sehr gute Vorschlag des Rechnungshofs für eine Beschlussempfehlung, durch den Filter der Regierung gegangen, nachher wieder zahnlos dahergekommen ist. Das zeigt: Bei einem Rechnungshof, der nicht Zähne zeigen kann, auch bis zur parlamentarischen Behandlung, muss man sich überlegen, wie die Organisation der Prüfung, der Bericht und das Ergebnis in Zukunft angegangen werden können.

Ein letzter Punkt, den ich nennen möchte, betrifft die Vorgänge um den Rechnungshof selbst. Ich denke, dieses Thema haben wir zu Recht für heute von der Tagesordnung abgesetzt, weil man das erst einmal gründlich aufklären muss. Aber es gibt den alten Grundsatz: Wer selbst im Glashaus sitzt, kann schlecht andere prüfen. Das heißt, wir müssen diese Vorgänge vorbehaltlos aufklären. Das halte ich für eine ganz wichtige Aufgabe des Parlaments. Denn es kann nicht sein, dass dort quasi Ausgaben über Gebühr getätigt werden, Ausgaben, die nicht zu rechtfertigen sind. Wir müssen dieses Thema im Finanzausschuss intensiv angehen und danach auch dem Parlament darüber berichten. Es

wird ja auch um die Entlastung des Rechnungshofs gehen. Ich habe das Thema Konsequenzen jetzt mehrfach genannt.

Zum Schluss gilt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs dennoch auch unsere Anerkennung für die ausführliche Darstellung in der Denkschrift 2000. Das ist sicherlich auch ein wichtiger Beitrag zum Finanzcontrolling des Parlaments – bei aller Kritik, die jetzt – sicherlich auch zu Recht – gegenüber dem Rechnungshof aufgrund der eigenen Verhaltensweise bei Ausgabenpositionen meines Erachtens angebracht ist.

Herr Abg. Oelmayer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Moser?

Ja, bitte.

Herr Kollege Oelmayer, würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass ich Sie in einem Zwischenruf fälschlicherweise dazu verleitet habe, zu behaupten, die Landesregierung habe den Reiterhof an den Steuerschuldner verpachtet. Dies ist unrichtig. Ich nehme also diesen Zwischenruf zurück. Im Übrigen fällt das ohnehin unter das Steuergeheimnis.

(Heiterkeit)

Ich habe mich in diesem Fall einfach auf den Vorsitzenden des Finanzausschusses verlassen.

(Heiterkeit)

Aber man sieht, man kann sich nicht einfach ungeprüft auf Aussagen – auch im Parlament – verlassen.

(Abg. Kiel FDP/DVP: Augustinus!)

Das Wort hat Herr Abg. Kleinmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die diesjährige Denkschrift des Rechnungshofs hat eine ganze Fülle von Anregungen und Hinweisen für einen sparsameren und effizienteren Umgang mit den öffentlichen Mitteln erbracht. Die Verdienste des Rechnungshofs um eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung sind unstrittig, auch wenn er sich in der jüngsten Vergangenheit selbst berechtigter Kritik ausgesetzt sehen musste.

Das Parlament würdigt die Arbeit des Landesrechnungshofs am besten dadurch, dass es die Denkschriften des Rechnungshofs zügig berät, dass es die Anregungen des Rechnungshofs aufgreift und dass es genauestens auf die Umsetzung der entsprechenden Beschlüsse des Landtags achtet.

Die besondere Stellung des Rechnungshofs und das Ansehen, das er bei allen Fraktionen des Landtags genießt, werden dadurch deutlich, dass bei der Beratung der Denkschriften des Rechnungshofs im Finanzausschuss in der gesamten Legislaturperiode fast immer Einstimmigkeit erreicht werden konnte. So wird es wohl auch heute im Plenum sein.

Das große Maß an Vertrauen, das dem Rechnungshof entgegengebracht wird, ist natürlich immer auch eine Verpflichtung für den Rechnungshof selbst, diesem in seinem eigenen Handeln uneingeschränkt gerecht zu werden.

Die Geschichte mit der Dienstzimmerausstattung ist noch aufklärungsbedürftig, Herr Frank. Die Dinge müssen auf den Tisch gelegt werden. Tun Sie das bitte so vorsichtig, dass die wertvolle Tischplatte dabei nicht gleich verkratzt wird.

(Lachen des Abg. Seltenreich SPD – Abg. Selten- reich SPD: Wer den Schaden hat, spottet jeder Be- schreibung!)

Augustinus stimme ich selbstverständlich zu: „Niemand ist, der nicht sündigt.“ Ich hoffe aber, es ist nicht so wie bei Luther: „Pecca fortiter, ora fortius.“ Das heißt: Sündige tapfer, bete tapferer. Dann könnte es natürlich sein, dass wir im Finanzausschuss über die Sünden noch etwas länger sinnieren müssten.

(Abg. Reddemann CDU: Sehr schön, Herr Kolle- ge!)

Der Rechnungshof hat mit den Denkschriften und den beratenden Äußerungen vielfach nachhaltigen Einfluss auf die Landespolitik ausgeübt. Das neue Studentenwerksgesetz ist auch auf die Anstöße des Rechnungshofs zurückzuführen. Ich will an dieser Stelle der Erwartung Ausdruck geben, dass die Ziele dieses Gesetzes – Stärkung der Leistungsfähigkeit durch größere Autonomie und wirtschaftliche Eigenverantwortung – auch im Alltag umgesetzt und nicht von der Wissenschaftsbürokratie wiederum eingeholt und behindert werden, meine Damen und Herren.

Auch für eine Neuordnung der Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft hat der Rechnungshof wesentliche Anstöße gegeben. Eine erste Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Privatschulen ist erreicht. Die Neuordnung im Privatschulgesetz allerdings steht noch aus – für uns ein ganz vordringliches Ziel für die neue Legislaturperiode des Landtags.

(Beifall der Abg. Lieselotte Schweikert FDP/DVP)

Ich darf auch erwähnen: Es gab einen Punkt, bei dem der Finanzausschuss dem Rechnungshof einmal nicht gefolgt ist. Ich erinnere an die Kreisbeschreibungen, meine Damen und Herren. Zweifelsohne hatte der Rechnungshof Recht, dass der Betrag von 5,3 Millionen DM pro Kreisbeschreibung – wir haben 35 Landkreise – sehr hoch ist und dass der Nutzen eigentlich bei den Landkreisen liegt und nicht beim Land. Gleichwohl: Hätten wir hier zugestimmt, würden die Kreisbeschreibungen einschlafen. Wir hätten dann also keine Kreisbeschreibungen mehr, denn die Landkreise sind finanziell nicht in der Lage, so etwas zu machen.

(Zuruf des Abg. Moser SPD)

Ich empfand es als eine Sternstunde des Ausschusses und eine Sternstunde des Parlaments, dass ohne jegliche Absprache jeder zur Sache gesprochen hat und dass über die Fraktionsgrenzen hinweg alle zugestimmt haben, an den Kreisbeschreibungen weiterhin festzuhalten.

(Abg. Moser SPD: Billiger!)

Natürlich gibt es bei der Landesarchivverwaltung eine Verschlankung beim Personal und eine Verschlankung bei den Ausgaben und somit bei den Kreisbeschreibungen in Zukunft nicht zwei Bände, sondern nur noch einen Band. Dazu gibt es ja eine neue Konzeption des Landesarchivs.

Zwei Punkte, die den Rechnungshof ständig beschäftigen, will ich mit besonderem Nachdruck erwähnen. Wir dürfen bei den Bemühungen um die Konsolidierung des Landeshaushalts nicht nachlassen, Herr Frank. Die verabredete Absenkung der Nettokreditaufnahme um mindestens 300 Millionen DM pro Jahr muss konsequent umgesetzt werden. Die Staatsverschuldung ist eine Zukunftsbelastung für nachfolgende Generationen. Wir müssen sie konsequent abbauen. Die Nulllinie der Neuverschuldung muss spätestens 2006 erreicht sein. Angesichts der realen Ergebnisse der letzten Jahre – die reale Neuverschuldung lag jeweils deutlich unter den Planansätzen – gebe ich der Hoffnung und der Erwartung Ausdruck, dass das Ziel Nullneuverschuldung schon früher erreicht werden kann.

Der zweite Punkt, der damit in engem Zusammenhang steht, ist das Thema Personalabbau. Wir dürfen auch dort nicht lockerlassen. Die beiden laufenden Stellenabbauprogramme müssen konsequent umgesetzt werden. Im Zusammenhang mit der Einführung Neuer Steuerungsinstrumente muss ein größeres Effizienzpotenzial erschlossen werden, als das Refinanzierungsszenario des Finanzministeriums unterstellt. Ohne konsequenten Vollzug der Personalabbauprogramme haben wir keine Chance, in Schwerpunktbereichen die benötigten neuen Stellen zu schaffen, ohne gleichzeitig das Konsolidierungsziel zu gefährden. Meine Damen und Herren, deshalb ist dieses Thema so wichtig, und deshalb widmet sich auch der Rechnungshof diesem Thema so intensiv.

Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs im Namen der gesamten FDP/DVP-Landtagsfraktion.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Huchler.

Herr Präsident, Herr Rechnungshofpräsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Alljährlich erscheint die Denkschrift des Landesrechnungshofs mit Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes. Diese ist für uns Parlamentarier immer eine wichtige und interessante Arbeitsgrundlage, auf die wir nicht verzichten können. Dem Rechnungshof wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen als in der Vergangenheit. Er wird nicht nur die Effizienz der Arbeit der Behörden prüfen müssen, sondern er wird auch den Hebel dort ansetzen müssen, wo Fehlentwicklungen die Finanzkraft des Landes immer mehr einengen. Besondere Bedeutung wird ihm bei der Einführung Neuer Steuerungsinstrumente in der Landesverwaltung zukommen.

Meine Damen und Herren, trotz Steuermehreinnahmen hat die Landesregierung im vergangenen Jahr die Verschuldung des Landes um weitere 1,5 Milliarden DM auf rund 60 Milliarden DM ansteigen lassen. Ich frage die Landesre

gierung, wie lange sie diesen Weg der ständigen Neuverschuldung überhaupt noch gehen will. Selbst das überschuldete Saarland hat mittlerweile angefangen, die Verschuldung etwas abzubauen.

(Abg. Haasis CDU: Mit unserem Geld! Das ist doch klar!)

Früher haben sie unser Geld auch erhalten, aber die Verschuldung erhöht.

(Zuruf des Abg. Haasis CDU)