Protocol of the Session on November 22, 2000

Nachdem die Lage jetzt zwar nicht so ist, dass Milch und Honig fließen, aber wieder etwas erträglicher ist, muss sie wieder eingeführt werden.

Aber, um dies auch zu sagen: Es ist finanziell eben nicht zu schultern, die Jubiläumsgabe auch noch rückwirkend zu entrichten, so schön das wäre. Das ist natürlich schon ein Problem. Es tut mir selber auch Leid für diejenigen Beamten, die sie nicht bekommen.

(Abg. Kiel FDP/DVP: Ich gehöre auch zu denen!)

Es besteht die Situation – Herr Kollege Birzele, Sie kennen ja die Lage –, dass diejenigen, die noch im November ihr 25- oder 40-jähriges Jubiläum vollenden, sie natürlich auch nicht bekommen. Weil es eine Stichtagsregelung ist, können wir den Zeitpunkt nicht hinausschieben. Das ist außerordentlich bedauerlich.

Aber ich sage noch einmal: Zu rechtfertigen, wenn überhaupt, war die Streichung nur, weil damals die finanzielle Lage eben so schlecht war. Jetzt, wo es etwas erträglicher wird, führen wir sie wieder ein. Aber rückwirkend – das wäre ein Betrag von

(Abg. Pfister FDP/DVP: 26 Millionen DM!)

26 Millionen DM – schaffen wir es nicht. Dann hat man überlegt – ich sage das ganz offen –, ob man vielleicht nachträglich Urlaubstage gewähren könnte. Das große Problem ist: Die größte Beamtengruppe in Baden-Württemberg sind bekanntlich die Lehrer. Da kommen wir mit dieser Regelung eben auch nicht hin, sodass man sagen muss: Das Beste, was man daraus machen kann, ist, die Jubiläumsgabe jetzt in Gottes Namen für die Zukunft wieder einzuführen.

Ich kann nicht für die Zukunft entscheiden, aber an die Adresse aller in diesem hohen Hause möchte ich sagen: Man sollte sich mehr als dreimal überlegen, ob man noch einmal die Hand an eine solche Sache wie die Jubiläumsgabe legt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Red- ling SPD: Mir kommen die Tränen! – Abg. Käs REP: Der Minister im Büßergewand!)

Noch eine Bemerkung zu Frau Kollegin Erdrich-Sommer. Ich will auf das, was in Bezug auf Berlin gesagt worden ist, gar nicht näher eingehen. Da haben Sie auch Ihr Päckchen zu tragen. Wir müssen aber darauf achten – das ist mir wirklich ein Anliegen –, dass die Schere zwischen der Beamtenschaft und dem Tarifpersonal nicht weiter auseinander driftet. Das gilt für Tarifabschlüsse und ihre Übernahme sowie auch für andere Regelungen.

(Minister Dr. Schäuble)

Eines, Frau Erdrich-Sommer, fiel mir bei Ihrer Rede auf, und das will ich jetzt einfach noch einmal festhalten: Ich habe Sie so verstanden, dass Sie darauf hingewiesen haben, was die Beamtenschaft in Baden-Württemberg durch das ganze Stelleneinsparprogramm in den letzten Jahren an Lasten tragen musste. Habe ich Sie richtig verstanden? – Ich will aber auch, darauf aufbauend, sagen: Daran sieht man umgekehrt auch, welche Anstrengungen die Landesregierung im Rahmen der Verwaltungsreform unternommen hat, um Personalkosten zu sparen.

(Abg. List CDU: So ist es!)

Denn sonst wäre Ihre Aussage, glaube ich, nicht logisch. Deshalb darf ich dann auch feststellen: Dies ist aus Ihrer Sicht auch ein kleines Kompliment und eine kleine Erfolgsbilanz für das, was wir im Rahmen der Verwaltungsreform in der Abteilung Kosteneinsparung in den zurückliegenden Jahren dieser Legislaturperiode geleistet haben.

Nur noch eine Bemerkung an Sie, Herr Kollege Fischer: Ich glaube, niemand hat ein Interesse daran, dass wir jetzt noch einmal die Argumente zur Altersteilzeit wimpelartig austauschen. Wir haben das ja schon oft getan. Ich habe einfach die kollegiale Bitte an Sie: Betrachten Sie es optimistisch und positiv, dass wir jetzt die Altersteilzeit immerhin für die Gruppe der Beamten, die als Schwerbehinderte eine besondere Last zu tragen haben, mit diesem Gesetzentwurf einführen wollen. Diese herzliche Bitte zum Schluss an Sie.

Im Übrigen können wir die ganzen Argumente, wenn wir es überhaupt noch einmal tun wollen, im Ausschuss erneut miteinander besprechen. Aber eigentlich ist dazu ja alles gesagt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf an den Innenausschuss und zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss zu überweisen. – Sie stimmen zu.

Punkt 7 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung

a) des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD – Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften – Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Gemeindeund Landkreisordnung – Drucksache 12/4888

b) des Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung – Drucksache 12/4892 (berichtigte Fassung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses – Drucksache 12/5686

Berichterstatter: Abg. Veigel

Der Innenausschuss empfiehlt die Ablehnung der beiden Gesetzentwürfe.

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache über beide Gesetzentwürfe gestaffelte Redezeiten bei einer Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

(Abg. Seimetz CDU: Die aber nicht ausgeschöpft werden müssen!)

Wer wünscht in der Allgemeinen Aussprache das Wort? –

(Abg. Seimetz CDU: Niemand! Abstimmung!)

Herr Abg. Redling.

(Abg. Kiel FDP/DVP: Sag, dass ihr den Gesetzent- wurf zurückzieht!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kiel, den Gefallen werde ich Ihnen nicht tun. Denn seit Jahren setzen wir uns immer wieder dafür ein, demokratische Mitwirkungsrechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Daraus resultiert auch unser Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung.

Ich gestehe, dass die direkten Erfolge auf diesem Gebiet in dieser Legislaturperiode nicht sehr groß waren. Aber ich möchte auch feststellen, dass die Koalitionsfraktionen das, was wir gefordert haben, als Gesetzentwurf mit einer gewissen Zeitverzögerung einbringen und dann beschließen. Ich werde feststellen können, dass auch dieser Gesetzentwurf, den wir eingebracht haben, mit Zeitverzögerung Gesetz werden wird.

(Abg. Veigel FDP/DVP: Was?)

Wir haben mit diesem Entwurf versucht, angeregt auch durch die Initiative „Mehr Demokratie“, unsere gute Gemeindeordnung noch besser zu machen. Das muss auch Ihre Meinung sein, denn auch Sie versuchen, unsere gute Gemeindeordnung durch Ihre Gesetzentwürfe immer noch zu verbessern.

(Abg. Veigel FDP/DVP: Haben wir doch ge- macht!)

Deshalb bin ich da ganz optimistisch.

Wir müssen leider feststellen, Herr Kollege, dass die Vorstellung „Ich kann ja doch nichts ändern, und deshalb engagiere ich mich nicht“ leider immer weiter verbreitet ist. Deshalb ist es, glaube ich, ein guter Ansatz, wenn man versucht, dem entgegenzutreten und den Menschen bei konkreten Entscheidungen Mitsprachemöglichkeiten zu geben.

Welches Argument kann es denn geben, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen aus CDU und FDP/ DVP, gegen ein Bürgerbegehren, gegen einen Bürgerentscheid auf Kreis-, Gemeinde-, Gemeindebezirks- oder Ortschaftsebene zu sein?

(Abg. Veigel FDP/DVP: Auf Gemeindebezirks- ebene gibt es das bereits!)

Auf Kreisebene, sagt Herr Kollege List immer, seien Partikularinteressen vorhanden, das eine und das andere Ende des Kreises seien viel zu weit auseinander, diese Interessen würde man nie zusammenbringen. Aber wenn wir zum Beispiel sehen, wie groß die Stadt Stuttgart ist

(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Ah!)

und dass es dort trotzdem diese Möglichkeit gibt, dann zieht das Argument von Herrn List, die Fläche der Kreise sei zu groß, nicht mehr.

Welches Argument, meine Kolleginnen und Kollegen, kann es denn gegen eine Quorensenkung geben? Allenfalls: Man setzt das Quorum so hoch an, dass es nie erreichbar ist. Aber damit sät und erntet man gleichzeitig wieder den Frust bei den Bürgern. Dies, glaube ich, sollte nicht Absicht sein.

Ich möchte zu überlegen geben: Die meisten Bürgerentscheide, die in Baden-Württemberg in den letzten Jahren gestartet wurden, sind am Beteiligungsquorum gescheitert. Daran müssen wir doch erkennen, dass es nicht gut sein kann, wenn die Hürde so hoch ist, dass wir den Bürgern Steine statt Brot geben.

Sie sprechen auch immer vom großen Gegensatz zwischen Bürgerbeteiligung, der direkten Demokratie, und der repräsentativen Demokratie. Wir haben schon jetzt beide Elemente in unserer Gemeindeordnung. Warum sollen wir nicht eine Balance zwischen beiden Elementen herstellen? Denn in der Schweiz ist die Bürgerbeteiligung gar keine Frage. Die Demokratie in der Schweiz geht nicht unter, obwohl die Bürger dort so viele direkte Beteiligungsrechte haben. Im Gegenteil, diese Demokratie ist sehr stark.

Deshalb will ich Ihnen auch eines sagen: Die Bürgerbeteiligung der direkten Demokratie und die der repräsentativen Demokratie

(Zuruf des Abg. Hans-Michael Bender CDU)