Dann lasse ich über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Drucksache 12/5560, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Aktuelle Debatte – Die großzügige Verteilung nicht vorhandener Gelder aus der Landesstiftung durch die Landesregierung – beantragt von der Fraktion der SPD
Meine Damen und Herren, es gelten die üblichen Redezeiten: 50 Minuten Gesamtdauer ohne Anrechnung der Redezeit der Regierung, fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir am Dienstag hier in BadenWürttemberg erlebt haben, war das groteske Finale einer Summe von Fehlentscheidungen. Das groteske Finale bestand in dem einmaligen Vorgang, dass eine Landesregierung und die sie tragenden Parteien Gelder verteilen, die sie noch gar nicht haben, und mit einem Füllhorn durch das Land ziehen und Beglückungsaktionen für alle möglichen Institutionen ankündigen, ohne zu wissen, ob diese Versprechungen eingelöst werden können.
Es ist jedem Betrachter der politischen Szene bekannt, dass dies zumindest vonseiten eines Teils der CDU-Fraktion mit großem Unbehagen begleitet wird. Deswegen will ich diesen ganzen Vorgang in seinen Abläufen noch einmal beleuchten.
Am Beginn stand die erste Fehlentscheidung des Ministerpräsidenten Teufel: die Fehlentscheidung, die Anteile des Landes Baden-Württemberg an der EnBW an das französische Monopolunternehmen EdF zu verkaufen. Es hätte Alternativen gegeben. Der Ministerpräsident hat sich mit seiner bekannten Sturheit über alle Bedenken hinweggesetzt. Ich will Sie daran erinnern, liebe Kolleginnen und Kollegen – das können Sie nachlesen –, dass ich und andere bereits damals in der Debatte zu diesem Verkauf auf die erheblichen kartellrechtlichen Risiken bei einer solchen Entscheidung hingewiesen habe.
Das hat Herrn Teufel allerdings nicht interessiert. Ganz offensichtlich hat man in dieser Frage nur einem vertraut, nämlich Herrn Goll. Wie ich lerne, ist aus der Sicht unseres Ministerpräsidenten dort die gesamte historische Weltsicht und europäische Entscheidungsgewalt verankert. Denn anders kann man zu solchen Entscheidungen, wie sie der Ministerpräsident getroffen hat, nicht kommen.
In der Folge kam dann die zweite Fehlentscheidung. Man hat entschieden, dass man Gelder, wenn man sie denn bekommt, nicht dazu verwendet, um die Schulden des Landes Baden-Württemberg herabzusetzen und damit die Haushaltsspielräume des Landes seriös zu erweitern, wie dies beispielsweise die Bundesregierung auf Bundesebene tut. Ich will das deutlich sagen. Auch Herr Eichel oder Herr Stoiber – die Bayern haben ja auch eine solche Transaktion durchgeführt – hätten ja auf die Teufel’sche Vorstellung kommen können, das Geld in irgendeiner Stiftung zu verbraten, anstatt die Schulden zu senken. Merkwürdigerweise ist weder der bayerische Ministerpräsident noch der Bundesfinanzminister auf diese Idee gekommen. Da geht man den seriösen Weg und vermeidet solche Konstruktionen. Der Bundesfinanzminister hätte Ihnen, Herr Finanzminister, eigentlich als Vorbild dienen sollen, nachdem er die Erlöse beispielsweise aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen voll in den Schuldenabbau eingestellt hat und notwendige Infrastrukturvorhaben in der Tat nur über Zinsersparnisse fördert.
An diesem Beispiel können Sie übrigens schon etwas sehr Entscheidendes erkennen: Während der Bund über seine Zinsersparnisse dringend notwendige Infrastrukturvorhaben in seinem Kernhaushalt in Angriff nimmt, vor allem im Bereich des Verkehrs, können Sie, obwohl wir in BadenWürttemberg genau dieselben Probleme haben, dies nicht tun, weil Sie durch Ihre absurde Stiftungslösung gezwungen sind, neue Aufgaben zu erfinden, anstatt Ihre Hausaufgaben zu machen.
Dies kennzeichnet die finanzpolitische Unseriosität, die hinter diesem Vorgang steckt. Wir haben in Baden-Württemberg die Situation, dass das Land in Kernbereichen der Landespolitik seiner Aufgabe und seinen Verpflichtungen nicht genügt. Bei uns fällt Schulunterricht aus, und zwar auch im Pflichtstundenbereich. Das ist bekannt. Wir haben riesige Defizite bei der Verkehrsinfrastruktur. Hier wird eine Debatte über die Investitionsprogramme des Bundes im Fernstraßenbereich geführt, die etwas mit Versäumnissen in den letzten 16 Jahren zu tun haben. Aber es wird natürlich peinlich verschwiegen, dass sich kein Infrastrukturbereich in einem derart miserablen Zustand befindet wie die Landesstraßen in Baden-Württemberg.
Wenn man in einer solchen Situation, in der man seine Hausaufgaben nicht mehr macht und nicht mehr machen kann, anstatt möglicherweise zufließende Gelder in den Überlegungen auf Schule und auf fehlende Infrastruktur in Baden-Württemberg zu konzentrieren, einen neuen Gabentisch aufstellt, weil man glaubt, dass man damit Wahlkampfspeck suchende Mäuse bedienen kann, dann zeigt man in der Tat, dass man zu einer seriösen Finanzpolitik nicht mehr fähig ist.
Zum Schluss, Herr Finanzminister – mit der Bitte, das auch an Herrn Teufel weiterzureichen –: Ich finde es unglaublich fahrlässig, ungedeckte Wechsel auszustellen in einer Situation, in der kein Mensch weiß, wie Brüssel entscheiden wird, mit welchen Auflagen entschieden wird, welche weiteren Verhandlungsprozesse möglicherweise durch diese Auflagen ausgelöst werden, was das für den Unternehmenswert bedeutet, der veräußert worden ist, was das auch für die Strategie der EdF bedeutet. Das alles wissen Sie nicht. Über eine solche Situation sehr genau Bescheid wissend in bornierter Sturheit den eigenen Fahrplan durchzuziehen, das bringt in der Tat nur Herr Teufel fertig, aber das ist nicht zum Nutzen dieses Landes.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Lieber Herr Kollege Maurer, wenn morgen der Bauauftrag erteilt werden würde, wenn morgen die Umsetzung der Planung in Form von Auftragsvergabe für Hochbau, für Tiefbau, für Multimedia beginnen würde, dann hätten Sie Recht. Dann wäre in der Tat etwas ausgegeben, bevor man das Vermögen umgeschichtet hat. Aber genau dies tun wir nicht.
Ihre Überschrift über die heutige Aktuelle Debatte ist falsch. Es geht nicht um „die großzügige Verteilung nicht vorhandener Gelder“,
(Abg. Birgit Kipfer SPD: Aber um das großzügige Versprechen! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber um das politische Verfahren!)
sondern es geht um Investitionsplanung im Zuge einer Vermögensumschichtung. Bargeld ist in der Tat noch nicht da, aber Vermögen in Milliardenhöhe. Baden-Württemberg verfügt über ein Vermögen in Form von Energieaktien, für das uns die EdF 4,7 Milliarden DM zu zahlen bereit ist und das laut Aktienmarkt, laut Börsenkurs derzeit einen Wert von etwa 3,8 Milliarden DM darstellt. Das heißt, wir haben ein milliardenschweres Vermögen, wir haben uns entschieden, dieses umzuschichten und daraus eine neue Entwicklung für Energie Baden-Württemberg abzuleiten.
Nun kann man darüber streiten, ob das öffentlich-rechtliche Unternehmen EdF der richtige Partner ist. Dazu habe ich auch meine eigene Meinung,
aber darum geht es heute gar nicht. Dieses Vermögen ist jedenfalls mindestens 3,8 Milliarden DM, möglicherweise 4,7 Milliarden DM wert.
Es soll nicht beim Land bleiben, es soll umgeschichtet werden. Deshalb ist die Planung, die Vorbereitung von Investitionen für Berufsakademien, für Fachhochschulen, für Multimedia mit einem Nachtrag im nächsten Jahr, für den der Landtag in vollem Umfang in Verantwortung steht,
Wie wird der Ablauf sein? Sobald das Geld eingeht, sobald der Vertrag ohne oder mit Auflagen genehmigt ist, wird ein Nachtrag vorbereitet. Dieser wird dem nächsten Landtag vorgelegt. In diesem Nachtrag stehen die Zwecke drin. Die Rechnung sieht dann so aus: 4,7 Milliarden DM Geldeingang, anteilige Schuldentilgung 850 Millionen DM, bleiben 3,85 Milliarden DM netto frei. Wir wollen nicht, dass der baden-württembergische Bürger daraus Steuern in andere Bundesländer zahlen soll, deswegen die Lösung mit der Landesstiftung gGmbH. Ich respektiere Ihre Argumente dagegen; sie sind nicht neu. Wir halten unsere für die besseren und haben deswegen diese Konstruktion gewählt. Aus den verbleibenden 3,85 Milliarden DM werden wir 1 100 Millionen DM für die genannten, offen gelegten, gründlich bedachten Zwecke bereitstellen. Dann bleibt immer noch ein Restvermögen von mindestens 2,7 Milliarden DM. Darum geht es.
Warten wir einmal ab. Die vorgesehenen Zwecke sind, glaube ich, unstrittig. Nur Frau Vogt windet sich noch. Die genannten Zwecke bilden allgemeine Schwerpunkte unserer Landespolitik. Warten wir ab, was die EU-Kommission im Februar sagt.
Jetzt gehe ich mit Ihnen einmal ganz konkret die drei theoretisch möglichen Entscheidungen der Kommission durch.
Erste mögliche Entscheidung: Genehmigung ohne Auflagen. In diesem Fall wird im Herbst 2001 im Rahmen eines Nachtragshaushalts über all die Zwecke demokratisch entschieden, die wir angekündigt haben. Dafür werden und können wir auch bei der Landtagswahl um die Mehrheit der Bevölkerung für die CDU und ergänzend die FDP/ DVP werben.
In diesem Fall werden die Auflagen aber nicht dem Land, sondern den beiden Vertragspartnern, EdF und EnBW, den künftigen Kooperationsunternehmen, gemacht. Ich gehe davon aus, dass diese Auflagen erfüllbar sein werden. Ich sage eindeutig: Hier ist Herr Goll in der Pflicht. Hier sind die Investmentbank, Herr Goll und die EdF in der Pflicht. Ich gehe davon aus, dass diese Auflagen erfüllbar sein werden und die Kooperation der beiden Unternehmen möglich wird.
Drittens: Jetzt spreche ich die Frage an – nicht weil ich dies vermute, sondern um die Karten ganz auf den Tisch zu legen –: Was wäre, wenn die EU-Kommission den Verkauf nicht genehmigt? In diesem Fall hätte das Land dennoch ein Aktienvermögen mit einem Wert zwischen 3,8 Milliarden und 4,7 Milliarden DM. Es bedürfte dennoch einer Vermögensumschichtung. Dann würde es unter Umständen eine andere Konstruktion oder gar einen anderen Käufer geben.
Jedenfalls: Das Land erhält im nächsten Jahr auf jeden Fall einen Betrag, der zwischen 3,8 Milliarden und 4,7 Milliarden DM liegt. Deswegen ist in Vorbereitung für einen Nachtragshaushalt im Herbst nächsten Jahres die Verwendung von 1,1 Milliarden DM davon angekündigt – nicht mehr und nicht weniger als vorausschauende, offen gelegte Landespolitik mit Perspektive, eine Verwendung für richtige Zwecke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Oettinger fragt: Was ist dabei, wenn wir jetzt planen und vorbereiten, wie wir das Geld aus dem hier beschlossenen Verkauf verwenden, einem Verkauf, der gegen unsere Stimmen erfolgt ist, und über eine Konstruktion, die wir immer für falsch gehalten haben? Aber Sie gehen einen Schritt weiter: Sie verteilen die Gelder bereits. In der heutigen Ausgabe der „Stuttgarter Zeitung“ steht ganz groß: „Stuttgart erhält 106 Millionen DM aus der Zukunftsoffensive“. Da steht nicht, das sei alles noch sehr fraglich, das sei alles noch nicht ganz sicher. Vielmehr heißt es dort, Stuttgart erhalte diese Mittel für seine Forschungsinstitute.