Unter seiner Amtszeit als Finanzminister gab es hier klare Vorgaben. Da konnte man sich auch an etwas halten, und da gab es eine saubere Auseinandersetzung.
Aber in der Finanzpolitik hier kommt es allmählich zu einer völligen Beliebigkeit, die für dieses Land nicht haltbar ist, weil sie keine sauberen Grundlagen bietet.
Nein, nein, das ist nicht zugunsten des Landes. Denn wenn wir diesen Weg gehen, lieber Herr Haas, werden wir künftig keine klaren Grundlagen haben. Jeder wird die Steuereinnahmen dann so schätzen, wie er es gern hätte.
Ich will zum zweiten Punkt kommen. Lassen Sie mich kurz etwas zur Steuerreform sagen, die den bisherigen Verlauf der heutigen Debatte ein Stück weit beherrscht hat. Ich will etwas zitieren, und das finde ich richtig: Der letzte Freitag mit dem Beschluss des Bundesrats und damit dem Inkraftsetzen der Steuerreform war ein guter Tag für Deutschland und seine Menschen.
Eines verstehe ich nicht: In der Politik kann man in einem Bereich, in dem wir gegenseitig auf Zustimmung angewiesen sind und in dem wir Kompromisse schließen müssen, doch nicht meinen, dass man einseitig seine Position durchsetzen könnte. Wenn Sie sagen, es seien in dieser Steuerreform wesentliche Elemente Ihrer Vorstellungen verwirklicht, dann müssen Sie einer solchen Steuerreform zustimmen. Genau das tun Sie nicht.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Lafon- taine ist gerade aus dem Bett gefallen, gell!)
Warum ist das so? Man muss einmal in die Verfassung hineinschauen. Was ist denn der Bundesrat? Der Bundesrat ist das Organ der Länder
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Sieber CDU: Mir kommen fast die Tränen, Herr Kollege!)
Was ich Ihnen, vor allem dem Ministerpräsidenten, vorwerfe, ist: Sie haben Parteiinteressen vor Länderinteressen, auch vor die Interessen dieses Landes, gesetzt.
Ich habe überhaupt nichts gegen politische Auseinandersetzungen. Aber eine Partei, die Gegenstand eines Untersuchungsausschusses zu exakt diesem Thema ist, sollte nicht gegen die eigenen Leute solche Töne spucken.
(Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD – Bei- fall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zurufe von der CDU)
Bei allen politischen Unterschieden, die ich mit den drei genannten Herren der CDU habe: Ich finde es unerträglich, diese hier dem Schmiergeldverdacht zu unterstellen. Das halte ich für nicht sachgerecht und nicht sachdienlich.
(Abg. Drexler SPD: So ist es! Ein Skandal! – Abg. Seimetz CDU: Eichel und Schröder haben Schmiergeld bezahlt!)
Im Übrigen, meine Damen und Herren – jetzt bin ich wieder bei der Frage der Landesinteressen –: Wir werden beim Länderfinanzausgleich einen Vergleich brauchen, bei dem die Interessen der verschiedenen Länder austariert werden. Ihre Haltung und solche Positionen der Landesregierung, Herr Oettinger, werden beim Länderfinanzausgleich einen Konsens, bei dem die Interessen des Landes gewahrt werden, unmöglich machen. Sie sind dabei, in diesen Fragen die Möglichkeit, die Interessen des Landes zu wahren, kaputtzumachen.
Aber Ihnen geht es doch nicht um das Ergebnis. Ihnen geht es um den Landtagswahlkampf. Ihnen geht es um Vorurteile gegenüber anderen, aber nicht um ein solides Ergebnis im Interesse des Haushalts dieses Landes.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Seimetz CDU: Solch ein Stuss! – Abg. Haas CDU: Nicht einmal Beifall kriegen Sie dafür!)
Lassen Sie mich noch einen Punkt anfügen. – Also, Herr Haas, eines habe ich mir bei einer meiner letzten Reden hier vorgenommen: Ihnen, nachdem Sie hier permanent in dieser Form mit Zwischenrufen auftreten, zu sagen: Sie sind zwar Badener, aber für Sie gilt der Spruch, der hier in Stuttgart von den Schwaben gesagt wird: Sie send oiner von dene, die en Neckr bronzat ond moinat, ’s müsst Hochwasser komma.
(Große Heiterkeit bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Unruhe – Abg. Drexler SPD: Das Wort „bronze“ versteht er nicht! – Abg. Capezzuto SPD: Das muss man übersetzen!)
Jetzt will ich noch einen Punkt zur Weiterführung ansprechen. Wir haben einen Bereich, in dem wir in unserer Gesellschaft im Augenblick noch um einen Konsens ringen: Das ist das Thema Rentenreform. Auch da sage ich: Ich bin gespannt, wer sich durchsetzen wird.
Heute Morgen habe ich im Deutschlandradio ein Interview mit Frau Merkel gehört, bei dem sie meiner Ansicht nach zur Niederlage am Freitag sehr nachdenkliche und, wie ich meine, sehr interessante Gedanken geäußert hat. Für mich wird auch bei der Rentenreform die Frage sein: Werden sich Kohl und Teufel mit ihrer Strategie durchsetzen oder Frau Merkel, die begriffen hat, dass wir bei bestimmten Fragen in dieser Gesellschaft aufeinander zugehen müssen und einen Konsens suchen müssen.
Lassen Sie mich noch einen Satz zur Verschuldung sagen. Herr Finanzminister, Sie haben gesagt – und das stimmt ja –: Wir senken die Neuverschuldung. Aber womit hat das zu tun? Die Steuereinnahmen in diesem Land sind auch durch die Politik der Bundesregierung deutlich gestiegen,
(Abg. Sieber CDU: Das war das Schönste! Das war der beste Witz des Tages! – Abg. Haasis CDU: Zählen Sie doch mal ein paar auf!)
Deshalb ist doch völlig klar, dass es vernünftig ist, die Steuermehreinnahmen zur Schuldensenkung zu verwenden. Da haben wir ja auch vollen Konsens. Dieses Haus hat beschlossen, und zwar einstimmig, dass jede Steuermehreinnahme zur Schuldentilgung und zur Schuldensenkung verwendet wird.
Aber Sie nutzen nicht alle Chancen, die wir hätten. Sie privatisieren zurzeit öffentliches Vermögen des Landes. Wenn man öffentliches Vermögen privatisiert, dann muss dieses Vermögen zum Abbau von Negativvermögen verwendet werden, sprich von Schulden. Wir wären wesentliche Schritte weiter, wenn Sie endlich unseren Weg mitgehen würden, die Privatisierungserlöse zur Schuldenverringerung einzusetzen. Dann kämen wir dem Ziel der Nullneuverschuldung wesentlich näher,
und wir hätten durch eingesparte Zinsen und eingesparte Tilgung Spielräume für künftige Investitionen.
Lassen Sie mich als letzten Punkt noch die Bildung ansprechen. Ich glaube, dass Bildungspolitik mit einem ganz ehrlichen Umgang mit den Fakten beginnen muss.