Protocol of the Session on July 19, 2000

(Beifall bei der SPD – Abg. Wieser CDU: Das hat doch mit dem Unterricht nichts zu tun! – Abg. Sei- metz CDU: Der Unterricht ist kostenfrei! – Abg. Rau CDU: Dummes Zeug!)

Meine Damen und Herren, moderne Bildungs- und Familienpolitik, die die Vereinbarkeit – –

(Abg. Wieser CDU: Sie sagen bewusst die Un- wahrheit!)

Auch wenn Sie lauter schreien, wird das, was Sie sagen, nicht richtiger.

Moderne Bildungs- und Familienpolitik, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Ziel hat, erfordert einen Rechtsanspruch auf eine verlässliche und kostenfreie Halbtagsschule. Dafür, Herr Wieser, hat das Land – nicht die Kommunen und nicht die Eltern – die notwendigen personellen, inhaltlichen und organisatorischen Voraussetzungen zu gewährleisten.

(Beifall der Abg. Maurer und Capezzuto SPD)

Im Übrigen haben wir dafür bei der Beratung des Doppelhaushalts 2000/2001 beantragt – dies haben Sie abgelehnt –, zusätzlich 600 Stellen zur Verfügung zu stellen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Mit der Erweiterung und Neustrukturierung der täglichen Unterrichtszeit, einem rhythmisierten Unterricht also, wollen wir auch die Fremdsprache an der Grundschule für die dritte und vierte Klasse flächendeckend einführen.

(Zuruf des Abg. Seimetz CDU)

Aber auch hier hat die Landesregierung – Frau Schavan und Herr Teufel – nichts als Versprechungen abgesondert und Erwartungen bei den Eltern geweckt, die sie nicht einlösen kann. Noch in der Regierungserklärung wurde vollmundig versprochen, in dieser Legislaturperiode den Fremdsprachenunterricht an der Grundschule einzuführen. Nach dem Konzept von Frau Schavan gibt es jetzt zwar einige Schulversuche, aber die flächendeckende Einführung soll erst ab dem Schuljahr 2007/2008 erfolgen.

(Oh-Rufe von der SPD)

Ich sage Ihnen nochmals: Besser und sinnvoller wäre, anstelle der jetzt beabsichtigten schrittweisen Einführung für einen relativ kleinen Teil der Schulen umgehend einen flächendeckenden Fremdsprachenunterricht in der dritten und vierten Klasse einzuführen.

Meine Damen und Herren, geben Sie sich endlich einen Ruck! Ihr Modell taugt nicht, weil Sie den Schulen, den Schulträgern, den Eltern die Last Ihrer Ankündigung aufbürden. Schaffen Sie endlich tatsächlich zusätzliche Lehrerstellen, damit es nicht zu Unterrichtsausfall kommt. Schaffen Sie Stellen für Krankheitsvertretungen, anstatt dafür pensionierte Lehrer zu reaktivieren.

(Beifall bei der SPD)

Schaffen Sie mit uns einen Rechtsanspruch auf verbindliche Schulzeiten im Umfang von täglich fünf Zeitstunden!

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Das geht doch gar nicht!)

Herr Abg. Rau, Sie erhalten das Wort.

(Abg. Haas CDU: Herr Zeller, wann waren Sie das letzte Mal in der Schule? – Lachen bei der SPD – Gegenrufe von der SPD, u. a. Abg. Zeller: Herr Haas, gleich gibt es Hochwasser! – Abg. Capezzu- to SPD: Herr Haas, bei Ihnen waren die Lehrer froh, als Sie die Schule verlassen haben! – Weitere Zurufe und Unruhe)

Herr Abg. Rau hat das Wort! Ich bitte, ihm zuzuhören und die störenden Geräusche zu unterlassen.

Bitte schön, Herr Rau.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte etwas voranstellen, was außerhalb des Themas liegt: Heute vor fünf Jahren wurde hier im Landtag von Baden-Württemberg Frau Dr. Annette Schavan als Kultusministerin des Landes vereidigt. Herzlichen Glückwunsch zu diesem Jubiläum! Es waren fünf hervorragende Jahre für die Bildungspolitik in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP – Abg. Brechtken SPD: Gratulieren tun wir auch, aber das Zweite...!)

Im Gegensatz zur Kultusministerin, die hervorragende Ideen für die Weiterentwicklung des Bildungswesens in Baden-Württemberg hat,

(Zuruf des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grü- nen)

fällt der SPD seit eineinhalb Jahren offensichtlich nichts anderes, nichts Neues mehr ein. Denn der Gesetzentwurf, den Sie heute vorlegen, ist – mit Ausnahme einer Übergangsregelung – identisch mit dem, den Sie hier schon vor anderthalb Jahren vorgelegt haben. Sehr fantasievoll, Herr Kollege Zeller!

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Das lässt Rückschlüsse zu. Sie begehen pädagogische Rundwanderwege und blicken nicht in die Zukunft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Capezzuto SPD: Wer ist denn verantwortlich für den Unter- richtsausfall?)

Die Debatten der letzten anderthalb Jahre sind an Ihnen offensichtlich spurlos vorübergegangen. Anders ist auch Ihr Debattenbeitrag hier nicht zu erklären.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Aber das Spiel, das Sie hier betreiben, ist ja durchschaubar. Das Thema „verlässliche Grundschule“ ist Teil Ihrer Wahlkampfkampagne.

(Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Denn wie wäre es anders zu erklären, dass SPD-Gemeinderatsfraktionen in diesem Land wortgleiche Anträge zum Thema „verlässliche Grundschule“ vorlegen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Zurufe von der SPD)

Das ist ein ganz einfaches, durchschaubares Spiel.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Christine Rudolf: Das ist eben gute Organisation, Herr Rau!)

Gute Organisation. Aber die Gleichschaltung funktioniert nicht,

(Abg. Brechtken SPD: Gleichschaltung! – Abg. Schmiedel SPD: Vorsicht, Herr Kollege!)

weil Ihnen Teile Ihrer Gemeinderäte davonlaufen

(Lachen bei der SPD)

und dennoch der Einführung der verlässlichen Grundschule zustimmen.

(Zuruf des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grü- nen)

Wenn Sie die Presse im Lande lesen, stellen Sie fest, dass wir landauf, landab zahlreiche Beschlüsse haben, die die Einführung dieser verlässlichen Grundschule völlig undramatisch bestätigen.

(Abg. Wieser CDU: Die SPD-Bürgermeister sind begeistert!)

Die Zahlen, die wir im September erwarten dürfen, in welchem Umfang wir zusätzliches Betreuungspotenzial in der verlässlichen Grundschule anbieten können, werden beeindruckend sein. Ich freue mich schon darauf, Ihnen diese im September vorlegen zu können, denn dann wird klar werden, dass die verlässliche Grundschule eine breite Akzeptanz gefunden hat.

(Abg. Schmiedel SPD: Chaos! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Das warten wir gelassen ab! – Zuruf der Abg. Christine Rudolf SPD)

Ich habe Ihnen in den zurückliegenden Debatten gesagt: Wir brauchen die Grundschule nicht neu zu erfinden, sondern wir wollen sie mit diesem Schritt familiengerecht organisieren. Das ist die Aufgabe, die wir gelöst haben, und zwar sinnvollerweise gemeinsam mit den Kommunen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es!)

Auch hier ist kein Dissens zu erkennen, sondern die Kommunen sind diesen Weg mit uns gegangen. Wir sind ihnen dafür sehr dankbar.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! Sehr richtig!)