Warum hat die Bundesregierung die großen Konzerne gegenüber den mittelständischen Unternehmen so bevorzugt? Dieses Prinzip gilt in ihrer gesamten Politik. Der große Konzern kann sich gegen zu hohe Steuern wehren; er hat internationale Verflechtungen, er hat Fluchtmöglichkeiten; für ihn muss man etwas tun. Der kleine Unternehmer hingegen kann sich nicht wehren. Deswegen wird er schlechter behandelt. Dasselbe machen Sie bei der Beamtenbesoldung, da sich die Beamten nicht wehren können. Dasselbe machen Sie bei den Rentnern. Immer diejenigen, die sich nicht wehren können, werden von dieser Regierung schlechter behandelt als die Starken.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/ Die Grünen)
Was übrigens besonders interessant ist: In den Jahren 2001 bis 2004 belastet das, was beschlossen worden ist, die kleinen Unternehmen sogar noch wesentlich stärker als das, was im Gesetzentwurf des Bundestags enthalten war, und zwar um 15 Milliarden DM. Die Unternehmen müssen aufgrund dieses Schnellschusses in den nächsten vier Jahren 15 Milliarden DM mehr Steuerlast tragen. Woher kommt dies? Die Gewerbesteuerabsetzung wurde verschlechtert, und die Optionsmöglichkeit wurde abgeschafft. Dies kostet die mittelständischen Unternehmer 15 Milliarden DM.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dies musste am Anfang gesagt werden; denn dieser Nachtragshaushalt hat natürlich viel mit der Steuerreform zu tun. Ich komme jetzt zu den einzelnen Punkten.
Zum ersten Schwerpunkt, Vorsorge für die Steuerreform und Absenkung der Nettoneuverschuldung: Mit diesem Nachtrag hat die Landesregierung mit Blick auf die weiteren Entlastungen in unserem Unions- und FDP-Konzept 2,22 Milliarden DM für die Steuerreform zur Verfügung gestellt. Ursprünglich wollten wir im Jahre 2001 2,22 Milliarden DM für die Steuerreform zur Verfügung haben. Sie wissen, dass es anders gekommen ist. Deshalb brauchen wir nur ungefähr 1,87 Milliarden DM; den Rest, nämlich 350 Millionen DM, wollen wir sofort im Jahr 2000 verwenden, um die Nettoneuverschuldung abzusenken. Die Nettoneuverschuldung wird dann im Jahre 2000 nur noch 1 Milliarde 550 Millionen DM betragen. Ich sage: Dies ist die niedrigste Verschuldung seit 1987. Ich glaube, dies ist eine schöne Leistung.
Unsere Zielsetzung ist es auch, bis Mitte dieses Jahrzehnts die Nettoneuverschuldung stufenweise auf null zurückzuführen. Dieses Ziel verfolgen wir mit aller Kraft, und dabei lassen wir uns vom Bund und von anderen Bundesländern nicht übertreffen.
Meine Damen und Herren, es gibt eine Reihe von Bundesländern, die das schon angekündigt haben. Ich habe heute Morgen einmal die Verschuldungszahlen dieser anderen Länder angeschaut. Wie die das zum Teil erreichen wollen – ich will jetzt keine nennen –, ist mir schleierhaft. Wir allerdings können das erreichen. Ich kann Ihnen sagen, dass die meisten anderen Bundesländer im Jahr 2000 – spezifisch gesehen, pro Kopf der Bevölkerung – eine doppelt so hohe oder dreimal so hohe Nettoneuverschuldung wie Baden-Württemberg haben werden. Deswegen ist unsere Absicht, eine Nettoneuverschuldung von null zu erreichen – zusammen mit Bayern werden wir das erste Bundesland sein –, realistisch. Sie basiert auch auf der Tatsache, dass wir es mit einer anhaltenden wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung zu tun haben und dass die Steuereinnahmen in den letzten Monaten recht gut fließen. Außerdem gibt es eine gemeinsame Planung von Bund und Ländern, die darauf abzielt, das Defizit des öffentlichen Gesamthaushalts konsequent zurückzuführen.
Meine Damen und Herren, der zweite Schwerpunkt ist die Beseitigung der Orkanschäden. Am 26. Dezember 1999, am zweiten Weihnachtsfeiertag des letzten Jahres, ist der Orkan Lothar über Frankreich, Baden-Württemberg und Teile Bayerns hinweggefegt. Er hat ganz gewaltige Schäden angerichtet. Allein in den Wäldern Baden-Württembergs sind rund 25 Millionen Festmeter Sturmholz angefallen.
Meine Damen und Herren, immer wieder wird das seltsame Argument gebracht, wir hätten das doch schon lange gewusst. Natürlich haben wir das schon lange gewusst. Deswegen haben wir bereits im Januar im Uretat 100 Millionen DM zur Beseitigung der Orkanschäden bereitgestellt. An dem glatten Betrag von 100 Millionen DM hat doch jeder gesehen, dass dies zu jenem Zeitpunkt noch nicht auf einer Rechnung basierte, sondern, wenn Sie so wollen, eine Akontozahlung war. Wir wussten damals ganz genau, dass die Schäden höher sind als 100 Millionen DM, aber wir haben zunächst einmal 100 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Nachdem wir nun absehen konnten, wie hoch die Schäden tatsächlich sind, wollten wir noch einmal für das Jahr 2000 130 Millionen DM und für das Jahr 2001 50 Millionen DM zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, besonders wichtig scheint mir noch, dass wir auch Existenzhilfen für bäuerliche Privatwaldbesitzer zur Verfügung stellen. Denn das Ausmaß der existenziellen Gefährdung privater kleiner Forstbetriebe wird erst im Zuge der Aufräumarbeiten erkennbar. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand sind ca. 200 bis 250 Betriebe, vor allem im Schwarzwald, in ihrer Existenz bedroht. Die Landesregierung arbeitet derzeit einen Vorschlag für Existenzhilfen aus. Dafür wurden in den beiden Jahren 2000 und 2001 jeweils 4 Millionen DM in den Nachtragshaushalt eingestellt.
Einzelheiten dieses Programms sind noch festzulegen. Deswegen sieht der Nachtragsentwurf vor, dass die Inan
Darüber hinaus hat die Landesregierung seit Anfang dieses Jahres eine Reihe von weiteren Maßnahmen auf Bundesund EU-Ebene zur Sturmschadensbewältigung eingeleitet.
Der dritte Schwerpunkt, meine Damen und Herren, sind die zusätzlichen Lehrerstellen. Mit dem vorliegenden Nachtrag sollen 940 neue Lehrerstellen für das Schuljahr 2001/2002 geschaffen werden. Damit wird die Politik der Schwerpunktsetzung zugunsten des Bildungsbereichs konsequent fortgesetzt.
Meine Damen und Herren, wir haben in den nächsten Jahren noch weiter steigende Schülerzahlen, insbesondere bei den Gymnasien, den Realschulen und den Berufsschulen. Diese steigenden Schülerzahlen werden durch die steigenden Lehrerzahlen vollständig kompensiert.
Ich möchte darauf hinweisen – weil immer gesagt wird, dies käme erst im Schuljahr 2001/2002 – und insoweit Ihr Gedächtnis auffrischen, dass wir bereits für das Schuljahr, das jetzt beginnt, 800 zusätzliche Lehrerstellen zur Verfügung stellen. Wir stellen also am Ende des Jahres 2000 800 und am Ende des Jahres 2001 noch einmal 940 Lehrerstellen zusätzlich netto zur Verfügung.
Darüber hinaus haben wir mit dem letzten Haushalt ein 152-Millionen-DM-Programm verabschiedet, das die Unterrichtsversorgung verbessert hat. Sie sehen daran, dass die Unterrichtsversorgung für uns allerhöchste Priorität hat.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, vielleicht eine weitere interessante Zahl: Diese konsequente Politik zeigt, dass wir im Jahr 2000 4 000 Einstellungen vornehmen können. Wir ersetzen ja alle ausscheidenden älteren Lehrer durch junge, und wir können 800 zusätzliche Lehrerstellen schaffen. Das heißt also, die Altersstruktur der Lehrerinnen und Lehrer verbessert sich ganz bedeutend.
In dieser Legislaturperiode, meine Damen und Herren, schaffen wir mehr als 2 500 neue Stellen für Lehrer. Ich möchte darauf hinweisen, weil wir das in unserem Wahlprogramm aus dem Jahr 1996 stehen hatten. Ich kann mich sehr gut daran erinnern, dass mich mein unmittelbarer Gegenkandidat im damaligen Wahlkampf 1996 immer ausgelacht hat, als ich gesagt habe: Wir werden 2 500 Lehrerstellen schaffen. Jetzt haben wir sie geschaffen. Wir haben auch auf diesem Gebiet unser Versprechen gehalten.
Im Übrigen hat die Kultusministerkonferenz für das Jahr 1998 neue Zahlen vorgelegt. Sie zeigen deutlich, dass die Unterrichtsversorgung in Baden-Württemberg im Ländervergleich auf einem besonders hohen Niveau steht. Bezogen auf die vergleichbaren alten Flächenländer erreicht Baden-Württemberg die beste Schüler-Lehrer-Relation. Meine Damen und Herren, das sind objektive Zahlen. Das Verhältnis von Lehrern zu Schülern – diese ganz globale Zahl – ist in Baden-Württemberg im Vergleich zu allen anderen alten Flächenländern am besten.
Sie fragen, wo ich das herhabe? Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie es. Ich habe gesagt, dass es Zahlen der Kultusministerkonferenz für das Jahr 1998 sind, also keine baden-württembergischen Zahlen, sondern Zahlen, die alle Kultusminister von Deutschland zusammengestellt haben.
Knapp 52 % der Beschäftigten des Landes arbeiten im Bildungsbereich. Auf Folgendes lege ich, meine Damen und Herren, ganz großen Wert: Wir bauen zurzeit im öffentlichen Dienst Stellen ab, und zwar ganz beachtlich, stellen aber neue Lehrer ein. Ich habe in diesem Zusammenhang kein Verständnis dafür, wenn uns nun einer vorwirft, wir kämen im globalen Stellenabbau durch das Einstellen von neuen Lehrern, obwohl er noch viel mehr fordert, nicht schnell genug voran. Das ist dann pharisäerhaft.
Wir müssen für jede zusätzliche Lehrerstelle auf mittlere Sicht in den anderen Bereichen unserer öffentlichen Verwaltung als Ausgleich eine Stelle abbauen, doch das wird langsam schwierig. Allein dadurch, dass die Ausscheidungsquote niedriger ist, kommen wir hier in Schwierigkeiten. Ich wollte nur noch einmal darauf hingewiesen haben, dass wir außerhalb des Bildungsbereichs und außerhalb des Polizeibereichs mit dem Abbau der Stellen völlig in den Terminen liegen. Wir bauen sie in dem Tempo ab, das wir uns vor einigen Jahren vorgegeben haben.
Meine Damen und Herren, wie wird dieser Nachtragshaushalt gedeckt? Ohne Frage kommen uns zwei Tatsachen zugute: die günstige Entwicklung der Steuereinnahmen in diesem Jahr und im nächsten Jahr, aber auch der verantwortungsbewusste Umgang mit den uns von den Steuerzahlern anvertrauten Geldern. Wir haben in den letzten Jahren beträchtlich gespart, zum Beispiel beim Personal, wir haben ziemlich rigoros Reste weggestrichen, und wir haben zum Beispiel die Altersteilzeit nicht eingeführt.
(Abg. Zeller SPD: Da sind Sie noch stolz drauf? Das ist ja unglaublich! – Abg. Birzele SPD: „Mit den Beamten kann man es ja machen“, haben Sie vorhin gesagt!)
Außer den Steuermehreinnahmen von 870 Millionen DM gibt es beträchtliche Einsparungen bei verschiedenen Ausgaben, sodass wir im Jahr 1999 einen rechnungsmäßigen Überschuss von 1,7 Milliarden DM haben. Dies ist ein Rekordergebnis. Aber auch mit diesem Geld gehen wir verantwortungsbewusst um. Wir verwenden die zusätzlichen Deckungsmittel nicht für neue Aufgaben, sondern wir geben sie im Zusammenhang mit der Steuerreform an unsere Bürgerinnen und Bürger, die Steuerzahler, zurück.
Die Steuermehreinnahmen des Jahres 2000 sind auch bereits abzusehen. Bereits die Steuerschätzung hat Mehreinnahmen von 394 Millionen DM gegenüber der vorherigen Steuerschätzung gezeigt, und die tatsächlichen Einnahmen liegen noch einmal wesentlich günstiger als die Mai-Steuerschätzung. Es gibt in den Monaten Januar bis Juni insgesamt 1,3 Milliarden DM mehr Steuereinnahmen, dies allerdings brutto, meine Damen und Herren. Wir wissen noch
nicht, wie viel davon wir im Finanzausgleich abführen müssen. Wie viel wir abführen müssen, hängt davon ab, wie gut die Konjunktur in den anderen Ländern läuft. Weil sie in Baden-Württemberg besonders gut läuft, sind bei uns die Steuereinnahmen besonders hoch, und deswegen befürchte ich, dass uns von den 1,3 Milliarden DM ein ganz, ganz großer Teil im Rahmen des Finanzausgleichs abgezogen wird. Das erfahren wir immer erst ungefähr im September/Oktober eines Jahres.
Angesichts dieser erfreulichen Zunahme der Steuereinnahmen können wir aus heutiger Sicht mit weitestgehender Sicherheit davon ausgehen, dass wir am Ende des Jahres über das Steuerschätzungsergebnis hinaus ungefähr eine halbe Milliarde Mark netto mehr in der Kasse haben werden. Die Veranschlagung weiterer Steuereinnahmen in Höhe von 465 Millionen DM zusätzlich zum Ergebnis der Steuerschätzung ist deswegen auch nach dem Prinzip kaufmännischer Vorsicht ohne Einschränkung gerechtfertigt. Auch diese Mittel sind im Nachtrag nicht für neue Ausgaben eingesetzt, sondern für die Finanzierung der Steuersenkungen. Soweit sie dafür nunmehr nicht erforderlich sind, werden sie zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung verwendet.
Meine Damen und Herren, das Fazit: Der vorgelegte Nachtrag stellt die solide, verantwortungsbewusste und zukunftsorientierte Finanzpolitik
Wir sind neben Bayern das Land mit der geringsten Ver schuldung. Wir sind das Land mit der stärksten Wirtschaftskraft. Wir sind das Land mit der geringsten Arbeitslosigkeit, und wir sind das Land, das für die Bildung das meiste Geld ausgibt.
(Lachen des Abg. Bebber SPD – Abg. Brechtken SPD: Das stimmt natürlich nicht! Das ist schlicht falsch!)
Meine Herren, zur Bildung gehört auch, dass man lernt, zuzuhören und nicht verfrüht Kommentare abzugeben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Capez- zuto SPD: Den Spruch werden wir uns merken! – Abg. Birzele SPD: Es gehört auch dazu, erst nach- zudenken und dann zu reden!)
Mit diesem Nachtrag setzen wir unsere Linie konsequent fort. Wir investieren in die Zukunftschancen unserer Kinder, indem wir 940 neue Lehrerstellen schaffen.