Was Sie hier bringen, meine Damen und Herren, ist ein Lachen der Unwissenheit. Ich werde es Ihnen beweisen.
Vieles ist so gekommen, wie wir es vorgeschlagen haben. Meine Damen und Herren, ich habe allerdings von vornherein gesagt: Im Verhältnis zu dem, was hätte sein können, ist es eine schlechte Reform;
im Verhältnis zu dem, was wir von Lafontaine befürchten mussten, ist es eine gute Reform. So muss man das eben einfach relativ sehen.
Meine Damen und Herren, dass in der Politik gehandelt wird, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber schlimm sind Nebenabsprachen; denn der Bundeskanzler hat dem Bundesverfassungsgericht eine lange Nase gemacht. Ich will Ihnen das einmal aufzeigen. Er hat nämlich Bremen zugesagt, dass die Stadtstaatenwertung bleibt, er hat Bremen zugesagt, dass die Berücksichtigung der Hafenlasten bleibt, er hat Bremen zugesagt,
Die Regelung des Finanzausgleichs darf nicht dem freien Spiel der politischen Kräfte überlassen werden.
Genau das Gegenteil haben der Bundeskanzler und die Bundesregierung gemacht. Sie haben im Grunde genommen gezeigt, dass sie nicht nur den Bundesrat, sondern auch das Bundesverfassungsgericht nicht ernst nehmen.
(Beifall bei der CDU – Abg. Birzele SPD: Eine Mehrheit im Bundesrat wird nicht ernst genommen – so eine abenteuerliche Diskussion! – Abg. Pfiste- rer CDU: Jetzt sind sie ganz ruhig geworden! Dazu sagen sie nichts!)
Meine Damen und Herren, was für mich wirklich das Schlimmste ist, ist, dass wir gesehen haben, was wir im Länderfinanzausgleich zu erwarten haben. Aber was noch schlimmer ist: Wir erhalten in Berlin keine Unterstützung
von der baden-württembergischen SPD oder von den baden-württembergischen Grünen. Beide Parteien halten offensichtlich zum Kanzler, der offensichtlich ein Kanzler des Nordens ist. Das müssen wir einmal mit aller Klarheit sagen.
Zur Sache selbst. Ich will Ihnen das im Einzelnen beweisen: Dieser Kompromiss oder das, was zum Schluss beschlossen worden ist oder noch beschlossen wird, enthält einiges – –
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Mer- ken Sie eigentlich nicht, dass das peinlich ist, was Sie hier absetzen, in höchstem Grad peinlich?)
(Beifall des Abg. Pfisterer CDU – Abg. Dr. Salo- mon Bündnis 90/Die Grünen: Ich finde das gar nicht peinlich!)
Diese Steuerreform enthält – ich möchte es gleich beweisen – einige Punkte, mit denen wir durchaus zufrieden sein können, und sie enthält einige Punkte nicht, die wir gern gehabt hätten.
Zunächst einmal hat man auf das Optionsmodell verzichtet. Wir haben von Anfang an gesagt, dass das a) nicht durchführbar ist und b) den allermeisten nichts bringt.
Man hat eine ganze Reihe Verbesserungen für den gewerblichen Mittelstand vorgenommen, die im Gesetzentwurf der Bundesregierung zunächst nicht enthalten waren. Zum Beispiel – das ist eine technische Sache, die aber für kleine Unternehmen ganz wichtig ist – wird die Sonder- und Ansparabschreibung bleiben. Das bedeutet, dass kleinere Unternehmen schon vor der Investition steuerbegünstigt sparen können und damit eine wesentliche Liquiditätshilfe bekommen. Dies wollte Eichel nicht. Dies ist nun Gott sei Dank durchgesetzt worden.
Wir sind zum Mitunternehmer-Erlass zurückgekehrt, auch eine Sache, die zunächst einmal technisch klingt, für Personengesellschaften aber von großer Bedeutung ist. Die Rückkehr zum Mitunternehmer-Erlass bedeutet letzten Endes, dass ein Unternehmer Wirtschaftsgüter, Grundstücke, Häuser zum Beispiel, innerhalb von Unternehmerschaften übertragen kann, ohne dass die stillen Reserven versteuert werden müssen. Dies war bis 1998 herrschendes Recht. Lafontaine hatte dies zuungunsten der Unternehmer abgeschafft. Es wurde jetzt wieder durch den Druck der CDU und der FDP in das Gesetz übernommen.
Eine ganz wichtige Sache – das war für Baden-Württemberg die allerwichtigste, ohne die wir auf keinen Fall irgendwann der Steuerreform zugestimmt hätten – –
Ohne das hätten wir nicht zugestimmt. Es ist dies die Wiedereinführung des halben Steuersatzes bei Betriebsaufgabe. Das ist ganz wichtig, weil die Handwerker, die kleinen Unternehmer damit die Möglichkeit haben, eine günstigere Steuerbelastung zu bekommen, wenn sie am Ende ihres Erwerbslebens ihren Betrieb veräußern, um ihre Altersvorsorge zu finanzieren. Was hat denn die Bundesregierung vorgesehen gehabt? Sie wollte ermöglichen, dass die großen Konzerne Milliardenverkäufe ohne einen Pfennig Steuer vornehmen können, während der kleine Unternehmer die volle Steuer hätte bezahlen müssen.
Dann zur weiteren Senkung der Einkommensteuer. Wir wollen doch einmal festhalten, dass Eichel bei seinem Start eine Senkung der Einkommensteuer nicht vorgesehen hatte. Die gesamte Reform sollte lediglich bei der Unternehmensbesteuerung eine Entlastung von 8 Milliarden DM bringen. Er hatte damals übrigens behauptet, eine größere Entlastung als in Höhe von 8 Milliarden DM sei nicht möglich. Jetzt haben wir eine Entlastung, die wesentlich höher ist. Ich bin überzeugt, man hätte noch etwas mutiger sein können.
Eichel wollte, und zwar auf unabsehbare Zeit, nur eine Senkung des Steuersatzes auf 48,5 %. Meine Damen und Herren, uns geht es nicht nur um den Spitzensteuersatz. Der Spitzensteuersatz ist das Ende der Geraden. Wenn wir den Spitzensteuersatz senken, bedeutet das, dass jedes Einkommen geringer besteuert wird. Dies wollten wir von Anfang an. Wir wollten mit unserem Vorschlag einen wesentlich geringeren Spitzensteuersatz. Eichel hat gesagt, eine Senkung auf 48,5 % sei genug.
Ich war doch beim Vermittlungsverfahren dabei. Es waren auf Druck der CDU und der FDP bereits 43 %, und zum Schluss hat er 42 % akzeptiert. Ich bin überzeugt: Wenn die Steuerreform nicht in einer Nacht-und-NebelAktion, sondern in einem ordentlichen Vermittlungsverfahren gelaufen wäre,
Das Allerschlimmste ist aber die Tatsache, dass wir die gleichmäßige Besteuerung der Kapitalgesellschaften und der gewerblichen Unternehmer nicht erreicht haben.
Wir haben sie nicht erreicht. Bei der Gewinnbesteuerung bestehen Unterschiede von bis zu 11 Prozentpunkten. Die Kleinen, die Personenunternehmen, die Privaten müssen bei der Gewinnbesteuerung bis zu 11 Prozentpunkte mehr als die großen Kapitalgesellschaften zahlen. Dies gilt für die Jahre 2001 bis 2005. Wenn wir dann bei 42 % sind, wird es besser, aber der Unterschied beträgt dann immer noch 5 Prozentpunkte.