Protocol of the Session on June 28, 2000

Bevölkerung sind, muss es unser Anliegen sein, dass es möglichst wenig Kampfhunde in Deutschland gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb Zuchtverbot, Handelsverbot und auch Importverbot.

Das Zweite ist – und da lehnen wir uns auch an Bayern an –: In den Fällen, in denen jemand ausnahmsweise einen Kampfhund halten will, muss er dafür ein berechtigtes Interesse nachweisen, und es muss auch seine persönliche Zuverlässigkeit außer Frage stehen. Das ist der so genannte Hundeführerschein. Sie können davon ausgehen, dass wir bei der Frage, ob es für einen Kampfhund ein berechtigtes Interesse geben wird, einen sehr restriktiven Kurs einschlagen werden.

Das Dritte ist: Zu den vorhandenen Kampfhunden will ich einmal darauf hinweisen, dass der VGH die erwähnte Verordnung, die damals von Gerhard Weiser auf den Weg gebracht worden ist, nicht in allen Teilen aufgehoben hat. Es gilt heute schon überall in Baden-Württemberg der Leinenzwang. Deshalb ist klar: Die Kampfhunde, die jetzt leben, müssen, wenn sie gefährlich sind, notfalls eingeschläfert werden – daran führt kein Weg vorbei –, und im Übrigen gilt für sie sowieso Leinenzwang und strikte Maulkorbpflicht. Wir werden, wenn es bei dem einzelnen Hund geboten erscheint, auch zur Kastration oder zur Sterilisation schreiten müssen, damit er sich nicht weiter fortpflanzt. Das ist das Dritte.

Ich glaube, mit diesen Maßnahmen innerhalb der Verordnung werden wir das Problem wirklich entscheidend entschärfen.

Meine dringende Bitte ist heute folgende: Noch immer haben wir die erwähnte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg. Ich glaube, dass der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg an dieser Rechtsprechung nicht festhalten wird, aber ich kann heute in diesem hohen Hause auch nicht verschweigen, dass wir mit dieser Verordnung ein gewisses Rechtsrisiko eingehen. Aber ich bin der Auffassung – und da bitte ich im ganzen Haus um Unterstützung –: Um des Schutzes für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger willen müssen wir dieses Rechtsrisiko in Kauf nehmen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Die letzte Bitte, die ich äußern darf – und da habe ich dieses hohe Haus so verstanden, dass wir da übereinstimmen –, lautet: Die ganze schlimme Entwicklung gerade der jüngsten Tage macht, glaube ich, auch eines notwendig: Über Kampfhundebesitzer hinaus sollten wir alle Hundehalter, Hundebesitzer und Hundeführer noch einmal dringend ermahnen, beim Umgang mit ihren Hunden Rücksicht auf ihre Mitmenschen zu nehmen. Es darf nicht sein, dass ein Hund beißt.

(Beifall des Abg. Dr. Glück FDP/DVP)

Wenn ein Hund beißt, muss er eingeschläfert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

(Minister Dr. Schäuble)

Es darf nicht einmal sein, dass die Menschen auch nur ein Unbehagen oder gar Angst empfinden, wenn sie einem Hundeführer und seinem Hund irgendwo im Wald, auf Feld und Flur oder wo auch immer begegnen. Deshalb meine ich: Es ist notwendig, an alle Hundehalter, Hundebesitzer und Hundeführer zu appellieren, Rücksicht auf ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger zu nehmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Kretschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, es hat mich doch einigermaßen erstaunt, dass Sie Ihren Ressortkollegen für eine Verordnung loben, die anschließend von einem Gericht einkassiert wird. Ich weiß nicht, ob es nun gerade Lob verdient, Verordnungen zu machen, die nicht gerichtsfest sind.

(Zurufe bei der CDU)

Ich frage Sie jetzt mal: Die Gefahrenabwehr ist ganz klar Ländersache. Wer hätte Sie, wenn der Verwaltungsgerichtshof auf seiner Rechtsauffassung, die ich ja schon kritisiert habe, bestanden hätte, daran gehindert, damals eine Verordnung zu erlassen, in der jeder Halter eines Hundes ab einer bestimmten Hundegröße verpflichtet ist, einen Nachweis zu führen, dass dieser Hund nicht gefährlich ist? Selbstverständlich niemand. Das hätte der Rechtsauslegung des Verwaltungsgerichtshofs überhaupt nicht widersprochen. Sie hätten also sehr wohl die Möglichkeit gehabt, einfach einen ganz anderen Weg zu gehen, einen Weg nämlich, den Sie ohnehin gehen müssen, wenn Sie jetzt Ihre Verordnung durchbekommen.

(Abg. Haas CDU: Nein!)

Selbstverständlich.

Vorhin ist von allen, auch vom Kollegen Rech, gesagt worden, dass es notwendig ist, die Zucht, den Handel und die Dressur von besonders zu Aggressivität neigenden Hunderassen zu verbieten. Aber wenn ich Sie, Kollege Rech, richtig verstanden habe, waren wir uns darüber einig, dass selbstverständlich auch andere Hunderassen, die nicht darunter fallen, so dressiert werden können, dass sie ähnlich gefährlich sind. Das heißt, es ist ohnehin notwendig, die Verordnung, die die besonders gefährlichen so genannten Kampfhunderassen betrifft, dahin gehend auszuweiten, dass die Halter von Hunden bestimmter Rassen, aber auch einer bestimmten Größe des Hundes den Nachweis, dass die Hunde nicht aggressiv sind und sich unterordnen, führen müssen, also einen Ungefährlichkeitsnachweis erbringen müssen. Selbstverständlich hätten Sie das damals machen können.

Herr Minister, es genügt nicht, nur Appelle und Ermahnungen auszusprechen, wie Sie es eben getan haben. Sie ermahnen doch auch nicht Ihre Polizisten, nicht mit ungesicherten Waffen herumzulaufen, sondern Sie verbieten es

ihnen. Genauso wenig können wir doch erlauben, dass es in das Belieben von Hundehaltern gestellt ist, Hunde mit einer Beißkraft von bis zu 2 Tonnen zu halten, und zu hoffen, dass sie irgendwann einsichtig genug sind. Ein einziger Hund, der losgelassen wird, reicht doch schon, um jemanden schwer an Leib und Leben zu verletzen.

Deswegen ist es, glaube ich, unabdingbar – alles andere können Sie meiner Ansicht nach überhaupt nicht kontrollieren und nicht durchsetzen –, generell eine so scharfe Verordnung zu erlassen, dass auch solche Hundehalter mit den entsprechenden Konsequenzen erfasst werden, zum Beispiel einer Kennzeichnung ihres Hundes.

Ich gehe sogar noch weiter: Bei den heutigen, modernen Mitteln muss eigentlich jedem Hund ein fälschungssicherer Chip eingepflanzt werden,

(Abg. Haas CDU: Tierschutzgesetz!)

sodass man feststellen kann, wem er gehört. Allein in Stuttgart gibt es über 10 000 Hunde. Ich bitte Sie, wollen Sie da jedem Hund und jedem Hundehalter nachlaufen? Man muss da leider so vorgehen wie bei anderen gefährlichen Werkzeugen auch, zum Beispiel bei Autos und Waffen. Man muss das ähnlich regeln, und die Leute müssen ebenfalls den Nachweis erbringen, dass sie ihre Hunde, die potenziell auch Waffen sein können, beherrschen. Alles andere führt nur dazu, dass wir in kurzer Zeit wieder vor dem gleichen Problem stehen. Das kann nicht unser Interesse sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

Punkt 2 der Tagesordnung ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Einstieg ins Solarzeitalter; hier: Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch bis zum Jahr 2010 – Drucksache 12/4971

Die Redezeit beträgt für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort zur Begründung hat Herr Abg. Dr. Witzel.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! „Einstieg ins Solarzeitalter“ heißt das Thema. Heute Vormittag wurde von verschiedenen Seiten gefragt, wie denn der Einstieg aussieht. Ich darf das auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, kurz und knapp darstellen.

Eine Konzeption für den Ausstieg aus der Kernenergie ist das eine; der Einstieg in eine neue Energieversorgung ist das andere. Dieser besteht im Wesentlichen aus drei Punkten:

Erstens: Wir müssen die großen Einsparpotenziale nutzen. Ein Beispiel dafür ist das riesige Potenzial des Stand-by. Studien zeigen auf, dass hier bundesweit 20 Milliarden Kilowattstunden eingespart werden können. Damit könnte man vier kleinere Atomkraftwerke ersatzlos stilllegen.

Zweiter Punkt: Wir müssen die Effizienz unserer vorhandenen Kraftwerke steigern. Diese Effizienz liegt derzeit bei einem Wirkungsgrad von etwa 35 %. Wenn wir, was technisch möglich ist, diesen Wirkungsgrad auf einen Wert von 50 bis 55 % erhöhen, kann man die gleiche Strommenge mit einem Drittel weniger Primärenergie und auch einem Drittel weniger CO2 erzeugen. Das heißt, auch eine weitere Nutzung von Öl und Gas schließt den Klimaschutz und eine CO2-Reduktion nicht aus.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt kommen wir zum dritten Punkt, zu einer Strategie der Energiewende, einer Strategie des Einstiegs in das Solarzeitalter. Das sind die erneuerbaren Energien.

Vor den erneuerbaren Energien liegt eine große Zukunft. Das zeigen nicht nur Szenarien von Wissenschaftlern, Szenarien aus Umweltinstituten, sondern das zeigt auch die Studie des Ölkonzerns Shell. Danach können bis zur Mitte dieses Jahrhunderts, also bis 2050, die erneuerbaren Energien weltweit zum wichtigsten Energieträger werden. Sie können 50 % des Weltenergieverbrauchs abdecken.

Meine Damen und Herren, das ist die Perspektive, aber diese Perspektive kommt nicht von selbst. Es ist politisch etwas zu tun. Wir dürfen uns nicht vorbeimogeln und sagen, 2050 sei ja noch lange hin, sondern wir brauchen Ziele, die uns in die Pflicht nehmen, jetzt etwas zu tun.

Deshalb gibt es ein Etappenziel, das sich mittlerweile auf verschiedenen politischen Ebenen etabliert hat. Dieses Etappenziel für den Ausbau der erneuerbaren Energien heißt: Verdoppelung des Anteils bis zum Jahr 2010. Die EU, die Bundesregierung und auch die Landesregierung verfolgen dieses Ziel und haben entsprechende Beschlüsse gefasst. Auch wir Grünen stehen zu diesem Ziel „Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch in den nächsten zehn Jahren“.

Ich darf nicht verschweigen, dass dies ein anspruchsvolles Ziel ist. Das sagt sich möglicherweise sehr einfach, aber es steckt wirklich viel dahinter. Wir Grünen haben daher im letzten Jahr eine Studie in Auftrag gegeben. Diese Studie untersucht, wie man dieses Ziel hier in Baden-Württemberg erreichen kann. Diese Studie, erstellt von Dr. Nitsch vom DLR, zeigt zum Ersten auf, dass das möglich ist. Zum Zweiten zeigt sie auf, dass die Wasserkraft, die wir ja schon relativ stark nutzen, wenig zusätzlichen Spielraum hat, dass der Hauptzuwachs der erneuerbaren Energien im Bereich der Biomasse – das heißt Holzhackschnitzelheizung und Biogas – liegen muss, dass daneben zum Beispiel Sonnenkollektoren und Windenergie weitere Beiträge liefern. Das Ziel der Verdoppelung ist anspruchsvoll; das zeigt diese Studie auch auf. Denn die Biomassenutzung muss sich in diesem Zeitraum vervierfachen, und bei Sonnenkollektoren und Windenergie beispielsweise müssen

wir den Umfang der Energienutzung verzwanzigfachen. Das zeigt, welche Aufgabe vor uns liegt und dass man nicht einfach die bisherige Politik fortschreiben kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP/DVP, wir haben hier im Gegensatz zur Atomenergie Einigkeit im Ziel und auch im Wesentlichen über die Mittel, wie wir das umsetzen können. Denn das, was in unserem Gutachten aufgezeigt wird, wird in der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag als „schlüssig“ bezeichnet.

Aber – und jetzt kommen wir zur Umsetzung – bei der Umsetzung hapert es. Hier blockiert die Landesregierung. Ich will das an drei Punkten festmachen.

Erstens: Die Mittel im Haushalt 2000 wurden trotz des Beschlusses der Landesregierung, diesen Anteil zu verdoppeln, nicht erhöht. Wir haben noch gut in Erinnerung, dass im Vergleich zur Zeit der großen Koalition, in der die Mittel für die erneuerbaren Energien bei bis zu 30 Millionen DM lagen, von der jetzigen Landesregierung diese Mittel drastisch heruntergefahren wurden.