Protocol of the Session on May 18, 2000

wie die Wirtschaft ihre Lage jetzt beurteilt. Es gibt ganz aktuell vom 11. Mai dieses Jahres den aktuellen Konjunkturbericht der IHK für die Region Stuttgart. Er beginnt mit den Worten:

Das Wirtschaftsklima in der Region Stuttgart ist so gut wie seit Jahren nicht mehr.

(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Dank Döring!)

Und die Zwischenüberschriften: Konjunktur mit Volldampf voraus, stabiler Aufwärtstrend, Jobmaschine, weiterhin gute Stimmung. Das sagt die IHK.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Da freut sich Döring!)

Nehmen wir die Handwerkskammer. Baden-Württembergischer Handwerkstag, Wirtschaftsbericht, erstes Quartal 2000: Aufwärtsentwicklung im Handwerk geht weiter. Zwischenüberschrift: Verbreiteter Optimismus, Umsätze auf positivem Trend. Und die Zusammenfassung: Nach Jahren der Stagnation befindet sich das Handwerk auf einem Wachstumspfad. Ich will Ihnen sagen: Die Jahre der Stagnation waren unter dem Kabinett Kohl/Merkel, und die Jahre des Wachstums sind unter dem Kabinett Schröder.

(Beifall bei der SPD – Oh-Rufe von der CDU)

Jetzt zu dem, was hier kritisiert wurde, zu der Behauptung, in Sachen Steuern werde das Handwerk benachteiligt.

(Abg. Rapp REP: Richtig!)

Es wurde vom Kollegen der CDU gesagt

(Zurufe von der CDU: Scheffold heißt er!)

von Herrn Scheffold –: Die Kapitalgesellschaften zahlen 25 %, zusammen mit der Gewerbesteuer sind das dann 38,6 %, während das Handwerk 45 % und 50 % bezahlt. Wissen Sie eigentlich, wie viel ein Handwerksmeister, der verheiratet ist, verdienen muss, bis er auf diese 38,6 % Einkommensteuer kommt? 400 000 DM im Jahr. Wissen Sie, wie viele Handwerksbetriebe das sind? Das sind 5 % der Handwerksbetriebe in Baden-Württemberg. Wissen Sie, wie viele der Handwerksbetriebe in Baden-Württemberg nicht einmal einen Grenzsteuersatz von 25 % erreichen? Das sind 70 % der Handwerksbetriebe.

(Abg. Bloemecke CDU: Warum?)

Deshalb ist die Politik der Bundesregierung natürlich im Interesse der großen Mehrzahl der Handwerksbetriebe in diesem Land. Den Eingangssteuersatz bis zum Jahr 2005 auf 15 % zu reduzieren, den Freibetrag auf 15 000 DM anzuheben, dies liegt im Interesse gerade der Vielzahl der kleinen Handwerksbetriebe in diesem Land, die wir stärken wollen und stärken werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Ca- pezzuto SPD: Im Gegensatz zur früheren Bundes- regierung!)

Es ist eine weit verbreitete Legende, dass die Steuerreform dem Mittelstand nicht diene. Bis zum Jahr 2005 eine Steuersenkung um insgesamt 75 Milliarden DM, davon 20 Milliarden DM für den Mittelstand.

Es ist eine weit verbreitete Legende, von Ihnen verbreitet, dass beispielsweise die Ökosteuer dem Mittelstand und auch dem Handwerk schade. Das westfälische Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet aus: 2 Milliarden DM Begünstigung für den Mittelstand.

Jetzt kommt die Nummer mit dieser Beratungsgeschichte. Bleiben Sie ehrlich, auch Sie, Herr Wirtschaftsminister. Sie sind dabei zu schwindeln.

(Zuruf von der SPD: So was! – Heiterkeit bei der SPD – Widerspruch bei der CDU und der FDP/ DVP)

Es beabsichtigt niemand, bei der Bundesförderung für die Beratung zu streichen, aber Sie haben eine Pressemitteilung verfasst. Jetzt werden Sie nachher wieder kommen, und ich weiß, was Sie sagen werden.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber theoretisch stimmt das schon!)

Sie können ja Ihre Pressemitteilung widerrufen, kein Problem. Sie haben behauptet, die Bundesregierung beabsichtigt, 20 Millionen DM bei der Förderung zur Existenzgründungsberatung zu streichen. Mitnichten; die werden anders verwendet. Was Sie wollen, ist, dass diese 20 Millionen DM weiterhin unkontrolliert und unbesehen den Handwerkskammern übergeben werden, pauschal überwiesen. Das erinnert übrigens an die Geschichte mit den Bauernverbänden – auch einfach mal Geld rübergegeben, die werden schon richtig beraten.

Was die Bundesregierung jetzt macht, ist Folgendes: Sie fördert nicht die Kammer, sie fördert nicht die Verbände, sie fördert den Betrieb. Da werden die 20 Millionen DM hingegeben, sodass es eine einzelbetriebliche Beratung gibt, die der Betrieb abruft und kontrolliert, und er weist nach, dass die Beratung sinnvoll ist. Das stärkt das Handwerk.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Schmiedel, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Berroth?

Ja, bitte.

Bitte schön, Frau Berroth.

Herr Kollege Schmiedel, ist Ihnen bekannt, dass im Rahmen dieser organisationseigenen Beratung jede Beratungsstunde dem Betrieb zugeordnet und nachgewiesen werden muss, dass das Landesgewerbeamt das sehr genau prüft und dass das vom Rechnungshof regelmäßig nachgeprüft wird?

(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Gott sei Dank!)

Ich will mich jetzt nicht auf eine weitere Debatte über diese Geschichte einlassen. Ich sage nur: Das ist wie bei den Bauernverbänden. Die Mittel werden pauschal überwiesen. Sie wissen nicht, was die Herren tun.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Verdächti- gungen!)

Es wird pauschal überwiesen und nicht im Nachhinein nach Abrechnung.

Ich will auch nicht eine steuerpolitische oder steuertechnische Debatte führen. Ich kann Sie nur auf einen exzellenten Steuerfachmann verweisen. Das ist der Geschäftsführer der Handwerkskammer Niederbayern, Toni Hinterdobler. Der klärt Sie über alle Vorteile der Steuerreform für das Handwerk auf.

Die Bundesregierung macht die Sache gut. Deshalb schlage ich Ihnen vor: Lassen Sie uns in der zweiten Runde einmal über die Hausaufgaben in diesem Lande reden; denn die Handwerkskammer weist nach, dass wir im Gegensatz zu den anderen Bereichen weiterhin eine Flaute im Bauhandwerk haben. Dafür ist dieser Herr mit seiner radikalen Kürzung der Bauförderung verantwortlich. Wir haben keine Erfolge bei der Bekämpfung der Bürokratie, obwohl Sie einen Bürokratie-TÜV haben – der Innenminister, das Staatsministerium. Und was kommt heraus? Ein paar Erlasse über längst gebaute Straßen werden zurückgezogen. Wir haben keine Besserung bei der Förderung, bei der Konzentration dieses Förderdschungels in diesem Land. Strengen Sie sich hier an, dann werden Sie Ihrer Aufgabe als Regierung gerecht, und lassen Sie die Bundesregierung in Ruhe ihre Arbeit machen. Sie hat die volle Unterstützung des Handwerks.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Schlager.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Angeblich macht die Bundesregierung gegenüber dem Mittelstand alles falsch, nur der Mittelstand merkt es nicht und entwickelt sich prächtig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Frau Berroth, hatten Sie in der Mittelstandsenquete keinen Zugang zu Unterlagen über die Steuerreform?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Aber natür- lich!)

Wir haben die Steuerreform der Bundesregierung vom Institut der Deutschen Wirtschaft, das sicher nicht in dem Ruf steht, das Ganze durch die rosarote Brille zu sehen, sehr genau untersuchen lassen.

Ich habe Ihnen hier in einer Grafik das Ergebnis mitgebracht. 17 Milliarden DM Entlastung für den Mittelstand, 1 Milliarde DM Entlastung für die großen Betriebe, das ist die Bilanz unter dem Strich. Ja, das ist eine Schieflage, aber eine Schieflage zugunsten des Mittelstands.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich kann mich einfach nicht beruhigen über solch ein empörendes Verhalten, dass Sie sich hier hinstellen und sagen, der Mittelstand werde gerupft,

(Abg. Rapp REP: Der wird doch auch!)

wenn er um 17 Milliarden DM entlastet wird und wenn die Großbetriebe im Vergleich eine 17-mal geringere Entlastung bekommen.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Dummheit ist doch nicht empörend, die ist pein- lich!)

Es ist die größte Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik, und es ist die mittelstandsfreundlichste Steuerreform in der Geschichte der Bundesrepublik.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Frau Abg. Schlager, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Berroth?

Zuerst sage ich noch, wie das Handwerk diese Strukturreform bewertet.