Protocol of the Session on May 18, 2000

Jetzt warten Sie doch einmal.

Bei der heutigen Diskussion sind keinerlei neue Argumente gekommen. Das, was wir von Frau Blank, von Frau Bender und von Ihnen, Herr Müller, gehört haben, ist alles schon einmal da gewesen. Nichts Neues.

Jetzt will ich Ihnen sagen, was neu ist. Sie hätten es in Berlin in der Hand gehabt. Was haben Sie gemacht? Nichts, halbherzig, dilettantisch. Hätten Sie ein Gesetz erlassen, das den Kommunen genehmigt, Fixerstuben, Konsumräume einzurichten, dann hätten wir heute nicht diese Diskussion.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Weil Sie es dort nicht geschafft haben, fordern Sie jetzt hier im Land eine Unterschrift von Sozialminister Repnik, obwohl Sie von vornherein wissen, dass er nicht unterschreiben wird.

(Abg. Birzele SPD: Das ist ja abenteuerlich!)

Es geht um seine Ressortzuständigkeit.

Wir sind bitter enttäuscht ob dieses halbherzigen Vorgehens.

(Abg. Birzele SPD: Wer ist denn hier halbherzig?)

Sie haben in der Vergangenheit wiederholt genüsslich Ihre Finger in Wunden gelegt und drin rumgerührt mit Anträgen, wie Sie sie jetzt wieder gebracht haben.

Jetzt will ich Ihnen etwas sagen. Seit vier Jahren arbeitet diese Koalition hier sehr gut und sehr vernünftig. Ich gehe davon aus, Sie sehen das genauso.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber nicht an dem The- ma!)

Ich darf das als Zustimmung betrachten. Natürlich ist die FDP/DVP nicht der stromlinienförmige Appendix der CDU. Das gilt ganz besonders für die Drogenpolitik.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nur durch Zuhören!)

Nun, meine Damen und Herren, will ich überhaupt nicht rumeiern. Wer wie denkt, ist bekannt.

(Lachen bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wenn Sie mich jetzt ausreden lassen, erfahren Sie noch viel schneller, wie es weitergeht. Unsere inhaltliche Position ist bekannt, und von der rücken wir nicht ab. Wir werden aber dennoch Ihrem Antrag nicht zustimmen, und das will ich Ihnen begründen.

Zunächst einmal steht im Raum: Unser Koalitionspartner will nicht. Sie, Sie von den Grünen ganz besonders, wissen: In einer Koalition bringt man nicht alles durch. Wir haben in dieser Legislaturperiode sehr viel durchgebracht.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Sie bringen gar nichts durch! Das ist das Problem!)

Frau Bender, Sie werden in Nordrhein-Westfalen noch viel mehr lernen müssen, sich zu ducken und Abstriche zu machen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, auf diesem Gebiet haben wir in der Koalition einen Dissens, und das wollen wir überhaupt nicht schönreden. Aber wir wollen nicht aufgrund eines einzigen Dissenses alle Gebiete aufkündigen und diese Arbeit nicht mehr fortführen.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Dafür haben wir Verständnis!)

Wechselnde Mehrheiten sind keine Basis für eine vernünftige Arbeit.

Jetzt möchte ich noch etwas sagen. Herr Müller, was Sie sagen, das wundert mich ein kleines bisschen. Unter Zugrundelegung der einfachsten Grundrechenarten und bei einem gleichzeitigen Blick nach rechts wissen Sie doch, dass überhaupt nichts dabei herauskommen würde, wenn wir heute gegen unseren Koalitionspartner stimmen würden. Die Mehrheit wäre doch trotzdem gegen den Antrag.

(Zuruf von der SPD)

Wissen Sie, ein Krach nur um des Krachs willen bringt es natürlich nicht.

(Abg. Birzele SPD: Aber es gibt doch auch CDU- Leute, die unserer Auffassung sind! Es gibt nicht nur Frau Blank!)

Herr Birzele, Sie werden sehen, wie die CDU nachher abstimmt.

Jetzt kommt noch ein wesentliches Argument. Der Erlass aus Berlin ist so, dass der Sozialminister unterschreiben muss. Das heißt, es besteht eine klare Ressortzuständigkeit des Sozialministers. Vermutlich ist dieser Antrag, der heute hier eingebracht wurde, gar nicht zulässig, weil wir ihn gar nicht zwingen können.

(Abg. Birgitt Bender Bündnis 90/Die Grünen: Selbstverständlich! – Lachen bei der SPD)

Ich finde es gut. Ich darf das Lachen als Zustimmung betrachten.

Meine Damen und Herren, ich möchte Folgendes festhalten. In den vier Jahren, in denen ich Sie immer wieder gebeten habe, uns etwas Zeit zu geben – das stimmt –, sind wir in der Drogenpolitik bedeutend weiter gekommen, als wir das am Anfang in den kühnsten Träumen überhaupt hätten erwarten können. Praktisch alle gesellschaftlichen Schichten denken in der Zwischenzeit so wie wir: die Landesärztekammer, die Bundesärztekammer, die kommunalen Spitzenverbände, die Caritas, die Diakonie.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Umso schlimmer, was der Haufen da macht! Das hat mit der FDP/DVP gar nichts zu tun!)

Unser Koalitionspartner ist noch nicht ganz so weit. Ich betone, wir haben die Wünsche von Städten zur Einrichtung von Konsumräumen. Hätten sie ein vernünftiges Gesetz aus Berlin, dann würden sie es tun. Der Modellversuch in Karlsruhe läuft, obwohl vonseiten des Landes keine Mark Zuschuss kommt. Es gibt weitere Städte, die ebenfalls diese Einrichtungen der Überlebenshilfe schaffen wollen.

Meine Damen und Herren, wir werden weiter massiv, auch bei unserem Koalitionspartner, Überzeugungsarbeit leisten, damit wir in Bälde dieses Thema emotionsfrei und sachlich diskutieren können. Ich bitte darum, diesen Antrag in den zuständigen Ausschuss zu verweisen, damit dort unter anderem auch geprüft wird, ob er in dieser Form überhaupt zulässig ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schlierer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Glück tut mir wirklich etwas Leid, wenn man in einer solchen Situation so herumeiern muss und das eigentlich auch noch selber zugibt.

(Abg. Schonath REP: Eiern statt umfallen!)

Dabei wäre, Herr Kollege Glück, ja unschwer in einer sachlichen Auseinandersetzung unter dem von Ihnen angesprochenen aktuellen Stand der Drogenpolitik sehr genau zu erkennen, dass mit dem, was jetzt hier von Grün-Rot gefordert wird, letzten Endes ein völlig veraltetes Konzept verfolgt wird.

(Beifall bei den Republikanern)

Ich will zu der Frage, welchen Zweck diese Drogenkonsumräume eigentlich haben, noch einmal das herausgreifen, was vorhin Frau Kollegin Bender erwähnt hat: den Schutz für die Abhängigen und den Schutz der Anwohner vor den Drogenabhängigen.

Das sind zwei Ansätze. Der erste ist mehr oder minder gesundheitspolitisch orientiert, der zweite ordnungspolitisch. Diese beiden Ansätze sind mit der negativen Signalwirkung abzuwägen, die zweifelsohne von diesen Fixerstuben ausgeht. Ich darf daran erinnern, dass sich das Internationale Suchtstoffkontrollamt im Oktober letzten Jahres sehr kritisch zu der deutschen Praxis der Fixerstuben geäußert

(Abg. Deuschle REP: Hört, hört!)

und sich sogar expressis verbis gegen diese Praxis ausgesprochen hat, weil ein zu toleranter Umgang mit dem Drogenkonsum signalisiert würde.

(Beifall bei den Republikanern)

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, ist jetzt zu fragen: Welche Argumente sprechen denn tatsächlich für die Einrichtung von Fixerstuben?

Da ist zuerst das Argument des Schutzraums. Frau Bender, das ist eine völlig verklärte Sicht, und es ist ein Stück weit eine Totschlagargumentation von Ihnen, denn letzten Endes argumentieren Sie nach dem Motto: Wer nicht für meinen Schutzraum ist, der ist gegen Kranke. Dazu sage ich Ihnen ganz offen: Wenn Sie sich diese so genannten Schutzräume ansehen, dann sehen Sie ganz genau, dass das keine Schutzräume für Kranke sind und dort Kranken de facto nicht geholfen wird. Deswegen ist Ihre Argumentation schon in diesem Punkt falsch.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Birgitt Ben- der Bündnis 90/Die Grünen: Ihre Behauptung ist auch falsch!)

Sie ist aber auch aus anderen Gründen falsch. Ich nehme nur einige Punkte heraus.