Die Frage lautet ja: Wie geht die baden-württembergische Landesregierung mit dieser Greencard-Initiative im Bundesrat um? Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Ich rate der Landesregierung erstens,
Denn eines ist klar: Je bürokratischer dieser Verordnungsentwurf ist – und ich hoffe nicht, dass er bürokratisch ist –,
umso schwieriger wird es ja, überhaupt die Menschen aus Indien oder anderswo nach Deutschland zu holen.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Indi- en ist doch gar nicht das Thema! Das war Rütt- gers’ Thema!)
Wenn Sie da bürokratischen Unsinn hineinschreiben, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass die Menschen nicht nach Deutschland kommen, sondern gleich nach Amerika gehen. Deshalb muss dieser Verordnungsentwurf so unbürokratisch wie möglich sein.
Ich rate aber der Landesregierung ein Zweites: Ich rate der Landesregierung, neben einer Zustimmung zur Greencard gleichzeitig einen Entschließungsantrag zu stellen, in dem klargemacht wird, dass es eben nicht nur um die Greencard geht, dass es nicht nur um Insellösungen geht, sondern dass wir in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt ein modernes Zuwanderungsgesetz brauchen, das in der Lage ist, die Probleme, die ich angesprochen habe, zu lösen.
Deshalb ist meine Einschätzung die: Ja zur Greencard, aber gleichzeitig auch ein klares Ja zu einer weiter gehenden Zuwanderungsregelung, die wir in Deutschland brauchen. Wir haben einen solchen Vorschlag auf den Tisch gelegt, und ich bin sehr zuversichtlich, dass dieser Vorschlag nicht nur etwas taugt, sondern dass die Zahl derjenigen, die bereit sind, ein solches modernes Zuwanderungsgesetz in der Zukunft zu begleiten und ihm zuzustimmen, in der Zukunft wächst. Ich bin da sehr, sehr zuversichtlich, dass die FDP/ DVP auf dem richtigen Weg ist.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Greencard zum Dritten. Ich würde sagen: Jetzt ist eigentlich die rote Karte gefragt, und zwar einmal für die Absichten der Bundesregierung, aber auch für den Versuch des Ministerpräsidenten, hier im Salto mortale noch den Absprung zu finden und das Gesicht zu wahren.
Ich will, bevor wir zu der widersprüchlichen Haltung der Landesregierung kommen, noch ein paar Worte zum Thema Standortsicherung sagen. Hier wird so argumentiert, als ob das alles ganz klar wäre. Selbstverständlich bräuchte man trotz der zigtausend arbeitslosen EDV-Spezialisten in Deutschland diese Arbeitskräfte von außen, und man bräuchte sie eigentlich deswegen, weil Arbeitsplätze anders nicht zu sichern wären. Das ist auch so eine Totschlagargumentation, denn wer ist schon gegen Arbeitsplätze?
Interessant ist nur, meine Damen und Herren, dass es gerade hier im Land aus fachkundigem Mund ganz andere Positionen gibt.
Ich will bei dieser Gelegenheit an die Äußerungen des Dekans des Fachbereichs Informationstechnik an der Fachhochschule Esslingen erinnern. Professor Gündner hat vor kurzem in einem Interview mit der „Eßlinger Zeitung“ sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die notwendigen Informatiker, nach denen man jetzt sucht, sehr wohl im eigenen Lande zu finden seien und dass es auch falsch sei zu argumentieren, die bei uns arbeitslosen Informatiker seien nicht in der Lage, die gestiegenen Anforderungen zu erfüllen.
Er weist darauf hin, dass viele dieser arbeitslosen Informatiker in relativ kurzer Zeit wieder an den Stand der Dinge herangeführt werden könnten und dass dazu auch freie Kapazitäten an den Fachhochschulen vorhanden seien.
Vor diesem Hintergrund – das sage ich ganz offen – ist die Debatte, die heute hier geführt wird, unredlich.
Sie wird von falschen Voraussetzungen aus geführt. Insofern sind diejenigen, die sich gegen die Greencard-Initiative der Bundesregierung wehren, in ihrem Standpunkt mit guten Argumenten gesichert.
Im Übrigen ist diese Debatte auch deswegen unredlich, weil wir doch ganz genau wissen, meine Damen und Herren, dass die Vorstellung – und insofern ist ja der Begriff Greencard benutzt worden –, man könne diese Arbeitsverhältnisse befristen oder zumindest einer Verfestigung des Aufenthaltsstatus in Deutschland entgegenwirken, völlig illusorisch ist.
Ich erinnere Sie daran, dass wir kurz vor der Verabschiedung einer EU-Richtlinie stehen, die wir dann in diesem hohen Hause auch wieder abnicken dürfen, bei der es um Neuregelungen zur Familienzusammenführung geht.
Wenn diese dann greifen, meine Damen und Herren, bedeutet das, dass jeder hier nach einem Jahr Anspruch auf Familienzusammenführung hat. Auch das müssen Sie in den Auswirkungen berücksichtigen.
Ich will noch einen Grundgedanken in die Debatte einführen. Es mag aus betriebswirtschaftlicher Sicht bisweilen interessant oder begründbar sein, solche Arbeitskräfte hereinzuholen. Ob es aber aus volkswirtschaftlicher,
Nun zur Haltung der Landesregierung. Der Ministerpräsident sagte laut „Welt“: vom 18. April: „Wir brauchen keine Greencard.“
Staatsminister Dr. Palmer sagte nach „Heilbronner Stimme“ vom 28. April: „Greencard wäre ein völlig falsches Signal.“
Herr Oettinger sagte am 5. Mai, das sei ein respektabler Vorstoß. Der Abgeordnete Kurz forderte gar die „Greencard plus“, man müsse das alles noch ein bisschen ausweiten.
Am 11. Mai erfuhren wir dann, dass der Ministerpräsident drauf und dran sei nachzugeben. Der Regierungssprecher verkündete, eine Arbeitsgruppe sei schon seit Wochen daran, ein großes Papier zu erarbeiten. Seit zwei Tagen haben wir elf Punkte auf dem Tisch liegen, von denen die Journalisten sehr schön geschrieben haben, sie seien höchstens „mit heißer Nadel gestrickt“ und im Übrigen handele es sich nur um den Überbau, den man erfunden habe, damit Teufel das Gesicht wahren könne, ohne eine weitere Schlappe hinnehmen zu müssen. So ist es.
Das wird vor allem daran deutlich, Herr Ministerpräsident, dass Sie das ganze Problem jetzt mit dem Asylrecht koppeln. Das ist deswegen so interessant, weil wir am 12. April dieses Jahres hier eine Aktuelle Debatte zu diesem Thema geführt haben und ich noch ganz genau weiß, was der Vertreter der CDU-Fraktion damals ausgeführt hat. Er hat darauf hingewiesen, dass dieses Thema gar nicht auf der Tagesordnung stehe,
weil man keine Mehrheiten habe und es deswegen sinnlos sei, irgendwelche Vorstöße zu unternehmen. Da frage ich mich allen Ernstes: Was wollen Sie denn eigentlich?
Herr Ministerpräsident, dafür gibt es eigentlich nur eine Erklärung: dass Sie doch noch eine Tür offen lassen und dass das Ganze ein riesiges Täuschungsmanöver ist.
Sie wissen ganz genau, dass Sie das, was Sie in diesen elf Punkten konkret fordern, nicht durchsetzen können. Sie haben dabei zum Gutteil auch bei uns Republikanern abgeschrieben; das haben Sie ja in den Medien lesen können. Ich bewundere Sie. Das war ein totaler Spagat, ein wirklich fulminanter Salto mortale rückwärts, und das Ganze natürlich vor dem Hintergrund dessen – das wollen wir an dieser Stelle auch noch erwähnen –, was sich derzeit in der Union an Strategiediskussionen entwickelt.
Gestern war doch der Unions-Strategiegipfel in Berlin, und wir haben selbstverständlich vernommen, was man auch im Blick auf Baden-Württemberg alles beabsichtigt. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Die Bevölkerung von Baden-Württemberg lässt sich nicht „einstoibern“, auch nicht von der CDU.