Protocol of the Session on April 13, 2000

An dieser Stelle noch eine Fragestellung, die wir sicherlich vom Justizminister noch dezidierter beantwortet bekommen: Die Gütestellen sollen ja bei den Amtsgerichten angesiedelt werden. Inwieweit wird sich dieser Mehraufwand vielleicht irgendwann in mehr Personal- und mehr Sachaufwand niederschlagen müssen? Auch das wird man aufmerksam verfolgen müssen, weil man nicht immer mehr Arbeit auf immer weniger Leute übertragen kann.

Ein weiterer Punkt, der meines Erachtens noch erwähnt werden muss, ist das Inkrafttreten. Wir sind jetzt ja ziemlich in Zeitverzug. Deswegen gehe ich davon aus, dass auch im Gesetzgebungsverfahren durchaus noch die Möglichkeit besteht, im Rahmen einer gütlichen Schlichtung diese oder jene sinnvolle Anregung – Kollege Bebber hat bereits eine aufgenommen – zu berücksichtigen.

Ein letzter Punkt: Ich möchte davor warnen, dies als ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für junge Kolleginnen und Kollegen Anwälte zu betrachten. Ich bin der Meinung, dass Schlichterinnen und Schlichter, Anwältinnen und Anwälte als Generalisten gefordert sein werden; hier bin ich mit dem Kollegen Bebber nicht ganz einig. Zum Zweiten wird gefordert sein, dass die Kolleginnen und Kollegen Anwälte mit Berufserfahrung in die Schlichtungsstellen hineingehen.

(Abg. Bebber SPD: Die machen das für 150 DM!)

Denn wir alle, die in diesem Bereich tätig sind, wissen natürlich, dass die Menschen dort Erfahrung brauchen. Herr Kollege, das widerspricht sich nicht: Wenn dort erfahrene Kollegen tätig sind, dann schlichten sie zehn Fälle am Tag, und es rechnet sich auch wieder.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Beb- ber SPD: Das liegt mehr an den Parteien als am Schlichter!)

Das Wort erhält Herr Abg. Kiesswetter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben jetzt alle so viel Positives über den Gesetzentwurf gehört.

(Zuruf von den Republikanern: Jetzt sind Sie dage- gen!)

Dem schließe ich mich an. Die Begründung des Herrn Justizministers ist sehr ausführlich gewesen. Auch die Kollegen, die bisher gesprochen haben, sind im Grundsatz mit dem Gesetzentwurf einig.

Eines verwundert: Als wir vor etwa zwei Jahren zum ersten Mal über einen solchen Gesetzentwurf gesprochen haben, als in Bonn noch eine CDU/CSU-FDP-Regierung wirkte und in Baden-Württemberg Herr Minister Goll dieses Gesetz vorantrieb, waren von der SPD andere Töne zu hören.

(Abg. Bebber SPD: Das war in einem Paket drin!)

Trotzdem waren auch zu diesem Punkt in dem Paket andere Töne zu hören.

(Abg. Bebber SPD: Nicht trotzdem! Gerade des- wegen! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Herr Kollege Bebber ist lernfähig!)

Das muss man einmal ausdrücklich sagen. Mich freut es, dass dann plötzlich Einigkeit entsteht, wenn etwas von einer SPD-geprägten Bundesregierung kommt. Schade, dass es immer so sein muss und ein solches Gesetz erst verabschiedet wird, wenn andere Parteien die Verantwortung tragen.

Wir als FDP/DVP-Fraktion begrüßen es selbstverständlich immer, wenn außergerichtlich geschlichtet werden kann. Dazu gibt es mehrere Verfahren: die außergerichtliche Streitschlichtung, die Mediation, die Schiedsverfahren. Es gibt eine ganze Fülle. Es wurde bereits der Anwaltsverein Stuttgart für seine Aktivitäten in dieser Richtung gelobt, zum Beispiel für die IHK-Streitschlichtung. Auch im Ausland, in Straßburg, gibt es Schiedsgerichtsverfahren. Überall versucht man, außergerichtliche Lösungsmöglichkeiten

zu bieten. Ich halte das für positiv. Vielleicht, das ist meine Hoffnung, erhalten die außergerichtlichen Verfahren durch ein solches Gesetz mehr Akzeptanz und bekommen auch die anderen Schlichtungsverfahren einen höheren Stellenwert. Das hielte ich für ein positives Signal für die anderen Einrichtungen.

Die Gebühr von 200 DM oder 220 DM ist natürlich zu gering. Das ist vollkommen klar, wenn man von dem Stundenlohn für den Anwalt ausgeht. Zumindest eine Stunde wird ein solches Verfahren immer dauern; davon muss man ausgehen. Der Anwalt muss sich ja vorbereiten, er soll mit den Parteien reden und soll eine Lösung vorschlagen, die akzeptiert wird. Das kann man nicht nur aus dem Stegreif machen; dafür muss man sich schon Zeit nehmen. Es soll hierbei ja gerade eine Begegnung der zwei Parteien stattfinden, damit beide Parteien einmal die Gelegenheit haben, sich auszusprechen, um danach das Ergebnis des Schlichters respektieren zu können. Da sind 200 DM viel zu wenig. Man sollte vielleicht doch überlegen, ob dieser Satz, da hier dem Staat eine Verpflichtung abgenommen wird, nicht etwas zu erhöhen ist.

(Abg. Bebber SPD: Herr Kiesswetter, jede Partei redet da erst einmal eine Stunde!)

Da gebe ich Ihnen aus Erfahrung vollkommen Recht. Aber vielleicht sollte man doch einmal darüber nachdenken, ob der Satz nicht erhöht wird, ob nicht der Staat von sich aus etwas zuschießt. Wenn ein Richter eine Stunde arbeitet, dann geht, glaube ich, der Staat von 600 bis 700 DM aus, die ihn der Richter pro Stunde kostet. Deshalb könnte hier vielleicht durchaus die Überlegung angestellt werden, auch seitens des Staates etwas beizusteuern.

Ich möchte eines sagen: Herr Kammerpräsident Ströbel hat ausdrücklich erklärt, er würde darauf achten, dass qualifizierte, erfahrene Anwälte das machen, und er würde sich an die Spitze der Liste setzen.

(Abg. Bebber SPD: Sehr gut!)

Ich will nur sagen: Die Kammer in Stuttgart ist bereit, hier aktiv mitzuwirken und zu zeigen, dass diese Idee der außergerichtlichen Streitschlichtung akzeptiert wird. Wir werden darauf achten, dass qualifizierte Anwälte diese Aufgabe übernehmen.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Sehr gut! – Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Das generell zu diesem Gesetz. Über Einzelheiten und Verbesserungen wird noch zu reden sein. Es wurden ja Anregungen gemacht.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu. Ich meine, das ist etwas Positives im Gegensatz zu den Vorschlägen der SPD zur Justizreform, die wir ja ablehnen, weil dort eine Rechtsverkürzung erfolgt. Deshalb wird die vom Bundesjustizminister geplante Justizreform von uns weiterhin strikt abgelehnt, weil sie nur Verkürzungen bringt und keine Bürgernähe, während wir hier ein Gesetz haben, das zumindest auch Bürgernähe vor Ort bringt.

Ich bedanke mich.

(Anhaltender Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Käs.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ich jetzt diese Vorreden zusammenfasse,

(Abg. Bebber SPD: Brauchen Sie nicht! Wir wis- sen, was wir gesagt haben!)

dann fällt es mir schwer, noch den einen oder anderen zusätzlichen Aspekt hinzuzufügen, sodass ich mich durchaus auf das beziehen kann, was meine Vorredner gesagt haben.

(Abg. Rech CDU: Sehr schön!)

Das Gesetz über den obligatorischen Schlichtungsversuch ist ein, wie wir meinen, sehr sinnvoller Versuch, und es ist auch notwendig. Wir haben damit die Streitschlichtung in einer großen Zahl von Bagatellfällen vor das Gericht gezogen, und wir haben damit nicht nur die Möglichkeit, außerhalb eines ernsthaften Streitprozesses problematische nachbarschaftsrechtliche Verhältnisse oder Kleinstreitigkeiten zu lösen, sondern wir haben auch die Möglichkeit, im Rahmen einer modernen Streitkultur – wir denken ja auch in anderen Rechtsbereichen über eine eher schlichtungsorientierte Verhandlungsführung nach – die Bürger wieder zueinander zu bringen, sodass Auseinandersetzungen à la Maschendrahtzaun in unserer Republik vielleicht etwas weniger werden könnten. Streitschlichtung ohne Gericht ist sicherlich eine sinnvolle Sache.

Über die Grenze, die man gesetzt hat – 1 500 DM Streitwert –, kann man immer diskutieren. Es gibt Bagatellfälle, die in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht höchst kompliziert sind und einen lächerlich geringen Streitwert haben, und es gibt Riesenfälle mit gigantischen Streitwerten, die im Grunde nur die eine oder andere Tatsachenfeststellung erfordern. Aber das ist ein Grundsatzproblem. Das kann man an dieser Stelle nicht lösen.

Die Richter werden zweifellos auch entlastet. Das gibt ihnen die Möglichkeit, sich der verbleibenden Rechtsmaterie mit noch mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden, sodass auch hier sicherlich eine Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten der Gerichte gegeben ist. Der Herr Minister hat es schon gesagt: Die baden-württembergischen Gerichte arbeiten sehr effizient im Vergleich zu den Gerichten in anderen Bundesländern.

(Abg. Bebber SPD und Abg. Oelmayer Bünd- nis 90/Die Grünen: Das hat er nicht gesagt!)

Eine Entlastung der Geschäftsstellen halte ich allerdings für zweifelhaft. Eine Entlastung der Urkundsbeamten zeichnet sich für meine Begriffe nicht ab, denn sie sind ja ganz massiv in die Vorbereitung und Durchführung dieser Schlichtungsverhandlungen eingebunden, sodass hier mittelfristig möglicherweise – da wird man, wie schon gesagt worden ist, in ein, zwei Jahren nachschauen müssen – eine Mehrbelastung zu erwarten ist.

Auch zu den Gebühren haben meine Vorredner schon etwas gesagt. Die Gebühren sind zu niedrig. Man sollte hier vielleicht wirklich im Laufe der Gesetzesberatung darüber nachdenken, ob man den Gebührenrahmen nicht etwas höher ansetzt. Denn sonst besteht wirklich die Gefahr, dass es an qualifizierten Anwälten fehlt.

Zu der Qualifikation möchte ich auch etwas sagen. Es ist nicht immer nur – Herr Bebber, da beziehe ich mich auf die fachliche Anbindung, die Sie angesprochen haben – die fachliche Kompetenz in solchen Schlichtungsverfahren notwendig, sondern es kommt natürlich auch auf die menschliche Kompetenz an, gerade wenn man versucht, in einer Schlichtung zwei möglicherweise über Jahre zerstrittene Parteien wieder zusammenzuführen. Hier ist menschliche Kompetenz manchmal sehr viel entscheidender. Da muss man auch erfahrenen Schlichtern, selbst wenn es ein bisschen teurer wird, Herr Kollege Kluck, die Möglichkeit geben, in einem solchen Verfahren kostendeckend zu arbeiten. Wir sind also der Meinung, dass man hier in der Tat den Versuch machen sollte, die Gebühren etwas höher anzusetzen.

Ich fasse zusammen: Wir stehen diesem Gesetzentwurf sehr offen und zustimmend gegenüber und halten ihn für einen sinnvollen Versuch.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei den Republikanern und des Abg. Dr. Reinhart CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung. Vorgeschlagen wird die Überweisung an den Ständigen Ausschuss. – Sie stimmen der Überweisung zu.

Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion Die Republikaner und Stellungnahme des Staatsministeriums – Der Umgang der Landesregierung mit der Landesverfassung oder: „Die unendliche Geschichte mit der Geschäftsordnung (Arti- kel 49 LV) für das Kabinett“ – Drucksache 12/4957

Das Präsidium hat für die Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Wer wünscht das Wort? – Herr Abg. König, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus dem Untertitel unseres Antrags „Die unendliche Geschichte mit der Geschäftsordnung (Ar- tikel 49 LV) für das Kabinett“ geht schon hervor, dass es sich hier um einen Wiederholungsfall handelt.