(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Rau CDU zur FDP/DVP: Euch muss man ja aufwecken!)
Noch etwas ganz Aktuelles aus der heutigen Zeitung: die außerordentlich positive Bilanz der Lehrstellensituation in Baden-Württemberg. Die weitere Zunahme der Auszubildenden im dualen System wird sich durchaus positiv auf die Unterrichtsversorgung auswirken. Das wurde schon dargestellt. Heute steht in der Zeitung: „Südwestfirmen sind Lehrstellenmeister“. Ich danke der Wirtschaft für diese Bereitschaft, im dualen System so intensiv zusammenzuarbeiten. Da liegt die Zukunft für unsere Jugend.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Pfister FDP/DVP: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Wintruff SPD)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in Baden-Württemberg ein sehr weit gefächertes, gut gegliedertes Berufsbildungssystem. Es ist sogar so weit gefächert, dass selbst die Frau Ministerin, wie sie gestern anlässlich der Verabschiedung von Herrn Ministerialdirigent Degenhart äußerte, nicht in der Lage ist, all die Wege und Auffächerungen aufzuzählen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal von dieser Stelle aus Herrn Degenhart herzlich für die gute Zusammenarbeit danken, aber auch für sein großes Engagement, die schwierige Lage im Berufsschulwesen, in der Berufsbildung mit den Ressourcen, die ihm zur Verfügung standen, zu meistern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will heute auf zwei Punkte eingehen, zunächst auf das Teilzeitberufsschulwesen, das auch in Teil A des Antrags der Fraktion der SPD angesprochen wurde. Dazu darf ich noch einen Satz anfügen. Es ist offensichtlich, dass die SPD diese Fragen gestellt hat, um möglicherweise eine Bestätigung für das zu bekommen, was sie bisher schon wissen wollte, denn sonst hätte sie in Teil B die Forderung nach einem Notprogramm zur Unterrichtsversorgung an beruflichen Schulen nicht stellen können. Diese Forderung müsste eigentlich die Folge aus der Stellungnahme zu diesem Antrag sein.
(Abg. Wintruff SPD: Wir sind im Gegensatz zu Ih- nen halt immer besser informiert! – Gegenruf des Abg. Deuschle REP: Dann brauchen Sie den An- trag nicht zu stellen!)
Herr Wintruff, Ihre Schwarzmalerei im Bildungsbereich kennen wir. Sie sind aber noch etwas gemäßigter als Herr Kollege Zeller. Gott sei Dank hat er dazu nicht gesprochen, denn sonst bräuchten wir nicht nur ein Notprogramm, sondern ein Katastrophenprogramm.
(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf von den Repub- likanern – Abg. Zeller SPD: Haben Sie zu viel Schnaps getrunken heute Morgen?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist in der Tat ein schlechtes Zeichen, wenn wir in einem Organisationserlass ein Minimum von 10 Wochenstunden im Teilzeitberufsschulbereich vorschreiben und immerhin noch 6,4 % der Klassen weniger als diese 10 Unterrichtsstunden erteilt bekommen.
Zum anderen ist aber auch aus den Tabellen in der Stellungnahme zu dem Antrag ersichtlich, dass wir rund 1 300 Klassen im Bereich der Sollvorgabe von 13 Wochenstunden haben. Diese Klassen bekommen 13 und mehr Unterrichtsstunden erteilt.
Nun könnte man ja sagen: Wir hängen unsere Anspruchslatte von 13 Stunden wöchentlich etwas niedriger und beschränken uns auf 12 Wochenstunden. Dann würde dies – rein rechnerisch, rein theoretisch – ergeben, dass 1 300 Wochenstunden für die Klassen frei würden, die bloß 8 oder 9 Wochenstunden erteilt bekommen.
Das würde – rein rechnerisch, rein theoretisch, also als Sandkastenspiel gedacht – bedeuten, dass es keine Klassen mehr zu geben bräuchte, die weniger als 10 Wochenstunden Unterricht erteilt bekommen. Ich weiß selbstverständlich, Herr Wintruff, dass zu jeder einzelnen Unterrichtsstunde ein Lehrer gehört. Die Stunden kann ich auf dem Reißbrett schön schieben, aber die Lehrer, die daran hängen, kann ich halt nicht unbedingt verschieben. Das geht nur mit Deputaten oder zumindest mit Teilblöcken von Deputaten. Rein rechnerisch wäre dies aber damit auszugleichen.
Zum anderen muss man natürlich auch sagen: Wenn man weiß, dass die Schülerzahlen im beruflichen Schulwesen jährlich um soundso viel zunehmen, dann müssen wir im Haushalt Prioritäten setzen und auch die dann dafür notwendigen Stellen ausweisen.
Nächster Punkt ist der Fachlehrermangel, den wir in bestimmten Berufssparten an den Berufsschulen haben. Das ist klar. Das wurde auch von Vorrednern schon gesagt. Da müssen wir versuchen, die Konkurrenz aus der Wirtschaft so auszustechen, dass wir die Attraktivität erhöhen, selbst wenn es eventuell durch Zulagen sei; auch das würden wir befürworten.
Nachdem mein Licht schon brennt, noch ein letzter Satz zu Ihren Ausführungen, Herr Kollege Wintruff, zum BVJ. Das BVJ ist eine gute Einrichtung für all diejenigen, die nicht direkt den Sprung von der Schule in die Ausbildung oder ins Berufsleben schaffen. Wenn aber nach der Absolvierung dieses Berufsvorbereitungsjahres tatsächlich nur 10 % den Sprung schaffen, dann kann das nicht bloß daran liegen, dass wir eventuell zu wenig Lehrer haben – denn das betrifft ja den Vollzeitbereich –, sondern da muss man sich auch einmal die Frage stellen: Wer macht denn dieses Berufsvorbereitungsjahr, oder wer muss es machen? Wen stellt eigentlich der Abnehmer, der duale Partner, von vornherein gleich gar nicht ein?
Nun liegt das nicht bloß an der Unfähigkeit der Lehrer oder daran, dass es zu wenig Lehrer gibt, sondern man muss die Frage stellen: Sind dort nicht auch eine ganze Menge von Schülern, die ausbildungsunwillig oder gar ausbildungsunfähig sind? Meine Damen und Herren, das ist ein Auswuchs all dessen, was wir mit dem Laisser-faire derzeit gesellschaftlich erleben. Der Leistungsgedanke muss wieder im Vordergrund stehen, und dann muss letztendlich auch der nötige Druck auf all diejenigen, die ausbildungsunwillig sind, ausgeübt werden können.
Wenn sie ausbildungsunfähig sind, kann man natürlich nichts machen. Meine Damen und Herren, wir Republikaner – –
Wir Republikaner werden uns bemühen, mit klarer Sicht im Rahmen des Möglichen die Defizite, die im beruflichen Schulwesen noch vorhanden sind, mit auszugleichen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Rastätter hat ein schlüssiges Gesamtkonzept gefordert. Ich behaupte: Das haben wir seit vielen Jahren in Baden-Württemberg. Ich behaupte nicht, dass dieses Konzept so schlüssig ist, dass alles, was es an Problemen gibt, schon gelöst wäre. Ich behaupte nicht, dass wir in der jetzigen Situation nicht auch wieder vor großen Herausforderungen für die nächsten Jahre stehen, die zusätzliche Bemühungen im Blick auf Konzepte und auch im Blick auf Investitionen erforderlich machen.
Aber das Konzept, das wir in Baden-Württemberg haben, hat der beruflichen Bildung in diesem Land weit über die Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf verschafft. Dieses Konzept ist die Grundlage für eine überaus vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Schulen in Baden-Württemberg, zwischen den Kammern, Verbänden und der Bildungspolitik.
Manche haben es schon gesagt: Das ist gestern bei der Verabschiedung eines Mannes deutlich geworden, der seit 33 Jahren maßgebend die berufliche Bildung in Baden-Württemberg mit geprägt hat, der viele Impulse für uns vorbereitet hat. Deshalb glaube ich: Wer wirklich Lobby für die berufliche Bildung sein will – und ich freue mich über jeden, der Lobby für die berufliche Bildung sein will –,
Letzteres ist übrigens die Botschaft der SPD-Landesvorsitzenden Ute Vogt, die sagt: Die Berufsschulen in BadenWürttemberg sind in einem jämmerlichen Zustand. Es ist eine jämmerliche Aussage, von einem jämmerlichen Zustand der Berufsschulen in Baden-Württemberg zu sprechen.
Für das Konzept gibt es einen Grundsatz, der lautet: Niemand darf zum Modernisierungsverlierer werden, und keiner soll seine Talente verstecken müssen. Das ist die Bandbreite in der beruflichen Bildung. Es geht um die, die sich schwer tun, die kaum einen Schulabschluss oder nur einen schwachen Schulabschluss schaffen,
die besondere Förderung brauchen. Das berufliche Bildungswesen steht aber auch in einem Wettbewerb mit den allgemein bildenden Schulen um besonders begabte und motivierte Schüler und Schülerinnen. Deshalb haben wir auf beiden
danke – Segmenten der Bandbreite in den letzten Jahren eine Menge Akzente gesetzt. Wir haben 170 berufliche Gymnasien. In diesem Jahr sind es 11 000 Schülerinnen und Schüler, die ein Abitur an einem beruflichen Gymnasium machen, mit Schwerpunkten, mit Leistungskursen, die schon sehr deutlich auf Zukunftsbranchen ausgerichtet sind.
Wir werden die Profile, wir werden die Möglichkeiten der Leistungskurse in unserem neuen System weiterentwickeln.
Wir haben eine Fülle sehr verschiedener Berufskollegs. Aber ich sage Ihnen noch einmal – und von diesem Grundsatz werden wir nicht abweichen –: Wir machen nicht einfach immer weitere berufliche Vollzeitangebote. Jedes Angebot, das zusätzlich eingerichtet wird, bedeutet nur dann Zukunftschancen für die junge Generation, wenn es mit der Wirtschaft, mit Betrieben und Branchen abgesprochen wird.
Herr Wintruff, es hat kein Jahr gegeben, nicht ein einziges in den Neunzigerjahren, in dem wir nicht zusätzliche berufliche Vollzeitklassen eingerichtet haben.
Die einzige Deckelung – zeitweilig – war die im Wirtschaftsgymnasium, weil es dort einen Zuwachs gegeben hat, von dem wir gesagt haben: Im Blick auf Berufschancen, im Blick auf Zukunftsbranchen ist es wichtiger, wir versuchen ein bisschen Umleitung in technische Bereiche, in die technischen Gymnasien, und eben in eine Reihe von verschiedenen Berufskollegs, die sich bewährt haben. In jedem Jahr sind berufliche Vollzeitklassen eingerichtet worden. Deshalb beträgt der Anteil der Schüler und Schülerinnen in beruflichen Vollzeitschulen in Baden-Württemberg derzeit 40 %. Von Deckelung kann keine Rede sein. Zum nächsten Schuljahr sind bereits weitere Klassen geöffnet – zusätzliche Investitionen, höhere Schülerzahlen.
Wir machen auch Dinge – auch im Wahlpflichtbereich – wie Management im Handwerk. Wir unterstützen das Handwerk auch in einer ausdifferenzierten Landschaft unseres beruflichen Schulwesens.