Protocol of the Session on April 12, 2000

Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Naturschutzgebiet Argenbühl-Eisenharz ist wohl die am meisten diskutierte Fläche in Baden-Württemberg. Behördengespräche, Briefe des Ministerpräsidenten, Diskussionen im Ausschuss, nicht weniger als vier Anträge und die heutige Debatte, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und vieles andere mehr zählen dazu. Ich würde mir in dieser Sache, meine Damen und Herren von der Opposition, ein bisschen mehr Gelassenheit wünschen:

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wir sind gelassen, Herr Glück! – Abg. Walter Bündnis 90/Die Grü- nen: Lassen Sie uns dran, dann sind wir ganz ge- lassen!)

weniger Emotion, mehr Realitätsbezug.

Ich will zunächst für meine Fraktion klarstellen: Wenn illegale Eingriffe in dieses Naturschutzgebiet erfolgt sind, dann ist das nicht zu akzeptieren. Das ist überhaupt keine Frage.

(Abg. Brechtken SPD: Der Tatbestand besteht! Der Zeitpunkt des Anliegens war illegal! – Zuruf des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen)

Nun haben Sie leider Ihre eigenen Argumente verwässert – da spreche ich Sie von den Grünen speziell an –, indem Sie aus 0,42 Hektar gleich 2,8 Hektar und aus einem Parkplatz von 0,15 Hektar stramme 1,3 Hektar gemacht haben. Das sind Multiplikatoren – wenn man das in etwa überschlägt – zwischen fünf und acht.

(Lachen des Abg. Hofer FDP/DVP)

Ich denke, es steht einer Opposition zu, so zu übertreiben.

(Zuruf des Abg. Haas CDU)

Ich war noch nie in der Opposition. Ich weiß das nicht so richtig.

(Abg. Brechtken SPD: Das kommt auch noch, Herr Kollege! – Abg. Walter Bündnis 90/Die Grü- nen: Das Jahr können Sie schon noch abwarten! – Heiterkeit)

Ja. – Es ist sicherlich Ihr Recht, zu prüfen, ob an einem solchen Vorfall überhaupt etwas dran ist.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ab ins Muffelge- hege! – Abg. Brechtken SPD: Wenn eine Geschirr- hütte zwei mal drei Meter groß ist, Herr Kollege, dann wird abgebrochen! Das ist das Problem!)

Man darf auch vage Zusammenhänge konstruieren und diskutieren. Sie sollten allerdings ein bisschen mehr sein als Polemik. Und als Opposition darf man durchaus fragen, ob zwischen einer Genehmigung einerseits und einer Spende andererseits ein Zusammenhang besteht. Das ist keine Frage.

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Ist das jetzt Staatsbürgerkunde, oder was ist das?)

Sie dürfen natürlich auch der Frage nachgehen, ob der Ministerpräsident oder der Regierungspräsident nicht seriösen Einfluss genommen haben sollten.

(Zurufe der Abg. Ursula Haußmann und Birgit Kipfer SPD)

Ich habe Verständnis dafür. Aber ein Übertreiben im Faktor 1 : 8 ist einfach zu viel. Das ist nicht mehr rational, und vor allen Dingen verwässern Sie dabei Ihre eigenen Argumente.

(Abg. Haas CDU: So ist es! Da sind sie ganz schwach! – Abg. Brechtken SPD: Jetzt will er ein Angebot an die FDP provozieren!)

Nun, meine Damen und Herren: Die Entscheidung über eine Genehmigung steht noch aus. Die Abwägung zwischen den Interessen des Betriebs einerseits und den Interessen des Naturschutzes andererseits ist noch nicht erfolgt. Falls diese Genehmigung versagt wird, möchte ich zwei Dinge festhalten:

Erstens: Dieser Schaden, der angerichtet wurde, ist nicht irreversibel.

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Stimmt gar nicht!)

Zweitens: Der Rückbau ist ohne bleibenden Schaden möglich. Er muss dann auch gemacht werden.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP – Abg. Nagel SPD: Sehr gut! – Zuruf der Abg. Birgit Kipfer SPD)

Im Übrigen, meine Damen und Herren, warten wir doch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen mit Gelassenheit ab.

Meine Damen und Herren, Herr Aurenz ist CDU-Mitglied. Wir haben das oft genug gehört. Herr Aurenz war Schatz

meister innerhalb dieser Parteistruktur. Er darf daraus keine Vorteile haben. Aber, meine Damen und Herren, zwingen wir uns alle zur Objektivität: Einen Nachteil sollten wir ihm daraus auch nicht andrehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Seimetz CDU: Sehr gut! – Abg. Drautz FDP/DVP: Staatstragend!)

Das Wort hat Herr Abg. Dagenbach.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In einer Stellungnahme des Ministeriums Ländlicher Raum heißt es, das Naturschutzgebiet Bodenmöser sei eines der ausgedehntesten Moorgebiete des Landes BadenWürttemberg.

(Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen: Was hat denn der für eine blaue Krawatte an?)

Ist es die falsche? Soll ich eine rote anziehen?

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Ohne!)

Weiter wird stolz verkündet, dass das Naturschutzgebiet Bodenmöser zusammen mit dem dienenden Landschaftsschutzgebiet in einer ersten Tranche als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung der Europäischen Kommission gemeldet wurde und welche wichtigen Funktionen die dort befindlichen Moorgebiete haben sollen.

Indes scheint das in der Praxis schon alles zu sein. Denn wie anders ist es möglich, dass zwar in einem öffentlichrechtlichen Vertrag 1992 mit dem Landratsamt Ravensburg die Verzichterklärung der ASB-Unternehmensgruppe auf bauliche Erweiterung sowohl innerhalb als auch außerhalb des Betriebsgeländes vereinbart worden ist, was obendrein auch noch als Baulast eingetragen wurde, aber nicht lange danach eine Asphaltfläche, ein Rindenmulchlagerplatz und ein Lkw-Parkplatz angelegt wurden?

Nun ist es ja nicht so, dass die Ablagerung von Rindenmulch in einem Moorgebiet schlechthin unverträglich ist. Vielmehr ist interessant, in welcher Weise nun Verwaltungshandeln erfolgt ist. Denn wie Sie, Frau Ministerin Staiblin, mir in Beantwortung meines Antrags Drucksache 12/4775 mitgeteilt haben, hat der Betrieb 1995 Planunterlagen für die Niederschlagswasserentsorgung des Betriebs beim Landratsamt Ravensburg vorgelegt, in denen dieser Rindenmulchlagerplatz ausgewiesen wurde. Allerdings hat man, weil die Firma ASB die Grenzen der Schutzgebiete nicht mit eingezeichnet hatte, schlicht und einfach – vielleicht auch gerne – vergessen, die Grenzen von Amts wegen zu prüfen, so nach dem Schema: Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Immerhin weiß man ja, welche Connection im Ländle besteht.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner)

Anders ist es nicht zu erklären, dass sich Ministerpräsident Erwin Teufel – wo ist er denn heute den ganzen Tag? – angeblich keineswegs aufgrund eines persönlichen Gesprächs des Firmeninhabers mit ihm in irgendwelche vermeintlichen Versäumnisse oder Ungeschicklichkeiten einmischen wollte, sich aber im Oktober 1998 gleich zweimal brieflich

sowohl beim Regierungspräsidium als auch beim Landratsamt dafür eingesetzt hat, dass man sich in diesem Fall eines spendablen Parteifreundes wegen einer Betriebserweiterung im Naturschutzgebiet doch verständigen wolle – Vorwand war die Sicherung von Arbeitsplätzen –, was dann prompt am 27. September 1999 zu einer neuen Vereinbarung geführt hat.

Die Sicherung von Arbeitsplätzen ist an sich eine löbliche Angelegenheit, wenn sie sich im Rahmen gesetzlicher Bestimmungen hält. Aber es kann doch wohl nicht sein, dass unter diesem Vorwand jeder illegal machen kann, was er gerade für betriebsnotwendig hält, weil er ja im Falle des Erwischtwerdens zu seinem Parteifreund in die Villa Reitzenstein gehen kann.

Schlimm ist aber auch, in welcher Weise hier Verwaltungshandeln erfolgt ist, wenn das Landratsamt Ravensburg keinen Grund für eine Anzeige sieht und alle möglichen Argumente zur Entlastung herangezogen werden sowie belastende Tatbestände in abwiegelnder Form zur Beurteilung herangezogen werden.

Fakt ist dennoch: Auch wenn bis heute keine Antragsunterlagen für die Genehmigung eines Lagerplatzes vorliegen, so hat die Staatsanwaltschaft im Gegensatz zum Verwaltungshandeln von Landratsamt und Regierungspräsidium eben doch Ermittlungen eingeleitet. Wir sind gespannt, wie sich nach allen bisherigen Erfahrungen, auch im Untersuchungsausschuss „Förderpraxis bei der ländlichen Sozialberatung der Bauernverbände“, die Angelegenheit weiter entwickeln wird.

Interessant ist auch, in welcher Weise Fragen nach der Abrechnung von Reisen auf Kosten des Landeshaushalts zum Landhotel „Jägerhof“ beantwortet werden.

(Abg. Schonath REP: Aha!)

Man hebt allzu gerne hervor, dass diese von Teilnehmern zunächst selbst bezahlt worden seien, muss dann aber bekennen, dass eben doch nach den reisekostenrechtlichen Bestimmungen oder sogar direkt mit dem Land abgerechnet worden ist.

(Abg. Deuschle REP: Aha!)

Dann ist es natürlich besonders schwierig, die entsprechenden Dienstreiseabrechungen der 11. und 12. Wahlperiode auszuwerten. Ja, was sollen wir denn eigentlich anderes erwarten?

Nein, meine Damen und Herren: Dass kein Zusammenhang zwischen dem Einsatz des Ministerpräsidenten Teufel und Spenden an die CDU oder Ähnlichem besteht, können Sie jemandem erzählen, der seine Hose mit der Beißzange anzieht.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Abg. Schonath REP: Oder den Rock!)

Der Vorgang passt haarscharf in das Bild, das diese „Democrazia Cristiana“ derzeit abgibt. Das Hasenmoos ist in Wahrheit ein Teil Ihres schwarzen Sumpfes.

Ich darf Sie auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen.