Protocol of the Session on April 12, 2000

Herr Staatssekretär, wir erwarten von Ihnen bei den weiteren Beratungen im Ausschuss schon ein Konzept – nicht den Verweis: „Wir haben einmal mit der Stadtverwaltung gesprochen“ –, wie wir es erreichen, dass im Normalfall das Kenntnisgabeverfahren im ganzen Land angewandt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung. Vorgeschlagen wird die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss. – Sie stimmen der Überweisung zu.

Was den mehrmals erwähnten Antrag betrifft, der noch nicht formell eingebracht wurde, rege ich an, ihn im Wirtschaftsausschuss zu besprechen oder bei der zweiten Lesung vorzulegen.

Tagesordnungspunkt 4 ist damit abgeschlossen.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen – Drucksache 12/4869

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 12/5005

Berichterstatterin: Abg. Christa Vossschulte

Die Berichterstatterin wünscht das Wort nicht.

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache über den Gesetzentwurf eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Birk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dieser Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung über die Vergabe von Studienplätzen holt sich die Landesregierung die Zustimmung des Landtags zum Abschluss eines neuen Staatsvertrags über die Vergabe von Studienplätzen.

Ich denke, wir sollten diese Debatte nutzen, um an zwei bedeutsamen Änderungen nochmals deutlich zu machen, welche Punkte der CDU in diesem Zusammenhang wichtig waren.

Erster Punkt: Bislang gab es nach Artikel 10 dieses Staatsvertrags ein Verteilungsverfahren, das bei der Verteilung der Studienplätze auf die Nähe des Wohnsitzes zum Hochschulstandort Wert gelegt hat, und zwar aus familiären und wirtschaftlichen Gründen. Wir haben dies in Teilen als Nachteil empfunden, weil besonders qualifizierte Bewerber in ihrer Studienortwahl eingeschränkt waren, sprich: je näher ihr Erstwohnsitz am Sitz einer Universität lag, desto wahrscheinlicher war es, dass sie dieser Universität zugewiesen wurden und nicht an den Studienort ihrer Wahl gehen konnten.

Dies wurde durch den Staatsvertrag geändert. Bis zu 25 % der Studienplätze können nun nach der Abiturdurchschnittsnote vergeben werden. Die besonders Qualifizierten bekommen dadurch die Möglichkeit, Studienorte fernab ihres bisherigen Wohnsitzes zu wählen. Wenn man sich einmal anschaut, wie die Studienorte gewählt werden, dann fällt auf, dass nicht mehr nur das Prinzip der Wohnortnähe gilt, sondern die Wahl fällt vor allem auf die Studienorte, wo die Qualität von Forschung und Lehre besonders gut ist.

Wir wollen damit auch die Mobilität der Studierenden fördern.

Ein zweiter wichtiger Änderungsbereich ist Artikel 13, der das allgemeine Auswahlverfahren betrifft. In Zukunft ist es möglich – und dies ist vor allem auch auf Drängen BadenWürttembergs mit aufgenommen worden –, dass Studienplätze nach Auswahlkriterien der Hochschulen vergeben werden; sprich: das Selbstauswahlrecht der Hochschulen wird auch für ZVS-vergebene Studiengänge in Zukunft besser werden. Wir haben ja schon immer reklamiert, dass vor allem der Grad der Qualifikation, aber auch Motivations- und Eignungstests sowie entsprechende Gespräche, aber auch die berufliche Vorbereitung oder die Berufstätigkeit, die einem Studium vorgeschaltet war, ganz wesentliche Merkmale dafür sind, Studenten für einen Studiengang zu qualifizieren.

Wir sind froh, dass mit dieser Aufnahme in den Staatsvertrag dem Wunsch Rechnung getragen wird, dass das Selbstauswahlrecht der Hochschulen in Zukunft noch stärker zum Zuge kommen soll. Wir erachten dies auch als einen ganz wesentlichen Wettbewerbsfaktor zwischen den einzelnen Studiengängen und den einzelnen Hochschulen;

denn damit können die Hochschulen zeigen, dass sie in Lehre und Forschung eine hohe Qualität haben und sie diese auch halten wollen, indem sie die entsprechenden Studienanfänger an ihre Hochschulen holen.

Abschließend: Ich denke, dass wir diesem Gesetzentwurf heute in der zweiten Lesung zustimmen können.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Es wäre auch ein Wunder, wenn es anders wäre!)

Es ist höchste Zeit, dass über diesen Gesetzentwurf entschieden wird. Ich hoffe, dass die Fraktion der Grünen – Kollege Oelmayer hat es ja auch signalisiert – zustimmen kann,

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Bei einer so fulminanten Rede!)

damit die Vergabeverordnung bis zum 15. Juli geändert werden kann; denn am 15. Juli endet die Frist für die Einschreibung zum Wintersemester 2000/2001. Wir möchten auf diesem Wege auch dem Wissenschaftsministerium nochmals dafür danken, dass es sich für diese Position Baden-Württembergs bei den Verhandlungen über diesen neuen Staatsvertrag stark gemacht hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält Frau Abg. Bregenzer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem wir in der ersten Lesung keine Aussprache hatten und auch im Ausschuss zu der Thematik keine Aussprache stattfand, es also bisher keinen Dissens gab, gibt es auch keine Notwendigkeit, jetzt in der zweiten Lesung einen Dissens zu schaffen, nur weil dieser dann unter den Augen der Öffentlichkeit stünde.

Nachdem Sie, Herr Birk, schon dargestellt haben, worin die Unterschiede zu dem bestehen, was bisher als Staatsvertrag zur ZVS gegolten hat, brauchen wir darüber, denke ich, auch keine lange Debatte mehr zu führen. Zumal dieser Gesetzentwurf im Grunde nur das nachvollzieht, was die Ministerpräsidenten aller Länder bereits im Juni 1999 unterschrieben haben. Im Grunde ist dieser Staatsvertrag also seit über einem halben Jahr gültig. Wie der Minister in der Ausschusssitzung gesagt hat: Weil es im Rahmen der Hochschulgesetznovelle des Landes Baden-Württemberg nicht mit vollzogen wurde, geschieht dies heute im Nachgang. Nachdem die beiden Regelungen, die jetzt hier neu enthalten sind, die Zustimmung der CDU finden – sie sind vor allem, wie Sie dargestellt haben, auch durch Ihre Interventionen und die Verhandlungen der CDU auf Bundesebene in diesen Staatsvertrag hineingekommen –, gibt es sicher keinen Grund, dies nicht zu tun. Pikant ist in diesem Zusammenhang lediglich, dass der Wissenschaftsminister sagt, summa summarum habe sich die ZVS bewährt, während die Kultusministerin sagt, man müsse die ZVS abschaffen, und dies auch in dem bildungspolitischen Papier, das der Bundesparteitag in Essen in den letzten Tagen ver

abschiedet hat, gefordert wird. Es gibt also einen gewissen Dissens bei Ihren eigenen Positionen. Aber ich gehe einmal davon aus: Solange niemand etwas Besseres für die Verteilung des Mangels gefunden hat – nichts anderes ist ja das, was die ZVS macht –, so lange werden wir mit der ZVS auch leben und wohl auch gut leben können.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Frau Abg. Rastätter.

(Abg. Deuschle REP: Halten Sie Ihre Jungfernrede für den Bereich Wissenschaft?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem auf Wunsch der CDU doch eine Debatte zu dem Gesetzentwurf zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen stattfindet, möchte ich die Gelegenheit nutzen, aus Sicht der Grünen einige Bemerkungen dazu zu machen.

Meine Damen und Herren, der Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen, der 1972 von den Bundesländern zur Schaffung der ZVS geschlossen wurde, war ja das Ergebnis einer damaligen Mangelsituation. Es gab einfach nicht genügend Studienplätze für die studierwilligen Abiturienten. Folglich kann man sagen, dass die ZVS damals ein Instrument zur Zwangsbewirtschaftung des knappen Gutes Studienplätze gewesen ist. Ich meine, es ist nicht unbedingt ein Ruhmesblatt der bundesdeutschen Bildungspolitik, dass dieses Zwangsbewirtschaftungsinstrument nach knapp 30 Jahren immer noch besteht und dass wir mit der jetzigen Novellierung des Staatsvertrags im Wesentlichen über seine Fortsetzung entscheiden.

Neu ist in der Tat – das wurde bereits erwähnt – die Möglichkeit des Auswahlverfahrens der Hochschulen. BadenWürttemberg hat ja hierbei durchaus eine gewisse Vorreiterrolle gespielt. Ich denke, eine sorgfältige Überprüfung der in Baden-Württemberg mit den hier praktizierten Auswahlverfahren gemachten Erfahrungen muss noch erfolgen, und diese sollte in diesem Hause vorgenommen werden.

Zu den Regelungen im Staatsvertrag nur so viel: Die Hochschulen selbst können erst auswählen, nachdem die anderen Verfahren gegriffen haben. Die Formel, die Hochschulen könnten sich die Studierenden selbst aussuchen, kann aber doch wohl nicht bedeuten, dass die Hochschulen erst dann zum Zuge kommen, wenn die anderen Verfahren abgeschlossen sind, also für die anderen, die noch übrig bleiben.

(Abg. Dr. Birk CDU: Immerhin einmal ein An- fang!)

Das heißt, eine Bestenauslese oder eine Bestenwahl, wie sich die Hochschulen dies wünschen, findet auf diesem Weg bislang noch nicht statt.

(Abg. Deuschle REP: Eben!)

Im Übrigen möchte ich Wert darauf legen, dass es gerade dann, wenn Wettbewerb unter den Hochschulen entstehen soll, wichtig ist, dass sich die Studierenden ihre Hochschu

le auswählen können und nicht umgekehrt. Nur so entsteht ein Wettbewerb, nämlich unter den Hochschulen, und nur so werden die Hochschulen gezwungen, ihr Lehrangebot und ihre Studienangebote zu verbessern.

Meine Fraktion – Sie haben es alle nicht anders erwartet – wird mit der Regierungskoalition dem Staatsvertrag zustimmen, weil es gegenwärtig

(Abg. Dr. Birk CDU: In weiser Voraussicht! Das habe ich Herrn Oelmayer schon angesehen!)

keine Alternative dazu gibt. Es ist – meine Kollegin, Frau Bregenzer, hat es bereits angesprochen – allerdings ein etwas denkwürdiges zeitliches Zusammentreffen, dass jetzt die CDU auf ihrem Bundesparteitag ein Papier verabschiedet, federführend unter unserer Kultusministerin Schavan, welches die Abschaffung der ZVS und ein generelles Auswahlverfahren der Hochschulen fordert.

(Abg. Deuschle REP: Vernünftige Sache!)

Da dieser Beschluss aber mit der derzeitigen Wirklichkeit nicht übereinstimmt, brauchen wir heute darüber nicht sehr viele Worte zu verlieren.

Die Forderung nach einem generellen Auswahlverfahren der Hochschulen bedeutet allerdings einen entscheidenden Systemwandel im Bildungswesen. Man sollte sich darüber im Klaren sein – ich finde, das muss man auch noch umfassend diskutieren –,

(Zuruf von der CDU: Aber nicht heute!)