Wir Republikaner haben bereits 1997 dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt. Damals ging jedoch der Antrag der Regierungsfraktionen durch. Umso mehr sind wir erstaunt, dass die Regierungsfraktionen ihre Meinung zwischenzeitlich geändert haben.
Es ist nur allzu verständlich, dass Neues zunächst auf Widerstand stößt und dass auch das Kenntnisgabeverfahren anfangs größtenteils auf Ablehnung gestoßen ist. In der Zwischenzeit scheint die Akzeptanz durch die Architekten und Bauherren aber größer zu werden. Zum einen werden junge Architekten als Berufsanfänger dem neuen Recht mehr zusprechen, zum anderen sollte aber auch die Architektenkammer mehr Aufklärung und Werbung für das Kenntnisgabeverfahren betreiben.
Wenn es regional große Unterschiede bei der Anwendung der beiden Verfahren gibt, so scheint dies an den jeweiligen Bebauungsplänen der Ortschaften zu liegen. Eine Harmonisierung hin zu einem einzigen Verfahren, nämlich dem Kenntnisgabeverfahren, wäre angebracht. Wir Republikaner gehen jedoch davon aus, dass Architekten flexibel sind und sich auch während der Übergangszeit mit dem Kenntnisgabeverfahren anfreunden konnten.
Wir Republikaner werden deshalb den Gesetzentwurf der Grünen, der die dauerhafte Beibehaltung des Wahlrechts zwischen Baugenehmigungsverfahren und Kenntnisgabeverfahren vorsieht, in unserer Fraktion noch einmal besprechen, insbesondere nachdem auch der Antrag der Regierungsfraktionen vorliegt. Wir Republikaner behalten uns vor, im Wirtschaftsausschuss einige Änderungsanträge zu stellen, über die dann bei der zweiten Lesung abzustimmen sein wird.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der am 1. Januar 1996 in Kraft getretenen Landesbauordnung hat das Land in der Tat deutliche Signale für weniger Staat und weniger Kontrolle gesetzt. Die Landesbauordnung hat spürbar zur Vereinfachung, Entbürokratisierung und Beschleunigung des Bauens beigetragen. Die Eigenverantwortung der am Bau Beteiligten hat mit der Einführung des Kenntnisgabeverfahrens ein höheres Gewicht erhalten.
Ich möchte festhalten, dass das Kenntnisgabeverfahren in der Praxis auch immer bekannter geworden ist und dass die Zahl seiner Anwendungen steigt. Das zeigt die Sonderauswertung des Statistischen Landesamts; Herr Abg. Schmiedel, Sie haben darauf hingewiesen. Für das Jahr 1999 liegt diese Sonderauswertung vor. Demnach ist das Kenntnisgabeverfahren landesweit bei 41,2 % aller Bauanträge für Wohngebäude durchgeführt worden. Das bedeutet gegenüber 1996 eine Zunahme von rund 17 %. Betrachtet man nur solche Wohngebäude, bei denen die Anwendung des Kenntnisgabeverfahrens möglich ist – nämlich im Bereich qualifizierter Bebauungspläne –, dann liegt der Anteil des Kenntnisgabeverfahrens bei weit über 50 %.
Allerdings gibt es nach wie vor beträchtliche regionale Unterschiede. In Mannheim liegt die Quote bei fast 72 %, im Landkreis Heilbronn bei 61,9 % und in der Landeshauptstadt Stuttgart bei lediglich 5,5 % aller Wohngebäude.
In diesem Zusammenhang weise ich Ihren Vorwurf, Herr Abg. Schmiedel, dass die Landesregierung oder das Wirtschaftsministerium nichts getan hätten, um diese Zahlen zu verbessern – die ja regional unterschiedlich ausfallen –, ausdrücklich und entschieden zurück. Man muss sehen, dass ein Anteil von 72 %, wie er in Mannheim erreicht wurde, hervorragend ist. Wir haben intensive Gespräche geführt – –
Moment, ich bin noch nicht fertig. – Wir haben Fortbildungskurse mit der Architektenkammer, mit der Ingenieurkammer veranstaltet. Aber natürlich müssen auch die Kommunen selbst und die Planverfasser mitspielen. Da können Sie Überzeugungsarbeit leisten, aber das Wesentliche müssen die selbst tun. Auch wir bedauern das, aber es ist Fakt. Das hat mit unseren Anstrengungen nichts zu tun.
Auf der anderen Seite gibt es aber weiterhin Architekten und Bauwillige, die das Baugenehmigungsverfahren bevorzugen, wie auch aus den Zahlen hervorgeht. Die Stichworte, die dahinter stehen, haben Herr Abg. Witzel und Herr Abg. Hofer genannt.
Ende 1997 hat der Landtag – das ist erwähnt worden – die Befristung der Wahlmöglichkeit um weitere drei Jahre bis zum 31. Dezember 2001 verlängert. Wenn ich das richtig im Kopf habe, hat sich der Landtag damals gegen eine un
befristete Wahlmöglichkeit ausgesprochen, um weitere Erfahrungen mit der Anwendung zu sammeln und die Entwicklung der Akzeptanz zu beobachten. Ich möchte nur festhalten, dass diese um drei Jahre verlängerte Frist noch nicht einmal zur Hälfte abgelaufen ist.
Die hier in der Debatte angeführten Argumente sprechen aber aus der Sicht der Landesregierung dafür, ein dauerhaftes Wahlrecht zwischen Baugenehmigungsverfahren und Kenntnisgabeverfahren einzuführen. Natürlich hat die Landesregierung die zahlreichen Stimmen wahrgenommen, die für eine Verankerung des dauerhaften Wahlrechts eintreten, und natürlich haben wir in den zurückliegenden Jahren, seit die LBO in Kraft ist, auf allen Anwendungsfeldern der Landesbauordnung Erfahrungen gesammelt. Es gibt Bereiche, in denen das gut funktioniert; es gibt aber auch Konfliktfelder, in denen es an Akzeptanz mangelt und Probleme bestehen, auf die insbesondere Herr Abg. Fleischer hingewiesen und sie deutlich gemacht hat; Stichwort: barrierefreies Bauen. Weitere Stichworte sind: Stellplatzausstattung, Unfallverhütung und einiges mehr.
Daher meinen wir, wenn eine Änderung der LBO in Angriff genommen wird, dann sollte nicht nur über das Wahlrecht zwischen Kenntnisgabe- und Genehmigungsverfahren allein entschieden werden; dann müssen auch andere Anliegen berücksichtigt und einbezogen werden. Die Landesregierung wird jedenfalls im Vorfeld, ausgehend von den gesammelten Erfahrungen, die angesprochenen Themen und Regelungsbereiche eingehend überprüfen und mit den betroffenen Verbänden erörtern, um für eine Gesetzesvorlage gerüstet zu sein.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Nachdem in der Sache alles darauf hinausläuft, den Inhalten des Gesetzentwurfs der Grünen zuzustimmen, möchte ich mich auf einige kurze Bemerkungen beschränken.
Herr Hofer, Sie fragten: Warum jetzt schon ändern und nicht erst Ende 2001? Die Antwort ist klar: Seit der letzten Debatte, die wir hier zu dem Thema führten, sind zweieinhalb Jahre vergangen. Diese zweieinhalb Jahre haben zusätzliche Erfahrungen gebracht, und sie haben auch ein klares, eindeutiges Votum der kommunalen Landesverbände, der Kammern und Verbände erbracht. Ich meine, damit ist die Sachlage klar. Wenn alle Praktiker das so wollen, wenn unser politisches Herz, Herr Hofer, Ihres und meines, in der gleichen Richtung schlägt, warum sollen wir dann nicht Nägel mit Köpfen machen? Warum müssen wir dann bis zum Jahr 2001 warten?
Herr Schmiedel, das Kenntnisgabeverfahren ist sicherlich ein Beitrag zur Entbürokratisierung. Aber wenn Sie die Sache verfolgen, müssen Sie auch sehen: Selbst wenn alle Leute, die die Möglichkeit dazu haben, das Kenntnisgabeverfahren wählen, können wir die Baurechtsbehörden noch längst nicht abschaffen. Baurechtsbehörden wird es immer geben.
Nein. Aber, Herr Brechtken, auch innerhalb der qualifizierten Bebauungspläne gibt es Bauvorhaben, für die eine Befreiung oder etwas Ähnliches erforderlich ist. Auch das muss baurechtlich geprüft werden. Deshalb müssen die Kommunen weiterhin Baurechtspersonal vorhalten. Da ist es kein Problem, dass dann auch einige Baurechtsverfahren aus Fällen, für die sonst das Kenntnisgabeverfahren gilt, einbezogen werden. Also ein Widerspruch zur Entbürokratisierung ist das nicht.
Herr Schmiedel, Sie sagten weiter, es gebe einige schwarze Schafe – dies war zumindest eine Metabotschaft –, also Kommunen, die sich dem Kenntnisgabeverfahren verweigerten. Sie nannten Stuttgart mit einem Anteil von nur 7 % beim Kenntnisgabeverfahren als Beispiel. Man muss einfach sehen – da stimme ich Herrn Hofer zu –: Es gibt nun einmal gewisse Baugebiete mit einer hohen Regelungsdichte. Wenn man dort etwas Gescheites bauen will, braucht man hier und da eine Ausnahmegenehmigung.
Da ist ein Baugenehmigungsverfahren schlicht und einfach günstiger als das Kenntnisgabeverfahren plus Ausnahmeverfahren. Warum sollten wir diese Möglichkeit dort nicht zulassen? Deshalb brauchen wir die dauerhafte Wahlmöglichkeit.
Zuletzt möchte ich noch auf das eingehen, was Herr Fleischer zu dem Antrag gesagt hat, der jetzt von den Koalitionsfraktionen eingebracht werden soll. Herr Fleischer, Sie nannten das Thema des barrierefreien Bauens, und Sie betonten, dass Sie das nicht verwässern wollen. Wenn dies so gilt, ist es gut. Wir sollten die Frage des barrierefreien Bauens noch einmal überdenken. Wir haben demnächst den Tag der behinderten Menschen. Wir können da auch Erfahrungen von Betroffenen aufnehmen und hören, wo sie der Schuh drückt.
Aber ich darf hier für meine Fraktion reklamieren: Das Anliegen der behinderten Menschen ist auch, dass im normalen Wohnungsbau etwas getan wird, damit das barrierefreie Bauen dort nicht nur ein Exotendasein fristet, sondern auch dort zum Tragen kommt. Wir können gerne hierüber eine offene Diskussion führen. Dann können wir Ihre Beispiele noch dazunehmen. Wir sind da offen. Aber der Grundgedanke des barrierefreien Bauens darf, wie Sie es sagten, nicht verwässert werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch auf zwei Punkte eingehen, die angesprochen wurden.
Erstens: Entbürokratisierung heißt, dass die Verwaltung, dass der Staat sich aus den Fällen heraushält, bei denen er nicht gebraucht wird. Wenn wir uns darüber einig sind, dass im Normalfall, im unproblematischen Fall die Bauverwaltung nicht gebraucht wird und sich deshalb heraushalten soll, sind wir schon ein Stück weiter.
Zweitens zu den schwarzen Schafen: Bei einer Statistik, die so variiert, ist es doch eindeutig, dass es offensichtlich Städte und Gebiete gibt, bei denen sich die Verwaltung auch im Normalfall nicht heraushält, sondern das alte bürokratische Verfahren weiter betreibt.
Herr Staatssekretär, wir erwarten von Ihnen bei den weiteren Beratungen im Ausschuss schon ein Konzept – nicht den Verweis: „Wir haben einmal mit der Stadtverwaltung gesprochen“ –, wie wir es erreichen, dass im Normalfall das Kenntnisgabeverfahren im ganzen Land angewandt wird.