Deshalb ist es verteilungspolitisch vernünftig, diese verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale einzuführen.
Ich kann den SPD-Kolleginnen und -Kollegen nur raten, dass sie ihre Bundes-SPD dahin gehend beraten, dass sie bei diesem Punkt in den Verhandlungen nicht die Standfestigkeit beweisen muss, die bei anderen Punkten dringend notwendig ist.
Das Zweite, was ich noch einmal ansprechen möchte, ist, dass ich feststelle, dass in der Opposition große Übereinstimmung darin besteht, dass Steuerentlastung eine tolle Sache ist. Da ist ja die Bevölkerung sofort dabei, und das ist natürlich auch gut. Aber die Kehrseite der Steuerentlastung ist immer die, dass die öffentlichen Haushalte diese Entlastungswirkungen auch verkraften müssen. Natürlich haben wir hier in diesem Haus schon in der letzten Bundeslegislatur wie auch jetzt über Selbstfinanzierungseffekte geredet, und ich kann mich noch an eine eindrückliche Rede des Herrn Mayer-Vorfelder erinnern, in der er gesagt hat: Wenn die nicht einsetzen, dann ist der Karren an der Wand, und dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Das hat mir sehr imponiert, und ich habe es mir sehr gut gemerkt.
Ich glaube aber, wir sind jetzt in einer anderen Situation. Während wir damals aus einer Grundhaltung diskutiert haben, wo die Wirtschaft am Boden lag, wo man nicht wusste, ob die Talfahrt weitergeht, sind wir heute in einer wirtschaftlichen Lage, wo man sagen kann: Es geht aufwärts.
Während wir damals nicht wussten, ob eine entsprechende Entlastungswirkung tatsächlich zu Selbstfinanzierungseffekten führt, ist heute in einem Konjunkturschub doch
eher damit zu rechnen, dass eine Steuerentlastung diese Wirkung sehr viel stärker auslöst. Ich glaube, da sind wir uns auch einig.
Aber das, was die B-Länder hier an Steuerentlastung vorlegen – nach der eigenen Rechnung 6 Milliarden DM mehr; einige Leute sagen, es werden mehr als 6 Milliarden DM mehr –, muss man einmal auf das Land Baden-Württemberg herunterbrechen. Diese Entlastungswirkung wird schneller auf uns zukommen, denn die Union will es ja schneller haben,
und sie wird mit 600 Millionen bis 1 Milliarde DM hier im Land landen. Erinnern Sie sich an die mittelfristige Finanzplanung: Wir haben in die mittelfristige Finanzplanung jetzt schon eine Spreizung von 800 Millionen DM hineingeschrieben, bei der die Finanzer sagen müssen: Keinem ist so richtig klar, wie man das eigentlich decken soll und ob das in den nächsten drei, vier oder fünf Jahren über die Selbstfinanzierungseffekte wirklich zurückkommt.
Jetzt da nochmals 600 Millionen bis 1 Milliarde DM jährlich draufzupacken, halte ich für sehr abenteuerlich. Da glaube ich, dass der Schluck aus der Pulle der Steuerentlastung zu groß wird.
Ich darf auch daran erinnern, dass die CDU ja nicht nur Steuerentlastungen will, sondern auf der anderen Seite will sie im Bund natürlich auch entsprechende Mehrausgaben, Stichwort Bundeswehr, Stichwort Rente. Überall werden Vorschläge gemacht, wie das eine Opposition vielleicht auch lieber macht als eine Regierung, die Geld kosten. Ich kann aber nicht auf der einen Seite die öffentlichen Haushalte an den Rand des Ruins bringen
Ich glaube, wir sind mit dem rot-grünen Vorschlag auf einem guten Weg. Wir haben die Grenzen dessen, was als Entlastung auf die öffentlichen Haushalte zukommen kann, ausgereizt. Mehr Entlastung schadet der Wirtschaft und bringt nicht den gewünschten Erfolg, im Gegenteil, sie führt die Haushalte in eine katastrophale Situation. Das wollen wir nicht. Wir wollen konstruktiv arbeiten. Deshalb bitte ich Sie, diese große Entlastung noch einmal zu überdenken.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Puchta, was Sie in Ihrem zweiten Durchgang gesagt haben, hat mir sehr viel besser gefallen und
Dennoch gibt es vielleicht eine Möglichkeit, wenn wir – sowohl diejenigen, die hier aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit für die Opposition in Berlin sprechen müssen, als auch diejenigen, die hier für die Landesregierung sprechen – versuchen, aufeinander zuzugehen.
Ich habe ja vorhin gesagt: Es ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Der Finanzminister meint, Richtung schräg nach vorne.
Herr Dr. Puchta, Sie haben in Ihrem zweiten Beitrag erklärt, dass sehr wohl gerade das, was die Zinsabgeltungssteuer, also die Quellensteuer anbelangt, richtig wäre. Sie haben meines Erachtens zu Recht die Änderung der Abschreibungssätze kritisiert, die von der Landesregierung akzeptiert worden sind.
Ich meine, dass also noch genügend Raum ist, um einen guten Kompromiss zu finden. Daraus ziehe ich jetzt den Schluss, dass es doch gut ist, dass die Landesregierung von CDU und FDP/DVP zusammen mit der CSU in Bayern einen Gegenvorschlag ausgearbeitet hat,
der dann zu einem vernünftigen Kompromiss führen wird. Es wird also sicherlich so sein, dass nicht die Steuerreform der Bundesregierung ungerupft davonkommt, und es wird auch nicht alles umgesetzt werden können, was die Landesregierung sinnvollerweise vorschlägt. Wenn dieser Kompromiss letztendlich tragbar ist, dann soll es ja auch in Ordnung sein.
Es besteht aber kein Zweifel darüber, dass die Entlastungen für die Kapitalgesellschaften bedeutender sind als die Entlastungen für den Mittelstand und die Freiberufler
ich will das an einem Beispiel deutlich machen –, insbesondere dann, wenn Sie die zusätzlichen Belastungen, die Lafontaine noch gebracht hat, hinzunehmen.
Wenn Sie einmal bedenken, dass immerhin 70 % der Unternehmen heute schon keine Gewerbesteuern mehr zahlen – sie können also nichts verrechnen und hätten nichts von den Optionen, von deren Problematik heute schon die Rede war, werden aber durch alles, was gegenfinanziert wird, Ökosteuer und andere Dinge, sehr wohl belastet –, dann erkennen Sie, dass ein Stufentarif sicherlich der richtige Weg wäre. Auf diesem Weg sind wir zwar bereits, aber wir werden den Stufentarif noch nicht erreichen.
Weil Sie von einem Tohuwabohu gesprochen haben, möchte ich sagen: Es gibt keins. Denn die Landesregierung von CDU und FDP/DVP – beide haben genügend Momente ihrer Vorstellungen mit eingebracht – hat sehr wohl eine ganz klare Meinung; das ist die Meinung der Landesregierung, die von CDU und FDP/DVP getragen wird. Ein Tohuwabohu müsste man dann eher zwischen Grünen und SPD feststellen können. Denn es wurde auch hier deutlich, welche unterschiedlichen Auffassungen dort vertreten werden.
Frau Erdrich-Sommer, wir reden die ganze Zeit davon, dass die Steuerreform zu spät kommt. Dann kann es doch nicht richtig sein, dass Sie beklagen, wir wollten eine schnellere Gangart. Entweder kommt sie zu spät, dann hätte das Ganze schon früher sein müssen, oder aber sie muss unbedingt so schnell wie möglich kommen, und das Schnellere ist dann das Bessere. Da darf man nicht sagen, dass, weil das eine Nettoentlastung von 44 Milliarden DM ist und das andere eine Entlastung von 50 Milliarden DM, dies nicht machbar wäre. Es gibt genügend Vorgänge, die zeigen, dass es sehr wohl machbar ist. Ich denke an die Zeit, als wir in diesem Haus gefordert haben, man möge die Steuerreform doch in der alten Koalition nicht weiter blockieren.
(Abg. Moser SPD: Das sind doch Schlachten von gestern, die Sie schlagen! Schauen Sie in die Zu- kunft!)
Da hieß es klipp und klar: Die Möglichkeit, 30 Milliarden DM Nettoentlastung zu bringen, sei völlig undenkbar.
(Abg. Brinkmann SPD: Das war auch undenkbar! – Abg. Moser SPD: Das war schon damals viel zu wenig, Herr Kiel!)
Lassen Sie mich aber abschließend noch etwas sagen, womit ich vorhin aufgehört habe und was etwas zu kurz war. Ich bin der Meinung, es ist wirklich schlimm, dass bei thesaurierten Gewinnrücklagen, für die bereits Steuern gezahlt worden sind, die also hinsichtlich der wirtschaftlichen Aktivitäten der Unternehmen gar nicht wirksam werden, durch die jetzige Steuerreform ein Anreiz besteht, sie auszuschütten, um sie zurückzuholen, und dann 73 Milliarden DM Steuern zurückgezahlt werden müssen.
Dafür habe ich noch einmal den „Spiegel“- Artikel herausgeholt und möchte nur die Überschrift vorlesen:
Meine Damen und Herren, wir Liberalen sind wirklich der Auffassung, dass man die Politik anders machen kann, ins
besondere dann, wenn man an die Arbeitnehmer denkt, und das war heute ja doch ein Antrag, den Sie gestellt haben. Ich meine, liberale Politik ist eben auch eine Politik, die darauf achtet, dass mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft zu finden ist.