Meine Damen und Herren, Sie können machen, was Sie wollen: In Baden-Württemberg gibt es keinen Spendenskandal. Insofern haben Sie Ihr Thema verfehlt. Es tut mir beinahe Leid für Sie, dass Sie nichts finden konnten. Aber so sind halt mal die Fakten.
(Beifall bei der CDU – Abg. Birgitt Bender Bünd- nis 90/Die Grünen: Alles Friede, Freude, Eierku- chen, gell!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin schon erstaunt, hier zu erfahren, dass die baden-württembergische CDU mit der Bundes-CDU anscheinend gar nichts zu tun hat.
Das war die Auslassung des Finanzministers: Es gibt hier keinen Skandal. Man ist zwar irgendwie Teil der BundesCDU, hat stellvertretende Vorsitzende gestellt, mischt bei der CDU auf Bundesebene überall mit, aber es gibt natürlich in Baden-Württemberg keinen CDU-Skandal.
Wenn Sie mit einem solchen Mangel an Unrechtsbewusstsein durch die Lande ziehen, dann kann ich Ihnen nur ganz herzlich Erfolg wünschen. Denn so naiv, mit so viel Blauäugigkeit und so viel geheuchelter Unschuld kommen Sie bei dieser Geschichte nicht durch.
Mich erstaunt ernsthaft dieses Ausmaß an fehlendem Unrechtsbewusstsein, mit dem Sie, Herr Oettinger, hier agieren. Sie diskutieren jetzt allgemein über Spenden und sagen, die Grünen würden jemanden einstellen, der Spenden requirieren solle. Sie verwischen aber völlig die Tatsachen, dass die Spenden, die Kohl bekommen hat, illegal waren. Sie haben jedenfalls Verfassungsbrüche dargestellt, weil in unserer Verfassung steht: Man muss Aufschluss über die Herkunft und die Verwendung von Mitteln, die Parteien haben, geben.
Sie ignorieren inzwischen, dass Kohl, weil er die Namen der Spender nicht nennt, hartnäckig im Verfassungsbruch verharrt, und Sie nehmen Gelder von ihm an, obwohl er dies tut.
Übrigens, der Vorschlag von Herrn Drautz war interessant. Er hat gesagt, Parteivorsitzende, Regierungsmitglieder oder Abgeordnete könnten doch gut Spenden sammeln. Ich halte es da mit Herzog, der gerade davor gewarnt hat, dass Funktionsträger Spenden einsammeln, weil sie ja, wenn sie die Politik der Exekutive direkt beeinflussen, in einem möglichen Dialog um eine Spende in einer ganz anderen Verfangenheit sind, als wenn jemand Spenden sammelt, der aus dem Finanzbereich einer Partei kommt und dafür zuständig ist. Sie sollten also nicht einfach nur die HerzogKommission einberufen, sondern auch einmal darüber nachdenken, was Herzog da konkret gesagt hat.
In Bezug auf die BaWü-Bank sagen Sie: „Wir haben keinen Skandal im Land.“ Ich finde, dies ist ein ganz deutliches Beispiel dafür, dass Sie von der CDU in Baden-Württemberg so an schwarzen Filz gewohnt sind, dass Ihnen das gar nicht mehr auffällt. Das Problem besteht doch darin, dass es einen Finanzminister gab, der Aufsichtsratsvorsitzender der BaWü-Bank war, der Vorsitzender des CDUKreisverbands Stuttgart war. Die Stuttgarter CDU ist ja aus dieser landesbeteiligten Privatbank massiv bespendet worden.
Wie darf ich mir das vorstellen? Sagt da Gerhard zu Mayer-Vorfelder: „Du, wir brauchen 10 000 DM für unseren OB-Wahlkampf“? Dann sagt Mayer-Vorfelder zu Gerhard: „Kein Problem, lieber Gerhard. Das werden wir bei der BaWü-Bank einmal probieren.“ Oder wie stellen Sie sich das praktisch vor?
Noch einmal: Wenn Sie so tun, als ob Sie da kein Problem hätten, dann täuschen Sie sich. Ich werde Sie das ganze Jahr über auffordern, diese Gelder zurückzuzahlen. In der Bevölkerung, Herr Oettinger, versteht man es so: Da ist eine Bank – sie ist zwar eine private Bank, aber 36 % sind in Landesbesitz –, von der zuvörderst die CDU bespendet wird, obwohl wir in der Bundesrepublik Deutschland eine ganz klare Struktur der Parteienfinanzierung haben.
Ich bestreite nicht, dass das eine legale Spende ist. Ich frage nur, ob es legitim ist, was Sie da veranstaltet haben.
Noch eine Bemerkung zu den Konsequenzen. Selbstverständlich müssen wir über das Parteispendengesetz diskutieren. Ich glaube, es muss klar sein – das haben wir vorgeschlagen –, dass im Parteispendengesetz in der Zukunft gravierende Verletzungen strafrechtsbewehrt sein müssen. Niemand in der Bevölkerung versteht, dass man so etwas anstellen kann wie die CDU, aber letztlich nichts passiert. Deswegen muss man da Änderungen vornehmen.
Ich meine auch, dass die ganze Frage der Transparenz, was in die Rechenschaftsberichte der Parteien aufgenommen werden muss, am Ende der Arbeit des Untersuchungsausschusses in Berlin neu überdacht werden muss.
Ich meine in der Tat auch, dass wir über die Frage nachdenken müssen: Sollen juristische Personen in Zukunft überhaupt spenden können? In der Demokratie gilt ja der Grundsatz, dass eine Person eine Stimme hat. Ich weiß nicht, ob dieser Grundsatz nicht verzerrt wird, wenn Parteien wesentliche Wettbewerbsvorteile daraus erwirtschaften können, dass von juristischen Personen solche Spenden möglich sind.
Bei uns werden zwei Positionen diskutiert. Die eine lautet: „Wir verzichten ganz auf Spenden juristischer Personen“ – wegen des angeführten Arguments –, und die andere lautet: „Wir deckeln das, was juristische Personen spenden können, bei irgendeinem Betrag, sagen wir, bei 40 000, 50 000 DM, damit der Wettbewerbsvorteil aus Industriespenden nicht in dem Maß erwachsen kann, wie das bei der CDU in letzter Zeit offensichtlich der Fall war.“
Eine Konsequenz will ich noch ansprechen. Ich glaube, wenn die CDU wirklich verstanden hätte, was dieser Skandal in Bezug auf die Demokratie bedeutet, dann würde sie ihre abweisende Haltung – über sie werden wir heute und auch morgen im Plenum noch diskutieren –, wenn es darum geht, den Bürgerinnen und Bürgern durch Erleichterung von Volksentscheiden und Bürgerbegehren mehr direkten Einfluss zu verschaffen, aufgeben und einen solchen Einfluss ermöglichen.
Eine Antwort – und zwar als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie – ist nämlich, dass die Menschen selbst über politische Entscheidungen direkt mit befinden können. Dann würde der Verdruss, der durch solche Skandale, wie die CDU sie produziert hat, aufgebaut worden ist, abgebaut. Dazu, Herr Oettinger, würde ich gerne etwas von Ihnen hören. Sie haben es jetzt ja erst einmal abgeschmettert. Aber Ihre positiven Vorschläge dazu, wie sich die Bürger mehr beteiligen können, dürfen sich nicht darin erschöpfen, dass Sie Internet-Chats veranstalten, über die wir amüsiert lesen konnten, dass Sie die Schreibmaschine nicht selbst bedienen konnten. Da gibt es übrigens Kurse in den Ferien; so etwas kann man nachholen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD – Abg. Haas CDU: Sie haben auch einiges nachzuholen! – Zuruf von der CDU: „Kuhn auf dem Berg!“ steht in der Zeitung; dann kann es ja nur noch bergab gehen!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Lieber Kollege Kuhn, ein Blick ins Aktienrecht genügt. Für Entscheidungen über Spenden ist der Aufsichtsrat nicht zuständig. Er kann darüber nicht entscheiden; er darf sich die Entscheidung darüber nicht anmaßen. Deswegen ist meine Bitte: Fragen Sie doch nach – auf parlamentarischem Wege oder wie auch immer –, ob der Aufsichtsrat, wie es von Ihnen vermutet, behauptet, unterstellt wurde, jemals über Spendenzahlungen an Parteien oder andere beraten oder mitentschieden hat. Nein, dies ist Sache des operativen Geschäfts. Dies ist Vorstandsangelegenheit. Deswegen ist Ihre Unterstellung, der Aufsichtsrat würde hierbei direkt oder indirekt mitreden, bösartig und falsch.
Zweitens: Herr Kollege Dr. Schlierer, hier wurde gesagt, hier würden Funktionen vermengt. Dr. Prechtl war bis Mai des Jahres 1994 Sprecher des Vorstands – und nicht länger. Dann schied er aus. Er wurde zweieinhalb Jahre später, im Dezember des Jahres 1996, in das Ehrenamt des Schatzmeisters der CDU Stuttgart berufen. Da gibt es keinerlei Zeitüberschneidung, sondern eine klare Trennung zwischen Hauptamt und späterem Ehrenamt. Deswegen bestand auch keine Interessenkollision zwischen der staatsbürgerlichen Tätigkeit im Ehrenamt und der vorherigen, untadeligen Vorstandstätigkeit, die über viele Jahre hinweg ausgeübt wurde.
Drittens: Lieber Kollege Kuhn, wir bestreiten doch überhaupt nicht, was in Berlin von unserer CDU Deutschlands
und was in Hessen von der benachbarten CDU Hessens gemacht worden ist. Dies belastet und betrifft auch uns. Aber wir lehnen Sippenhaft ab; darum geht es. Ihr Versuch geht doch dahin, den Virus von Berlin und Wiesbaden nach Stuttgart zu tragen. Dagegen wehren wir uns mit allem Nachdruck.
Es gibt konkrete Vorgänge, und es gibt Vorwürfe gegen die Bilanzierung und die Buchhaltung der CDU in Berlin – die CDU Deutschlands – und gegen die CDU in Hessen. Hier bei der CDU in Baden-Württemberg gibt es keinerlei Vorwurf und keinerlei Vorgang, sondern eine intakte Bilanz und eine intakte Buchführung sowie die Einhaltung des Parteienfinanzierungsrechts. Deswegen bitte: individuelle Schuld, aber keine Sippenhaft.
Dann zu der Frage, ob Unternehmen mit einer öffentlichrechtlichen Beteiligung überhaupt spendenberechtigt sind. Kollege Schlierer sprach es an. Das mag streitig sein, aber ich bin der Auffassung, dass die Staatsanwaltschaft Offenburg falsch liegt und damit auch der Justizminister. Warum? Ich zitiere wörtlich eine unstreitige Instanz, lieber Kollege Drexler. Der Chef der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen schrieb am 4. Februar 2000 an die CDU im Landtag von Düsseldorf:
Clement bedankt sich für Ihren Brief, mit dem Sie um eine rechtliche Bewertung der Spendenpraxis der WestLB bitten.
Ich will hier aber einmal festhalten, dass die Landesregierung nach sorgfältiger Prüfung der einschlägigen Rechtsvorschriften davon ausgeht, dass Parteispenden der genannten Unternehmen