Sie haben vorhin gesagt, Herr Wirtschaftsminister, dass Sie diese Greencard nicht nur für den IT-Bereich wollen. Das ist wenigstens eine ehrliche Aussage. Genau dieser Dominoeffekt, den wir in der Begründung der Aktuellen Debatte erwähnten, scheint sich hier zu bestätigen. Seien Sie doch ehrlich. Herr Kollege Döring, wenn wir hier eine ehrliche Debatte führen wollen:
Glauben Sie eigentlich, dass Sie brillante Kräfte bekommen, wenn Sie die Erlaubnis auf zwei bis vier Jahre begrenzen, ohne die Möglichkeit eines Familiennachzugs? Das ist doch eine sehr unehrliche Debatte. Sie bekommen die Fachleute danach gar nicht mehr zurück in ihr Land.
Aber Sie bekommen sie unter den Bedingungen, von denen Sie reden, gar nicht erst nach Deutschland. Sie müssen hier sehr ehrlich debattieren.
Ferner möchte ich bestreiten, dass es in Baden-Württemberg und in Deutschland wirklich einen solchen Bedarf gibt. Als Beispiel möchte ich einen Fachmann, keinen Landespolitiker, zitieren: Herrn Professor Gündner von der FHTE, der heute in der „Eßlinger Zeitung“ schreibt:
Nehmen Sie das zur Kenntnis, bevor Sie hier von einem Bedarf sprechen, der gar nicht existiert, meine Damen und Herren.
Dann stellt sich noch eine weitere grundsätzliche Frage, auch an Leute von der rot-grünen Seite wie Dr. Hildebrandt, die früher einmal als Kämpfer gegen Kolonialismus auf der Straße waren: Darf Deutschland eigentlich die besten Leute der armen Länder abwerben, um seine eigenen Defizite zu reduzieren und zu kompensieren? Darf man das eigentlich?
Braucht Tschechien nicht seine besten Leute, um den Anschluss an die EU zu finden und den Eintritt in die EU zu erreichen? Nicht ohne Grund hat das slowakische Wirtschaftsblatt „Hospodarske noviny“ Folgendes geschrieben: Deutschland könne selbst talentierte Fachleute nicht von der Abwanderung in die USA abhalten und wolle das nun über Osteuropa kompensieren.
Ein anderes: Indien verliert seit Jahrzehnten seine besten Ingenieure und Techniker an die USA. In Indien – nehmen Sie von Rot-Grün das auch einmal zur Kenntnis – kostet die Ausbildung eines Informatikers oder Ingenieurs 200 000 DM. Das ist in einem armen Land wie Indien, dessen Bevölkerung mehrheitlich in Armut lebt, ungeheuer viel. Sie stehlen diesem Entwicklungsland mit jeder Arbeitserlaubnis diese Summe sowie zusätzlich den volkswirtschaftlichen Nutzen dieses Personenkreises für das Land.
(Beifall bei den Republikanern – Abg. Krisch REP: Kolonialmacht Grüne! – Abg. Rapp REP: Rot-grüne Kolonialisten!)
Was ist dies, meine Damen und Herren von Rot-Grün, anderes als übelster Kolonialismus in rot-grüner Form?
Sind Sie deswegen in die Politik gegangen, um nachher die besten Leute der armen Länder abzuwerben? Wenn das das Ergebnis von Rot-Grün ist, meine Damen und Herren, dann muss ich Ihnen sagen: Wir Republikaner wollen eine
ehrlichere Politik. Wenn wir hier in Deutschland aus Gründen, die vor allem Sie zu verantworten haben, ein Übergangsproblem haben, dann müssen wir das durch eine gemeinsame nationale Kraftanstrengung durchstehen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf ein paar Punkte der Kollegen eingehen.
Erster Punkt: Kollege Brinkmann, genau das, was Sie gefordert haben, hat Baden-Württemberg gemacht. Es hat die Kapazitäten verdoppelt. Ich habe in meiner Rede gesagt: Wenn wir eine differenzierte Analyse, Herr Wirtschaftsminister, von den Herren Hundt und Stihl und anderen vorgelegt bekommen, aus der hervorgeht, wo etwas fehlt, dann sind wir, die Koalition, doch gemeinsam bereit, alles zu tun, um diese Lücke zu schließen.
(Abg. Brechtken SPD: Es passt aber jetzt! – Abg. Birzele SPD: Es passt nur jetzt! Nachher haben Sie das vergessen!)
Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Hildebrandt. Es ist doch wahr: Wenn an der Fachhochschule Karlsruhe, wo ich selber jahrelang studiert habe
ich habe dort drei Jahre studiert –, manche Kapazitäten in den technischen Disziplinen nur zu 60 oder 70 %, manche sogar nur zu 50 % ausgelastet waren, dann gibt es keinen Indikator, genau diese Fakultäten auszubauen. Deshalb habe ich in meiner Eingangsrede von Technikfeindlichkeit und auch von den Versäumnissen der Industrie gesprochen.
Herr Kollege Hofer, wir suchen keine ideologischen Lösungen. Da haben Sie in uns einen verlässlichen Partner. Wir wollen den Dienstleistungs- und Produktionsstandort Baden-Württemberg erhalten und sind deswegen für kurzfristige Lösungen offen. Aber wir wollen keine neuen Zuwanderungstatbestände schaffen. Wir wollen es unbürokratisch mit den bestehenden Mitteln schaffen. Der Wirtschaftsminister hat darauf hingewiesen, dass hier viel zu arbeiten ist. Aber ich glaube, der Innenminister wird nachher deutlich machen, dass das geht.
Wir wollen keinen Verdrängungswettbewerb. Gleicher Lohn für gleiche Qualifikation im gleichen Betrieb!
Das ist das Mindeste. Sie bekommen doch auch den gleichen Lohn wie ich, ob es mir recht ist oder nicht.
Drittens: Die Ausbildungs-, Fortbildungs- und Weiterbildungsbereitschaft unserer Betriebe muss gefördert und gefordert werden, Herr Kollege.
Und zum Schluss: Wir befürworten die Methode, dass das Arbeitsamt oder ein anderes Gremium – es gibt in anderen Ländern Gremien, in denen die pluralistischen Gruppen vertreten sind – jährlich feststellt, welchen Bedarf wir haben. Dann werden wir reversibel und kurzfristig solche Lücken schließen können. Für eine generelle Lösung, wie der Herr Wirtschaftsminister sie vorgetragen hat, sind wir nicht zu haben.
Herr Kollege Wieser, welche Aussage ist richtig: Ihre Aussage, Baden-Württemberg habe die Zahl der Ausbildungsplätze in diesem Bereich verdoppelt, oder die Aussage, die der Wirtschaftsminister vorhin gemacht hat, seit 1995 sei die Zahl der Ausbildungsplätze um 50 % erhöht worden?