(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zurufe der Abg. Dr. Puchta SPD und Anne- mie Renz Bündnis 90/Die Grünen)
Ich glaube, mit den vorsorglich ausgewiesenen Beträgen, die der Finanzminister und die Regierung hier eingestellt haben, sind wir eher im unteren Bereich. Möglicherweise werden höhere Steuermindereinnahmen auf uns zukommen, wenn ich die Zahlen richtig verfolge.
Der Weg, den Sie in der mittelfristigen Finanzplanung aufgrund dieser Vorsorge gehen, nämlich die Spreizung zwischen dem höchsten bzw. niedrigsten Level der Verschuldung, die Sie anstreben, ist vermint. Gerade die Mifrifi hat nämlich viel mit Psychologie zu tun. In der Spreizung steckt eben nicht nur eine Botschaft, sondern darin stecken zwei Botschaften.
Die eine Botschaft ist: Die Lasten aus der Steuerreform und die positiven Wirkungen, die man ja erwartet, bei denen man aber noch nicht genau abschätzen kann, wann sie kommen, sind nicht genau kalkulierbar. Deshalb die Spreizung. Das ist die eine Botschaft. Diese ist auch in Ordnung.
Aber es steckt eine zweite Botschaft darin, um die ich mir wirklich Sorgen mache. Diese Botschaft heißt nämlich: Wenn es geht, dann machen wir weniger Schulden, und wenn es nicht geht, dann halt nicht. Das ist Finanzpolitik, die keine konsolidierten Haushalte nach sich zieht, weil dort die Tür zum Nichtsparen eben auch schon wieder ein Stück weit offen ist, meine Damen und Herren.
Deshalb glaube ich, Sie müssen die Botschaft in der mittelfristigen Finanzplanung eindeutig zum Ausdruck bringen und mit einer Zahl sagen, was Sie wirklich wollen, damit der feste Wille des Sparens auch dort immer wieder manifestiert wird.
Durch die Steuerentlastungsmaßnahmen muss die Einnahmeerwartung verifiziert und dann nach den Grundsätzen der Wahrheit und der Klarheit in der mittelfristigen Finanzplanung festgestellt werden. Die Spreizung ist meines Erachtens die Schuldenfalle der nächsten Jahre.
Nicht nur die Ausgabenverwaltung, sondern auch die Einnahmeverwaltung müssen wir im Auge behalten. Im Einzelplan 06 hat die Steuerverwaltung ihren Platz. Sie ist die Einnahmeverwaltung und als solche für die rechtzeitige und gerechte Steuererhebung zuständig. In den Finanzämtern ist jedoch der Personalstand für diese Aufgabe bedenklich knapp, und jetzt wird hier auch noch Personal gestrichen. Da gibt es tatsächlich Handlungsbedarf. Ich erwarte vom Finanzministerium klare Aussagen darüber, wann ein Entlastungseffekt aufgrund der DV-Unterstützung eintritt und wie bis dorthin die Arbeit in den Finanzämtern weiter gut bewältigt werden soll. Auch wie sich die Personalreduzierungsquote aufgrund der neuen Steuerungsinstrumente dann bei den Finanzämtern niederschlägt, muss im Rahmen dieses Programms genau diskutiert werden.
Der nächste Punkt: Die Beamtenbesoldung wird mit einer Erhöhung aus den Tarifverhandlungen um 1,5 % eingestellt. Der Bund will um die Inflationsrate von 0,6 % erhöhen. Das ist meines Erachtens wünschenswert und richtig in Zeiten, in denen ich Haushalte und Personalkosten konsolidieren möchte. Was das Finanzministerium etatisiert, verstehe ich nicht. Entweder ist der feste Wille dessen etatisiert, was in den Verhandlungen erreicht werden soll, und ich manifestiere meinen politischen Willen zum Sparen. Dann müsste der Finanzminister auch 0,6 % etatisieren. Oder er nimmt die Grundsätze von Wahrheit und Klarheit, und das gefällt Ihnen besser. Aber wie Sie dann auf 1,5 % kommen, weiß ich nicht genau; denn die ÖTV fordert 5 % bis 6 %, und die Verhandlungsergebnisse werden doch wohl auf einen Kompromiss zwischen 2,5 % und 3,5 % hinauslaufen. Ich habe den Eindruck, die 1,5 % sind das Pflästerchen für den Beamtenbund. Aber so, wie ich ihn kennen gelernt habe, gibt er sich mit den 1,5 % in Ihrer Etatisierung nicht zufrieden und fängt das Heulen und Zähneklappern auch bei 1,5 % an.
(Abg. Wieser CDU: Da sind die Grünen-Funktio- näre drin! – Gegenruf des Abg. Hackl Bündnis 90/ Die Grünen: Aber auch CDU-Größen! – Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Tiefschwarz!)
Aber Sie geben mit diesem Ansatz eine Botschaft, die ich problematisch finde. Sie sagen nämlich: Mit uns kann man über Besoldungserhöhungen reden. Das ist die eigentliche Abkehr von der bisherigen, zugegeben harten Linie des Sparens.
Die Proteste gegen die Schülerbeförderungskosten habe ich – wie Sie alle wahrscheinlich auch – noch heftig im Ohr.
Wer für eine Entlastung der Familien eintritt, wie es die CDU ja tut oder zumindest sagt, dass sie es tut,
der muss die Lasten der Familien bei den Schülerbeförderungskosten verringern. Anders geht es gar nicht, denn das sind ungeheure Lasten.
Allerdings muss sich der Landtag über ein neues Verteilungsinstrument Gedanken machen. Die alten Ungerechtigkeiten beim Bedienen der Landkreise sollten nicht auf hohem Niveau fortgeschrieben werden.
Meine Damen und Herren, die SPD fordert 100 Millionen DM für diese Erhöhung. Wir haben unser Finanzkonzept dem eisernen Sparen verschrieben und sehr viele Sparvorschläge gemacht. Wir können aus unserem Konzept nicht von jetzt auf nachher 100 Millionen DM herausschwitzen, und wir wollen Ihnen zeigen, dass es uns tatsächlich Ernst damit ist, echte Sparhaushalte vorzulegen. Deshalb – und nur aus diesem Grund, weil wir keine entsprechende Deckung und kein Finanzkonzept haben – werden wir dem SPD-Antrag nicht zustimmen, sondern uns der Stimme enthalten.
Sachlich halten wir ihn für richtig mit der Einschränkung, dass wir uns über ein neues Verteilungssystem unterhalten müssen.
Beim Staatshaushaltsgesetz sind mir zwei, zugegebenermaßen nicht im Zentrum des Gesetzes stehende Bereiche sehr wichtig. Das Erste sind die Privatschulen. Dass bei den Schulen in freier Trägerschaft die Kürzungen zurückgenommen worden sind, halte ich für einen sehr guten und wichtigen Schritt. Er erhält die Vielfalt der Schullandschaft. Es war wichtig, diese Kürzungen zurückzunehmen, die einige Schulen an den Rand ihrer pädagogischen Existenz gebracht hatten.
Der zweite Punkt ist der Erziehungsurlaub für die Polizistinnen und Polizisten. Dass es nicht gelungen ist, den Erziehungsurlaub im Polizeibereich im Staatshaushaltsgesetz festzuschreiben, finde ich bedauerlich. Wer Frauen auf Stellen ausbildet, die nicht mit Arbeitskräften vom freien Markt wieder besetzt werden können, muss sich doch darüber Gedanken machen, wie bei einer Schwangerschaft und einem anschließenden Erziehungsurlaub die Aufgaben der betreffenden Person erfüllt werden sollen. Man kann die Stelle doch nicht einfach unbesetzt lassen. Wie diese Probleme im Polizeibereich gelöst werden, zeigen die Überstundenberge, die die Polizistenkollegen dann vor sich herschieben. Das, meine Damen und Herren, ist ein Armutszeugnis für eine moderne Verwaltung. Ich hoffe, dass Sie dafür sehr schnell eine Lösung finden.
(Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen – Abg. Kluck FDP/DVP: Die Lösung kommt noch, das wissen Sie doch! – Gegenruf des Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Ihr habt doch jetzt ewig Zeit gehabt!)
Einen anderen wichtigen Bereich, die neuen Steuerungsinstrumente, werde ich jetzt nicht ansprechen, weil wir über dieses Thema in den nächsten Monaten und Jahren hier sehr viel diskutieren werden. Es verdient jedenfalls große Aufmerksamkeit.
Ich komme zum Schluss. Solide Finanzen sind die Voraussetzung für eine zukunftsgerichtete Politik, die gesellschaftliche Veränderungen mitgestaltet. Mit den vorgelegten Finanzvorschlägen hat die Regierung die Möglichkeit zur Rückführung der Verschuldung nicht genutzt, und sie hat der Versuchung der besseren Einnahmesituation nicht widerstanden. Das ist der Grundfehler dieser Haushaltsfinanzierung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Warum eigentlich, so frage ich mich, sind wir – Koalition einerseits und Opposition andererseits, insbesondere die SPD – nicht ein wenig aufrichtiger zueinander?
Zweitens: Die Steuermindereinnahmen im Jahr 1998 haben zu gewaltigen, aber sich lohnenden Kraftanstrengungen beim Kürzen der Ausgaben geführt.
Drittens: Die Steuermehreinnahmen im letzten Jahr sowie die zu erwartenden Steuermehreinnahmen in diesem Jahr und in den nächsten Jahren – so hoffen wir doch – werden von uns zu einer deutlichen Minderung der Nettoneuverschuldung genutzt.
Viertens: Die Lehrerversorgung zur Bewältigung einer wichtigen, unnachholbaren Zukunftsaufgabe, nämlich einer guten Ausbildung unserer Kinder, kann sofort entscheidend verbessert werden.
Fünftens: Die Vorsorge – die Vorsorge!; da bin ich mit Ihnen, Frau Erdrich-Sommer, einig – für die zu erwartenden Steuerausfälle durch die auch von uns in der Tendenz als richtig angesehene Berliner Steuerreform ist getroffen worden. Das ist in Ordnung.
Fazit: Auch dieser Doppelhaushalt ist ein Sparhaushalt, weil vielen durchaus berechtigten Wünschen, deren Erfüllung heute aber nicht unbedingt notwendig ist, nicht nachgegeben wurde.
Natürlich, Herr Kollege Mayer-Vorfelder – dazu komme ich gleich noch –, kann man das ein wenig anders sehen. Aber ich glaube, du hast vorhin rote Ohren bekommen. Denn als du Finanzminister warst, hast du von dieser Seite nie so viel Lob erhalten, sondern immer nur Prügel.