Protocol of the Session on February 4, 2000

(Abg. Stephanie Günther Bündnis 90/Die Grünen: Das ist aber auch eine Folge der Bahnreform, die Sie mit zu verantworten haben! – Weitere Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/Die Grünen)

Ja. – Im Übrigen habe ich Herrn Mehdorn als einen sehr interessanten, innovativen, tatkräftigen und originellen Gesprächspartner und jemanden, von dem wir auch Positives zu erwarten haben, kennen gelernt.

Jetzt komme ich auf einen anderen Aspekt des Schienenverkehrs zu sprechen, nämlich den Personenfernverkehr und unsere Rolle dabei. Das, was Herr Mehdorn mit dem Fernverkehrsring in der Bundesrepublik und den Knoten, die wir dann in bestimmten Zentren haben, vorgeschlagen hat, das ist die bundesweite Begründung für das, was wir im Land Baden-Württemberg mit den beiden Projekten Stuttgart 21 und Neubaustrecke Stuttgart – Ulm schon seit Jahren vertreten. Das ist die bundesweite Begründung für das, was wir im Land als landespolitische Maßnahme seit fünf Jahren für richtig halten.

(Zuruf des Abg. Kretschmann Bündnis 90/Die Grünen)

Insofern haben wir natürlich jetzt einen hervorragenden Rückenwind für diese beiden Projekte, und dies zeigt, dass unser Konzept richtig war. Es wird zwar von Einzelnen in diesem Hause nach wie vor bestritten, aber es wird nicht vom Verkehrsunternehmen DB bestritten. Es wird auch nicht von allen bestritten, und wir waren uns auch stets sicher, dass wir hier richtig liegen.

Aber wir haben mittlerweile eine zusätzliche Begründung, und ich bin übrigens einigermaßen optimistisch, dass es uns gelingen wird, jetzt ganz konkret eine Vereinbarung mit der Deutschen Bahn in Sachen Stuttgart 21 hinzubekommen. Ich kann nur hoffen, dass wir auch eine entspre

(Minister Ulrich Müller)

chende Vereinbarung mit der Bundesregierung zustande bekommen, was die Vorfinanzierung der Neubaustrecke anbelangt.

Jetzt muss ich einfach einmal sagen: Bei diesen beiden für das Land verkehrspolitisch, umweltpolitisch und wirtschaftspolitisch sowie strukturpolitisch wirklich herausragenden Verkehrsprojekten kämpfen wir seit Jahren, aber andere bekämpfen das. Das finde ich einfach nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Glück FDP/DVP – Abg. Dr. Caroli SPD: Wer bekämpft denn da?)

Ich will es auch einmal zuspitzen und hier ganz gezielt etwas zu den Grünen sagen. Die Grünen bekämpfen dieses Projekt, sie sitzen im Aufsichtsrat der DB und verteuern das Projekt zulasten des Landes Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Caroli SPD: Von wem reden Sie denn?)

Denn da werden die Messlatten immer höher gelegt, und wir sollen anschließend alles bezahlen. Überlegen Sie sich einmal, welche landespolitische Verantwortung Sie haben.

(Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen)

Wir kämpfen gegen die Grünen für ein Schienenprojekt! Wo hat es denn so etwas schon gegeben? Und wir kämpfen für die Interessen des Landes.

(Unruhe beim Bündnis 90/Die Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stolz?

Ja, bitte.

Bitte schön, Herr Abg. Stolz.

Herr Verkehrsminister, können Sie das, wenn Sie solch eine Behauptung aufstellen, dass wegen unserer Politik alles teurer werde, an einigen Punkten einmal konkretisieren?

(Lebhafte Unruhe)

Schauen Sie sich einmal die Messlatten an, die von Freunden bzw. Anhängern Ihrer politischen Richtung im Aufsichtsrat der DB uns gegenüber formuliert werden. Das sind anschließend die Hürden, über die wir wieder springen sollen.

(Abg. Dr. Birk CDU: Baukostenrisiko! Ist doch in der Presse zu lesen! – Weitere Zurufe)

Beispielsweise der Albert Schmidt, um es ganz konkret zu sagen. Was ich von Ihnen, die Sie hier im Lande in der Opposition sind und auf Bundesebene in der Regierungsverantwortung stehen, erwarten würde, wäre, dass Sie Ihre

Solidarverantwortung gegenüber diesem Land BadenWürttemberg auch auf Bundesebene wahrnehmen würden

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der CDU: Bra- vo! Sehr gut!)

und zusammen mit uns die landespolitischen Großprojekte durchsetzen würden. Was die SPD anbelangt, würde ich sagen: Die steht im Wesentlichen abseits.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Man hat schon Niveauvol- leres von Ihnen gehört!)

Sie ist nicht dagegen, aber so übermäßig dafür ist sie auch nicht.

Ich mache es Ihnen einmal konkret an einem Beispiel deutlich. Ich will Ihnen gerne bescheinigen, dass sich beispielsweise Herr Mosdorf für die Neubaustrecke, für Stuttgart 21 und die Messe bemüht, ob es erfolgreich ist oder nicht. Es fällt auf, dass sich einmal einer von der SPD bemüht. Wir sind ja dankbar dafür. Es ist die Ausnahme von der Regel, wie wir leider feststellen müssen.

(Abg. Brechtken SPD: Da waren Sie noch am Bo- densee, da haben wir uns schon darum gekümmert, Herr Kollege! Da haben Sie noch gar nicht ge- wusst, was das ist! So ein Quatsch! – Zuruf: Da hat der noch gar nicht gewusst, wo die Messe liegt und der Bahnhof!)

Okay. – Jetzt will ich Ihnen das aber an diesem Beispiel noch in einem Punkt konkreter machen. Herr Mosdorf stellt sich hin und sagt, er habe erreicht, dass das Echterdinger Ei mittlerweile bei den hochprioritären Maßnahmen sei. Es ist leider nicht so. Es wäre schön, er hätte es erreicht. Zu gleicher Zeit stellt sich Ihr Fraktionsvorsitzender Maurer in Heilbronn hin und sagt, weil wir – also die Landesregierung – das Echterdinger Ei in die hochprioritären Maßnahmen gebracht hätten, würde es keinen Ausbau der A 6 geben. Verstehen Sie, das ist die Art von Politik, wo ich das formuliere: „Sie stehen abseits.“ Das war doch noch eine freundliche Formulierung. Man könnte auch sagen: „Sie sagen es da so und dort anders.“

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Caroli SPD: Das Schwarze-Peter-Spiel haben doch Sie angefan- gen!)

Fünfter kleiner Abschnitt: Logischerweise kommen wir jetzt zu dem Thema Verkehrsfinanzierung. Meine Damen und Herren, das Thema Verkehrsfinanzierung hat eine fundamentale Bedeutung, weil wir hier ein Infrastrukturdefizit bekommen, das immer größer wird. Dieses Thema Verkehrsfinanzierung ist in erster Linie ein Bundesthema, weil dort die großen Dinge zu erledigen sind. Man kann all denjenigen, die landauf, landab Verkehrsprojekte haben, die durch den Bundeshaushalt über den Bundesverkehrswegeplan finanziert werden sollen, nur sagen: Wir sollten nicht versuchen, dass es einen Kampf der Projekte in der Warteschlange gibt, sondern dass es einen Kampf aller Projekte gegen die Warteschlange gibt. Deswegen brauchen wir insgesamt mehr Geld.

(Beifall bei der CDU – Zuruf: Da sind wir uns doch einig!)

(Minister Ulrich Müller)

Alles recht und schön. – Jetzt sagen Sie, Sie hätten im Bundesverkehrswegeplan eine Unterfinanzierung vorgefunden. Meine Damen und Herren speziell von der SPD, Sie sagen, Sie hätten „eine Unterfinanzierung vorgefunden“. Das mag ja sein, und das haben wir in der letzten Legislaturperiode genauso beklagt.

(Abg. Brechtken SPD: Das mag ja sein! – Abg. Göschel SPD: Das ist mehr als ein Jahreshaushalt!)

Deswegen haben wir auch Vorschläge gemacht.

(Zuruf von der SPD)

Das räume ich ja ein. – Deswegen haben wir zum Beispiel einen Vignetten-Vorschlag gemacht; genau aus diesem Grund. Aber wenn Sie das schon beklagen, dann dürfen Sie doch nicht selber hergehen und anschließend kürzen. Dann müssten Sie logischerweise erhöhen.

(Beifall bei der CDU)

Aber bei der Bundesverkehrspolitik können wir ein merkwürdiges Spiel auf unterschiedlichen Ebenen feststellen. Berlin schreibt uns vor, was wir zu tun haben, und streicht uns gnadenlos die Mittel zusammen. Auf Landesebene wird uns vorgehalten, wir hätten zu viele Wünsche, wir hätten zu viele Pläne, wir hätten zu viele Projekte, wir würden eine Spatenstichpolitik machen. Vor Ort heißt es dann – auch aus dem Munde von SPD-Abgeordneten –, dass natürlich die Projekte X und Y längst gemacht werden müssten, aber die Landesregierung die falschen Prioritäten gesetzt habe.

(Zuruf von der CDU: Genau so ist es!)

Jetzt sage ich Ihnen: Jeder der Punkte ist falsch, aber die Kombination dieser Punkte zusammengenommen ist unehrlich.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Glauben Sie bloß nicht, dass Ihnen die Bürger so einfach auf den Leim gehen.

Ich will Ihnen einmal schildern, was meine Vorstellung von einer Verkehrsfinanzierung wäre. Da braucht man bloß auf das Nachbarland Schweiz zu schauen. Wissen Sie, was die Schweiz gemacht hat? Sie hat einen ganz einfachen Weg beschritten. Sie hat erst einmal Projekte formuliert und gesagt: Liebe Bevölkerung – da kommt noch die direkte Demokratie dazu; das ist eine Besonderheit – –

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Die wollen Sie doch gar nicht! – Abg. Kretschmann Bünd- nis 90/Die Grünen: Die verhindert ihr doch!)

Ganz ruhig, Herr Kretschmann, es ist alles okay. – Ich schildere nur eine bestimmte Reihenfolge, nämlich dass man in der Schweiz von den Projekten kommt und anschließend das Geld dafür sucht. Hier findet etwas anderes statt: Erst streicht man das Geld und anschließend die Projekte.

(Abg. Brinkmann SPD: Sie machen den ersten Spatenstich und suchen dann das Geld! – Abg. Drexler SPD: Sie machen den ersten Spatenstich und haben kein Geld!)