Protocol of the Session on February 2, 2000

Noch nie habe ich nachträglich Spenden oder Belohnungen entgegengenommen. Anerkennungen oder Gesten der Dankbarkeit habe ich vielfältig gefunden, aber keine Gegenleistungen für Leistungen.

Ich bin ein Mensch, der sich um Recht und Gerechtigkeit gegenüber jedermann bemüht – bei allen menschlichen Unzulänglichkeiten. Ich bin ein Mensch, der weiß, dass politische Macht und Entscheidungsbefugnis nur auf Zeit gegeben sind, dass sie an das Recht gebunden sind, dass sie geliehen sind, dass sie Verantwortung bedeuten und dass sie Rechenschaft vor dem eigenen Gewissen, vor dem Parlament und vor den Bürgern erfordern.

Mit 16 Jahren habe ich als Beamtenanwärter den ersten Amtseid geleistet und ihn später mehrfach wiederholt. Ihn einzuhalten fiel mir deshalb nicht schwer, weil in 16 Jahren meiner Arbeit in Rathäusern und Landratsämtern, weil in 28 Jahren als Abgeordneter und in 9 Jahren als Ministerpräsident noch nie ein Bürger auf mich zukam, der mir irgendetwas geboten hätte, damit ich ihm willfährig sei. Er wäre übrigens schneller wieder aus dem Zimmer draußen gewesen, als er hereingekommen ist.

Aber Sie, Herr Maurer, dürfen mir dies ungestraft unterstellen, indem Sie Verwaltungshandeln von mir in den Zusammenhang mit Spenden von Betroffenen bringen.

(Abg. Haas CDU: Ungestraft!)

Zwei Beispiele haben Sie auch vorhin mit Namen genannt, ohne dass Sie irgendeinen Beleg gebracht hätten. Da wird einfach ein Name angeführt,

(Zurufe von der CDU: So ist es! Unverschämt- heit!)

der der Firma Schwenk-Zement. Dazu will ich Ihnen sagen: Als ich hier im Plenarsaal bei einer Finanzausschusssitzung Rede und Antwort gestanden habe, als es vor zwei Jahren um die Unterstellungen zu Honoraren ging, war noch nie eine einzige Mark an Honorar auf meinem Konto oder auf dem Konto der CDU gelandet. Sie haben nichts Gegenteiliges beweisen können. Da ist dann am Rande dieses Beispiel Schwenk-Zement gekommen. Ich habe spontan dazu Stellung nehmen können. Ich habe jedem Akteneinsicht angeboten.

(Ministerpräsident Teufel)

Ich gewähre jedem, jedem Oppositionsabgeordneten, jedem Journalisten und jedem, der es will, im Staatsministerium volle Akteneinsicht in den Gesamtvorgang. Dann werden Sie erstens sehen, dass der Unternehmer Dr. Schleicher ein Ehrenmann ist, und zweitens, dass ich in gar keiner Weise unzulässig in dieses Verfahren eingegriffen habe, sondern lediglich darum gebeten habe, das Vorbringen des Unternehmers zu prüfen.

Gestern ist das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen den Regierungspräsidenten von Tübingen in dieser Sache eingestellt worden. Aber heute nennen Sie im Landtag von Baden-Württemberg erneut diesen Fall und diesen Namen.

(Pfui-Rufe von der CDU – Kopfschütteln und La- chen bei der SPD und Abgeordneten des Bündnis- ses 90/Die Grünen)

Ich möchte Ihnen nur sagen: Herr Maurer, bitte, machen Sie doch Gebrauch – ich habe es dem Finanzausschuss vor zwei Jahren angeboten; ich biete es Ihnen heute wieder an – von der Möglichkeit zur Akteneinsicht.

(Abg. Herrmann CDU: Das interessiert die doch gar nicht!)

Das zweite Beispiel ist Herr Aurenz. Meine Damen und Herren, da will dieser Mann ein Gespräch mit mir. Das Gespräch im Staatsministerium ist so konspirativ angelegt gewesen, dass ich zwei Mitarbeiter gebeten habe, an dem Gespräch teilzunehmen. Die können Sie also gegebenenfalls auch fragen, wie das Gespräch abgelaufen ist. Auch zu diesem Punkt habe ich sofort, als die erste Frage kam, den anfragenden Journalisten den Originalbrief zur Verfügung gestellt. Auch zu diesem Punkt biete ich volle Akteneinsicht an. Sie können, solange Sie wollen, die Akten im Staatsministerium einsehen.

Meine Damen und Herren, was habe ich als Ergebnis dieses Gesprächs geschrieben? Ich habe dem Regierungspräsidenten von Tübingen geschrieben, dass Herr Aurenz wegen einer Betriebserweiterung des Erdenwerks in Argenbühl-Eisenharz zu mir kam. Ich schrieb weiter:

Ich halte es aber für wichtig, dass baden-württembergische Firmen in unserem Land eine Perspektive finden. Mir ist an einer Lösung in Eisenharz gelegen, die sowohl den Interessen des Naturschutzes als auch den berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Firma Aurenz gerecht wird. Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie sich um den Fortgang der Angelegenheit kümmern. So, denke ich, könnten sich Vertreter des Regierungspräsidiums Tübingen, des Landratsamts Ravensburg und der Firma Aurenz bei einer Besprechung im Regierungspräsidium oder im Landratsamt über das weitere Vorgehen verständigen.

Herr Landrat Blaser erhält eine Kopie dieses Schreibens.

Mit freundlichen Grüßen

Das ist meine Intervention. Nichts ist dem gefolgt. Nichts! Meine Damen und Herren, ich komme gleich noch darauf zurück, dass das im Rahmen des normalen Verwaltungshandelns liegt.

Damit Sie nicht einen neuen Fall ausgraben, der auch schon in einer Zeitung stand: Im gleichen Gespräch hat mir Herr Aurenz gesagt, er habe ein Wildgehege bei seinem Anwesen dort. In diesem Wildgehege habe er zusammen Rotwild und Damwild. Man untersage ihm das gemeinsame Halten von Rotwild und von Damwild.

(Zuruf des Abg. Wieser CDU)

Da ich mich auf diesem Gebiet – vielleicht im Unterschied zu Herrn Maurer, der sich im Bereich Rotwild etwas besser auskennt als ich –

(Abg. Wieser CDU: Vielleicht! Vielleicht!)

überhaupt nicht auskenne, habe ich Herrn Aurenz vorgeschlagen, ob man nicht dadurch zu einer Befriedung kommen könne, dass man die renommierte Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg um ein Gutachten bittet, an das sich dann vielleicht beide halten können.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie war dieses Gutachten?)

Unser Haus – nicht ich selber – hat dann diese forstwissenschaftliche Versuchsanstalt gebeten, sich dazu gutachtlich zu äußern. Das ist geschehen, und diese Äußerung hat dann unser Haus ohne mein Zutun den Beteiligten zugestellt.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

So sehr habe ich mich in diese Sache eingemischt.

Jetzt will ich dazu ein paar Bemerkungen machen, meine Damen und Herren.

Wöchentlich bekomme ich – ohne Übertreibung – 50 Briefe, in denen Bürger aus dem ganzen Land, auch Unternehmer, sich über irgendein Verwaltungshandeln beklagen und um meine Hilfe bitten. Übrigens: Jede Woche – und das halte ich für völlig in Ordnung – sind zwei Briefe von SPD-Abgeordneten dabei – jede Woche –, die mich auch um Hilfe bitten.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Mit Bitte um Gut- achten? – Zuruf des Abg. Brinkmann SPD)

Bei jedem Brief mache ich mir nicht das Anliegen zu Eigen, denn ich habe ja noch nicht die zweite Seite gehört – audiatur et altera pars –, sondern ich referiere das Anliegen.

(Oh-Rufe von der SPD – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da kann man noch etwas dazulernen. Das ist vielleicht denkbar.

(Beifall bei der CDU)

Ich referiere das Anliegen, indem ich entweder den Brief direkt zuschicke – in aller Regel –, oder ich referiere es und schließe den Brief jeweils – wirklich seit 28 Abgeordnetenjahren, darunter auch Jahre als Fraktionsvorsitzender und als Ministerpräsident – mit der Bitte um wohlwollende Prüfung des Anliegens des Bürgers. Wäre es denn in Ihrem

(Ministerpräsident Teufel)

Sinne, dass ich die Behörden bitte, auf Ablehnung hin zu prüfen, oder ist es etwa nicht sinnvoll, wenigstens um eine wohlwollende Prüfung des Anliegens des Bürgers zu bitten?

Meine Damen und Herren, ich habe vor zwei Jahren auf dem Killesberg eine Dienstbesprechung aller Amtsleiter gemacht und habe allen Amtsleitern in Baden-Württemberg gesagt: Wenn Arbeitsplatzsicherung das wichtigste Anliegen der Politik in Baden-Württemberg ist, dann darf man dies nicht nur dem Wirtschaftsminister und dem Ministerpräsidenten überlassen, sondern dann muss das ein Anliegen jeder Behörde und Dienststelle im Land BadenWürttemberg sein.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP/DVP)

Deswegen bin ich ausgesprochen daran interessiert, wenn es irgendwo Probleme gibt, davon zu erfahren. Ich meine damit nicht, dass man sofort dem Petenten Recht geben sollte, im Gegenteil; aber ich muss dem Anliegen doch nachgehen. Dies tue ich jedoch nicht einseitig, ohne dass die zuständige Behörde ihre Auffassung über den Sachverhalt, über die rechtliche Situation, über ihre Lösungsansätze sagen kann.

Nicht immer kann man helfen, weil das Gesetz oder klare Rechte Dritter dagegen stehen. Auch dann ist in der Regel das Vorgehen nicht nutzlos, weil man vielleicht in einem Brief an den betroffenen Bürger ein bisschen mehr Verständnis für die rechtliche Situation und das Handeln der Verwaltungsbehörde wecken kann. Damit bleiben auch Rechtstreue und Treue zu diesem Staat erhalten.

Meine Damen und Herren, so weit zu diesen Vorgängen mit dem Hinweis darauf, dass es vergleichbare Vorgänge nicht dutzendweise, sondern hundertfältig gibt, dass ich aber bereit bin, in jedem Einzelfall, den Sie an mich herantragen, die Originalakten des Staatsministeriums zur Verfügung zu stellen. Dann bitte ich aber darum, mir künftig nichts zu unterstellen, bevor irgendetwas nachgewiesen ist. Ich glaube, darauf habe ich einen Anspruch.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Sehr gut!)

Nun noch eine Bemerkung zu Spenden landesbeteiligter Unternehmen. Meine Damen und Herren, wir sprechen bei landesbeteiligten Unternehmen nicht über Nordrhein-Westfalen, sondern über Baden-Württemberg. Da stellt sich in diesen Tagen heraus, dass die WestLB eine Filiale der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ist

(Abg. Hauk CDU: Oder umgekehrt! – Abg. Oettin- ger CDU: Umgekehrt!)

und in manchen Fällen es vielleicht sogar umgekehrt ist, dass die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eine Filiale der WestLB ist. Aber es geht nicht um das Thema Nordrhein-Westfalen, sondern in Baden-Württemberg

(Abg. Capezzuto SPD: So ist es! Genau!)

greift die gleiche Partei dieses Thema auf.

Ich möchte zunächst einmal sagen: Parteispenden landesbeteiligter Unternehmen sind kein Problem Baden-Württembergs. Im Gegenteil: Baden-Württemberg ist das erste und bislang das einzige Land, das seitens der Landesregierung klare Regelungen getroffen hat, und dies vor zwei Jahren. Im Augenblick gibt es Überlegungen in NordrheinWestfalen, in Bayern, in anderen Ländern, einen ähnlichen Beschluss zu fassen, wie ihn die Landesregierung von Baden-Württemberg vor zwei Jahren gefasst hat.