Protocol of the Session on February 2, 2000

Herr Maurer, die einzige Partei in Baden-Württemberg – Sie können es überprüfen –, die im Ländervergleich unter ihren Möglichkeiten liegt, ist die SPD Baden-Württemberg.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wieser CDU: Und das seit Jahren! – Weitere Zurufe von der CDU, u. a.: Woran liegt das?)

Unter Ihrer Führung, Herr Kollege Maurer, ist die SPD bei der Landtagswahl auf einen Stimmenanteil von 25 % abgesackt. Unter Ihrer Führung ist die SPD Baden-Württemberg bei den Kommunalwahlen – auch bei der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart – unter einen Stimmenanteil von 20 % abgesackt. Ich denke: Im Ländervergleich ist die SPD Baden-Württemberg wirklich unter den Möglichkeiten der SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Herrmann: Weiter so!)

Übrigens: Auch in den mit Ihrer Zustimmung geschaffenen neuen Gremien wie dem Regionalparlament Stuttgart hat die CDU eine klare Mehrheit durch das Vertrauen der Bürger in der Region Stuttgart.

Dann haben Sie gesagt – diese Behauptung wird nicht dadurch wahrer, dass sie nicht nur der Europaabgeordnete Linkohr in Friedrichshafen, sondern auch der Oppositionsführer hier im Landtag von Baden-Württemberg aufstellt –, die Mittel des Sozialfonds der Europäischen Union seien durch diese Landesregierung nicht ausgeschöpft. Das Gegenteil ist richtig. Die Mittel des Europäischen Sozialfonds betrugen für Baden-Württemberg in der letzten Förderperiode 1994 bis 1999 zwischen 26 Millionen und 28 Millionen DM jährlich. Von diesen Mitteln ist keine Mark verfallen. Sie wurden national kofinanziert, überwiegend mit Bundesmitteln, mit kommunalen Mitteln und Landesmitteln. Nun wird sich die Fördermöglichkeit für die neue Förderperiode, die erst am 1. Januar 2000 angelaufen ist, mehr als verdoppeln, nämlich auf ca. 64 Millionen DM. Ich erkläre für die Landesregierung, dass wir – und zwar die gleichen Träger wie bisher zusammen – auch die Kofinanzierung für diese Verdoppelung der Mittel bereitstellen, sodass von Baden-Württemberg jede Mark in Brüssel abgeholt werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Ich stelle fest: Bisher ist nichts verfallen, und künftig wird nichts verfallen.

(Ministerpräsident Teufel)

Dann sagte Kollege Maurer, wir würden unbeirrt an der Kernenergie festhalten. Herr Kollege Maurer, ist Ihnen denn nicht geläufig, dass 60 % des Stroms in Baden-Württemberg aus Kernenergie kommen? Sollten Sie dann nicht hier einmal sagen, wie Sie denn diese 60 % Kernenergie kurzfristig und mittelfristig ersetzen wollen? Sollten Sie das nicht einmal sagen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Sollten Sie nicht vielleicht einmal ein Wort zu den Betriebsräten der Unternehmensstandorte sagen, die sich regelmäßig treffen und die Ihnen und mir regelmäßig schreiben und daran interessiert sind, dass die Kernkraftwerksstandorte in Baden-Württemberg erhalten werden? Wo nehmen Sie denn hier die Rechte der Arbeitnehmer in unserem Land wahr? Auch das überlassen Sie uns!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Eines finde ich ganz besonders bemerkenswert: Heute sagte Herr Maurer – und übrigens auch Herr Kuhn –, es sei doch unerhört, dass die Landesregierung noch schnell vor Jahresschluss die Stiftung gegründet und im Januar den Vertrag mit der EdF abgeschlossen habe. Als ich vor drei Monaten eine Regierungserklärung zum Thema Verkauf dieses 25-%-Anteils abgegeben habe, war es in der anschließenden Debatte der gleiche Herr Maurer, der an diesem Pult gesagt hat, wir hätten das ganze Jahr hindurch gewartet, bis nur noch ein Bieter übrig geblieben sei; wir hätten sehr viel früher verkaufen müssen. Wie macht man es Ihnen denn eigentlich recht, Herr Maurer? Wie macht man es Ihnen denn eigentlich recht?

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Im Oktober oder November wird gesagt, wir hätten schon im Juli oder März verkaufen müssen, und jetzt ist es im Januar noch zu früh. Sie wissen ganz genau: Was von der Bundesregierung vorgelegt wird, ist noch lange nicht Gesetz, und das, was Sie hier erwähnt haben, ist noch nicht einmal von der Bundesregierung vorgelegt. Es gibt noch nicht einmal einen Referentenentwurf, geschweige denn einen Regierungsentwurf, und es wird noch lange dauern, bis der durch beide Kammern – den Bundestag und den Bundesrat – gegangen ist. Und selbst dann müssten wir noch mindestens 400 Millionen DM Steuern zahlen, nicht eingerechnet die Leistungen im Länderfinanzausgleich. Es bleibt vernünftig, was wir getan haben. Es bleibt vor allem unter energiepolitischen Gründen vernünftig, was wir getan haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Denn wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit unseres einheimischen Unternehmens jetzt sichern und nicht dann, wenn der Markt verteilt ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Wo ist jetzt der strategische Mehrwert?)

Meine Damen und Herren, jetzt haben Sie breit die Vorgänge des Parteispendenskandals der CDU auf Bundesebe

ne angesprochen, und ich möchte diesem für uns außerordentlich schwierigen Thema nicht ausweichen.

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Ich bin von den Vorkommnissen in der CDU auf Bundesebene und in Hessen wie alle Bürger in Deutschland tief betroffen. Ich bedaure sie sehr. Für einzelne Vorgänge schäme ich mich. Von Schwarzgeld- oder Anderkonten – diesen Begriff habe ich nicht einmal dem Namen nach gekannt –, die in den letzten zwei Monaten bekannt wurden, habe ich vorher nie etwas erfahren. Obwohl es Schuld nur als persönliche Schuld gibt, bekenne ich mich zur gemeinsamen Verantwortung, zur wahrheitsgemäßen Aufklärung aller Fakten und zu einem Neuanfang, der notwendig ist. Bei alldem helfe ich mit, und bei alldem hilft die CDU Baden-Württemberg mit.

Die CDU hat nicht nur eine reiche Geschichte im Nachkriegsdeutschland und große Verdienste um den Aufbau und die soziale Marktwirtschaft, um die europäische Einigung und die Einheit Deutschlands; sie besteht aus vielen, vielen Mitgliedern und Mandatsträgern, die auch weiterhin uneingeschränkt das Vertrauen der Bürger verdienen. Sie wird als große Volkspartei der Mitte in der deutschen Politik auch weiter gebraucht. Sie wird in dieser Legislaturperiode als große Oppositionspartei im Bund gebraucht, denn die derzeitige Bundesregierung ist durch die Krise der CDU in ihrer Politik ja um keinen Deut besser geworden.

Wie man als Oppositionspolitiker in Baden-Württemberg, im Unterschied zu Herrn Maurer und Herrn Kuhn, auch verantwortlich mit dem Problem des politischen Gegners umgehen kann, zeigte der Kollege Kretschmann in einem Namensartikel der „Welt“ vor einigen Tagen. Er ist lesenswert und bedenkenswert für jeden in der CDU und für jeden Demokraten in allen Parteien.

Meine Damen und Herren, Spenden für politische Parteien sind notwendig. Legitime Spenden dürfen deshalb auch nicht diskriminiert werden. Die Finanzierung der Parteien allein über Mitgliedsbeiträge ist unrealistisch. Die alleinige Staatsfinanzierung der Parteien halte ich für unerwünscht. Für Spenden, die das Parteiengesetz ermöglicht, ja, die es sogar belohnt, gibt es klare Regelungen im Parteiengesetz. Sie müssen in den Rechenschaftsbericht eingehen. Soweit 20 000 DM überschritten sind, müssen sie offen gelegt und im „Bundesanzeiger“ veröffentlicht werden. Im Umkehrschluss gilt, dass bei Spenden unter 20 000 DM der Spender einen Schutz vor Offenlegung hat.

Ich erkläre hier für den Landesverband der CDU BadenWürttemberg, den ich seit acht Jahren führe, nach bestem Wissen und Gewissen und gestützt auf Aussagen der zuständigen Funktionsträger:

Erstens: Ich habe nie eine Spende angenommen, die nicht unmittelbar danach von mir an den Landesverband weitergegeben und dort ordnungsgemäß verbucht wurde.

Zweitens: Alle beim Landesverband Baden-Württemberg eingegangenen Spenden wurden entsprechend den Vorschriften des Parteiengesetzes behandelt.

Drittens: Die CDU Baden-Württemberg hat vier Bezirksverbände, 41 Kreisverbände und 1 561 Ortsverbände und

(Ministerpräsident Teufel)

also eine entsprechende Zahl von Vorsitzenden und Schatzmeistern. Es ist ausgeschlossen, dass ich in jeden dieser Verbände Einblick habe; aber ich habe Vertrauen zu diesen Vorsitzenden und Schatzmeistern und zu ihrer Rechtstreue.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: Zu Herrn Schaufler zum Beispiel!)

Was Sie zu Herrn Schaufler gesagt haben, finde ich deshalb ungehörig, weil ein Abgeordneter, meine ich, nicht mehr Rechte haben soll als ein anderer Bürger, aber bitte auch nicht weniger Rechte als ein anderer Bürger

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

und deshalb die Unschuldsvermutung für jeden Abgeordneten wie für jeden Bürger bis zum Zeitpunkt einer rechtskräftigen Verurteilung gilt. Darum möchte ich bitten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, entsprechend dieser Aussage bitte ich darum, uns gegebenenfalls mit Fakten zu konfrontieren, wenn Sie meiner Aussage widersprechen sollten. Aber ich bitte genauso darum, den Landesverband der CDU Baden-Württemberg und mich nicht grundlos zu verdächtigen und zu verunglimpfen, wie das Tag für Tag geschieht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Wir haben uns an Recht und Gesetz gehalten und deshalb das Vertrauen der Bürger bisher nicht enttäuscht. Ich habe den Landesverband Baden-Württemberg als Landesvorsitzender nicht durch unzulässige Einnahmen oder durch unzulässige Spenden saniert, sondern durch harte Sparmaßnahmen, durch sparsame Wahlkämpfe,

(Lachen bei der SPD)

durch die Reduzierung der Zahl der Mitarbeiter in der Landesgeschäftsstelle während meiner Amtszeit von 22 auf 11 – von der Landesgeschäftsführerin über den Drucker bis zur Buchhalterin 11 Mitarbeiter – und durch den Verkauf des Gebäudes der Landesgeschäftsstelle, das uns gehört hat. Seitdem sind wir in einem anderen Gebäude, das wir angemietet haben. Ich will dafür keine Anerkennung. Aber ich will bei diesem Sachverhalt auch keine unzulässigen Vorwürfe auf der Grundlage von Unterstellungen, von reinen Unterstellungen.

(Beifall bei der CDU)

Nachdem die SPD und auch die Grünen, meine Damen und Herren, nichts gegen uns in der Hand haben, was auf eine Verletzung des Parteiengesetzes hindeutet,

(Zuruf von den Republikanern: Seien Sie da nicht so sicher!)

verlegen sich Teile der SPD – teilweise auch die Grünen – jetzt auf eine besonders perfide Art der Verleumdung. Sie unterstellen, dass Spenden an die CDU im Zusammenhang mit willfährigem Verwaltungshandeln oder Regierungshandeln gegenüber Spendern stehen könnten.

Vor zwei Jahren betrieben Sie das gleiche Spiel und unterstellten vermutete Vortragshonorare als getarnte Spenden für die CDU. Keinen einzigen Fall konnten Sie mir damals nachweisen, weil ich überhaupt noch nie Honorare für die CDU angenommen habe.

(Zuruf des Abg. Rapp REP)

Ich sage Ihnen heute, dass ich noch nie in meinem Berufsleben oder in meiner politischen Arbeit einen Einsatz, einen Rat, eine Hilfe oder ein Handeln von der Gewährung einer Spende oder einer anderen Leistung abhängig gemacht habe. Nie habe ich einen Bürger nach seiner politischen Überzeugung gefragt, bevor ich ihm geholfen habe.

(Zuruf des Abg. Weimer SPD)

Noch nie habe ich nachträglich Spenden oder Belohnungen entgegengenommen. Anerkennungen oder Gesten der Dankbarkeit habe ich vielfältig gefunden, aber keine Gegenleistungen für Leistungen.