Als Sie vor etwa fünf Jahren die neue Landwirtschaftsministerin ernannten, habe ich gedacht, es käme ein neuer, frischer Wind in die Landwirtschaftspolitik von BadenWürttemberg. Ich habe gedacht, das Höfesterben werde allmählich zu Ende gehen, es tue sich etwas. Aber nichts ist in der Zwischenzeit geschehen. Wir haben weiterhin steigende Sozialabgaben – das habe ich gestern auch schon gesagt –, und wir hatten sogar den Skandal bei der ländlichen Sozialversicherung, weil Sie die Bauernverbände als Transmissionsriemen missbraucht haben. Das sind doch die Fakten.
Wir haben in den letzten fünf Jahren nach wie vor eine mangelhafte Lebensmittelkontrolle erleben müssen. Jetzt melden sich die Sprecher der Tierärzte zu Wort wie Thomas Steidle, der auf Missstände hinweist. Mir liegt ein Schreiben vor, das belegt, dass bereits im Jahr 1982 Tierärzte mundtot gemacht wurden, weil sie bestimmte Probleme lösen wollten, weil sie sich an die EU-Vorschriften halten wollten und weil man das nicht zulassen wollte. Da gibt es einen Schriftwechsel mit Ihnen, und Sie rehabilitieren diesen Mann immer noch nicht.
Inzwischen gibt es Probleme mit dem Honig, es gibt ein Streptomyzinproblem. Bereits 1996 – Frau Ministerin Staiblin, Sie wissen das – haben wir darauf hingewiesen und nachgefragt, wie es mit Antibiotikaresistenzen aussieht, ob das auf den Menschen übertragbar ist, ob es da Probleme geben kann. Sie haben alles so dargestellt: „Kein Problem, im Land ist alles in Ordnung.“ Wenn die Entwicklung von Alternativmitteln gefordert wurde, haben Sie gesagt: „Das ist nicht unsere Sache, das ist die Sache des Bundes.“ Sie haben immer abgewiegelt, obwohl damals Ihre Partei auch in der Bundesregierung war.
Wir haben jetzt in Sachen BSE ein völliges Versagen feststellen müssen. Das sind einfach die Fakten. Sie haben das Problem heruntergespielt.
Sie haben auf die Anfragen, die wir eingebracht haben, immer geantwortet: „Es ist alles in Ordnung, Deutschland ist BSE-frei, und Baden-Württemberg ist es ohnehin. Bei uns
gibt es die beste Landwirtschaft, bei uns ist alles ein blühender Garten, und da gibt es das Problem gar nicht.“
Wir haben bereits 1996, als in England die Diskussion über die artgerechte Haltung, weg von der Anbindehaltung, aufgekommen ist – eine Diskussion, die man auch bei uns fortgesetzt hat –, feststellen müssen, dass es ungeklärte Übertragungswege gibt. Ausgerechnet in England, wo es praktisch keine Anbindehaltung gibt, wo die Rinder praktisch das ganze Jahr im Freien auf der Weide stehen, waren die meisten BSE-Fälle zu verzeichnen.
Von daher muss man doch darüber nachdenken, worin die wirkliche Ursache für BSE liegt. Geht sie nur auf das Tiermehl per se zurück, oder gibt es vielleicht andere Gründe, dass im Tiermehl Stoffe vorhanden sind, die BSE auslösen? So wird es wohl auch sein.
Ich habe Sie, Frau Ministerin, frühzeitig gefragt. Am 12. Juni 1996 habe ich eine Anfrage zur BSE-Übertragung durch Düngemittel eingebracht.
Am 12. Februar 1997 hatte ich mit Ihnen eine Korrespondenz wegen einer Tötungsaktion. Diese Aktion war auch ein blinder Aktionismus. Dabei wurden einfach alle Schweizer Rinder getötet – ohne jeglichen Grund, ohne nachzuforschen, ob sie wirklich eine Erkrankung gehabt haben. Sie haben alle offensichtlich nichts gehabt,
Das war bereits vor vier Jahren. Bereits vor vier Jahren ist aufgefallen, dass es beispielsweise in Indien nicht weniger Creutzfeldt-Jakob-Fälle gibt als in europäischen Ländern, obwohl in Indien keine Rinder verzehrt werden. Da muss man sich doch einmal fragen: Worin liegen die Ursachen? Liegen sie tatsächlich beim Tiermehl, oder sind sie woanders zu suchen? Hängt es mit den Rindern an sich zusammen?
Bodybuilder spritzen sich Somatotropin als Muskelaufbaupräparat, um das Muskelwachstum zu fördern. Ich habe deshalb nachgefragt. Sie haben sogar geantwortet, dass die Ursache Rindersomatotropin aus Ostblockländern sei.
Wir haben jahrelang und immer wieder gefordert, Forschung zu betreiben. Sie haben das abgelehnt. Sie haben
Jetzt sagen Sie selbst, die Forschung müsse beschleunigt werden. Das gipfelt darin, dass Sie heute Herrn Professor Beyreuther zum Staatsrat für Lebens- und Gesundheitsschutz haben ernennen lassen.
Ich muss wirklich sagen: Ihre Landwirtschaftspolitik hat völlig versagt. Das zeigt sich jetzt. Sie haben auch das HQZ ständig so dargestellt, als handle es sich dabei um d a s Qualitätssiegel im Land. Tatsächlich hat es nur dazu geführt, dass alles vertuscht wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Reddemann hat hier wieder ein Fass aufgemacht. Herr Reddemann, es wundert mich, dass Sie dieses Fass aufmachen: „Oberste Priorität hat der Verbraucherschutz.“ So etwas Ähnliches haben wir schon einmal in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten gehört.
„Oberste Priorität hat der Verbraucherschutz.“ Warum sitzt dann die Landwirtschaftsministerin hier auf diesem Stuhl, wenn das tatsächlich wahr ist? Das können Sie doch keinem Menschen erklären.
„Oberste Priorität hat der Verbraucherschutz“, und da sitzt eine Ministerin, die vertuscht, was Sache ist.
Sie weiß seit ihrem Amtsantritt als Ministerin, dass Tiermehl im Kraftfutter enthalten ist, dass es in Baden-Württemberg verfüttert wird, obwohl das EU-weit schon nicht mehr zulässig ist. Sie akzeptiert Toleranzen und macht Plakate, inseriert in Zeitungen: „HQZ – kein Tiermehl“.