Wenn Sie Ihren Vergleich Honecker/Teufel in ein Plakat umgesetzt hätten, dann hätte ich Sie aufgefordert, dieses Plakat so schnell wie möglich zurückzuziehen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Wacker CDU: Und sich dafür zu ent- schuldigen! – Abg. Haas CDU: Sie sollten einmal nachlesen, was Sie gesagt haben, Herr Salomon!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will vorausschicken, dass natürlich niemand die Landesregierung oder das Landwirtschaftsministerium für BSE verantwortlich machen kann. Aber die Frage ist erlaubt und auch angezeigt, ob in der Vergangenheit der Umgang mit diesem Themenkomplex richtig war oder nicht. Der Einwand, man tappe bei BSE ja noch im Dunkeln und habe nie etwas Richtiges gewusst, zieht natürlich nicht, denn es hat in den letzten Jahren sehr wohl Erkenntnisse gegeben und auch eine Entwicklung, die man nachvollziehen konnte. Bei Rindern hat es schon immer Einzelfälle von BSE gegeben, und das Ansteigen der Fälle in Großbritannien ist seit Mitte der Achtzigerjahre bekannt.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich kurz etwas einflechten. Weil es auch in Zukunft immer Einzelfälle geben wird, ist die ganze Biohysterie und Bioeuphorie, die wir jetzt erleben, völlig falsch.
Ich kann nur eines sagen: Wir werden auch auf Biohöfen BSE-Fälle haben, und dann stellt sich die Frage, ob die von den Grünen betriebene Verbraucherschutz- oder, sagen wir einmal, Vertrauensgewinnungspolitik mit dieser Bioeuphorie nicht ins Gegenteil umschlagen wird. Was ist denn, wenn die Verbraucher dann auch noch hier verunsichert werden? Wir haben schon den ersten Fall auf einem Biohof in Deutschland, und damit ist diese Illusion geplatzt.
Im Rückblick lässt sich festhalten: Seit Mitte der Achtzigerjahre gab es einen rapiden Anstieg von BSE-Fällen in Großbritannien. Es gab eine Änderung des Verfahrens der Tiermehlherstellung in Großbritannien – und das wusste man. Dazu kam der immer weiter intensivierte Binnenmarkt in der EU. Es war eine Illusion zu glauben, dass der Kontinent von BSE frei bleiben würde, wie man dann auch in Frankreich und in der Schweiz feststellen musste.
Spätestens zu Beginn der Neunzigerjahre waren die Landwirtschaftsminister im Bund und in den Ländern gefordert, dieser Bedrohung entgegenzutreten: mit einer intensivierten Forschung und vor allen Dingen mit sehr viel intensiveren Futtermittelkontrollen.
In diesem Zusammenhang will ich auf einen Vorgang eingehen, der uns auch hier im Land interessieren muss. Ist bei den Kontrollen wirklich genug getan worden? Sie, Frau Ministerin, wissen seit vier Jahren, dass in der Vergangenheit stark tiermehlhaltiges Kraftfutter für Rinder aus Italien nach Baden-Württemberg importiert und zu Dumpingpreisen angeboten wurde.
Das Interessante ist, dass hier nicht etwa von staatlicher Seite her kontrolliert wurde. Vielmehr war es eine Privatinitiative, die damals dafür gesorgt hat, dass die entsprechenden Kontrollbefunde erhoben wurden.
In Kenntnis allein dieses Vorgangs hätten wir erwarten dürfen, dass Sie, alarmiert durch diesen Vorgang, zur Abwehr der BSE-Einschleppung über Futtermittel sehr viel intensivere Kontrollen hätten veranlassen müssen. Diesen Vorwurf machen wir Ihnen.
Ich hätte auch erwartet, dass Sie in Kenntnis dieser Vorgänge die Bundesregierung dazu hätten auffordern müssen, zu veranlassen, dass auf EU-Ebene gegen diese Tiermehlmafia vorgegangen wird. Nichts ist erfolgt. Ich habe manchmal den Eindruck, als ob der Birkel-Komplex zu einer Art Schreckstarre geführt hätte. Das ist ein klassisches Versagen.
Ich will auf die Bagatellisierungen, die es in der Vergangenheit gegeben hat, nicht eingehen. Aber erlauben Sie mir noch ein Wort zur Diskussion über den Schweinemastskandal.
Ich weiß nicht, weil ich selbst nicht dabei war, in welcher konkreten Form der Bundesverband der praktischen Tierärzte Informationen weitergegeben hat. Aber immerhin wird von diesen Tierärzten nach wie vor die Mitteilung aufrechterhalten, dass man sehr wohl konkrete Fakten an das Ministerium geliefert habe und dass daraufhin nichts geschehen sei. Auch das ist ein Versagen.
Diese Fakten, Herr Weiser, stehen hier im Raum. Selbst wenn man nicht alles bis ins Detail weiß, so ist man doch verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Fälle im Interesse der Bauern aufgeklärt werden.
Meine Damen und Herren, Verbraucherschutz wird jetzt sehr groß geschrieben. Die Landesregierung rühmt sich, die Zuständigkeiten vorbildlich gebündelt zu haben. Ich will Sie nur auf eines hinweisen: Nach wie vor werden in diesem Bereich Vorschriften aus sechs verschiedenen Ministerien umgesetzt.
Auch das zeigt, dass weiterhin eine Zersplitterung von Zuständigkeiten vorhanden ist, wenn es darum geht, für diese Tätigkeiten und Vorgänge die entsprechenden Vorschriften zu erstellen. Auch das reicht nicht aus.
Ich will an dieser Stelle festhalten, dass das Verhalten der Ministerin, aber auch des Ministerpräsidenten nicht geeignet ist, das Vertrauen in die gegenwärtige Besetzung der Landwirtschaftspolitik in Baden-Württemberg wieder herzustellen. Ich stelle mit Interesse fest, dass Sie, Herr Ministerpräsident, sich inzwischen langsam, aber sicher und sehr deutlich von Ihrer Ministerin absetzen, ostentativ keine gemeinsamen öffentlichen Auftritte mit ihr mehr durchführen.
Bei der Pressekonferenz, in der die Bestellung von Herrn Staatsrat Beyreuther angekündigt wurde, war Frau Staiblin nicht dabei. Das war ein sehr ostentatives Zeichen.
Im Übrigen kann ich Ihnen nur eines sagen: Ich habe wirklich den Eindruck, dass die Überschrift „Teufel und die Angst“ in den „Stuttgarter Nachrichten“ stimmt. Das ist die Angst, wenige Wochen vor der Landtagswahl die Situation nicht mehr in den Griff zu bekommen. Deswegen wird mit Aktionismus der Eindruck erzeugt, man hätte das Problem mit der Bestellung eines Staatsrats für Lebens- und Gesundheitsschutz im Griff.
Sehr interessant sind auch Ausführungen, die gestern in der „Eßlinger Zeitung“ standen, worin darauf hingewiesen wird, dass Bayern – aus guten Gründen – immerhin ein eigenes Verbraucherschutzressort eingerichtet hat, dass man hier aber kurz vor der Wahl offensichtlich nicht mehr den Mut hatte, so etwas durchzuführen, weil das gleichzeitig das Eingeständnis eigener Versäumnisse bedeutet hätte. So ist es.
Lassen Sie mich zum Schluss kurz noch einen Punkt anführen. Herr Ministerpräsident, Sie haben auf dem Kreisbauerntag in Schwieberdingen auf die Frage eines Bauern, wie es sich mit der Verwendung von englischem Tiermehl in Polen und dem Import von polnischen Agrarerzeugnissen nach Deutschland verhalte, darauf hingewiesen, man müsse Verträge einhalten. Das mag zwar richtig sein, „pacta sunt servanda“. Aber dabei kann man es nicht belassen. Wenn Sie um solche Missstände wissen, wäre es Ihre Pflicht, dafür zu sorgen, dass solche Agrarprodukte nicht auf unseren Markt kommen. Das wäre Verbraucherschutz,
Deswegen ist für uns das Fazit klar: Die Frau Ministerin ist nicht mehr haltbar. Wir halten auch das Verhalten der Landesregierung in dieser Situation insgesamt für schwach und insuffizient. Deswegen werden wir dem Antrag zustimmen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch in aufgeregten Wahlkampfdebatten orientiere ich mich an den sachlichen Erfordernissen dieser BSE-Krise.
Ich habe deshalb Mitte Dezember eine Regierungserklärung abgegeben und dort zwei Maximen aufgestellt, an denen ich mich in den letzten Wochen bei jeder einzelnen Handlung orientiert habe und auch in Zukunft orientieren werde:
Zweitens: Wir müssen das Menschenmögliche tun, das, was nach der jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnis überhaupt möglich ist, wobei ich glaube, dass wir in dieser kritischen Phase eine Holschuld gegenüber der Wissenschaft haben. Deswegen habe ich am letzten Dienstag 15 namhafte Wissenschaftler zwischen Zürich und Düsseldorf, zwischen München und Berlin und natürlich auch aus unserem eigenen Land zu einem Gespräch zusammengeholt und anschließend mit ihnen eine Pressekonferenz abgehalten. Mir haben Journalisten danach gesagt, das sei eine hochinteressante Pressekonferenz gewesen, bei der sie außerordentlich viel Neues erfahren hätten.
So ist es mir bei dem Gespräch auch gegangen. Wir setzen um, was wir erfahren haben. Aber wir haben auch erfahren, dass nichts so notwendig ist, wie Forschungsförderung zu betreiben, weil wir bei dieser Krankheit über viele Dinge noch nicht Bescheid wissen. Ich habe daraus auch die Folgerung gezogen und einen der ersten Wissenschaftler auf diesem Gebiet in unserem Land und darüber hinaus als Berater mit Regierungsrang für die Landesregierung berufen. Und Sie haben wenigstens heute an der Persönlichkeit von Professor Beyreuther keine Kritik geübt.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wie sollten wir auch? – Abg. Maurer SPD: Das ist doch kein Grund!)
Nachdem die Grünen in den letzten Tagen die Einsetzung eines Landesbeauftragten gefordert haben und ich einen Staatsrat berufe, weil er einen höheren Rang hat und mit den Ministern auf gleicher Ebene verkehren kann, sollte man, finde ich, ein solches Vorgehen eigentlich loben.
Die SPD sagt, wenn ich einen Staatsrat berufen hätte, der für BSE-Fragen zuständig wäre, dann hätte sie zugestimmt, aber weil er für Lebensschutz und Gesundheitsschutz der Menschen zuständig ist, könne sie nicht zustimmen.