Protocol of the Session on January 31, 2001

Frau Ministerin, ich habe ja schon vorhin zu dieser Großen Anfrage und der Antwort, die Sie gegeben haben und die ja sehr umfassend ist, Konzepte eingefordert. Jetzt sprechen Sie den Tourismus an. Ich frage Sie: Wo sind die Konzepte der Landesregierung beim Tourismus? Ich frage Sie: Warum wird das

PLENUM-Projekt von der Landesregierung nur so zögerlich vorangetrieben?

(Abg. Drautz FDP/DVP: In welchem Land leben Sie?)

Ein weiterer Punkt, zu dem ich Sie an dieser Stelle fragen möchte, betrifft Widersprüchlichkeiten, die sich einfach in Ihrer Antwort auf die Große Anfrage befinden. Sie sagen auf der einen Seite, die Bedeutung kleinräumiger landwirtschaftlicher Strukturen sei für den Erhalt der Kulturlandschaft wichtig.

(Abg. Traub CDU: Sie wollten eine Frage stellen!)

Auf der anderen Seite sagen Sie, in Zeiten der Globalisierung komme es auch auf die Fusion von landwirtschaftlichen Betrieben an. Wo ist da das Konzept, Frau Ministerin? Wie sollen sich ländlicher Raum in Baden-Württemberg und insbesondere die Landwirtschaft entwickeln?

Herr Oelmayer, jetzt warten Sie einmal, bis ich mit meinen Ausführungen fertig bin. Dann können Sie die Fragen stellen, wenn Sie nicht zufrieden sind.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme jetzt zum Bereich der Hochtechnologie. Anscheinend haben Sie bis heute noch nicht mitbekommen, dass die Landesregierung in Riedhausen ein Modellprojekt mit dem Ziel fördert, dass eine ganze Gemeinde bzw. die Gemarkung gemeinsam mithilfe des GPS bewirtschaftet wird. Ich denke, es ist ein zukunftsorientierter, wichtiger Ansatz,

(Abg. Teßmer SPD: Zehn Jahre zu spät! Das gibt es in Rheinland-Pfalz schon seit zehn Jahren!)

dass mit wenigen Praktikern, mit Landwirtschaftsmeistern, mit dem ortsansässigen Landmaschinenmechaniker und mit ein paar wenigen sonstigen Personen eine ganze Gemarkung mithilfe der modernen Technik über die Flurgrenzen hinaus bewirtschaftet wird. Diese Technik ermöglicht es, die Düngung haarscharf auszubringen, auch die Ernte haarscharf zu erfassen. Dies wird für viele Gemeinden und viele Bereiche in Baden-Württemberg eine Möglichkeit sein, die Landschaft künftig weiterhin zu pflegen, und es wird auch noch Produktion ermöglichen.

Ich weise auf ein zweites Projekt hin, auf das ich seit Beginn der Legislaturperiode den Schwerpunkt gelegt habe, nämlich auf Kooperationen. Wir haben hierfür hervorragende Beispiele, dass sich unterschiedliche Familienstrukturen zusammentun können. Da gibt es das Altenteilerehepaar ohne Hofnachfolge, das seine Fläche einbringt; da gibt es den unverheirateten Steuerberater, der sich dann insbesondere mit der Buchführung beschäftigt; da gibt es den allein erziehenden Ehegatten; da gibt es die Frau, die im Betrieb nur halbtags beschäftigt sein kann; da gibt es den Vollerwerbsbetrieb. Ich denke, diese Integration ist genau der Ansatz, den auch Sie, Herr Teßmer, angesprochen haben.

(Abg. Schonath REP: Das ist von „Big Brother“!)

Das bietet eine Möglichkeit, zu verhindern, dass vor allem die Bäuerinnen ständig überbelastet sind.

Ich erinnere auch an Holzhackschnitzelheizanlagen. Wir haben bis jetzt 110 Anlagen in Baden-Württemberg im Einsatz und für die Produktion freigegeben. Damit sind wir bundesweit beispielhaft. Wir haben bis heute 150 Biogasanlagen gefördert. Und warten Sie doch einmal ab, was noch aus Boxberg wird.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Wir war- ten schon die ganze Zeit, Frau Ministerin! Es kommt nichts! – Zurufe von der SPD)

Ich denke, die Ansätze sind richtig. Boxberg wurde politisch entschieden und soll auch so schnell wie möglich verwirklicht werden.

(Abg. Dagenbach REP: Das soll es seit zehn Jah- ren!)

Dort bietet sich auch die Möglichkeit, mit neuen Techniken zukunftsweisende Maßnahmen zu treffen.

Nun haben Sie, Herr Oelmayer, hier das Beispiel Nordrhein-Westfalen gebracht. Das war das absolut schlechteste Beispiel. Wir können über den Maßnahmen- und Entwicklungsplan in den Jahren 2000 bis einschließlich 2006, also sieben Jahre lang, in Brüssel 1,5 Milliarden DM für genau die Maßnahmen, die Sie angesprochen haben, abrufen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Kollegin Höhn holt – –

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Das ist doch kein Verdienst der Landesregierung!)

Wieso nicht?

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Aber Frau Ministerin!)

Das ist deswegen ein Verdienst der Landesregierung, weil die Landesregierung bereit ist, 1,5 Milliarden DM dazuzulegen. Deswegen ist es ein Verdienst der Landesregierung!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen)

Weil die Kollegin Höhn in Nordrhein-Westfalen aus ihrem Haushalt nur 500 Millionen DM hierfür bereitstellen kann, kann sie im gleichen Zeitraum nur 500 Millionen DM abrufen, also nur ein Drittel dessen, was wir erhalten können.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Aber das Abrufen von Mitteln ist doch kein Konzept! – Zu- ruf von der CDU: Wir sind Ihnen dankbar, Herr Oelmayer!)

Um dieses Geld abrufen zu können, brauche ich ein Konzept, Herr Oelmayer. Wenn kein Konzept vorliegt, bekomme ich auch kein Geld.

(Ministerin Gerdi Staiblin)

(Abg. Kiefl CDU: Gutes Konzept! – Abg. Teßmer SPD: Aber damit haben Sie doch bestätigt bekom- men, dass Sie Nachholbedarf haben! – Abg. Oel- mayer Bündnis 90/Die Grünen: Wo sind denn die Konzepte?)

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zum erfolgreichen Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum. Auch hier habe ich über viereinhalb Jahre hinweg neue Weichen gestellt, etwa indem wir verstärkt junge Familien mit dem Ziel gefördert haben, Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu schaffen. In den Jahren 1995 bis 2000 haben wir landesweit 740 Millionen DM an Fördermitteln zur Verfügung gestellt und damit ein Investitionsvolumen von 5 Milliarden DM angestoßen

(Abg. Birzele SPD: Sie haben die zur Verfügung gestellt? Da schau her! Der Landtag hat die zur Verfügung gestellt!)

und gleichzeitig 10 000 Arbeitsplätze geschaffen.

Über die Ziel-5-b-Förderung haben wir 150 Millionen DM in Brüssel abrufen können. Über die Ziel-2-Gebiete können wir künftig, bis zum Jahr 2006, zusätzlich 111 Millionen DM für die Strukturförderung der ländlichen Räume abrufen.

Der Schwerpunkt in der kommenden Legislaturperiode, meine Damen und Herren, ist für mich ein neuer Weg.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Ich glau- be, dass Sie da keine Schwerpunkte mehr haben, Frau Ministerin!)

Zum einen geht es um die Nutzung alter Bausubstanz, die Nutzung von Ökonomiegebäuden in unseren Dorfstrukturen. Ich denke, dass wir damit auch den Zielen der Agenda 21 entgegenkommen können. Immerhin verbrauchen wir in Baden-Württemberg derzeit 11 Hektar Fläche pro Tag, die neu in Anspruch genommen wird. Hier will ich ein Zeichen setzen, damit vorhandene Bausubstanz genutzt werden kann. In leer stehenden Ökonomiegebäuden kann zum Beispiel für Handwerksbetriebe Platz gemacht werden. In diesem Sinne können wir künftig einen neuen, einen anderen Weg gehen, gemeinsam mit dem Mittelstand, mit Handwerk und Gewerbe.

Anscheinend haben Sie bis heute noch nicht festgestellt, dass ich eine Bauernhofbörse eröffnet habe, die sehr gut ankommt und landesweit sehr gut angenommen wird. Auch sie wird dem Ziel, das ich eben angesprochen habe, gerecht.

98 % aller Betriebe in unserem Land haben weniger als 50 Beschäftigte. Rund zwei Drittel aller Arbeitsplätze und vier Fünftel aller Ausbildungsplätze werden von mittelständischen Unternehmen bereitgestellt. Diese finden wir insbesondere im ländlichen Raum. Ich denke, dies ist die Kombination, die unseren ländlichen Raum in unserem Land Baden-Württemberg so aktiv und so attraktiv macht und die auch landwirtschaftliches und außerlandwirtschaftliches Einkommen ermöglicht. Mir ist der Nebenerwerbslandwirt, der nach Feierabend mit seinem Traktor noch die Landschaft pflegt und noch ein klein wenig dazuverdienen

kann, auf jeden Fall so lieb wie derjenige, der nach Feierabend den Golfplatz und den Tennisplatz aufsucht. Ich denke, dass dies eine wichtige Investition in unserem ländlichen Raum bedeutet.

(Beifall bei der CDU)

Wir richten unsere Politik, meine Damen und Herren, an den Stärken aus.

(Abg. Teßmer SPD: Dann fangen Sie mal an!)

Wir haben in den vergangenen viereinhalb Jahren Stärken gestärkt und Schwächen geschwächt. Pessimisten wie Sie haben die Welt natürlich noch nie verändert und schon gar nicht verbessert.

(Beifall bei der CDU – Abg. Teßmer SPD: Wir sind keine Pessimisten!)

Wir können uns auch auf ein tragfähiges Sozialgefüge der Menschen im ländlichen Raum verlassen. Heimat- und regionale Verbundenheit tragen mit dazu bei, dass wir einen zukunftsorientierten ländlichen Raum haben. Wir haben mutige und mitdenkende Menschen, wie wir sie im ländlichen Raum schon immer vorgefunden haben. Damit geht es im ländlichen Raum in unserem Land Baden-Württemberg vorwärts.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Große Anfrage ist damit erledigt.