Protocol of the Session on January 31, 2001

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Wilhelm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gedacht, es würde schwer sein, als letzter Redner zu einem Thema zu sprechen, bei dem es keine entgegengesetzten Interessen gibt, bei dem wir uns im Prinzip alle einig sind. Aber dann kam von rot-grüner Seite wieder die Multikultishow, und so, denke ich mir, wird es doch ganz interessant werden.

Zunächst einmal möchte ich auf die Aussage des Vorsitzenden des Petitionsausschusses eingehen, dass die Zahl der Petitionen in letzter Zeit rückläufig sei. Er hat Fragen aufgeworfen, woran dies wohl liegen könne. Zwei Punkte haben mich dabei bedenklich gestimmt.

Zum einen wissen möglicherweise viele Bürgerinnen und Bürger gar nicht, dass es das Petitionsrecht als hohes Rechtsgut und den Petitionsausschuss gibt, an den sich die Bürger – direkt an das Parlament – mit ihren Sorgen und Nöten wenden können.

Das Zweite: Möglicherweise sind viele Mitbürger der Meinung, sie könnten über die Medien – Presse, Rundfunk, Fernsehen – mehr erreichen. Dies bedeutet schlicht und einfach, dass die Bürgerinnen und Bürger für den Fall, dass dies zutreffen würde, in die Medien ein größeres Vertrauen hätten als in ihr eigenes Parlament. Das sollte uns nachdenklich stimmen. Denn eine solche Macht haben die Medien nicht. Sie können nur eines tun, nämlich Druck ausüben. Das bedeutet aber, dass jemand diesem Druck nachgeben muss, um etwas zu erreichen. Das kann nicht Sinn der Sache sein.

Ein Weiteres: Überall wird über alles Mögliche aufgeklärt, aber anscheinend nicht darüber, dass es in den Landtagen und im Bundestag einen Petitionsausschuss gibt. Auch diesem Übel sollte man abhelfen.

Wir haben weiterhin gehört, dass 29 % aller Petitionen von rechtskräftig zur Ausreise verpflichteten Ausländern stammen. Wir haben immer von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien gehört. Das sind ja nicht alles Bürgerkriegsflüchtlinge. Nein, die meisten dieser Petitionen stammen von durch sämtliche Instanzen rechtskräftig abgelehnten Asylbewerbern. Das zieht sich wie ein roter Faden durch. Wenn jedes Mittel ausgeschöpft ist, sind die Betreffenden aus irgendwelchen Gründen nicht reisefähig, oder sie haben in ihren Heimatländern schlimmste Verfolgungen zu erdulden. Jetzt frage ich mich, wenn das tatsächlich der Fall sein sollte: Schlafen unsere Gerichte?

Ferner würde mich interessieren, ob in rot-grün regierten Bundesländern keine Petitionen abgeschobener oder abgelehnter Asylbewerber auf der Tagesordnung stehen. Denn wäre dies der Fall, müssten dort, wo Rot-Grün die Mehrheit hat, sämtliche Petitionen positiv beschieden werden. Aber anscheinend ist das nicht der Fall.

(Abg. Schmiedel SPD: Nichts kapiert!)

Anscheinend bringen die Betreffenden ihre Petitionen bei uns dann auf die Tagesordnung, wenn eine Ablehnung gesichert ist.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich betrachte es als nahezu zynisch, wenn man hier immer wieder sagt, unsere mittelständische Industrie sei auf so genannte Bürgerkriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien angewiesen. Ich betrachte das deshalb als nahezu zynisch, weil dann der unsägliche Krieg in Jugoslawien für unseren Mittelstand ein wahrer Segen gewesen sein müsste.

(Abg. Kurz CDU: Saudummes Geschwätz! – Wei- tere Zurufe)

Nein, das ist kein saudummes Geschwätz. Herr Kollege, wenn Sie sagen, unsere mittelständischen Unternehmer könnten ohne diese Arbeitskräfte nicht auskommen, dann müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, was diese Unternehmen früher gemacht haben.

(Abg. Schmiedel SPD: Er hat nichts kapiert, der Junge! – Abg. Dr. Caroli SPD: Es wird höchste Zeit, dass man sich das nicht mehr anhören muss! – Abg. Nagel SPD: Ihr Intelligenzquotient ist bei 20, Zwieback hat 30! – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Wilhelm, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Kurz?

Ja.

Bitte schön, Herr Abg. Kurz.

Herr Abgeordneter, ist Ihnen bekannt, dass schon in Friedenszeiten Menschen aus dem früheren Jugoslawien zu uns kamen, Menschen, die bei uns Arbeit fanden und die mithalfen, unseren Lebensstandard – auch Ihren – zu erhöhen?

(Beifall des Abg. Kleinmann FDP/DVP – Abg. Hofer FDP/DVP: Gravierend!)

Selbstverständlich ist mir das bekannt, Herr Kollege. Um diese Leute geht es doch aber gar nicht. Hier wurde lediglich gesagt,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Worum es hier geht, wissen wir genau!)

dass dann, wenn diese Arbeitskräfte in ihr Heimatland zurückgehen müssten – nicht hier in Deutschland arbeitende jugoslawische Staatsangehörige, sondern Bürgerkriegsflüchtlinge –, Leute, die von Anfang an genau gewusst haben, dass ihr Bleiberecht hier nur von begrenzter Dauer sein kann, hier Industriebereiche bzw. mittelständische Unternehmen anscheinend dichtmachen müssen. Mir ist kein einziger Fall bekannt, dass deswegen eine Firma Pleite gemacht hätte.

Jetzt noch einmal zu dem dümmlichen Einwurf des Kollegen von der Gewerkschaft. Wissen Sie, wahrscheinlich ist mein Intelligenzquotient höher, als dass ich bei der Gewerkschaft anfangen könnte.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Nagel SPD: Für Sie gilt doch die Kampfhundeverordnung!)

Meine Damen und Herren, in der Aussprache liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich möchte namens des ganzen Hauses dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Herrn Veigel, seinem Stellvertreter, Herrn Döpper, und allen Mitgliedern des Petitionsausschusses herzlichen Dank aussprechen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Tagesordnungspunkt 6 ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Neuorganisation der Führungsakademie des Landes Baden-Württemberg – Drucksache 12/5671

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses – Drucksache 12/5798

Berichterstatter: Abg. Hans-Michael Bender

Das Präsidium hat für eine Allgemeine Aussprache über den Gesetzentwurf eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Wem darf ich für die CDU-Fraktion das Wort erteilen? –

(Abg. Hauk CDU: Wir verzichten im Augenblick!)

Niemand? Wem darf ich für die SPD-Fraktion das Wort erteilen? – Herr Abg. Brechtken, Sie haben das Wort.

(Abg. Kurz CDU: Der spricht auch für die CDU- Fraktion!)

Ist das ein offizieller Auftrag? Dann übernehme ich den selbstverständlich.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin hier auch nur in Vertretung tätig, weil unser Kolle

ge, der normalerweise dies auch im Ausschuss bearbeitet, überraschend krank geworden ist. Deshalb will ich mich kurz fassen.

Erstens: Wir stimmen dem Gesetz zu.

Zweitens: Wir halten es für richtig, weil ein entscheidender Ansatz die flexiblere Möglichkeit der Führung in der Führungsakademie ist. Das heißt, sie kann flexibler auf Gegebenheiten eingehen. Ich glaube, dies ist richtig und vernünftig.

Drittens: Sie kann, was die Ausbildung der Führungskräfte angeht, neue Wege gehen. Sie kann auch die Stellung der Führungskräfte in der Ausbildung verbessern. Ich glaube, das ist richtig.

Ein weiterer Punkt ist aus unserer Sicht die Möglichkeit, dass die Führungsakademie mit anderen Einrichtungen der Aus- und Fortbildung besser kooperieren kann. Damit bekommen wir in die Ausbildung der öffentlichen Verwaltung auch neue Formen des Know-hows. Ich glaube, dies ist wichtig.

Ein letzter Punkt: Ich glaube, dass die Neustrukturierung der Führungsakademie – zusätzlich zur Aus- und Fortbildung der Führungskräfte Einstieg in die permanente Ausund Fortbildung der öffentlichen Verwaltung – der entscheidende Ansatz ist, den wir ausdrücklich begrüßen sollten.

Ich will hier allerdings hinzufügen: Die Führungsakademie allein reicht nicht. Wir brauchen – das sage ich in Richtung Regierung –, endlich auch konsequente Fortbildungsprogramme, die notwendigen Mittel und aufgrund klarer Vorgaben auch eine Verpflichtung der Bediensteten, sich auch an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen zu beteiligen. Dies fehlt weitgehend in der öffentlichen Verwaltung, was in der Wirtschaft längst gang und gäbe ist. Dies muss endlich auch in Fortfolge dieses Gesetzes eingeführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich noch einen letzten Gedanken bringen. Da will ich aus dem Gesetzentwurf zitieren:

Mit der Neuregelung erfolgt eine Weiterentwicklung der im Wesentlichen durch die Monostruktur der Ausbildung von Nachwuchsführungskräften für leitende Führungsfunktionen geprägten Führungsakademie des Landes

(Abg. Veigel FDP/DVP: Das ist der furchtbarste Satz, den ich gelesen habe! Unmöglich! Fürchter- lich!)

zu einer diversifizierten Einrichtung, die nach einem ganzheitlichen Verständnis als integraler Bestandteil einer strategischen und operativen Organisations- und Personalentwicklung zukunftsorientierte Inhalte, Verfahren und Maßnahmen der beruflichen Qualifizierung konzipiert, plant, vorbereitet, organisiert, erprobt, durchführt, auswertet und zertifiziert.