55 000 Menschen, Herr Dr. Nas, werden gerade in ASOG-Einrichtungen untergebracht. Bis zum Jahr 2030 werden es laut Senat 114 000 Menschen sein – mehr als doppelt so viele wie jetzt. Wollen wir uns eigentlich wirklich damit abfinden, dass wir bald eine Großstadt an Menschen haben, die wir nicht mehr mit Wohnraum versorgen können?
Und wenn man in Berlin eine neue Wohnung sucht – davon können viele ein trauriges Lied singen –, sieht es auch total düster aus. Wenn nur knapp 5 Prozent der 2023 angebotenen Wohnungen – das ist vor zwei Jahren gewesen – für Haushalte mit geringem Einkommen überhaupt noch leistbar waren – 5 Prozent, Herr Dr. Nas! –, und bei Familien mit zwei Kindern sind es sogar nur noch 0,3 Prozent, dann müssen Sie doch auch mal aus Ihrer ideologischen Blase herauskommen und aufhören, hier zu propagieren, dass wir weniger Regulierung brauchen. Dann ist doch etwas völlig aus den Fugen geraten! Dann muss doch die Politik Verantwortung übernehmen und regulieren!
Den Leuten steht es bis hier, Herr Dr. Nas! Ich erlebe nur noch Wut, Frust und Verzweiflung. Das Vertrauen in die Politik geht zugrunde. Das muss Ihnen doch zu denken geben! Ich kann mir das nur so erklären – und das geht auch an den Herrn Senator: Dieser Senat ist planlos, ambitionslos, oder – und das frage ich mich – er steht einfach nur auf der dunklen Seite der Macht.
Warum werden in unserer Stadt immer wieder feuchte Investorenträume erfüllt, während Genossenschaften und Vorkaufsrechthäuser blockiert werden? – Ich nenne gern ein paar Beispiele: Der Zwillingstower gegenüber des Amazon-Towers an der Warschauer Straße geht. Die massiven Bürotürme im Gleisdreieckpark gehen. Oder ein Bauprojekt von Covivio auf einer Naturschutzfläche in Treptow-Köpenick – all das macht der Senat möglich.
Ein Vorkaufshaus oder eine Genossenschaft, die hier dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen will, bekommt keine Unterstützung. Ich fürchte, der Senat wiederholt gerade die Fehler aus den Zweitausenderjahren, als er schon einmal die Stadt zum Ausverkauf freigab. Das dürfen wir nicht zulassen!
Dazu passt übrigens auch das Verhalten zum Volksentscheid zur Vergesellschaftung von Wohnraum. Die Frage, ob man ihn umsetzt, darf nichts mit der persönlichen Vorstellungskraft eines Regierenden Bürgermeisters zu tun haben! Hier geht es um einen demokratischen Auftrag. Die Koalition prüft sich von Gutachten zu Gutachten zu Tode. Es gibt nicht mal ansatzweise ein gemeinsames Verständnis von Vergesellschaftung, und das, obwohl die Ergebnisse der Expertenkommission seit zwei Jahren auf dem Tisch liegen und direkt in ein Gesetz fließen könnten.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende sagt offen: Wir wollen ja auch niemanden enteignen. Wir werden auch niemanden enteignen. Ob das Gesetz ein, zwei oder drei Jahre dauert, das ist doch schnuppe. – Nein, Herr Dr. Stettner, das ist nicht schnuppe!
Wer ein Alibigesetz verspricht, der will gar nicht umsetzen, und er betreibt politische Täuschung. Das ist nicht in Ordnung von Ihnen!
Berlin braucht einen Neustart in der Wohnungspolitik, das stimmt, und zwar bedeutet der, dass man sich nicht zurückzieht, so wie Sie, und mit ein paar Mieterbeiräten spricht. Das bedeutet, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente für das Wohnungswesen nutzen müssen. Es kann nicht sein, dass wir aus öffentlichen Geldern mit Milliarden immer mehr überteuerte Mieten subventionieren. Der Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ sollte deshalb auch nicht nur für größere Wohnungsunternehmen gelten; da gehen wir übrigens sogar weiter als die Linken. Nein: Es muss auch möglich sein, Eigentümerinnen und Eigentümer mit 50 oder 100 Wohnungen endlich in die Verantwortung zu nehmen, für Menschen mit kleinem Geldbeutel Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Denn: Eigentum verpflichtet; ich sage es noch einmal!
Herr Senator Gaebler hat sogar recht, wenn er sagt, dass es nicht sein kann, dass die öffentliche Hand die Sanierungskosten von Häusern übernimmt, wenn die private Wohnungswirtschaft sie zu sogenannten Schrottimmobilien verkommen lässt. Doch wer das moniert, Herr Senator, muss auch dazu bereit sein, Eigentümer beziehungsweise Wohnungsunternehmen dazu zu zwingen, ihren Bestand ordentlich instand zu halten. Dann warten wir auch darauf.
Nein, das reicht auch nicht! Wer sich partout nicht an die Regeln hält, den wollen wir Grüne übrigens vom Wohnungsmarkt ausschließen. Das ist notwendig, weil es nicht sein kann, dass Vermieterinnen und Vermieter in unserer Stadt machen, was sie wollen, und Mieterinnen und Mieter dem weiterhin schutzlos ausgeliefert sind.
Der Kampf um das Zuhause, steigende Mieten und Verdrängung sind keine Privatangelegenheit, Herr Senator, sondern Aufgabe der Politik.
Deswegen ist es umso dringender, dass wir es in den nächsten 15 Monaten schaffen, aus der progressiven Mehrheit in der Bevölkerung beim Thema Wohnen auch eine politische Mehrheit zu machen. Wir Grüne werden jedenfalls dafür kämpfen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müsste ich mich geschmeichelt fühlen. Da schreibt eine ganze Fraktion einen Antrag, um mich und meine Fraktionskolleginnen und -kollegen zu umgarnen.
Aber leider beruht diese Einladung, die die Linksfraktion ausspricht, nicht auf Fakten. Der Antrag will einerseits die SPD-Fraktion hofieren, gleichzeitig werden aber der SPD-Fraktion und auch der SPD-geführten Senatsverwaltung Dinge unterstellt, die einfach nicht stimmen.
Sie wollen, dass der Kurs von SPD-Senator Gaebler korrigiert wird, und stellen dann Forderungen auf, die er entweder bereits umsetzt oder gerade erarbeitet.
Da muss ich klar sagen: Dieser Antrag ist leider ein ganz schlechter Stil. Auf so eine Charmeoffensive werden wir sicherlich nicht reinfallen.
Nein, lasse ich nicht zu. – Lassen Sie mich Ihnen konkret ausführen, was ich meine. Sie als Linksfraktion sprechen von einem Neustart. Ich weiß nicht, wo Sie in den vergangenen zwei Jahren waren,
aber was Sie da propagieren, ist kein Neustart, sondern steht im aktuellen Koalitionsvertrag. Erstens: Sie fordern die Umsetzung der Vergesellschaftung. Die Koalition wird ein Vergesellschaftungsrahmengesetz noch in diesem Jahr ins Parlament einbringen.
Ich sage hier ganz deutlich: Gerade angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage, die zu steigenden Energie- und Rohstoffpreisen führen könnte, bietet dieses Gesetz dem Staat die Möglichkeit, über Preisregulierung, über Gewinnvorgaben und Investitionsquoten beispielsweise nicht nur beim Wohnen, sondern auch in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge einzugreifen. Das ist das Entscheidende bei diesem Gesetz.
Ich möchte Die Linke auch daran erinnern, dass sie selbst diesem Vergesellschaftungsrahmengesetz zugestimmt hat. Das heißt, Sie reden nur, wir setzen um.
Zweitens: Sie fordern eine stärkere Regulierung des Wohnungsmarkts. Wir haben die landesrechtlichen Möglichkeiten bei der Kündigungsschutzverordnung, bei der Umwandlungsverordnung und der Mietpreisbremse konsequent ausgeschöpft. Wir haben eine Mietpreisprüfstelle eingesetzt. Schon nach drei Monaten zeigte sich: Mieterinnen und Mieter nutzen ihre Rechte. Vermietende werden wachgerüttelt und merken, dass die Mietpreisfestsetzungen nicht mehr nach Gutdünken erfolgen können, und das ist ein konkreter Erfolg für die Berlinerinnen und Berliner. Das will ich hier auch klar benennen.