Es ist schon komisch: Normalerweise reicht bei der CDU ja schon ein Fingerzeig des Verfassungsschutzes und Sie sind mit an Bord, aber bei der Hochstufung der AfD:
Schweigen im Walde, ganz so, als gäbe es keine politische Verantwortung, die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes einzuordnen. Ich hätte ja nicht gedacht, dass wir mal so weit sind, dass die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes bei uns Grünen besser aufgehoben sind als bei der CDU.
Bei der SPD sieht es auch nicht viel besser aus. In den Medien gibt man sich entschlossen und kämpferisch, im Parlament trägt man still und handzahm den CDU-Kurs mit. Anders ist es doch nicht zu erklären, dass der SPDFraktionsvorsitzende öffentlichkeitswirksam ein Verbot fordert, sein Landesvorstand aber lieber abwarten möchte, bis die Einstufung, Zitat, „gerichtsfest“ ist. Was soll das denn heißen? Bis wann will man denn da warten? Bis zum Verwaltungsgericht, bis zum Oberverwaltungsgericht?
Ich fasse zusammen: In Sachen Hochstufung und AfDVerbot legt dieser Senat die Hände in den Schoß und wartet ab. Das ist mit uns als Opposition nicht zu machen!
Denn die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren liegen vor. Die verfassungsfeindlichen Ziele sind im Gutachten klar benannt. Die Potenzialität ist durch die Wahlergebnisse gegeben, und wir erleben das aktive und planvolle Vorgehen dieser Partei für die Erreichung ihrer Ziele.
Zum Schluss noch ein paar Worte: Natürlich verschwindet rechtes Gedankengut durch ein AfD-Verbot nicht von heute auf morgen, aber einer gesichert rechtsextremistischen Bestrebung würden Steuergelder, Personal, Kommunikationsplattformen, Reichweite und andere Mittel fehlen. Das wäre ein enormer Erfolg für unsere wehrhafte Demokratie. Der Verfassungsschutz, letzter Satz, kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, es sei nicht mehr davon auszugehen, Zitat mit Erlaubnis des Präsidenten:
„dass es gemäßigteren Kräften in der AfD noch möglich ist, diese festgestellte verfassungsfeindliche Prägung der Gesamtpartei noch umzukehren“.
„Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird.“
Das war ein Zitat, Herr Präsident, von Erich Kästner aus seinem Buch „Über das Verbrennen von Büchern“.
Bei der Reichstagswahl 1928 erzielte die Nazipartei weniger als 3 Prozent. Zwei Jahre später waren es schon über 18 Prozent, und auch damals gab es schon das Mittel des Parteienverbotes. Das wurde 1923 auch gegen die NSDAP angewendet, nachdem sie versucht hatte, zu putschen, aber nach der Neugründung 1925 wurde es dann nicht noch einmal angewendet.
Ich bin sicher, dass von der AfD die größte Bedrohung für die freiheitlich demokratische Grundordnung seit 1949 ausgeht. Ich gehe davon aus, dass darüber im demokratischen Spektrum weitestgehend Einigkeit herrscht. Ich freue mich auch, dass Herr Wegner innerhalb der letzten zwei Jahre seine Haltung geändert hat und inzwischen auch der Überzeugung ist, dass ein AfD-Verbot notwendig ist, und ich hoffe, dass er seine Kolleginnen und Kollegen in seiner Partei auch noch davon überzeugen wird.
Verstehen Sie mich nicht falsch, wir machen es uns mit diesem scharfen Schwert nicht leicht. Wir glauben auch nicht, dass es ein Allheilmittel ist. Die extrem rechten Strukturen müssen auf allen Ebenen bekämpft und vor allem entwaffnet werden. – Und ja, Kollege Lenz, die AfD muss natürlich zuerst auch politisch bekämpft werden. Wir müssen beweisen, dass die Politik handlungsfähig ist und konkrete Lösungen für die Probleme der übergroßen Mehrheit der Menschen anbieten kann.
Dafür müssen wir auch unsere tatsächlichen Handlungsspielräume wieder ausweiten. Das Gefühl Deutschland stünde kurz vor einem Zusammenbruch, nährt sich auch von Bildern zusammenbrechender Brücken und maroder Schulgebäude. Das kann man durch massive Investitionsoffensiven ziemlich konkret bekämpfen. Das ist doch schon mal ein Ansatz.
Aber wenn Korruptionsskandale eine politische Karriere nicht beenden, sondern eher noch beflügeln, dann ist das ein Konjunkturprogramm für die AfD, und wer gemeinsam mit der AfD verfassungswidrige Antimigrationsgesetze durchdrückt, der organisiert ihnen politische Siege, anstatt sie zu bekämpfen.
Ein Verbot ist das härteste Mittel, das der Rechtsstaat gegen eine verfassungsfeindliche Partei ins Feld führen kann, und darum sind die Hürden durch die Mütter und Väter des Grundgesetzes entsprechend hoch gesetzt worden. Dabei haben sie aber bei einem Punkt ganz besondere Weitsicht bewiesen. Egal wie viel Kreide die Faschisten fressen, um ein verfassungskonform wirkendes Programm zu schreiben, gemessen werden sie an ihren konkreten Taten und an den Äußerungen ihrer Akteure.
Nach der Thüringer Landtagswahl ging die AfD sofort zum Angriff auf den Landtag selbst und das Verfassungsgericht über. Beide Institutionen sollten delegitimiert werden, noch bevor dort überhaupt die ersten Entscheidungen getroffen werden konnten. Es gehört zur erklärten Strategie der AfD, Donald Trumps und anderer Autokraten, die Gewaltenteilung zu unterminieren und sich über Legislative und Judikative einfach hinwegzusetzen, sobald die Exekutive erst einmal unter Kontrolle ist. Es gibt hinreichend belegte Drohungen, Schulen, Universitäten und die unabhängige Presse mit politischen Säuberungen zu überziehen,
Großen Teilen der Berliner Bevölkerung sprechen AfDAkteure pauschal ihre Menschenwürde ab. Dazu gehören zuallererst Transpersonen und Muslime, aber auch Migrantinnen, Jüdinnen und Juden, queere Menschen und Frauen.
Als Abgeordnete sind wir all diesen Menschen verpflichtet, und die Gefahr ist real. Dort, wo die AfD an Einfluss gewinnt, steigt die rechte Gewalt, und wir haben gerade einen erschreckenden Peak rechter Gewalt.
Im Landkreis Sonneberg, wo die AfD den Landrat stellt, haben sich die rechten Gewalttaten vom Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht. Die ehrenamtliche Migrationsbeauftragte sah sich nicht mehr in der Lage, ihr Amt auszuführen und gab es ab. In jeder rechtsterroristischen Vereinigung der letzten Jahre waren AfDFunktionäre beteiligt, ob beim Putschplan der ReußGruppe, den Sächsischen Separatisten oder der Anschlagsserie in Neukölln, und auch der Mörder von Walter Lübke war AfD-Wahlkämpfer. Die AfD pumpt Steuergelder in extrem rechte Strukturen und stattet Neonazis mit Jobs und Informationszugängen aus. Das müssen wir unterbinden. Das ist unsere Pflicht!
Ein Appell zum Schluss: Das Land Berlin ist als Teil des Bundesrates berechtigt, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Prüfung der Verfassungsfeindlichkeit einer Partei zu stellen. Daraus ergibt sich auch die Pflicht für uns, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Die überfraktionelle Gruppe im Bundestag um Marco Wanderwitz hat uns alle als demokratische Fraktionen der Landtage dazu aufgerufen, das zu tun. Zertreten wir den rollenden Schneeball, bevor er zur Lawine geworden ist! – Vielen Dank!
„Auf der Basis dessen, was der Verfassungsschutz zum Besten gegeben hat, lässt sich kein Staat machen, zumindest kein demokratischer. Die Demokratie in der heutigen Bundesrepublik hat mit unseren Ideen von Demokratie nichts zu tun.“
Das habe ich, mit der Erlaubnis des Präsidenten, aus dem AfD-Repertoire zitiert. Das und noch vieles mehr haben wir in der letzten Zeit alle gelesen, und wir wissen genau, wer da was geschrieben oder gesagt hat.
Ich weiß auch ohne Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz: Die AfD ist verfassungsfeindlich, weil sie rechtsextrem ist. Da bildet dann auch die Berliner Landespartei der AfD keine Ausnahme. Sie tickt genauso und ist genauso zu bewerten. Die braune Soße der Bundespartei tropft auch auf die Berliner Landespartei durch.
AfD-Funktionäre relativieren die NS-Zeit, hetzen gegen Migrantinnen und Migranten, gegen Andersdenkende, gegen die Presse, gegen die Justiz, gegen unseren Staatsapparat. Was mit Lucke als konservative Protestpartei begann, ist heute ein Sammelbecken von Demokratiefeinden, und das alles ist auch aggressiv und kämpferisch, so die Fachterminologie. Denn es ist seit Jahren gefestigte Rechtsprechung, dass kämpferisch gerade nicht heißt, dass es körperlich sein muss. Dennoch, wenn ich Parolen von der AfD höre, dann wird mir auch körperlich schlecht.
Deshalb möchte ich, dass diese Partei verschwindet und schnell aus der Parteienfinanzierung von Staatsgeldern ausgeschlossen wird.