Ja, das mache ich natürlich gern. Wobei ich somit nicht die Möglichkeit habe, auf die Rede des Kollegen einzugehen, aber das können wir gegebenenfalls nachholen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorab zum Antrag: Nein, die Fraktion der CDU hat in der Frage eines AfD-Verbotsverfahrens ihre Meinung nicht geändert, wir lehnen ein solches Verfahren auch zum jetzigen Zeitpunkt weiter ab, und ja, auch die Einstufung der AfD durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem ändert hieran erst einmal nichts.
Wir haben uns in der Vergangenheit schon häufig mit der Frage befasst und uns dazu ausgetauscht. Ich verweise trotzdem noch einmal kurz auf meine immer wieder vorgetragenen Argumente.
Erstens, die Hürden für ein Parteiverbot sind sehr hoch. Das ist auch richtig so. Ein eventuelles Verbotsverfahren wird Jahre dauern, schnelle Lösungen sind also ohnehin nicht zu erwarten. Wer anderes behauptet, macht sich und der Öffentlichkeit etwas vor. Ein langwieriges Verfahren wird der AfD die Möglichkeit geben, sich immer stärker als Opfer darzustellen. Sie wird sich als verfolgte Opposition stilisieren,
Zweitens, verbunden mit einem Verbotsverfahren ist ein hohes Risiko für diejenigen, die es betreiben. Scheitert ein Verfahren, so ist die AfD am Ende gestärkt. Dann wurde das Gegenteil des eigentlichen Ziels erreicht. Kein Verfahren ist insofern immer besser als ein gescheitertes Verfahren.
Herr Kollege Lenz, ich darf Sie kurz fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Franco zulassen möchten.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, lieber Kollege Lenz! Wir führen die Diskussion ja jetzt schon sehr lange.
Normalerweise ist es doch gerade die Union, die sehr viel Wert darauf legt, was der Verfassungsschutz sagt. Deshalb frage ich Sie, gerade in der Frage des AfD-Verbotsverfahrens: Wenn der Verfassungsschutz zu der Erkenntnis kommt, dass es sich hier um eine gesichert rechtsextremistische Partei handelt, warum misstrauen Sie dem Urteil des Bundesamts so? Wo ist da Ihr Vertrauen in die Sicherheitsbehörden, von dem Sie die ganze Zeit sprechen? Ich kann das nicht nachvollziehen.
Na ja, es ist ja kein Misstrauen, sondern das, was das BfV zusammengetragen hat, was ja auch sehr ausführlich ist – – Ich gebe zu, ich habe es auch noch nicht ganz gelesen; ich habe viele Hundert Seiten gelesen. Ich vermute, Sie haben es auch noch nicht ganz gelesen, weil es in der Kürze der Zeit kaum möglich war.
Na ja, ich hoffe, Sie haben es auch gelesen, Herr Schrader! Es war ja veröffentlicht im Cicero. Oder brauchen Sie keine Befassung in der Sache, sondern sagen, Sie können das einfach so machen? – Gut, ich würde dem nicht zuneigen.
Es findet sich vieles Interessantes in dem Gutachten, aber es ist sozusagen ein Debattenbeitrag. Es ist auch nicht ein Debattenbeitrag einer unabhängigen Behörde. Der Verfassungsschutz ist als Exekutive weisungsgebunden. – Sie haben mich doch gefragt, Herr Franco, dann hören Sie doch wenigstens zu!
Es ist rechtlich natürlich aus guten Gründen so organisiert, dass antragsberechtigt nur der Deutsche Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung sind. Sie müssen einen solchen Antrag nicht stellen, sondern sie können ihn stellen, und dann muss dem eine Erwägung, eine Debatte vorausgehen. Da sind wir mittendrin. Und noch einmal: Bislang sind wir von der Union nicht überzeugt, dass es Sinn macht, ein solches Verfahren durchzuführen. Ich habe ja gerade ausgeführt, warum.
Der dritte Punkt, warum ich Zweifel daran habe, dass das der richtige Weg ist, ist, ob das Mittel eines Verbotsverfahrens überhaupt zum Erfolg im Kampf gegen die AfD führen kann. Richtig ist zwar, und das zeigt das Gutachten des BfV ja deutlich und, wie ich finde, auch hier an der Stelle – so weit bin ich – überzeugend, dass sich die AfD weiter radikalisiert. Richtig ist auch, dass sich innerhalb der AfD offenbar zunehmend Gedankengut wiederfindet und breitmacht, das wir so in Deutschland eigentlich für überwunden gehalten haben.
Offen ist für mich allerdings weiter die Frage, inwieweit dieses Gedankengut die AfD tatsächlich in Gänze dominiert. Es ist ein offener Prozess und, das sage ich an dieser Stelle auch und auch durchaus inhaltlich kritisch in Richtung des BfV: Nicht alles, was man hier zusammengetragen hat, ist aus meiner Sicht tatsächlich geeignet, die Annahme extremistischer Ansichten und Bestrebungen zu untermauern.
Aber trotz der festgestellten Radikalisierung und trotz der inhaltlich problematischen Entwicklung der AfD ist doch auch klar, dass kein Weg daran vorbeiführt, das Ganze inhaltlich anzugehen, die AfD inhaltlich zu stellen. Über 10 Millionen Menschen haben bei der vergangenen Bundestagswahl der AfD ihre Stimme gegeben. Sie haben das offenkundig getan, weil sie mit dem Angebot anderer Parteien nicht einverstanden waren. Sie haben das offenkundig getan, weil sie damit unzufrieden sind, wie es aktuell in unserem Land läuft. Und sie haben es sicher ganz überwiegend nicht getan, weil sie extremistisches Gedankengut teilen. Diesen Wählern können Sie, liebe Kollegen von der linken Seite, die Meinung nicht einfach verbieten.
Sie können sie auch nicht erziehen. Diese Wähler muss man als Gesellschaft zurückgewinnen, und das kann man nur tun, wenn man sie vom eigenen Angebot überzeugt.
Das muss man ehrlich sagen: Dazu gehört es natürlich auch, die politischen Entscheidungen der Vergangenheit in unserem Land kritisch zu hinterfragen. Die CDU hat hier auch ihre Lektion gelernt.
Sie hat im Bundestagswahlkampf angekündigt, im Fall einer Regierungsübernahme in Deutschland eine Politikwende einzuleiten, und genau das geschieht doch gerade auf Bundesebene.
[Anne Helm (LINKE): Ihre Lektion sollte sein, nicht mehr mit dieser Partei abzustimmen! – Tobias Schulze (LINKE): Nichts gelernt!]
In der Migrationspolitik, in der Außenpolitik, in der Wirtschaftspolitik und in der Sicherheitspolitik erleben wir aktuell die Einleitung eines politischen Umbruchs.
Genau das ist es, was wir in unserem Land brauchen. Wir brauchen konsequente politische Korrekturen. Diese Korrekturen müssen und, da bin ich auch optimistisch, werden Wirkung zeigen, und zwar konkret: Wir werden durch eine restriktive Migrationspolitik in unserem Land massive Rückgänge der Flüchtlingszahlen erleben, wir werden in der Außenpolitik wieder im Verbund mit unseren europäischen Partnerstaaten agieren, statt auf eigentümlichen Sonderwegen herumzuirren, wir werden wieder durch vernünftige Wirtschaftspolitik Wirtschaftswachstum in Deutschland bekommen, und wir werden die Sicherheit der Menschen wieder in den Mittelpunkt der Politik stellen. Dazu gehört auch die Wiederherstellung der militärischen Verteidigungsfähigkeit unseres Landes.
Und damit – ich komme zum eigentlichen Thema zurück – werden wir den Menschen wieder das Vertrauen in die Politik zurückgeben. Sie werden sehen: Mit der Rückkehr dieses Vertrauens wird auch das populistische Angebot der AfD mit vermeintlich einfachen Lösungen an Attraktivität verlieren. Das beste Mittel gegen die AfD ist also gute Politik. Das gilt in Berlin, und das gilt auch auf Bundesebene. – Vielen Dank!
Dann gehe ich davon aus, dass Sie jetzt einverstanden sind, dass der Kollege Mirzaie seine Rede nachholt. – Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Vertreterinnen der demokratischen Parteien! Vielen herzlichen Dank! – Der Himmel ist grau, Gras ist grün, und die AfD ist rechtsextrem. Ich spreche wohl für viele von uns, wenn ich sage: Keiner dieser Fakten ist eine Überraschung. Als nach langem Warten endlich die Eilmeldung über die Hochstufung der AfD auf den Smartphones aufploppte, war das trotzdem eine gute Nachricht, denn es gibt jetzt Klarheit im öffentlichen Diskurs: Die AfD ist nicht ultrakonservativ, rechtspopulistisch oder in Teilen rechtsradikal. Nein, sie ist eine durch und durch gesichert rechtsextremistische Bestrebung, rassistisch und antidemokratisch. Das Bundesamt sagt ganz klar: Kern der Verfassungsfeindlichkeit der AfD ist ihr Angriff auf die Menschenwürde, genauer gesagt, die rassistische Unterscheidung in vermeintlich echte und unechte Deutsche sowie ihr abgrundtiefer Hass auf Musliminnen.
Doch wie viel Berliner AfD steckt eigentlich in der Hochstufung der Partei? – Im Gutachten des Verfassungsschutzes wird rund die Hälfte der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus namentlich genannt; ein beispielloser Vorgang in der Geschichte des Abgeordnetenhauses und zutiefst beschämend.
Ihre Fraktion beschädigt damit nicht nur das Image der eigenen Partei, sondern auch das Ansehen dieses Parlaments. Wären Sie in Ihrem eigenen Anspruch konsequent, Frau Brinker, würden Sie die sieben Personen entweder aus der Fraktion schmeißen oder selber zurücktreten.
Ein weiterer Effekt des Gutachtens: Es müssen jetzt dienstrechtliche Konsequenzen für Beschäftigte im Staatsdienst folgen – eine Aufgabe, vor der sich der Senat aktuell noch wegduckt, namentlich die Senatsverwaltung für Finanzen als federführendes Ressort. Aber es braucht hier jetzt klare Konzepte und Zuständigkeiten, wie mit Verfassungsfeinden im öffentlichen Dienst umgegangen wird.
Und, last but not least: Das Gutachten ist eine wichtige Vorarbeit und Materialsammlung für die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens. In unserem Antrag sprechen wir Grüne und Linke uns klar für dieses Verbotsverfahren aus. Der Senat muss gegenüber der Bundesregierung im Bundesrat auf ein solches Verbotsverfahren hinwirken, und zwar jetzt. Deshalb war ich zunächst optimistisch, als der Regierende Bürgermeister Kai Wegner sich offen gezeigt hat für ein AfD-Verbot. Doch meine Hoffnungen wurden jäh enttäuscht von Aussagen der CDU-Fraktion und der Justizsenatorin Badenberg. Die Senatorin steht einem AfD-Verbotsverfahren ablehnend gegenüber und will lieber erst mal abwarten, bis sich die AfD durch alle Gerichte geklagt hat. Damit wird Senatorin Badenberg ihrer Verantwortung als Verfassungssenatorin nicht gerecht.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ein Verbotsverfahren muss gut vorbereitet und auf seine Erfolgschancen geprüft werden, aber das kann nicht bedeuten, dass Abwarten und Prüfen zu einem Mantra werden, um die Einleitung eines Verbotsverfahrens bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschleppen. Das ist mit uns Grünen nicht zu machen!
Es ist schon komisch: Normalerweise reicht bei der CDU ja schon ein Fingerzeig des Verfassungsschutzes und Sie sind mit an Bord, aber bei der Hochstufung der AfD: