Protocol of the Session on May 22, 2025

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Ar

(Präsidentin Cornelia Seibeld)

tikel 1 und 2 der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Widerspruch höre ich dazu nicht. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zu der Gesetzesvorlage auf Drucksache 19/1352 empfiehlt der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke – die Annahme mit Änderungen.

Wer die Gesetzesvorlage gemäß der Beschlussempfehlung auf Drucksache 19/2442 annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDUFraktion, die SPD-Fraktion und die AfD-Fraktion. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke. Damit ist die Gesetzesvorlage so angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 19:

Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsverbot-Gesetz – ZwVbG)

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 19/1651

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung des Gesetzesantrags. In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Laatsch. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viele reden davon, dass wir einen Rückbau der Bürokratie bräuchten, und ich sage Ihnen: Die haben alle recht, tun aber nichts! Unser Antrag soll ein kleiner Anfang sein, den unsinnigsten aller Berliner Verwaltungsakte, die Abrissgenehmigung für Ein- und Zweifamilienhäuser, aus dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz zu streichen. Ziel dieser Abrissgenehmigung ist es, Wohnraum vor Abriss zu schützen, um ihn der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Hört sich gut an, ist es aber nicht.

Denn: Wer bitte reißt denn ein Haus ab, um eine grüne Wiese zu erzeugen? – So etwas machen vielleicht Ökoextremisten, aber doch keine Hausbesitzer.

[Tobias Schulze (LINKE): Es gibt genug Fälle!]

Selbst wenn man ein Haus nicht mehr nutzen wollte, will man es doch nicht abreißen, weil das Abreißen vermeidbare Kosten verursacht und damit Vermögenswerte zerstört.

Wer und warum reißt also ein altes Haus ab? – Wer neu bauen will, wer in der Regel mehr Wohnraum schafft und sogar mehr Wohneinheiten errichten will, wer also meist mehr Wohnraum schaffen will, und damit dem Wohn

raumangebot dient. Als wichtiger Nebeneffekt wird eine höhere Energieeffizienz – oder wie Sie sagen: mehr Klimaschutz – erreicht. Zwei Fliegen mit einer Klappe, würde der Volksmund sagen.

Was bedeutet es in Berlin, einen solchen Antrag zur Abrissgenehmigung stellen zu müssen? Wenn überhaupt, dürfte das höchstens zwei Tage dauern. – Nach Auskunft der Bezirksämter Neukölln und Tempelhof-Schöneberg sind diese mit mehreren Hundert Fällen per anno befasst, die letzten Endes alle genehmigt werden müssen. Diese Genehmigung dauert im Mittel acht Monate und bringt für die Behörden eine erhebliche und überflüssige Belastung mit. Eine Ablehnung solcher Anträge kommt in der Praxis praktisch nicht vor.

Die Konsequenz für den Bauherrn ist, dass er die Bereitstellungszinsen zahlen muss, die Baukosten inflationieren, unter Umständen hat der Bauunternehmer längst das Weite gesucht, weil er einen anderen Auftrag angenommen hat, und die Hypothekenzinsen sind davongelaufen. Bauen wird zum unkalkulierbaren Risiko. So etwas kann nur derjenige für angemessen halten, der nie im Leben ein Risiko übernehmen wird. Wie könnte man es besser machen und die Gemüter derer kühlen, die in Panik solche Gesetze schaffen, weil sie Sachverhalte eindeutig nicht verstehen? – Man bindet den Abriss an einen verbindlichen Neubauantrag, macht diesen also zur Bauverpflichtung, und allen ist gedient.

Wir sollten aufhören, über mehr Effizienz in der Verwaltung zu reden, und stattdessen mehr Effizienz schaffen. Mit diesem Antrag ist das kurz und schmerzlos möglich. Vielleicht entwickelt sich daraus sogar eine Freude, weiterzumachen und unsinnige Gesetze abzuschaffen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD]

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dr. Nas jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Zweckentfremdung und wie mit Wohngebäuden bis zu zwei Einheiten umzugehen ist, ist ein wichtiges Thema. Es ist auch ein Thema, das uns als CDU-Fraktion sehr beschäftigt. Der Antrag der AfD-Fraktion geht jedoch in die falsche Richtung. Es soll der Genehmigungsvorbehalt insgesamt abgeschafft werden. Dies wird mit Bürokratieabbau und mit falschen Zahlen begründet. Ich würde sagen, es sind wieder einmal Fake News durch die AfD.

So heißt es in dem Antrag: Der Genehmigungsvorbehalt betreffe mehrere Hundert Fälle pro Bezirk, zum Beispiel

(Präsidentin Cornelia Seibeld)

Neukölln und Tempelhof-Schöneberg. Eine aktuelle Stellungnahme der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen auf eine kürzlich gestellte Anfrage hat jedoch Folgendes ergeben: Für den Bezirk Neukölln wurden im Jahr 2024 insgesamt 28 Abrissanträge gestellt, von denen 25 den Abriss von Einfamilienhäusern und 3 den Abriss von jeweils zwei Wohneinheiten beinhalteten. Für den Bezirk TempelhofSchöneberg waren es auch nicht 100, sondern insgesamt 5 Anträge auf Abriss, also 5 Anträge insgesamt von Wohngebäuden und Nicht-Wohngebäuden. Für den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf waren es insgesamt 11 Abrissanträge.

Die AfD-Fraktion räumt selbst ein, dass diese Anträge regelmäßig genehmigt werden. Auch wenn Anträge genehmigt werden, bedeutet das nicht, dass man das behördliche Verfahren komplett abschafft. Man kann sich jedoch überlegen, ob man im Gesetz oder in der einschlägigen Verordnung eine grundsätzliche Genehmigungspflicht für bestimmte Einfamilienhäuser oder Zweifamilienhäuser regelt. Dies ist jedoch etwas anderes als das, was heute gefordert wird.

Wir als CDU-Fraktion und als Koalition setzen uns in jeder Hinsicht für den Bürokratieabbau ein. Bürokratieabbau lässt sich aber nicht im Klein-Klein realisieren, lieber Herr Laatsch. Gerade was den Bereich Bauen und Wohnen betrifft, hätte ich mir gewünscht, lieber Herr Laatsch, Sie hätten sich im Rahmen des Schneller-BauenGesetzes mehr eingebracht. Das haben Sie aber nicht. Wir haben eine Vielzahl von Gesetzen geändert, Genehmigungsfiktionen geschaffen, Prioritäten gesetzt und vieles mehr – nur war von Ihrer Fraktion wenig oder gar nichts zu hören. Dennoch haben wir als Koalition mit dem Schneller-Bauen-Gesetz große bürokratische Hürden abgebaut und gehen nun die große Verwaltungsreform an – und das ist gut so!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Florian Dörstelmann (SPD)]

Abschließend: Um Bürokratie abzubauen, so wie das hier gefordert wird, brauchen wir die AfD nicht; hier nicht und auch nicht woanders. – Ich danke Ihnen für das Zuhören!

[Beifall bei der CDU – Beifall von Dennis Buchner (SPD) und Florian Dörstelmann (SPD)]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Dann hat für eine Zwischenbemerkung der Abgeordnete Laatsch das Wort.

Danke, Frau Präsidentin! – Lieber Herr Dr. Nas, Ihnen als Juristen sollte man mehr Realitätssinn zumuten können.

Sie haben jetzt gerade 44 Fälle in drei Bezirken aufgeführt.

[Zurufe von Stefan Häntsch (CDU) und Dr. Ersin Nas (CDU)]

Berlin hat zwölf Bezirke. Rechnet man einmal pauschal hoch, ergibt das zusammen 178 Fälle. Daher ist schon das erste Mal Ihre Behauptung von Fake News komplett widerlegt. Jetzt kommt aber der eigentliche Höhepunkt, Herr Dr. Nas: Wenn Sie wüssten, wovon Sie überhaupt reden, dann hätten Sie gesehen, dass wir einen Änderungsantrag zum Schneller-Bauen-Gesetz gestellt haben, in dem genau dieser Antrag, den ich hier gerade vermeldet habe, enthalten war. Stellen Sie sich das einmal vor, Herr Dr. Nas! Nicht einmal das fällt Ihnen auf.

[Stefan Häntsch (CDU): Unverschämtheit! – Zuruf von Dr. Ersin Nas (CDU)]

Sie montieren monatelang an einem Schneller-BauenGesetz und haben keine Ahnung, was da debattiert wird und welche Änderungsanträge gestellt werden. Dann stellen Sie sich hier hin und haben die Chuzpe, von Fake News zu reden. Das ist doch erschreckend, Herr Dr. Nas. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD]

Dann hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Schmidberger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Mieterinnen und Mieter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wo Herr Dr. Nas recht hat, hat er recht: Wir brauchen dringend ein Abrissverbot für Mehrfamilienhäuser im Land Berlin.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Ich möchte noch einmal sagen, dass es ziemlich absurd ist. Wir haben zum Beispiel die absurde Situation: Das weiß ich aus einem Bezirk, in dem ein Einfamilienhaus abgerissen wurde, ohne eine Genehmigung zu haben. Wissen Sie, wie viel Strafe der Eigentümer zahlen musste, weil er einen größeren Garten haben wollte? – Er hat 500 Euro dafür bezahlt.

[Harald Laatsch (AfD): Aus dem Paulanergarten!]

Übrigens haben wir bei Mehrfamilienhäusern ähnliche Fälle, wie zum Beispiel auch in der Jagowstraße 35, in der Leute mürbe gemacht werden, Mieterinnen und Mieter verdrängt werden, damit ein teurerer Luxusneubau neben dem Ersatzwohnraum entstehen kann. Auch das sind Probleme, lieber Herr Dr. Nas, liebe Koalition, um die Sie sich dringend kümmern müssen.

(Dr. Ersin Nas)

Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag unter anderem geschrieben, dass der Fokus auf Umbau und Sanierung anstelle von Abriss liegt. Ich würde Sie bitten, das, was in Ihrem Koalitionsvertrag steht, auch einmal umzusetzen. Sie haben auch hier von einer Reform des Zweckentfremdungsverbots gesprochen. Sie wissen ganz genau, dass gerade in den Bezirken die Leute, die gegen Zweckentfremdung, auch gegen Abriss, vorgehen, das Problem haben, dass sie in sehr langen Verwaltungsverfahren feststecken und oft auch gar nicht handeln können, solange die Gerichte nicht entschieden haben. Deswegen sollten wir die Rede der Faschisten hier zum Anlass nehmen, um in die Gänge zu kommen. Wir brauchen dringend eine Reform des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Aydin das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz ist ein wichtiges Instrument, um Wohnungsbestand in Berlin zu schützen. In vielen europäischen Städten beobachten wir, dass in manchen Stadtteilen ganze Häuser nicht mehr zum Wohnen genutzt werden, sondern ein Flickenteppich an Ferienwohnungen entstanden ist. Der soziale Zusammenhalt in den Kiezen geht so verloren, Menschen werden verdrängt und Mietpreise steigen. Deswegen ist es gut, dass wir dieses Gesetz in Berlin seit nunmehr zehn Jahren haben, denn das Gesetz verbietet, dass Wohnungen längerfristig leer stehen, dass sie für andere Zwecke, insbesondere Ferienwohnungen, verwendet und ohne Genehmigung abgerissen werden.

Seit das Gesetz vor zehn Jahren wieder eingeführt wurde, konnten circa 28 000 Mietwohnungen dem regulären Wohnungsmarkt zugeführt werden. Außerdem begrüßen wir als SPD-Fraktion sehr, dass das Oberverwaltungsgericht im September 2023 geurteilt hat, dass auch Wohnungen, die bereits vor dem Erlass des Verbots im Jahr 2014 zweckentfremdet wurden, wieder auf den Mietwohnungsmarkt zurückgeführt werden. Hier liegt noch ein größeres Potenzial für die Rückführung von Wohnraum in den regulären Wohnungsmarkt, und hier stehen die Bezirke vor der Aufgabe, die Möglichkeiten des Zweckentfremdungsverbot-Gesetzes auszuschöpfen.