Protocol of the Session on November 7, 2024

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Dann hat der Kollege Goiny die Gelegenheit zu erwidern.

Herr Präsident! Lieber Herr Kollege! Wir nehmen als Parlamentarier natürlich allumfassend unsere Rechte wahr, auch in der Koalition. Und wenn man so eine schlechte Opposition hat, dann muss man eben auch mal selber auf die Dinge hinweisen, die vielleicht nicht so gut laufen. Aber es sind ganz wenige, deswegen sage ich Ihnen ja: Wir sind dabei, diesen Haushalt in Ordnung zu bringen.

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Als damals die Coronakredite in Höhe von 10 Milliarden Euro kamen, haben wir sie als Opposition übrigens po

litisch mitgetragen. Wir haben uns also staatstragender verhalten als Sie heute.

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE) – Tobias Schulze (LINKE): Warten wir mal das Wochenende ab!]

Sie machen sich hier vom Acker und sagen: Diese ganzen Ausgabesituationen – inklusive der vielen Hunderten von Millionen Euro für die Flüchtlingsunterbringung –, das ist alles schwarz-rote Misswirtschaft. – Das finde ich auch ziemlich bemerkenswert, dass Sie sich hier hinstellen und uns das als haushaltspolitisches Versagen vorwerfen. Ich glaube, wir haben hier in dieser Stadt eine gesamtpolitische Verantwortung für all die Herausforderungen und Risiken. Umgekehrt muss man natürlich auch mit der Stadtgesellschaft, mit einzelnen Bereichen diskutieren, wo künftig weniger ausgegeben werden kann, weniger ausgegeben werden muss.

[Tobias Schulze (LINKE): Wäre schön, wenn Sie diskutieren würden!]

Sie haben – als letztes Beispiel – noch die Investitionsplanung angesprochen. Die Investitionsplanung hat dazu geführt, dass Sie zwar mehr Geld hineingepackt haben, es ist doch aber gar nicht mehr gebaut worden. Weil die Planungsprozesse und das ganze Bauverfahren so kompliziert und aufwändig sind, wird mit dem Geld gar nicht mehr gebaut, sondern es wird nur teurer gebaut. Um noch ein abschließendes Beispiel zu nennen: Mit dem Schneller-Bauen-Gesetz sind wir deswegen auch hier dabei, dafür zu sorgen, dass jeder Euro, der in die Investitionsmittel und in die Investitionsplanung gesteckt wird, tatsächlich auch effizienter genutzt werden kann.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Solche Reformprozesse, die am Ende ja auch kostendämpfend wirken, sind Sie doch gar nicht angegangen. Deswegen kann ich nur noch einmal mahnen: Kommen Sie hier mal wieder zu einer soliden Debatte zurück, statt solche Märchen zu erzählen, wie Sie sie hier eben zweimal vorgetragen haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sagt der Richtige!]

Für die Linksfraktion spricht jetzt der Kollege Zillich. – Bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Haushaltssituation und die haushaltspolitischen Herausforderungen dieser Stadt sind ernst, sie sind seriös, sie sind sehr groß. Ernst und seriös ist die Umgehensweise des Senats und der Koalition mit diesem Problem allerdings nicht.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Finanzplanung, die wir hier vorliegen haben, ist Makulatur, und sie reiht sich damit in die finanz-politischen Nicht-Entscheidungen der Koalition ein. Ja, sie stellt eine Analyse auf – darüber kann man noch in dem einen oder anderen Punkt streiten, das ist aber gar nicht der Punkt. Ja, sie stellt allgemeine Prinzipien auf. Ja, sie versucht sogar, haushaltspolitische Eckwerte aufzustellen. Sie sagt: Hier sind wir, da müssen wir hin, also machen wir einen Strich durch, direkt runter.

[Heiterkeit von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Was sie aber nicht macht, ist, das auch nur in irgendeiner Form mit der Realität, mit der wirklichen Welt in Beziehung zu setzen. Sie ist eben keine Planungsgrundlage für den Senat. Diese Aufgabe erfüllt sie nicht, weil sie nichts mit der Realität zu tun hat.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Jetzt entgegnet die Koalition ab und an: Na, das war doch klar. Der Herbst der Entscheidungen ist doch noch gar nicht zu Ende. Wir treffen die wichtigen Entscheidungen doch erst auf unseren Klausuren.

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Mal abgesehen davon, dass ein Fehler nicht dadurch besser wird, dass man ihn ankündigt,

[Lachen von Ronald Gläser (AfD)]

verkennt diese Argumentation, dass eine Finanzplanung kein irgendwie fakultatives Goodie ist. Es ist eine verfassungsmäßige Pflicht des Senats, Transparenz gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit darüber zu schaffen, wie die finanziellen Planungsgrundlagen sind.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Richtig!]

Genau das wird hier nicht erfüllt; das wird hier verweigert.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass zu dieser verfassungsmäßigen Pflicht auch die Vorlage eines Investitionsprogramms gehört. Darauf verzichten Sie bislang gleich ganz.

[Beifall bei der LINKEN]

Trotzdem ist es interessant, was Sie wieder gesagt haben, Kollege Goiny. Ich will noch einmal auf die Legendenbildung eingehen: Die Probleme kämen ja von anderen, und Sie würden sich ja bemühen, und so schnell ginge das ja nicht. – Ich habe an den Koalitionsverhandlungen im Jahr 2020/2021 teilgenommen. Auch da war schon die Rede von einer drohenden Abbruchkante und von einem Auseinanderlaufen von Ausgaben und Einnahmen. Die damalige Koalition hat sich deswegen auf einen finanzpolitischen Rahmen geeinigt, der genau das verhindern sollte. Sie hatte eine finanzpolitische Leitlinie.

[Anne Helm (LINKE): So ist es!]

Über diese Leitlinie – das muss man zugestehen – sind Inflation und Energiekrise hinweggegangen. Vor jeder

(Christian Goiny)

politischen Formation hätte die Aufgabe bestanden, eine neue Leitlinie zu finden, die in der Realität trägt. Die jetzige Koalition hat in ihren Koalitionsverhandlungen darauf verzichtet. Da war Ihnen die machtpolitische Kür wichtiger als die finanzpolitische Pflicht, die Realität in Ihre Planungen hereinzuholen. Der Kollege Schulze hat genau das ja gerade illustriert. Es ist Verantwortungs- und Entscheidungsverweigerung.

Dann haben Sie einen Haushalt beschlossen: Erst hat ihn der Senat aufgestellt, dann hat ihn die Koalition beschlossen. Da sind Sie herangegangen und haben gesagt: Ja, da hat ja irgendjemand anders viele Monate vorher ein Aufstellungsrundschreiben herausgeschickt. Da kann es doch jetzt nicht unsere Aufgabe sein, einen Haushalt zu beschließen, der als Planungsgrundlage taugt! – Und Sie haben sich entschlossen, einen Haushalt zu beschließen, der Makulatur ist. Wir haben es gesagt: Es ist Entscheidungsverweigerung und Verantwortungsverweigerung.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Seitdem haben wir hier eine Situation von Verunsicherung, eine Situation von Auskunftsverweigerung gegenüber dem Parlament, und jetzt sind Sie auch noch so frech und machen aus dieser selbst verschuldeten Not von Verantwortungsverweigerung, Entscheidungsverweigerung und Zeitverschwendung eine Tugend der Verantwortungsbereitschaft und Entscheidungsbereitschaft. Jetzt, in den Nächten der langen Messer, werden Sie alles machen, behaupten Sie – auch schon im Vorgriff. Das ist doch absurd, und damit werden Sie natürlich auch nicht durchkommen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Trotzdem ist es vielleicht ganz interessant, einen Punkt in dieser Finanzplanung mal nachzulesen. Es wird ja immer behauptet in Ihren Reden: Jeder Stein wird umgedreht. Alle Möglichkeiten werden genutzt. – Ausweislich dieser Planung des Senats kann man sagen: Das stimmt nicht. Sie nutzen nicht jede Ressource, um diesen Haushalt tatsächlich zum Ausgleich zu bringen. Und da hören Sie jetzt mal gut zu in der Koalition: Der Senat – –

Herr Kollege, Sie müssten zum Schluss kommen.

Ich komme damit zum Schluss. – Der Senat plant mit diesem Senatsbeschluss nicht, die Möglichkeiten zur konjunkturellen Kreditaufnahme zu nutzen, die ihm Zeit bringen würden, um genau hier einen Haushaltsausgleich zu schaffen: eine Milliarde Euro in diesem Jahr, über eine halbe Milliarde Euro im nächsten Jahr, einen dreistelligen Millionenbetrag in den folgenden Jahren. Da bin ich mal gespannt, wie Sie das jetzt Ihren Fachpolitikern erklären, die auf all ihre schönen Sachen verzichten müssen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann folgt für die SPD-Fraktion der Kollege Heinemann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man der Debatte gefolgt ist, stellt man fest, dass sie am Anfang ja sehr krawallig war. Herr Schulze hat auf dem aufgeräumten Schreibtisch wahrscheinlich wieder sehr viele Sachen liegen, und die hat er hier auch vorgetragen. Trotzdem war mir das zu krawallig und zu sehr Schwarzmalerei, weil die Stadt nicht in Trümmern liegt. Man müsste sich ja Sorgen machen, wenn man hier das Haus verlässt, dass die Stadt in Trümmern liegt, wenn man Herrn Schulze folgt.

Über was reden wir hier? – Erst mal reden wir hier über einen gültigen Haushalt, der über zwei Jahre läuft. Es ist auch ein Rekordhaushalt: Noch nie gab es in Berlin einen Haushalt, der ein größeres Volumen hatte.

[Dr. Hugh Bronson (AfD): Noch nie gab es so viele Schulden!]

Deswegen muss man sich hier um die Zukunft der Stadt insgesamt überhaupt gar keine Sorgen machen.

[Zuruf von Tobias Schulze (LINKE)]

Wenn ich das mal in Relation zum Anfang unserer Debatte setze, in der wir heute über 35 Jahre Mauerfall gesprochen haben, müssen wir doch sagen, dass wir von 1989 bis heute sehr viel geschafft haben, die Stadt eine ganz andere ist, eine Stadt der Freiheit, eine Stadt der Vielfalt, eine viel sozialere Stadt. Und natürlich hat die Stadt in Ost und West auch ein anderes Gesicht, weil wir hier in den vergangenen 35 Jahren auch massiv investiert haben, und die Stadt steht gut da. Das kann man an so einem Tag wie dem 9. November auch sagen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]