Protocol of the Session on October 17, 2024

Antrag der Fraktion Die Linke Drucksache 19/1951

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und das mit dem Kollegen Schenker. – Bitte schön!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Thema des Antrags komme, sage ich etwas zu dem Thema, das für mich tatsächlich der Aufreger des Monats ist. Ich will es noch mal zusammenfassen: Vonovia prellt das Land Berlin bei der Übernahme der Deutschen Wohnen inmitten der Haushaltskrise um mehrere 100 Millionen Euro, erhöht die Mieten stärker als mit dem Senat vereinbart, und der Regierende Bürgermeister stellt sich hin und sagt: Ich finde es eigentlich gut, dass wir Vonovia in Berlin haben. – Er will weiter zusammenarbeiten, hält an der Zusammenarbeit im Wohnungsbündnis fest und verweigert die Vergesellschaftung. Ich frage mich wirklich, in wessen Interesse diese Regierung Politik macht. Es kann nicht das Interesse von 85 Prozent der Haushalte in Berlin sein, die zur Miete wohnen.

Denn die Situation auf dem Wohnungsmarkt wird von Tag zu Tag immer schlimmer. 310 000 Menschen, das hat meine neue Schriftliche Anfrage gezeigt, konnten ihre Wohnung 2023 aus Geldmangel nicht mehr angemessen heizen. Laut dem Immobilienverband IVD werden reguläre Wohnungen mit unbefristeten Mietverträgen eigentlich nur noch unter der Hand vergeben, und auf den zahlreichen Mieterversammlungen, die wir als Linke gerade organisieren, hören wir immer wieder dieselben Probleme: Viele Wohnungsunternehmen erhöhen die Miete, und auch die landeseigenen sparen bei der Instandhaltung. Aufzüge funktionieren nicht mehr, Heizungen sind kaputt, und die Wohnungen schimmeln den Mietern unter den Händen weg.

Was macht der Senat? Anstatt sich um die Probleme zu kümmern, die Mieten zu deckeln und für ordentliche Wohnverhältnisse zu sorgen, drehen CDU und SPD im großen Stil selbst an der Mietenspirale mit. Bereits zu Beginn des nächsten Jahres werden die Mieten in 100 000 landeseigenen Wohnungen erneut deutlich steigen. Nur zur Erinnerung: Für 170 000 landeseigene Wohnungen sind die Mieten bereits gestiegen, und zwar in diesem Jahr.

Während wir unter Rot-Grün-Rot alles dafür getan haben, die Mieten bei den landeseigenen Unternehmen zu deckeln und einen Mietenstopp durchzusetzen – bei Corona und bei der Energiepreiskrise – sorgen CDU und SPD innerhalb von nicht einmal zwei Jahren für 270 000 Mieterhöhungen um bis zu 11 Prozent – was für eine traurige Bilanz schwarz-roter Wohnungspolitik!

[Beifall bei der LINKEN]

Im Fokus der neuen Mieterhöhungswelle sind vor allem die Wohnungen mit besonders niedrigen Mieten, unter 7 Euro pro Quadratmeter. CDU und SPD machen also

(Robert Eschricht)

genau die bezahlbaren Wohnungen teurer, von denen es in unserer Stadt ohnehin nur noch zu wenige gibt. Dieser Schritt wird vor allem die Menschen mit besonders niedrigen Einkommen hart treffen. Hören Sie endlich damit auf, die Stadt für Menschen mit wenig Geld unbezahlbar zu machen! Nehmen Sie die Mieterhöhungen zurück, und vereinbaren Sie einen Mietenstopp!

[Beifall bei der LINKEN]

Aber diese Senatspolitik gegen die Interessen der ärmsten Mieterinnen und Mieter hat halt System. Unter SchwarzRot fallen jetzt immer mehr Sozialwohnungen aus der Bindung, und auch da schaut der Senat tatenlos zu. Schlimmer noch, wir haben heute Morgen vom Senator gehört: Es gibt zwar immer mehr Fälle, bei denen Sozialwohnungen einfach verschwinden, und niemand weiß, ob da noch andere Fälle kommen, aber so richtig ernst nehmen will man das Problem nicht. Herr Kollege Nas hat gestern im Tagesspiegel erklärt, er wisse noch nicht, ob es höhere Strafen bei Vertragsbrüchen überhaupt brauche. Klären Sie auf, wo die verschwundenen Sozialwohnungen sind und ob es noch weitere Fälle gibt! Verschärfen Sie die Strafen bei Vertragsbrüchen, und legen Sie diesen Immobiliengangstern endlich das Handwerk!

[Beifall bei der LINKEN]

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, meine Hoffnungen auf den Senat, die Probleme wirklich anzugehen, sind begrenzt. Ich habe es ja angedeutet: Dieser Senat kuschelt lieber mit den Konzernen, statt für die Interessen der Mieterinnen und Mieter einzustehen, und das zeigt sich auch bei der aktuellen Mieterhöhungswelle. Denn warum erhöhen die Landeseigenen jetzt die Mieten? Ganz einfach: Sie wollen die Mieterinnen und Mieter für den teuren Neubau und die Modernisierungen bezahlen lassen. Gehen die Landeseigenen diesen Weg weiter, werden ihre Wohnungen nicht nur immer teurer, sondern der kommunale Wohnungsbestand verliert insgesamt die mietpreisdämpfende Wirkung für den gesamten Wohnungsmarkt.

Wir als Linke wollen das genaue Gegenteil: Wir wollen bezahlbare Wohnungen in öffentlicher Hand, und wir wollen einen Mietendeckel für die landeseigenen Unternehmen und für alle Wohnungen in Berlin.

[Beifall bei der LINKEN]

Aber wir sind nicht einfach nur gegen hohe Mieten, wir schlagen auch funktionierende Alternativen vor. Ich habe Ihnen das schon häufig dargestellt. Wir haben ja bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen die Situation, dass die verschiedene Aufgaben haben. Die müssen eigentlich die Mieten bezahlbar halten. Sie müssen viele neue, bezahlbare Wohnungen bauen. Sie müssen energetisch modernisieren und eigentlich auch schneller und besser und effektiver als andere Wohnungsunternehmen, und die müssen auch noch in die Kieze investieren. Dass das vorne und hinten wirtschaftliche Probleme verursacht und vielleicht nicht aufgeht, sehen wir auch. Genau deswegen haben wir Ihnen Alternativen vorgeschlagen.

Bisher funktioniert das bei den Landeseigenen so, dass der teure Neubau aus den Mieten finanziert wird, und das wird vorne und hinten nicht aufgehen. Deswegen haben wir schon vor über einem Jahr das Zauberwort Transaktionskredite vorgeschlagen, also eine Finanzierung des bezahlbaren kommunalen Neubaus durch die direkte Zuführung von Eigenkapital. Das geht trotz Schuldenbremse. So können wir 75 000 dauerhaft bezahlbare Wohnungen neu bauen und die Mieten im Bestand bezahlbar halten.

Offenbar ist diese Idee so gut, dass Finanzsenator Evers, wenn man das so verstehen darf, offenbar selbst Teile davon übernehmen will. – Herzlichen Glückwunsch! Auch ein blindes Huhn findet mal ein Horn, äh Korn – vielleicht auch ein Horn, aber zumindest ein Korn.

[Heiterkeit]

Zu guter Letzt noch mal ein paar Worte in Richtung der SPD, die jetzt wieder eine mietenpolitische Revolution fordert, aber offenbar vergessen hat, wer eigentlich in der Senatsverwaltung für Wohnen sitzt, und wen man da bei einer Revolution bestürmen müsste. Ich weiß nicht, ob Sie sich da schon mal ausgetauscht haben, aber gut. Aber wenn die SPD es ernst meint – ganz heißer Tipp, was man jetzt sofort machen könnte: Stoppen Sie die Mieterhöhungen bei den Landeseigenen, legen Sie ein Gesetz zur Vergesellschaftung vor, und unterstützen Sie die Bezirke bei der Verfolgung von Mietwucher! Viel Glück dabei!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von André Schulze (GRÜNE)]

Dann folgt für die CDU-Fraktion der Kollege Dr. Nas.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mieterhöhungen sind nicht schön. Keiner möchte freiwillig mehr Miete bezahlen. Politik können wir jedoch nicht mit Wünschen gestalten.

[Anne Helm (LINKE): Da können wir wohl nichts machen!]

Politik bedeutet, Verantwortung für alle Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen und, ja, zu fragen, warum Mietanpassungen notwendig sind.

[Anne Helm (LINKE): Sie haben ja nicht sehr hohe Ansprüche an sich selbst!]

Sie lehnen einen Mietanpassung ab und fordern, dass Lücken durch weitere Steuergelder gestopft werden sollen. Es war in der Vergangenheit leider so, liebe Linkefraktion, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen keine Mietanpassung durchführen konnten. Mit der Kooperationsvereinbarung haben wir dafür gesorgt, dass

(Niklas Schenker)

geringfügige Mietanpassungen wieder möglich sind, in der Summe 2,9 Prozent pro Jahr. Aber wir haben auch dafür gesorgt, dass gerade Geringverdiener nicht mehr zahlen sollen als 27 Prozent ihres Haushaltseinkommens – das sogenannte Leistbarkeitsversprechen, von dem Sie heute gar nicht gesprochen haben.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Aber nur für WBS-Empfänger!]

Nun zu der Frage: Warum diese Mietanpassungen? – Sie haben in einem Nebensatz gesagt, die landeseigenen Wohnungsunternehmen sollen auch investieren. Sie sollen Instandsetzungsarbeiten durchführen. Sie sollen soziale Struktur schaffen. Ich war gestern bei der Feier zum 60-jährigen Jubiläum der GESOBAU AG. Es wurde von allen Rednerinnen betont, wie wichtig es ist, starke Wohnungsgesellschaften zu haben. Nur starke Wohnungsgesellschaften können für Wohnqualität in den Quartieren sorgen.

Es ist wichtig, dass unsere Wohnungsgesellschaften finanziell in der Lage sind, wieder Investitionen zu tätigen. Es ist wichtig, dass unsere Gesellschaften in der Lage sind, Instandsetzungsarbeiten ohne Kredite durchzuführen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Genau, da kann auch applaudiert werden! – Ja, es ist auch wichtig, dass unsere Gesellschaften die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Gewerbetreibende, Bäcker, Schlosser und viele mehr, in den Quartieren angesiedelt werden. Ja, es ist wichtig, dass unsere Gesellschaften in der Lage sind, die Spielflächen zu sanieren, Grünflächen zu pflegen und damit für eine deutlich höhere Wohnqualität zu sorgen. All das sind Werte und Verhältnisse, die Sie in den vergangenen Jahren nicht ermöglicht haben und ermöglichen wollen. Das holen wir jetzt nach.

Ich rate Ihnen: Sprechen Sie mit den Mieterinnen und Mietern vor Ort. Sie reden ja von Mieterinitiativen. Sprechen Sie doch mit den Mietern der landeseigenen Wohnungsunternehmen!

[Niklas Schenker (LINKE): Die freuen sich schon richtig auf Mieterhöhungen!]

Auch die Statistiken bestätigen, dass sich circa 80 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner eine bessere Wohnqualität und gute Wohnverhältnisse wünschen. Nur bei wenigen geht es um Mietanpassungen oder Mieterhöhungen. Aber auch dort haben wir mit unserem Leistungsversprechen dafür gesorgt, dass Menschen nicht übermäßig belastet werden.

Diese Mietanpassungen kommen wieder den Mietern zugute. Keiner will sich hier bereichern. Eine Umverteilung der zusätzlichen Kosten auf die übrigen Steuerzahler lehnen wir ausdrücklich ab. – Ich danke Ihnen für das Zuhören!

[Beifall bei der CDU]

Dann folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Schmidberger. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also, Herr Dr. Nas, Sie haben natürlich in dem einen Punkt recht, dass es durchaus Mieterinnen und Mieter bei den landeseigenen Wohnungsunternehmen gibt, die mehr Miete bezahlen können; ich kenne davon auch einige. Was Sie aber jedes Mal verkennen, ist, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen auch eine mietpreisdämpfende Wirkung für die ganze Stadt haben müssen. Und das ist eben auch der Punkt, um den es heute gehen muss.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Sie selber lesen ja bestimmt auch in Immobilienzeitungen und sprechen mit Menschen aus der Immobilienwirtschaft. Die sagen alle, die Krise ist jetzt langsam überstanden, die Umsätze steigen wieder, die Preise steigen. Im Gegensatz dazu befinden sich aber die meisten Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt noch in einer Krise und müssen meiner Meinung nach dringend entlastet werden. Es kann nicht sein, dass Schwarz-Rot diese mietpreisdämpfende Wirkung für die ganze Stadt zum Nachteil der Mieterinnen und Mieter aufs Spiel setzt.

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen müssen übrigens auch, Herr Dr. Nas, Vorbild sein. Dafür kann man sich nicht feiern, sondern die sollen Vorbild sein, damit andere Vermieterinnen und Vermieter es auch tun. Die sollen Vorbild sein, damit sich Vonovia vielleicht doch mal irgendwann an das Wohnungsbündnis hält; wobei, ich glaube auch nicht mehr daran.

Und Mieterhöhungen von knapp 9 Prozent: Erklären Sie mal den einzelnen Betroffenen – ich schicke gerne auch mal welche zu Ihnen –, dass 9 Prozent Mieterhöhung einfach so verkraftbar ist!

Ich finde es auch, ehrlich gesagt, eine krasse Täuschung. Ich weiß noch, damals, als die neue Kooperationsvereinbarung kam, wurde hier groß posaunt, auch von der SPD: Wir reden über maximal 2,9 Prozent Mieterhöhung. – Danach kam das kleine Detail dazu, dass es um unternehmensweite Mieterhöhung geht. Also wenn man sich da als Mieterin und Mieter mit einer 9-prozentigen Mieterhöhung nicht veräppelt fühlt, dann weiß ich auch nicht.

Mein Problem ist es nicht, es ist Ihr Problem. Sie sagen ja immer, wir sollen mit den Mieterinnen reden. Ich frage mich: Tun Sie das auch? – Wenn Sie mal mit denen in

(Dr. Ersin Nas)

Spandau sprechen – wir können die ja auch mal zusammen besuchen –, oder auch in Lichtenrade bei der GEWOBAG, oder auch in Kreuzberg bei der GEWOBAG, die übrigens auch überhöhte Heizkosten ohne Ende bezahlen – da frage ich mich schon, warum Sie für diese Mieterinnen und Mieter kein Herz haben.

[Zuruf von Stefan Häntsch (CDU)]