Das Schlimmste daran ist: Die Behinderung von Betriebsräten erfolgt immer ungenierter und professioneller. Es gibt inzwischen ganze Anwaltskanzleien und Unternehmensberatungen, die Seminare für Arbeitgeber anbieten. Ich habe mich mal umgeschaut, wie die Titel so lauten. Ich habe zum Beispiel ein Seminar mit dem Titel „Die häufigsten Betriebsratssünden und die richtigen Reaktionsmöglichkeiten“ gefunden.
Natürlich, und es ist mir wichtig, das an dieser Stelle zu betonen, gibt es auch sehr vorbildliche Unternehmen, wo die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern großgeschrieben werden. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel haben viele Unternehmen erkannt, dass zur Attraktivität eines Arbeitsplatzes nicht nur eine vernünftige Bezahlung gehört, sondern auch gute Bedingungen für die Arbeit, selbstverständlich auch betriebliche Mitbestimmung. Viele Betriebe, in denen ein Betriebsrat zulässig wäre, haben heutzutage aber keinen mehr; die Zahl ist rückläufig. Es gibt leider immer weniger Betriebsräte. Wir wollen, dass sich das wieder ändert.
Union Busting ist ein Phänomen, das es rechtlich gesehen nicht einmal geben dürfte. Im Betriebsverfassungsgesetz ist die Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gesetzlich geschützt. Wer die Wahl oder die Arbeit eines Betriebsrats behindert, muss mit Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe rechnen. Das ist aber nur Theorie. Die Realität sieht leider anders aus. Zu Verurteilungen kommt es kaum. Ein Grund dafür ist neben der schwierigen Beweislage die Tatsache, dass die betreffende Norm im Betriebsverfassungsgesetz eben nur ein Antragsdelikt ist, kein Offizialdelikt. Es wird also leider nicht von Amts wegen verfolgt, sondern nur auf Antrag. Dies soll jetzt auf Bundesebene geändert werden. Die Ampelkoalition im Bund strebt genau dies an. Es gibt schon eine Gesetzesvorlage aus dem Bundesarbeitsministerium. Das ist gut.
Wir sind nun hier im Berliner Abgeordnetenhaus, wir überlegen uns also, was wir auf Landesebene in Berlin machen können. Auch in Berlin gibt es kaum Verurteilungen, wenn Unternehmen Betriebsräte verhindern. Die im Gesetz vorgesehenen Sanktionen werden selten umgesetzt. Obwohl sie ganz offensichtlich gegen geltendes Recht verstoßen, kommen auch in Berlin Unternehmen oft straffrei davon, denn die Beweislage ist schwierig. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte lehnen solche Verfahren manchmal mangels öffentlichem Interesse ab. Außerdem kennen sie sich mit der schwierigen Spezialmaterie des Arbeitsrechts oft nicht gut genug aus, was kein Wunder ist, denn nicht jeder Staatsanwalt, jede Staatsanwältin hat das Fachgebiet Arbeitsrecht studiert.
Was wir hier in Berlin für die Betriebsräte tun können, ist, die Staatsanwaltschaft besser zu schulen und eine Spezialisierung zu erreichen. Problematisch ist nämlich auch, dass es bei den Staatsanwälten und Staatsanwältinnen zu wenig Sachkenntnis zu diesem wichtigen Thema gibt.
Hier setzt unser Antrag an. Demokratische Mitbestimmung in Unternehmen ist uns wichtig. Gerade – und ich komme zum Schluss – in wirtschaftlich angespannten Zeiten darf die Mitbestimmung in Unternehmen nicht unter die Räder kommen. Dafür setzen wir uns ein, dem dient unser Antrag, die Betriebsräte in Unternehmen zu stärken. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank für den vorlaufenden Applaus! Ich hoffe, das wird mehr im Laufe der Rede.
Ich darf Ihnen mitteilen: Die FDP hat schon vor vielen Jahren das Betriebsverfassungsgesetz in diesem Land mitgeprägt, denn die Arbeitnehmerrechte waren und sind den Freien Demokraten immer wichtig gewesen.
Daher ist es nicht falsch, strafrechtlich relevante Verstöße hier auch konsequent zu verfolgen. Wir gehen aber davon aus, dass in einem demokratisch verfassten Rechtsstaat wie dem unseren jede Straftat konsequent verfolgt wird, und wir fragen uns, warum das Thema gerade jetzt, nämlich vor einer eventuell anstehenden Wahl, und in dieser
von der Linken so hervorgehoben wird. Die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften sollte doch Kriminalitätsformen vorbehalten bleiben, die plötzlich und besonders virulent hier auftreten.
Wir haben in der Debatte heute schon gehört, dass eine ganz geringe Zahl von Strafanzeigen überhaupt erstattet wurde. Die Berliner Freien Demokraten trauen sämtlichen unserer in der Staatsanwaltschaft Berlin beschäftigten Juristen zu, auch die neudeutsch Union Busting genannten Gesetzesverstöße rechtskonform abzuarbeiten.
Nein, das brauchen wir jetzt nicht. – Es wäre wahrscheinlich wesentlich sinnvoller, dafür freiwillige Fortbildungen anzubieten – wir haben nämlich nicht nur kluge Staatsanwälte, wir haben auch Staatsanwälte, die sich gerne fortbilden –, die von den mit diesen Problemen befassten Mitarbeitern sicher gerne angenommen werden. Die funktionierende Stadt Berlin braucht lösungsorientiertes Handeln und keine ins Schaufenster gestellten Problembeschreibungen.
Wenn Sie Schwerpunktstaatsanwaltschaften bilden möchten: Wir haben hier mittlerweile Hunderte von Straftaten, Hunderte von Verfahren, wo die sogenannten Klimaaktivisten – ich nenne sie inzwischen Klimakriminelle – Menschen, die in dieser Stadt ihrem Lebensunterhalt nachgehen möchten, stundenlang auf der Autobahn in ihren Fahrzeugen einsperren. Da müsste man schneller und konsequenter vorgehen. Ich frage mich nur, ob es auch politisch gewollt ist, hier dem Rechtsstaatsprinzip Genüge zu tun.
[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Karsten Woldeit (AfD) und Marc Vallendar (AfD)]
dann gehe ich auch wirklich essen. Ich rufe keine Gorillas und kein Lieferando, ich gehe in ein Restaurant. Das ist vielleicht meinem Alter geschuldet, aber wenn das jeder macht, dann löst sich dieses Problem in gewisser Weise marktwirtschaftlich von selbst.
Vielleicht noch eine schlechte Nachricht für meine Vorredner: Man hat mich vor meiner Rede hier darüber informiert, dass im Koalitionsvertrag – vielen Dank insbesondere an die SPD, die sich da mit der FDP zusammen hervorgetan hat – der Ampelregierung auf Bundesebene steht, dass man diese strafrechtlichen Verstöße nach dem Betriebsverfassungsgesetz in Zukunft zu Amtsdelikten erklären will. Es ist mir also ein Vergnügen gewesen, Ihnen heute meine Meinung mitzuteilen, und ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag! – Danke!
Vielen Dank, Herr Kollege! – Dann hat für eine Zwischenbemerkung Kollege Schlüsselburg jetzt das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Krestel! Da Sie die Zwischenfrage nicht zugelassen haben, mache ich es jetzt über das Instrument der Kurzintervention: Ihre Rede gerade war ein Musterbeispiel dafür, wie man am Anfang eine positive Erwartungshaltung aufbaut und sie dann selber mit seinen eigenen Worten ins Bodenlose zusammenreißt. Unfassbar!
Sie haben sich hier am Anfang hingestellt und haben mit Verweis auf die traditionsreiche Geschichte der freiheitlichen demokratischen Partei gesagt:
Wir sind hier die Gralshüter der betrieblichen Mitbestimmung –, um dann zu sagen, dass dieser Antrag an der Stelle überflüssig ist, und am Ende sogar noch auf die zu erwartende Rechtsänderung auf Bundesebene zu kommen, für deren Durchsetzung das Instrument, das wir hier einführen, besonders sinnvoll ist.
Dieses Maß an Schizophrenie habe ich hier wirklich selten erlebt und die Widersprüche, die Sie in Ihrer eigenen Rede hatten.
Noch mal zur Aktualität: Aufwachen, Herr Krestel! Sie sind rechtspolitischer Sprecher Ihrer Fraktion.
Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass es heute um 9.29 Uhr eine Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts gegeben hat, wo es genau um diesen Fall des Union Bustings geht? Haben Sie Frau Vandrey zugehört, die darauf eingegangen ist? Haben Sie Herrn Valgolio zugehört, der genau auf diese Situation eingegangen ist? – Dieser Antrag hier ist so aktuell wie selten, er ist tagesaktuell.
Stattdessen stellen Sie sich hier hin und machen Whataboutism und versuchen, irgendwas zu schwadronieren über irgendwelche Klimaaktivistinnen.
Das ist doch wirklich unangemessen, ein unangemessenes Niveau – das kann man noch nicht mal Niveau nennen – für die Debattenkultur in diesem Hause.