Sie wissen vielleicht, dass die EU-Kommission bereits im März darauf hingewiesen hat, dass eine solche Möglichkeit besteht. Italien hat ebenfalls bereits im März die Einführung einer solchen Steuer beschlossen, in Großbritannien steht das kurz bevor, die Vereinigten Staaten von Amerika prüfen ebenfalls. Das alles sind, glaube ich, neben den bekannten Entwicklungen gute Argumente dafür, dass auch die Bundesrepublik Deutschland die Einführung einer solchen Übergewinnbesteuerung prüft. Der Senat von Berlin wird sich einer entsprechenden Initiative des Landes Bremen für eine Entschließung im Bundesrat anschließen.
Wichtig ist mir ganz persönlich, dass wir bei der Ausgestaltung nicht aus dem Blick verlieren, dass, sollte es zu einer solchen Übergewinnbesteuerung kommen, nicht nur der Bund, sondern auch die Länder von den Einnahmen profitieren. Sie wissen ja: Den Gewinnen etwa von Mineralölkonzernen auf der einen Seite stehen erhebliche Belastungen der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch erhebliche Kosten der öffentlichen Hand gegenüber. Die tragen auch die Länder, insofern wäre es aus meiner Sicht nur billig und gerecht, wenn von einer Übergewinnsteuer auch die Länder von den Einnahmen profitieren würden.
Ja, bitte, vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank für die Erläuterungen! Welche Erlöse sind denn ungefähr
[Zuruf von der FDP: Alles! – Paul Fresdorf (FDP): Jenseits der Vorstellung! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP]
Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Frau Abgeordnete! Die ehrliche und relativ schlichte Antwort ist: Es kommt darauf an. Es kommt konkret auf die Ausgestaltung einer solchen Besteuerung an. Da gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten; man kann über die Ertragssteuer gehen, man kann über eine Ergänzungsabgabe gehen. Je nachdem, welche Steuerart hier gewählt wird, werden Bund, Länder und Kommunen jeweils mehr oder weniger davon profitieren. In Italien hat man sich dafür entschieden, den Umsatz bzw. den Umsatzgewinn zu besteuern. Hier wurde ein Vergleichszeitraum aus dem vergangenen Jahr gewählt. Besteuert wird die Veränderung des Saldos zwischen den Eingangs- und Ausgangsumsätzen, wenn die Gewinne größer als 5 Millionen Euro bzw. größer als 10 Prozent sind. Dann fällt eine Übergewinnsteuer von ebenfalls 10 Prozent an.
In Italien wird das voraussichtlich Mehreinnahmen in Höhe von etwa 6 Milliarden Euro mit sich bringen. Das britische Modell ist anders ausgestaltet und folgt einer anderen Mechanik. Dort wird aber ebenfalls mit etwa 6 Milliarden Euro Mehreinnahmen gerechnet. Um vielleicht mal einen Vergleichswert zu nennen: Das wäre etwa das 20-Fache von dem, was das Land Berlin an zusätzlichen Kosten aus dem sogenannten Entlastungspaket II hatte, also keine ganz kleine Summe. Aber noch einmal: Es kommt darauf an, wie eine solche Steuer in der Bundesrepublik ausgestaltet werden würde.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Senator! Bei der Ausgestaltung, die Sie als Senator im Kopf haben: Können Sie ungefähr angeben, welche Berliner Unternehmen davon betroffen wären?
Auch hier lautet die Antwort: Es kommt darauf an. Anders als manche insbesondere in Ihrer Partei vermuten, ist eine Übergewinnsteuer, wenn sie denn richtig gemacht wird, sehr zielgerichtet. In Italien hat man sich beispielsweise entschieden, Unternehmen der Energiebranche in den Fokus zu nehmen. Ich glaube, ich muss nicht weiter ausführen, wieso, weshalb, warum.
Ansonsten will ich noch einmal auf die verschiedenen Beispiele verweisen, die es sowohl im europäischen als auch im internationalen Kontext gibt. Es wird mitunter so getan, als hätten wir es hier mit Kommunismus zu tun. Ich kann Ihnen versichern, dass das nicht der Fall ist, es sei denn, man verbucht die Übergewinnbesteuerung, die es beispielsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Ländern wie den USA, Großbritannien oder Frankreich gab, unter einer solchen Rubrik. Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, dass auch die EU-Kommission proaktiv darauf hingewiesen hat, dass eine solche Möglichkeit besteht. Die Sorge, dass damit beispielsweise Innovation bestraft würde, teile ich explizit nicht. Noch einmal: Es geht um Übergewinne im Sinne von Zufallsgewinnen oder Windfall-Profits. Das sind leistungslose Gewinne, die also nicht etwa auf Innovation oder Eigenanstrengung, sondern auf eine radikal veränderte Marktlage zurückzuführen sind. Vor diesem Hintergrund wäre eine solche Übergewinnsteuer natürlich auch in Deutschland umsetzbar.
Die Frage ist, ob es dafür den politischen Willen gibt. Ich habe mich sehr gefreut, dass in letzter Zeit auch aus den Reihen der Union entsprechende Stimmen kamen. Insofern hoffe ich, dass es gelingt, auch die FDP auf Bundesebene oder hier im Abgeordnetenhaus von der Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme zu überzeugen.
Ich frage den Senat: Die Gruppe „Letzte Generation“ hat für diesen Monat wieder umfangreiche und massive Autobahnblockaden in Berlin angekündigt. Teilt der Senat die Auffassung, dass diese Blockaden gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr nach § 315b StGB sind, und ist die Gruppe „Letzte Generation“ somit als kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 StGB anzusehen?
Verehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Herrmann! Meine Einschätzung habe ich schon bei den letzten Vorfällen sehr deutlich gemacht. Wir bereiten das natürlich entsprechend vor; Sie können sich das vorstellen. Wir sind im engsten Austausch mit der Justizverwaltung, denn alles das, was dort gefährdend passieren kann – – Auch ich schätze es als Gefährdung des Straßenverkehrs und selbstverständlich auch von Menschen ein. Es ist gut, dass bisher zum Glück nichts weiter passiert ist. Trotzdem ist es eine Gefährdung für Menschen. Deshalb teile ich den ersten Teil Ihrer Aussage.
Ja! – Vielen Dank, Frau Senatorin! Ich frage nach: Ausweislich einer Antwort der Senatsverwaltung Inneres, Digitalisierung und Sport, Drucksache 19/10929, an den Kollegen Rissmann wurden nach den Straßenblockaden im Februar 2022 mindestens zehn Ermittlungsverfahren wegen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet. Uns und mich interessiert: Wie ist der aktuelle Stand dieser und eventuell weiterer Verfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr?
Das kann ich nicht beantworten, denn das liegt nicht in meiner Hoheit. Das liegt in der Hoheit der Justiz.
[Heiko Melzer (CDU): Es gibt ja eine Justizsenatorin! – Zuruf von der CDU: Ist ja auch da! – Senatorin Iris Spranger: Na ja, für sie kann ich nicht antworten!]
Herzlichen Dank! – Die zweite Nachfrage geht gleich an den Kollegen Vallendar. Ich will noch mal allen Kolleginnen und Kollegen den Hinweis geben, dass sich eine Nachfrage auf die Antwort der Senatorin erst dann ergeben kann, wenn auch eine Beantwortung erfolgt ist, und nicht bereits, wenn sie den Namen des Präsidenten oder des Kollegen, der die Frage gestellt hat, gesagt hat. Deswegen geht die Frage an Herrn Vallendar für die AfDFraktion.
Vielen Dank! – Dann frage ich beim Senat und bei der Senatorin für Justiz nach: Was ist aus diesen Ermittlungsverfahren geworden? Gibt es mittlerweile schon eine Anklage in den Verfahren?
Dann frage ich, ob die Senatorin für Justiz antworten soll? –, denn das entscheidet der Senat selbst. – Frau Justizsenatorin, bitte!
Ja, ich habe eben schon gezuckt, Herr Präsident. Vielen Dank! – Der Sachstand ist folgender: Wir haben von der Polizei insgesamt 65 Ermittlungsverfahren wegen strafrechtlicher Vorwürfe übersandt bekommen. Ich habe hier jetzt keine Differenzierung hinsichtlich der Tatvorwürfe, allerdings verhält es sich so, dass keines dieser Verfahren derzeit abschlussreif ist.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Ab wann und mit welchen Aufgaben nimmt die Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Großschadensereignissen ihre Arbeit zu der gestrigen Amoktat auf?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Die Innensenatorin und ich haben vieles, zu dem wir zusammenarbeiten. Da muss man erst immer einmal genau gucken, wer für die konkrete Frage zuständig ist.
Die tragischen Ereignisse des gestrigen Tages haben uns natürlich alle tief getroffen. – Ich möchte Ihnen, Herr Präsident, für die sehr einfühlsamen Worte zu Beginn wie auch Senatorin Spranger für die gute Darstellung danken. – Noch sind wir in der Situation, dass die genauen Hintergründe der Tat nicht klar sind. Was allerdings klar ist, ist, dass die Betroffenen dieses schrecklichen Geschehens konkrete Hilfe und Unterstützung benötigen und dass sie diese Unterstützung auch erhalten.
In den ersten Stunden nach der Tat stand und stehen den Betroffenen die Notfallseelsorge und die Krisenintervention zur Seite; auch das hat Senatorin Spranger vorhin ausgeführt. Nach dieser Erstversorgung nimmt die in meinem Haus angesiedelte Zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Terroranschlägen und Großschadensereignissen – kurz: Zentrale Anlaufstelle – ihre Arbeit auf. Diese Stelle wurde als Konsequenz und Lehre aus dem Anschlag am Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 eingerichtet. Sie bietet mittel- und langfristige Unterstützung von Betroffenen bei Terroranschlägen und Großschadensereignissen in Berlin und deren Angehörigen. Die Zentrale Anlaufstelle führt die Betroffenen zu dem jeweils individuell erforderlichen Hilfeangebot. Die Betroffenen müssen sich nicht mehr alleine auf die Suche nach praktischer, rechtlicher, psychosozialer und finanzieller Hilfe begeben. Die Anlaufstelle übernimmt für sie die Koordination und verbindet die Betroffenen mit den für die einzelnen Bedürfnisse zuständigen Behörden, Institutionen und passenden Opferhilfeeinrichtungen. Dass dies notwendig ist, hat Berlin nach dem Anschlag am Breitscheidplatz erkannt. Hier stand das Land Berlin aufgrund fehlender Strukturen deutlich in der Kritik, und ich muss auch sagen: vollkommen zu Recht.
Man kann sagen, dass die Arbeit der Zentralen Anlaufstelle mit „Empathie durch Organisation“ überschrieben werden kann. In den vergangenen Jahren hat in der staatlichen Opferhilfe eine deutliche Professionalisierung stattgefunden. Der Anschlag auf der A 100 im Jahr 2020 hat gezeigt, dass Abläufe staatlicherseits entwickelt wurden, die mittel- und langfristig die Betroffenen begleiten können. Seit gestern Vormittag hat die Zentrale Anlaufstelle ihr Netzwerk aus anderen Behörden und Hilfeeinrichtungen aktiviert und steht mit ihnen in einem engen Kontakt. Ich möchte aber betonen, dass die Zentrale Anlaufstelle ihre eigentliche Arbeit erst nach der Erstversorgung aufnimmt. Es ist einfach so, dass Heilen Zeit braucht und es wichtig ist, dass staatlicherseits langfristig und ohne zeitliche Beschränkung Unterstützung zugesichert werden
kann, dass es Strukturen gibt, auf die die Betroffenen vertrauen können, wo es eine Verlässlichkeit gibt. Genau dies leistet die Zentrale Anlaufstelle nicht nur über Tage und Wochen, sondern über Jahre.
Insofern möchte ich allen Beteiligten aus tiefstem Herzen danken, den Kolleginnen und Kollegen der Zentralen Anlaufstelle bei mir im Haus, dem Opferbeauftragten des Landes Berlin und jetzt ganz kurzfristig, so, wie heute schon wiederholt getan, aber auch von mir unterstrichen, den anderen beteiligten Behörden wie der Polizei, der Feuerwehr, der Notfallseelsorge und den anderen Hilfeeinrichtungen.
Mein Beileid gilt den Angehörigen, Freundinnen und Freunden der Verstorbenen, und ich hoffe und bete, dass alle Verletzten vollständig genesen und wir kein weiteres Todesopfer zu beklagen haben. Im Namen des Senats bieten wir den Verletzten, aber auch allen anderen Betroffenen in diesem schrecklichen Moment jegliche notwendige Unterstützung an. – Vielen Dank!
Herzlichen Dank, Frau Senatorin! Das war sehr ausführlich. Gibt es noch eine Nachfrage des Kollegen Schlüsselburg? – Die sehe ich nicht. Es gibt auch keine weitere Nachfrage.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie beurteilt er die neue Vorgehensweise des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, scheinbar missliebige Journalisten von der „B.Z.“ wegen ihrer kritischen Berichterstattung nicht mehr zu Pressegesprächen einzuladen?