Die nächste Frage geht nicht, wie von mir verlesen, an Frau Plonske, die pandemiebedingt heute nicht anwesend ist, sondern an Frau Vandrey, die den ganzen Tag auf ihrem Platz sitzt. – Bitte schön!
Vielen Dank für das Entgegenkommen, sehr geehrte Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen und Kolleginnen! Auch eine Frage zur Justiz: Gelingt es dem Senat, auch während der Pandemie den dringend benötigten Nachwuchs für die Berliner Justiz zu gewinnen?
[Zuruf von der LINKEN: Ja! – Sven Kohlmeier (SPD): Das war aber spontan! – Joschka Langenbrinck (SPD): Er muss die Antwort ablesen!]
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben, als es mit der Pandemie im März losging, erwogen: Können wir es verantworten, die Ausbildung weiterzuführen? Können wir im Justizbereich eine qualitätsvolle Ausbildung anbieten? Oder müssen wir wegen Corona Einschränkungen vornehmen? – Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir eigentlich in voller Kraft weiterhin Ausbildungen anbieten wollen, denn wir brauchen für die nächsten Jahre viele junge und mittelalte Menschen für die Justiz, um unsere Justizdienstleistungen in der gewohnten Art und Weise zu erbringen. Wir haben uns deswegen entschieden, dass wir das nicht runterfahren, dass wir also über das ganze Jahr auch Auswahlverfahren für die Ausbildungsberufe machen, dass wir auch für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Auswahlverfahren machen. Zum Teil haben wir das digital gemacht, zum Teil auch im realen Gespräch. Wir haben die Kapazitäten hier nicht runtergefahren, und insofern bin ich sehr froh, dass es uns gelungen ist – durch eine Kraftanstrengung, das muss man dazusagen, das war deutlich aufwendiger als die Auswahlverfahren, die wir sonst gemacht haben –, auch in diesem Jahr in sehr großem Umfang Menschen für die Berliner Justiz zu gewinnen und einzustellen.
Ich möchte Ihnen nur drei Zahlen für die verschiedenen Bereiche nennen. Bei Richterinnen und Richtern, Staats
anwältinnen und Staatsanwälten, die wir bekanntlich nicht selbst ausbilden, sondern die von den Universitäten abgehen oder die wir aus Anwaltsbüros abwerben, haben wir es mit Stand heute geschafft, fast 80 Kolleginnen und Kollegen einzustellen, die Einstellungsverfahrens also tatsächlich so weit zu treiben, dass sie die Urkunde auch schon bekommen haben. Damit bewegen wir uns ungefähr auf dem Niveau der vorherigen Jahre. Darüber bin ich sehr froh, denn wir haben es wie alle anderen Bereiche der Verwaltung aufgrund der Altersstruktur in den nächsten Jahren mit erheblichen Abgängen zu tun. Hier haben wir also knapp 80 junge Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Richterinnen und Richter eingestellt.
Bei dem nichtrichterlichen Dienst in den Gerichten – das ist mit Abstand der allergrößte Teil unseres Personals; wie Sie wissen, sind die Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte personell in der deutlichen Unterzahl – haben wir sehr große Ausbildungslehrgänge aufgelegt. Wir bilden momentan noch parallel aus, für den mittleren Dienst, den Sie uns ermöglicht haben, und auch für den Bereich der Justizfachangestellten. Dort haben wir 251 junge und mittelalte Menschen gewinnen können und eingestellt, um die Ausbildung bei uns aufzunehmen. Auch darum bin ich sehr froh. Das sind insbesondere die Menschen, die in den Gerichten dafür sorgen, dass das Geschäft überhaupt läuft – Akten anlegen, Post einsortieren, Termine koordinieren usw. –, und die später, wenn sie aufsteigen, dann auch Rechtspflegeaufgaben übernehmen können.
Für den Vollzug, also für die Gefängnisse – da haben wir ja die ganze Zeit volle Leistung bringen müssen –, werden wir am Ende des Jahres 120 Menschen zur Ausbildung eingestellt haben. Die letzten 24, die wir gerade ausgewählt haben, beginnen ihre Ausbildung am 1. Dezember.
Ich sage es noch mal: Es war uns ganz wichtig, dass wir, damit der Rechtsstaat trotz Corona erhalten bleiben kann, keine Abstriche machen. Wir haben auch Referendarinnen und Referendare in sehr großem Umfang eingestellt; hier nehmen wir unsere Ausbildungsverpflichtung wahr. Im Mai hatten wir das mal reduziert, weil wir gesagt haben, dass es wegen der Ungewissheit, wie die Arbeit überhaupt weitergeht, nicht verantwortbar ist, in vollem Umfang Referendarinnen und Referendaren einzustellen. Ich bin aber sehr froh, dass die folgenden Einstellungstermine wieder voll waren. Wir haben 460 Referendarinnen und Referendare im Laufe des Jahres eingestellt. – Danke schön!
Vielen Dank, Herr Senator! Jetzt haben Sie dargestellt, wie viele Menschen Sie eingestellt haben. Wie sieht denn überhaupt die Bewerbungslage im Bereich der Justiz aus?
Die Bewerberinnen- und Bewerberlage ist ausgesprochen erfreulich. Bei den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten gelingt es uns in sehr großem Umfang, die Leute zu motivieren, in Berlin in den Justizdienst zu kommen. Die Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Bundesländern – Hamburg einmal ausgenommen, denen geht es da auch noch gut – beneiden uns darum, dass so viele sehr hochqualifizierte Bewerberinnen und Bewerber gerne nach Berlin kommen und wir uns auch den Luxus leisten können, tatsächlich auszuwählen, obwohl wir sehr viele einstellen. Wir lehnen auch in mittelgroßem Umfang Kolleginnen und Kollegen ab.
Was die Ausbildungsberufe angeht, haben wir erfreuliche Bewerberinnen- und Bewerberzahlen, die so hoch sind wie die letzten zehn Jahre nicht mehr. Das scheint ein bisschen ein Ergebnis der Krise, der Pandemie zu sein, dass die Menschen gerne in den öffentlichen Dienst kommen wollen und die Sicherheit des öffentlichen Dienstes in diesen Krisensituationen schätzen. Deswegen haben wir sowohl für die Bereiche der Ausbildungsberufe in den Gerichten als auch für den allgemeinen Vollzugsdienst wieder Bewerberinnen- und Bewerberzahlen, wie wir sie schon ganz lange nicht gesehen haben. Das ist wirklich sehr, sehr erfreulich. Nun machen wir auch werbende Bemühungen, aber wir können momentan wirklich aus dem Vollen schöpfen. Wir überlegen für die Gefängnisse auch, ob wir nicht wegen dieser sehr guten Bewerberinnen- und Bewerberlage noch einmal einen zusätzlichen Ausbildungslehrgang im Januar auflegen – außer der Reihe mit 24 Stellen –, damit wir die vielen, die zu uns kommen wollen, auch tatsächlich gewinnen und halten können, denn wer weiß, ob das in Zukunft auch so ist. Also, es ist sehr erfreulich, viele kommen gerne in den öffentlichen Dienst in diesen unsicheren Zeiten, und wir machen die Türen weit auf, weil wir sie brauchen. – Danke!
Vielen Dank, Herr Senator! – Weitere Nachfragen gibt es nicht, dann hat die Fragestunde für heute ihre Beendigung gefunden.
Jahresbericht 2020 des Rechnungshofs von Berlin gemäß Artikel 95 der Verfassung von Berlin und § 97 der Landeshaushaltsordnung
Ich begrüße hierzu herzlich die Präsidentin des Rechnungshofs von Berlin, Frau Klingen, im Abgeordnetenhaus und erteile ihr hiermit das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der diesjährige Jahresbericht des Rechnungshofes fällt in eine besondere Zeit. Die Coronapandemie hat auch für die Haushaltslage des Landes Berlin dramatische Folgen. Das Abgeordnetenhaus hat für das Land Berlin eine Kreditermächtigung beschlossen, die in der Größenordnung den Schulden entspricht, die das Land in den letzten acht Jahren getilgt hat.
Auch der Jahresbericht des Rechnungshofs beschäftigt sich zu einem wesentlichen Teil mit der aktuellen Finanzlage. Der Rechnungshof nimmt dabei eine klare Position ein. Er hält es für notwendig und richtig, in der Krise schnell zu unterstützen, aber er fordert auch: Kredite dürfen nur zur Bewältigung der Folgen der Pandemie aufgenommen und auch nur dafür verwendet werden.
Der Rechnungshof hat zu diesen Fragen bereits eine aktuelle Stellungnahme abgegeben, die im Hauptausschuss intensiv diskutiert wurde. Es ist Ziel des Rechnungshofs, in Zukunft noch stärker im Rahmen der Beratungen aktuelle Hinweise zu geben, wie es hier auch erfolgt ist.
Lassen Sie mich noch etwas zu der Frage sagen, die die kommenden Haushaltsberatungen prägen wird: Wie soll es Berlin in Zukunft gelingen, dieses große Schuldenvolumen wieder abzutragen? – Da gibt es die Vorstellung, dass weiter investiert und Berlin aus den Schulden herauswachsen wird.
Das ist ein Modell, von dem wir alle hoffen, dass das so kommen wird, aber es mehren sich auch die Stimmen, die sagen, dass es erforderlich ist, schnell zu einem Konsolidierungskurs zurückzufinden und in zukünftigen Haushalten stärker Prioritäten bei den Ausgaben zu setzen.
Es gibt aber noch einen weiteren Gesichtspunkt. Gerade in diesen wirtschaftlich unruhigen Zeiten ist es wichtig, dass öffentliche Mittel effektiv eingesetzt und nicht verschwendet werden.
Und bei dieser Aufgabe kann der Rechnungshof wertvolle Hinweise geben. So enthält der Jahresbericht viele aufschlussreiche Beiträge zu Fällen, in denen effizientes Verwaltungshandeln nicht gelungen und unnötige Kosten entstanden sind. Einige will ich beispielhaft nennen: Der Senat hat vor drei Jahren eine Schulbauoffensive mit einem Ausgabenvolumen von 5,5 Milliarden Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren beschlossen. Der Rechnungshof kritisiert, dass zu Beginn des Programms keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt wurde.
Schon jetzt haben sich die Anzahl der Projekte und die Kosten verdoppelt. Auch der Zeitrahmen wird nicht eingehalten werden können. Hier muss dringend nachgesteuert werden.
Der Beitrag zu den städtebaulichen Verträgen zeigt, dass die Bezirke städtebauliche Pflichten für Investoren wie zum Beispiel den Bau von Kitas verhandeln, die getroffenen Vereinbarungen dann aber fast flächendeckend nicht kontrollieren. Der Rechnungshof sieht hier einen solchen Mangel im Verfahren, dass er zu dem Thema einen Beratungsbericht veröffentlichen und umfassende Hinweise für das zukünftige Verfahren geben wird. Auch das erfolgt im Rahmen einer stärkeren Beratungstätigkeit des Rechnungshofs.
Zu dem Thema Vorkaufsrechte kritisiert der Rechnungshof, dass ein Bezirksamt vor Ausübung von Vorverkaufsrechten in mehreren Fällen zugunsten einer Genossenschaft die finanzielle Leistungsfähigkeit der Genossenschaft nicht ausreichend geprüft hat.
Hierdurch ist das Bezirksamt hohe Haftungsrisiken eingegangen, die sich zum Teil schon realisiert haben.
So führt er derzeit eine breit angelegte Prüfung zur grundsätzlichen Strategie der Vorkaufsrechtsausübungen durch.
Auch der Beitrag zur Neuvergabe der Schulreinigung in einem Bezirk zeigt einen Fall, von dem man nicht denken würde, dass so ein Umgang mit öffentlichen Geldern vorkommen kann. Ein Bezirksamt hat einem Beratungsunternehmen mehr als eine halbe Million Euro für den Vorschlag gezahlt, dass in den Schulen zukünftig weniger gereinigt wird als bisher.