Protocol of the Session on September 17, 2020

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Aber gut – lassen wir das! Es hat ja keinen Zweck, Sie verstehen ja eh nicht. – Es geht hier vor allen Dingen um die prekären Beschäftigungsverhältnisse, und es sind nun mal größtenteils Frauen, die hier überdurchschnittlich betroffen sind. Es geht hier um diesen schlechten Dreiklang der Gaps: Das ist der Gender-Care-Gap, der Gender-Pay-Gap und der Gender-Pension-Gap, und die wirken gerade jetzt in dieser Coronazeit sehr negativ zusammen und benachteiligen Frauen, die Kollegin hat es gesagt: Das führt natürlich auch in die Altersarmut.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schlömer?

Nein, natürlich nicht! Was soll das denn? – Also: Wir brauchen weitere Forschung dazu, wie bestimmte mehrfach diskriminierte Gruppen von Frauen z. B. von der Pandemie betroffen sind. Der schlechte Dreiklang soll gebrochen, aber erst mal erforscht werden. Wir brauchen also mehr Forschung, und jetzt kommt es: Wir brauchen mehr Gender Studies. Der Ausbau bestehender Professuren und innovativer Projekte im Bereich Gender Studies

(Jeannette Auricht)

soll nicht mehr nur in unserem Koalitionsvertrag stehen, sondern weiter umgesetzt werden.

[Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]

Denn Gender heißt Männer, Frauen und Leute, die vielleicht etwas anderes sind.

Unser Ziel: Das Potenzial der Genderforschung und wissenschaftliche Expertise für Regierungshandeln nutzen. Wenn selbst die katholische Jugendorganisation findet, dass Gott ab jetzt gegendert werden muss, dann habe ich dem an dieser Stelle nichts mehr hinzuzufügen. – Danke schön!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Für die Fraktion der FDP hat das Wort Frau Abgeordnete Dr. Jasper-Winter.

[Unruhe]

Meine Herren! Ich weiß ja, dass Themen zu Frauen oft zur Erheiterung führen. Aber Sie können sich jetzt gern wieder beruhigen und zuhören!

[Georg Pazderski (AfD): Das war jetzt unpassend!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Vorbemerkung muss erlaubt sein: Ines Schmidt von der Linken sagte zu Beginn, dass die Verantwortlichen in der Krise überwiegend Männer gewesen seien und das deswegen ganz problematisch gewesen sein muss. – Also ich weiß ja nicht, wie Sie die Leistungen Ihres eigenen Senats, nämlich der in dieser entscheidenden Aufgabe der Gesundheitssenatorin und Bildungssenatorin selber einschätzen. Aber das waren und sind Frauen, die in entscheidender Verantwortung sind.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der AfD]

Wenn Sie sagen, für die Alleinerziehenden war alles so schlecht gemacht, weil die systemrelevanten Berufe nicht von der Notbetreuung erfasst waren: Das hing auch mit den zähen Taten und Überlegungen der Bildungsverwaltung zusammen.

[Beifall von Michael Dietmann (CDU)]

Da können Sie die Kritik gleich an die eigenen Leute weitergeben.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Franz Kerker (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Hier wurde schon vieles gesagt zu dem Thema, mit dem wir uns hier befassen: Studien – welche Studien liegen vor? – Es gibt schon Studien und Einschätzungen. Daraus

wissen wir, dass die Coronapandemie in bestimmten Bereichen überproportional Auswirkungen auf Frauen hatte. Die Zahlen zu Taten häuslicher Gewalt, von denen überwiegend Frauen betroffen sind, sind gestiegen. Frauen haben auch überproportional die Care-Arbeit in den Familien übernommen – viele Männer auch, Gott sei Dank! Dicke Anerkennung! Da hat sich einiges getan.

[Beifall von Anne Helm (LINKE)]

Aber zahlenmäßig waren es mehr Frauen.

In der Forschung müssen wir feststellen, dass in dieser Pandemiezeit weniger Frauen geforscht und veröffentlicht haben. Selbst bei den Gründerinnen zeigt sich ein verschlechterter Zugang zu Kapitalgebern. Das sagt der neueste Female Founders Monitor.

Jetzt wird von Rot-Rot-Grün eine weitere Studie beantragt. Frau Vogel hat bereits erwähnt, dass es diverse Studien gibt. Genannt seien das Institut der deutschen Wirtschaft Köln, das Institut für Mathematische Wirtschaftsforschung an der Universität Bielefeld, das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung; die TU München forscht zu den Auswirkungen häuslicher Gewalt.

[Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

Es müsste Ihnen alles bekannt sein nach einfacher Google-Recherche, dass es da viele schlaue Menschen gibt, die schon geforscht haben und noch forschen. Jetzt sagen Sie: Wir brauchen noch eine Studie, und zwar auf Landesebene.

[Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

Erstens erkennen wir Freien Demokraten den Sinn einer Studie speziell in Hinblick auf das Land Berlin überhaupt nicht an. Wo ist denn Berlin bitte schön anders als andere Städte in Deutschland?

[Zuruf von der LINKEN: Was? Was ist denn das für eine Frage?]

Einen Bedarf dafür sehen wir überhaupt nicht.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Franz Kerker (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Zweitens: Welchen Mehrwert soll uns die Studie bringen? Welche Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für die Politik – denn darum geht es –, die nicht schon längst auf dem Tisch liegen, soll sie bringen? – Sie sagen in dem Antrag, der letztlich nur aus einem Satz besteht, Sie wollen eine Studie – aber weder etwas zum Inhalt, zur Fragestellung noch zu den Antworten auf die Fragen: Was passiert damit? Welche Handlungsempfehlungen sollen daraus erwachsen? Wann wird die Studie vom Senat veröffentlicht? – Das ist letztlich nur ein reiner Schaufensterantrag. Sie wollen den Leuten weismachen, dass Sie etwas für die Frauen machen. Das geht gar nicht!

(Anja Kofbinger)

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Franz Kerker (AfD) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Wenn wir dazu kommen, was die Frauen – aber auch die Männer – eigentlich von Ihnen und vom Senat in Zeiten der Pandemie erwarten, dann ist das vor allem, dass die Schulen und Kitas auch in der Krise funktionieren.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Franz Kerker (AfD)]

Das System Schule ist doch im Lockdown krachend zusammengestürzt. Jetzt sind die Schulen noch immer nicht optimal in der Lage, digitales Lernen von zu Hause oder gar hybride Lernformen vorzubereiten. Der Senat lässt die Schulen allein. Das ist nicht nur in Hinblick auf den Bildungsanspruch der Kinder, sondern auch in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unverantwortlich.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Beifall von Franz Kerker (AfD)]

Auch zu häuslicher Gewalt liegen die offenen Hausaufgaben auf dem Tisch. Es ist nicht so, dass die Coronapandemie völlig neue Probleme hervorgerufen hätte. Sie ist ein Brennglas, das auf die Missstände gelegt wird, die schon bestanden. Schon jetzt wissen wir, dass wir zu wenig Frauenhausplätze haben. Nach drei Jahren Istanbul-Konvention sollten Sie einmal anfangen, diese umzusetzen – darüber reden wir später –, aber dazu brauchen wir nun wirklich keine neue Studie.

[Beifall bei der FDP]

Die weiteren gleichstellungspolitischen Maßnahmen sind im Schwerpunkt auf Bundesebene und liegen auch auf dem Tisch: eine Reform des Arbeitszeitgesetzes für flexibles Arbeiten, für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Abschaffung steuerlicher Fehlanreize wie der Lohnsteuerklasse V, aber auch die Stärkung von Vorbildern. Morgen wird die Fraktion der FDP im Deutschen Bundestag einen Antrag zur Ermöglichung von Baby- und Pflegezeiten für Mitglieder von Unternehmensvorständen einbringen. Wir unterstützen die Initiative „Stayonboard“ von Unternehmerinnen wie Verena Pausder. – Das sind alles zielführende Maßnahmen.

Zusammenfassend schadet der Antrag nicht, aber er hilft auch nicht. Lassen Sie uns endlich echte Verbesserungen für die Frauen in dieser Stadt herbeiführen, denn das ist unser Auftrag!

[Beifall bei der FDP und der CDU – Carsten Schatz (LINKE): Tun wir – jeden Tag!]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Herr Abgeordneter Pazderski! Wegen Ihrer Bemerkung zu meiner Sitzungsleitung rufe ich Sie zur Ordnung.

[Beifall bei der SPD – Torsten Schneider (SPD): Sehr gut! – Georg Pazderski (AfD): Danke schön!]

Gern geschehen!

Zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen auf Drucksache 18/2990 „Wissenschaftliche Studie zur Erforschung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen der CoronaPandemie für Berlin“ ist eine sofortige Abstimmung vorgesehen. Wer diesen Antrag annehmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Fraktion der FDP und die AfD-Fraktion sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die CDU-Fraktion. Damit ist der Antrag angenommen.

[Carsten Schatz (LINKE): Die FDP! – Weitere Zurufe]

Oh, Entschuldigung! Der Ordnung halber wiederhole ich die Abstimmung, damit alle korrekt abstimmen können.