Protocol of the Session on September 3, 2020

Alles gut! Entspannt euch, Freunde!

Dann hätte ich noch eine Botschaft für Sie, Herr Geisel: Treten Sie zurück! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Linksfraktion hat der Abgeordnete Dr. Nelken jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen! Hier wurde über alles geredet, nur nicht über den vorliegenden Antrag. Diesem Verfahren kann ich mich jetzt nur anschließen, denn in dem Antrag steht ja nichts drin, worüber man eigentlich reden könnte.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Heiterkeit]

In Sachen Wohnungspolitik und Stadtentwicklung befindet sich die CDU Berlin durchaus auf Abwegen, und zwar auf denen, die in letzter Zeit hier in Berlin offensichtlich um sich greifen, nämlich den Wegen alternativer Fakten und absoluter Realitätsabstinenz. Die Berliner CDU beschwört seit Jahren unbeirrt die Nicht-BauSenatorin oder die rot-grüne Bauverhinderungspolitik – das kam eben wieder von Herrn Evers –, und auch dann, wenn alle Fakten etwas anderes aussagen, Herr Evers, interessiert das die Berliner CDU nicht. Die Fertigstellungszahlen steigen seit der Regierungszeit von Rot-RotGrün dynamisch und waren 2019 wieder bei einem Spitzenwert von fast 19 000 Wohnungen. Aber dann sagt die CDU: Das interessiert uns alles nicht, die bauen nicht.

[Roman Simon (CDU): Was war denn Ihre Zahl?]

Dann haben wir über die Baugenehmigungszahlen gesprochen, und wir haben gesagt: Oh, die sind ja 2019 ein bisschen zurückgegangen – auf hohem Niveau. Im Jahr 2020 sind sie – das sieht man an den Halbjahreszahlen – weder stark gestiegen. – Aber dazu hört man nur: RotRot-Grün baut nicht. – Sie sagen das, egal, was in der Wirklichkeit passiert. Der kommunale Wohnungsbau hat sich in dieser Legislaturperiode pro Jahr verdreifacht, aber das interessiert nicht. Wir hatten im letzten Jahr 4 500 neue kommunale Wohnungen. Das interessiert Sie gar nicht. Sie behaupten immer das Gegenteil. Alternative Fakten und absolute Realitätsverweigerung!

Dann kommt hier noch Attila Laatsch daher, assistiert vom rechten Flügel, und sagt: Alles ist eine Verschwörung!

[Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Denn es sei ja völlig klar, Die Linke wolle hier in Berlin den Wohnraum verknappen, um Unmut gegen die Marktwirtschaft und den Kapitalismus zu erzeugen. Alles eine Verschwörung!

[Beifall bei der AfD – Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Marc Vallendar (AfD): Was ist daran eine Verschwörung?]

Wissen Sie, Herr Evers, das ist eine merkwürdige Form von Oppositionspolitik. Ich denke einfach, dass Ihnen nicht einfällt, eine fundierte Kritik zu üben. Man könnte ja sagen, dass Rot-Rot-Grün die Backen ziemlich voll genommen und ihre eigene Zielzahl nicht geschafft hat, was ja offensichtlich stimmt. Dann hätte man fragen können: Warum nicht? Hat man eine falsche Lageeinschätzung am Anfang der Legislaturperiode gehabt? Sind andere Sachen dazwischengekommen? – Man kann ja über vieles diskutieren, aber die Realität interessiert Sie nicht. Sie werfen Ihren Floskelgenerator an, und dann kommt immer das Gleiche, und zwar das, was mit der Realität nichts zu tun hat.

(Harald Laatsch)

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Herr Evers! Das Allerbeste kommt ja dann noch. Wir haben nicht nur alternative Fakten und Realitätsverweigerung, nein, die Berliner CDU kommt auch noch mit alternativer Planwirtschaft um die Ecke und sagt: Wir wollen 100 000 kommunale Wohnungen – neue Wege für Berlin – auf den Bucher Äckern und Wiesen errichten. Was interessiert die alte Planung? – Da kam mir ein altes Bild vor Augen. Ich sagte mir: Der Generalsekretär S. E. wie einst der Generalsekretär E. H.! Und dann wird irgendwann mal die hunderttausendste Wohnung auf den Bucher Wiesen einer glücklichen Familie übergeben. – Wissen Sie, Herr Evers, das ist alles andere als eine sinnvolle Wohnungspolitik, die Sie da betreiben.

Dann – noch ganz schlimm – kommt der Bauexperte der CDU, Herr Gräff, um die Ecke und sagt: Halt, halt, halt, Herr Evers, so geht das aber gar nicht! – Und er fordert den Baustopp für preisgebundene Wohnungen in den Außenbezirken, also auch im Buch. Das wird also nichts mit Ihrer Schlüsselübergabe, Herr Evers! Denn da entstehen nur Slums, sagt Herr Gräff, Ihr Bauexperte, und fordert den Baustopp.

[Stefan Evers (CDU): Antrag lesen!]

Herr Evers! Alles, was Sie uns hier bieten – – Sie haben auch nicht über Ihren Antrag geredet, dann rede ich mal über Ihre Wohnungspolitik. Wenn es eines Neustarts hier in Berlin bedarf und es den wohnungspolitischen Stillstand zu überwinden gilt, dann betrifft das die CDU. Bei Ihnen ist die Wohnungspolitik völlig am Boden. Sie sind zwar schon bescheidener geworden und schreiben in Ihrem Antrag etwas von Ansätzen. Da gibt es fünf Spiegelstriche, aber das ist alles schon mal da gewesen und überhaupt nichts Neues. Insofern wäre es vielleicht besser, wenn sich die CDU einmal über eine Wende in ihrer eigenen Wohnungspolitik unterhalten würde. Dann würde sie vielleicht auch die Regierungsparteien unter Druck setzen, und wir hätten endlich einmal eine politisch vernünftige Debatte über Wohnungspolitik statt dessen, was sie hier abgeliefert haben. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Tobias Schulze (LINKE): Herr Evers! Das war wohl nichts!]

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort.

[Torsten Schneider (SPD): Förster sagt jetzt was zum verstrahlten Laatsch, und dann haben wir es!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da heute offenbar keiner über die einzelnen

Punkte des Antrags reden möchte, mache ich das auch nicht.

[Heiterkeit – Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich bin da wenigstens ehrlich. Ich freue mich auch, wenn wir der CDU wenigstens an zwei Punkten Anregungen geben konnten. Das ist auch vollkommen in Ordnung: Baulückenkataster und so, alles prima! Das können wir aber noch einmal kleinteilig im Ausschuss klären. Um inhaltlich zu reden, müssen wir nicht die Plenardebatte missbrauchen. Das können wir uns wirklich sparen.

[Heiterkeit – Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Reden wir lieber über das große Ganze! Das große Ganze heißt: Bauen oder nicht bauen in Berlin? In der Tat, da hat Kollege Evers recht, haben wir gestern gemeinsam den neuen Bausenator befragt, der noch eine Amtszeit von einem Jahr vor sich hat und danach offenbar wieder in irgendwelche links-nahen Stiftungen wechselt – die Durchlässigkeit ist da ja ganz gut. Er hat uns gestern auf Nachfrage erklärt, er wolle praktisch nichts an der Politik seiner Vorgängerin ändern. Er will die bewährte Politik fortsetzen, also Investoren schikanieren, enteignen, Leute aus der Stadt treiben. Das ist also das Programm des neuen Senators. Was will man dazu noch sagen? Da habe ich keine Fragen mehr. Alter Wein in neuen Schläuchen ist das, mehr nicht.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Ein Blick auf die Staatssekretärin ist auch interessant. Sie wechselt direkt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, wo sie bisher Referentin für den Balkan war, in die Senatsbauverwaltung. Vollkommen klar: Jeder private Geschäftsführer einer Immobilienfirma würde das so machen. Wenn er jemanden mit Qualifikationen fürs Bauen sucht, würde er einen Referenten für den Balkan nehmen. Das ist doch ganz klar, diese Expertise ist auf den ersten Blick offensichtlich.

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Paul Fresdorf (FDP): Die haben „Balken“ gelesen!]

Man merkt spätestens seit André Holm, wie dünn die Personaldecke bei den Linken ist. Jemand, der drei Mal „Hồ Chí Minh“ gerufen hat, wird schon Staatssekretär. Das ist doch keine Qualifikation.

[Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Dann hat man dort Leute sitzen, die nicht wissen, wie ein Dachgeschoss ausgebaut wird, weil sie nicht einmal wissen, wo sich ein Dachgeschoss befindet.

(Dr. Michail Nelken)

[Heiterkeit bei der FDP und der CDU]

Man hat dort Leute, die kein Baulückenkataster aufsetzen, weil sie gar nicht wissen, was ein Kataster ist. – Ihre Staatssekretärin ist Geografin, dann soll sie einmal eine Standortbestimmung beim Thema Bauen und Wohnen vornehmen. Da fehlt alles. Linke Hand, rechte Hand, nichts passt zusammen. Das ist das Problem der Baupolitik dieses Senats.

[Beifall bei der FDP]

Beim Bauen kommen wir schon nicht weiter. Die andere Baustelle liegt bei den Grünen mit dem Thema Verkehr. Bauen und Verkehr muss ich doch zusammen denken. Ich kann doch nicht neue Wohnquartiere in der Stadt wollen, die dann aber alle mit dem Lastenfahrrad und zu Fuß erschlossen werden, sodass die Leute dann ihre Einkäufe über sieben Kilometer nach Hause tragen müssen. Ich mache doch keine integrierte Stadtentwicklung in Berlin, indem ich den Verkehr vollkommen vom Bauen entkopple. Das kann doch wohl nicht wahr sein. Bauen und Verkehr, das muss gemeinsam gedacht werden.

[Beifall bei der FDP und der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der AfD]

Es ist bezeichnend, dass gerade die grüne Senatorin Günther, die hier meistens durch Abwesenheit glänzt, jeden Morgen in Friedrichshagen in ihren Dienstwagen steigt – ich habe sie manchmal schon beobachtet, weil ich selbst in Köpenick wohne –, während sie uns erklärt, wir sollen mit dem Fahrrad fahren. Sie steigt in ihren Dienstwagen, fährt mit CO2 durch die Stadt und behelligt die Leute mit Pop-up-Radwegen. Das ist die Politik der Grünen – so weit zum Thema Glaubwürdigkeit.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Zuruf von Iris Spranger (SPD)]

Wenn man bei Frau Günther im Büro anruft und fragt, was die Senatorin eigentlich macht, bekommt man die Antwort: Nichts! – Ich sage: Das hat sie doch aber gestern schon gemacht. – Antwort: Ja, aber sie ist nicht fertig geworden.

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

So macht man Regierungspolitik im Land Berlin. Ich weiß auch, warum sie den Dienstwagen braucht: Wenn Frau Günther morgens ins Auto steigt, spielen sie im Radio immer das Lied „Es geht eine Träne auf Reisen“, und dann wundern wir uns, warum es hier nicht vorangeht.

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD]

Bei diesem Senat habe ich überhaupt keine Hoffnung mehr, weder bei Linken noch bei den Grünen. Die Leute bei uns draußen in Köpenick – Kollege Evers wird es bald merken – sagen: Lieber ein Haus im Grünen als

einen Grünen im Haus. – In diesem Sinne, herzlichen Dank!

[Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Schmidberger jetzt das Wort. – Bitte schön!