Dann wären wir jetzt alle einen Schritt weiter und müssten hier nicht über Klein-Klein diskutieren, denn was Berlin jetzt und in Zukunft mehr denn je braucht, sind zusätzliche Instrumente der direkten Demokratie. Die Menschen wollen Politik aktiv mitgestalten und auch mitbestimmen können, ohne Angst haben zu müssen, dass die Politik die durch das Volk getroffenen Entscheidungen anschließend wieder zurückdreht, und das ist hier in Berlin ja immer noch die theoretische Möglichkeit. Das heißt, wir brauchen mindestens etwas Vergleichbares zu dem fakultativen Referendum in Hamburg, wo immerhin verhindert werden kann, dass erfolgreiche Volksentscheide anschließend wieder durch das Parlament ausgehebelt werden können.
Das ist das, was wir mindestens brauchen. Aber langfristig brauchen wir natürlich Regelungen zum fakultativen Referendum, wie sie bereits in Österreich und in der Schweiz erfolgreich praktiziert werden. Das sollten unsere Vorbilder sein. Das sind die Vorbilder, die wir in der AfD-Fraktion nennen.
Gern mit Blick in Richtung CDU können wir über etwas Vergleichbares reden zu dem Vorschlag vom Ministerpräsidenten Kretschmer aus Sachsen vor einem Jahr – ich hoffe, das war nicht nur ein Wahlkampfschlager –, der mit der Einführung eines sogenannten Volkseinwands die
Möglichkeit schaffen wollte, schlechte Gesetze durch das Volk rückabzuwickeln. Das ist genau das, was wir in Berlin auch brauchen.
Das alles sollte auch in Berlin keine Utopie bleiben. Ich kann Ihnen versichern: Wenn Sie sich da in Zukunft mehr zutrauen, Herr Dr. Efler, oder wenn Sie nach Mehrheiten schauen – Sie haben das angesprochen –, wird meine Fraktion dies in jedem Fall konstruktiv begleiten.
Der vorliegende Antrag als Resultat eines innerkoalitionären Kuhhandels ist allerdings kaum geeignet, der direkten Demokratie in Berlin den nötigen Schub zu geben. Trotzdem werden wir natürlich den sinnvollen Vorschlägen, die in ihm enthalten sind, nicht im Wege stehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die beiden Vorredner von der Koalition haben schon viel zu den einzelnen Regelungen gesagt,
und statt das zu wiederholen, möchte ich mich hier für das kollegiale Beraten dieses Gesetzestextes bedanken. Es gab, als der Text dann endlich vorlag – es würde jetzt keinen Sinn machen, wenn ich taktvoll verschweigen würde, dass das eine ganze Weile gedauert hat –,
Unsere Gesetzesänderungen lassen sich allesamt auf konkrete Probleme mit Volksbegehren der letzten Jahre beziehen, sind also Lernerfolge im Sinne einer Stärkung der direkten Demokratie in Berlin.
Die festen Fristen für die Kosten- und Zulässigkeitsprüfungen machen die Verfahren für die Initiativen planbarer, was umso wichtiger ist, als auf Wunsch der Initiativen der Termin für die Abstimmung auf einen Wahltermin gelegt werden muss. Die bloße Behauptung, viele der
ausgezählten Unterschriften seien ungültig, muss zukünftig von der Trägerin des Volksentscheides nicht mehr hingenommen werden. Sie hat zukünftig ein Recht, die Gründe für die Ungültigkeit erläutert zu bekommen. Das ist eine wichtige Verbesserung, um Volksbegehren davor zu schützen, dass das Verfahren an sich diskreditiert wird, wie das beim Tempelhof-Volksentscheid geschehen ist.
Zum Punkt Kostentransparenz hat der Kollege Efler schon Wichtiges gesagt. Es ist wichtig, dass es Kostentransparenz gibt, denn auch Parteien und Lobbyisten nutzen immer wieder das Mittel des Volksbegehrens. Mit „Neue Wege für Berlin“ haben wir nach Tegel und der Forderung nach Überwachungskameras im öffentlichen Raum eine weitere Initiative von Politikern auf dem Tisch, die mangels Mehrheiten, teils auch in der eigenen Partei, Volk spielen. – Außer den Spenden Dritter müssen künftig auch Eigenmittel offengelegt werden. Die Bürgerinnen und Bürger erfahren – –
Die Bürgerinnen und Bürger sollen zukünftig erfahren, woher die Mittel für Kampagne, Werbung und bezahlte Unterschriftensammlerinnen und -sammler kommen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verbinden wir Parlament und Volksbegehren. Wir stärken das deliberative Moment im direktdemokratischen Verfahren. Eine Schwächung von Aushandlung und Argumentation hätte es demgegenüber bedeutet, die Volksbefragung von oben, das Referendum, einzuführen. Abgesehen davon, dass es dafür einer Verfassungsänderung und somit einer Zweidrittelmehrheit im Parlament bedurft hätte, lehnen wir das auch aus inhaltlichen Gründen ab. Der Brexit hat gezeigt, wie gefährlich es ist, wenn sich Regierung und Parlament vor Verantwortung drücken und Entscheidungen als Ja/Nein-Fragen zur Abstimmung stellen. Wir hatten in der letzten Legislaturperiode eine solche Konstellation, als es um die Beinahe-Abstimmung über Olympia ging. Für eine finanziell kaum kalkulierbare Entscheidung ein emotionales Votum einzuholen, das wird auch künftig nicht möglich sein.
Volksabstimmungen sind ein Instrument, das nicht vom Parlament oder Senat genutzt werden sollte, sondern von Initiativen, Bottom-up statt Top-down. Ich sehe in unseren Änderungen eine Bereicherung der parlamentarischen Verfahren durch direktdemokratische Initiativen. Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Eingangs nur einen Satz zu meiner Vorrednerin, Frau Dr. Kahlefeld: Gott bewahre, dass Menschen Interesse an Politik haben und auch noch Volksbegehren starten! Das wäre ja wirklich schlimm.
Die könnten dann auch noch Inhalte haben, die den Grünen nicht genehm sind. Um Gottes willen! Dagegen muss man natürlich sein, und darauf bezog sich auch mein „krass“ bei Ihrer Rede.
Aber kommen wir kurz zum vorliegenden Antrag. Wie wichtig Ihnen direkte Demokratie ist, das wissen wir spätestens seit dem Tegel-Volksentscheid.
Da haben Sie ja klar gezeigt, wie wichtig Ihnen Millionen Stimmen von Berlinerinnen und Berlinern waren,
indem Sie ganz schnell umgesetzt haben, was diese gefordert haben. Da haben Sie die Fahne aufgenommen, sind nach vorne gestürmt und haben Tegel dauerhaft offen gelassen – ach nein, haben Sie ja nicht!
Aber es gibt ja wohl Anliegen bei Volksbegehren, die Ihnen oder einzelnen Fraktionen in Ihrer Koalition vielleicht nahe sind, und dann ärgern Sie sich, dass sie im Senat ewig rumliegen, und dann machen Sie ein Gesetz, denn das ist ja wirklich nervig: Da wollen die Freunde endlich starten, und dann können sie es nicht. – Da geben Sie jetzt richtig Gas. Ich glaube, da muss man nicht immer auf den Herrn Innensenator schauen, da soll es auch andere Senatsverwaltungen geben, die gerne mal was so lange liegen lassen, bis sich Moos ansetzt, nur weil das Anliegen vielleicht nicht ganz so genehm ist.